Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. November 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Beiträge zu erstatten sind, die für ihn als mitarbeitenden Familienangehörigen an die beklagte Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) gezahlt worden sind.
Der 1959 geborene Kläger war vom 1. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1993 als mitarbeitender Familienangehöriger nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) versicherungspflichtig. Am 11. Mai 1994 und erneut am 2. Juli 1995 beantragte er bei der Beklagten, ihm die für den genannten Zeitraum gezahlten 90 Monatsbeiträge im Gesamtbetrag von 9.699,00 DM zu erstatten. Die Beklagte lehnte das durch Bescheid vom 28. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 1995 mit der Begründung ab: Nach dem GAL habe ein Anspruch auf Beitragserstattung erst nach einer Wartezeit von zwei Jahren seit dem Ende der Beitragspflicht (am 30. Juni 1993) entstehen können, hier also erst am 1. Juli 1995. Das zu diesem Zeitpunkt (seit dem 1. Januar 1995) geltende Recht (Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte ≪ALG≫) habe aber im Gegensatz zum GAL für den Kläger keine Beitragserstattung mehr vorgesehen.
Das vom Kläger angerufene Sozialgericht München (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 23. November 1999). Auf die Berufung der Beklagten ist diese Entscheidung durch Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 22. November 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt: Unter der Geltung des GAL sei kein Erstattungsanspruch entstanden, weil die Frist von zwei Jahren seit Ende der Beitragspflicht (§ 27a Abs 2 Buchst a GAL) bei Außerkrafttreten des GAL (zum 1. Januar 1995) noch nicht abgelaufen gewesen sei. Deshalb sei auch die Übergangsvorschrift des § 94 Abs 2 ALG nicht gegeben. Nach neuem Recht habe der Kläger keinen Erstattungsanspruch. Das verstoße weder gegen Art 14 Abs 1 Satz 1 noch gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Der Kläger macht mit seiner – vom LSG zugelassenen – Revision geltend: Das Berufungsurteil verletze § 94 Abs 1 ALG iVm § 27a GAL sowie Art 3 Abs 1 und Art 14 GG. Sein Anspruch auf Beitragserstattung sei auf Grund des Antrages vom 11. Mai 1994 unter der Geltung des GAL entstanden, nur dessen Fälligkeit sei durch die Wartefrist von zwei Jahren hinausgeschoben worden. Verneine man einen solchen Beitragserstattungsanspruch, so läge ein Eingriff in seine durch Beitragszahlung erworbene verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsposition vor, weil er die Wartezeit für eine Rente nicht erfülle und deshalb für die Beiträge keine Gegenleistung erhalte. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten müssten jedenfalls die bis zum 31. Dezember 1992 gezahlten Beiträge erstattet werden, weil insoweit die zweijährige Wartefrist bereits Ende 1994 abgelaufen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 22. November 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG München vom 23. November 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Der Kläger hat nach dem GAL keinen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen erworben, den er übergangsweise auch nach Inkrafttreten des ALG (am 1. Januar 1995) noch hätte geltend machen können. Auch nach dem ALG besteht kein Erstattungsanspruch. Die Änderung des bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Beitragserstattungsrechts zu Ungunsten des Klägers verletzt nicht die Verfassung.
Welches Recht für den hier streitigen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen maßgebend ist, ergibt sich aus § 94 ALG. Nach dessen Abs 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Von der danach angeordneten Geltung neuen Rechts für alle nach dem 31. Dezember 1994 ergehenden Entscheidungen macht § 94 Abs 2 ALG die Ausnahme, dass das GAL auch nach dem Zeitpunkt seiner Aufhebung (durch Art 48 Abs 1 iVm Art 47 Nr 1 Agrarsozialreformgesetz 1995 zum 1. Januar 1995) noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden ist, wenn dieser bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung des Gesetzes – also bis zum 31. März 1995 – geltend gemacht worden ist. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar hat der Kläger erstmalig am 11. Mai 1994 – mithin vor dem 31. März 1995 – bei der Beklagten einen Beitragserstattungsantrag gestellt, am 31. Dezember 1994 stand ihm ein solcher Anspruch jedoch noch nicht zu.
