Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz gegen Konkursverwalter wegen unrichtiger Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nimmt die BA einen Konkursverwalter durch Verwaltungsakt auf Schadensersatz gemäß AFG § 145 in Anspruch, ist der Rechtsweg zu den SG unabhängig davon eröffnet, ob die mit dem Verwaltungsakt geregelte Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Art ist und durch Verwaltungsakt geregelt werden darf.
2. Soweit nicht ausdrücklich ein Verwaltungsakt vorgesehen ist, muß er durch ein Überordnungsverhältnis legitimiert sein. Dies ist beim Schadensersatzanspruch gemäß AFG § 145 wegen unrichtiger Ausfüllung der Arbeitgeberbescheinigung nicht der Fall. Er ist durch Leistungsklage geltend zu machen.
3. Der Anspruch der Bundesanstalt für Arbeit gegen einen Arbeitgeber bzw dessen Konkursverwalter auf Erteilung einer Bescheinigung bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses ist öffentlich-rechtlicher Natur. Das gleiche gilt für einen Anspruch der Bundesanstalt für Arbeit auf Schadensersatz wegen nicht richtiger Ausfüllung der Arbeitsbescheinigung.
4. Ist die Geltendmachung eines Anspruchs aus einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt nicht ausdrücklich vorgesehen, dann ist dies nur bei Überordnung des Erklärenden über den Adressaten zulässig.
5. Hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz wegen unrichtiger Ausfüllung der Arbeitsbescheinigung besteht zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem Arbeitgeber bzw dessen Konkursverwalter kein solches Unterordnungsverhältnis. Der Anspruch ist daher nicht durch Verwaltungsakt, sondern im Klagewege geltend zu machen.
Normenkette
AFG § 145 Nr. 1 Fassung: 1974-07-17; SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; KO § 82; AFG § 133
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 28.09.1978; Aktenzeichen L 5 Al 7/78) |
SG Regensburg (Entscheidung vom 01.12.1977; Aktenzeichen S 7 Al 50/77) |
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz durch die Beklagte.
Als Konkursverwalter der Firma F H in W unterzeichnete der Kläger eine Arbeitsbescheinigung vom 27. März 1975. Darin wurde für G D., einem ehemaligen Arbeitnehmer der Firma H, bescheinigt, daß er vom 1. Mai bis 30. November 1972 als Bauhelfer tätig gewesen sei und im Juli 1972 für 21 Arbeitstage mit zusammen 200 Arbeitsstunden ein Arbeitsentgelt von brutto 1.397,24 DM erhalten habe. Aufgrund dessen gewährte die Beklagte an D. auf dessen Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 15. Mai 1975 Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi); ferner entrichtete sie für D. entsprechende Krankenversicherungsbeiträge. Anfang 1976 stellte die Beklagte fest, daß D. in den letzten drei Jahren vor der Antragstellung bei der Firma H lediglich kurzfristig beschäftigt war, wodurch weder eine Anwartschaft auf Alg noch auf Alhi begründet worden ist.
Durch Bescheid vom 2. Dezember 1976 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1977 forderte die Beklagte daraufhin vom Kläger die Zahlung von insgesamt 10.095,66 DM als Schadensersatz nach § 145 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zum Ausgleich der von ihr für D. zu Unrecht erbrachten Leistungen zurück. Mit Bescheid vom 2. März 1978 wurde der Betrag auf 9.991,46 DM, im Schriftsatz an das Landessozialgericht (LSG) vom 31. Mai 1978 auf 9.586,41 DM ermäßigt.
Durch Urteil vom 1. Dezember 1977 hat das Sozialgericht (SG) Regensburg die Klage abgewiesen. Durch Urteil vom 28. September 1978 hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. März 1978 in der Fassung vom 31. Mai 1978 abgewiesen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei gegeben. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit der Arbeitslosenversicherung, was sich aus der Regelung im AFG, der Zuständigkeit der Beklagten und dem rechtlichen Zusammenhang mit Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergäbe. Ein Verwaltungsakt sei zulässig gewesen, weil Pflichten des Arbeitgebers aus § 133 AFG öffentlichrechtlicher Natur seien. Der Kläger habe als Konkursverwalter