Gemäß § 40 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Nach dem hier als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 27a Abs 2 GAL werden ehemaligen mitarbeitenden Familienangehörigen auf Antrag die Beiträge, die nach § 14 Abs 1 Buchst b GAL entrichtet wurden, ua nur dann erstattet, wenn seit dem Ende der Beitragspflicht nach § 14 Abs 1 GAL mindestens zwei Jahre verstrichen sind und inzwischen nicht erneut eine nach diesem Gesetz beitragspflichtige Tätigkeit ausgeübt worden ist. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine Bestimmung, die lediglich besondere Regelungen für die Fälligkeit eines bereits entstandenen Anspruchs trifft, sondern um eine echte Anspruchsvoraussetzung. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es abgesehen von dem Verstreichen zweier Jahre auch darauf ankommt, ob in diesem Zeitraum erneut eine nach dem GAL beitragspflichtige Tätigkeit ausgeübt worden ist (vgl dazu auch BSG SozR 3-5850 § 27a Nr 3). Auch Grüttner, auf den sich der Kläger in diesem Zusammenhang beruft, sagt eindeutig, dass ein Erstattungsanspruch nicht entsteht, wenn innerhalb der Wartezeit erneut Versicherungspflicht eintritt (Kasseler Komm, § 210 SGB VI RdNr 14). Da beim Kläger die ab 1. Juli 1993 laufende Zweijahresfrist am 31. Dezember 1994 noch nicht verstrichen war, bestand mithin für ihn in diesem Zeitpunkt noch kein Anspruch auf Beitragserstattung.
Das im ALG geregelte neue Recht enthält keine Regelung, auf die sich der von dem Kläger geltend gemachte Beitragserstattungsanspruch stützen ließe. § 75 Nr 1 ALG gibt denjenigen Versicherten einen Erstattungsanspruch, die die Wartezeit von 15 Jahren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr erfüllen können. Insoweit kann – wie schon bisher (vgl SozR 3-5850 § 27a Nr 3) – offen bleiben, ob diese Regelung auf mitarbeitende Familienangehörige, deren Beiträge der Unternehmer entrichtet hat, angewandt werden kann oder ob dem, wie die Beklagte meint, die Regelung des § 76 Abs 1 Satz 1 ALG entgegensteht. Nach dieser Vorschrift wird nur die Hälfte “der vom Versicherten getragenen Beiträge” erstattet. Denn nach § 75 Nr 1 ALG kommt eine Erstattung an den Kläger schon deshalb nicht in Betracht, weil er die Wartezeit von 15 Jahren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres – auch durch Pflichtbeiträge nach dem SGB VI (§ 17 Abs 1 Nr 1 ALG) – noch erfüllen kann. Für ihn wurden bereits 90 Monatsbeiträge entrichtet. Die zur Erfüllung einer Wartezeit von 15 Jahren (180 Monaten) fehlenden Beiträge können vom Kläger auch in der Zukunft bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres im Jahre 2024 noch entrichtet werden.
Die übergangsrechtliche Regelung des § 117 Abs 1 ALG gibt nur denjenigen einen Erstattungsanspruch, die (ua) am 31. Dezember 1994 für 180 Kalendermonate rechtswirksame Beiträge als Landwirt an die LAK gezahlt haben (Buchst a). Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht.
Die Regelung des § 117 Abs 2 ALG schränkt die Beitragserstattung nach § 75 ALG ein, ist aber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen von § 117 Abs 1 ALG nicht erfassten Personenkreis (vgl dazu BT-Drucks 12/7599 S 19).
Der Senat hat sich in seinem schon zitierten, in SozR 3-5850 § 27a Nr 3 veröffentlichten Urteil vom 2. Dezember 1999 – B 10 LW 15/98 R – bereits ausführlich damit befasst, ob das in der dargestellten Weise ausgelegte geltende Recht der Beitragserstattung durch eine dem aufgehobenen § 27a GAL entsprechende Regelung zu “ergänzen” ist und ob es gegen höherrangiges Recht, vor allem gegen Grundrechte verstößt. Beide Fragen hat er verneint und dabei insbesondere weder den grundrechtlichen Eigentumsschutz (Art 14 Abs 1 GG) noch das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) noch den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) als verletzt angesehen. Daran hält der Senat – nach erneuter Prüfung – fest.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen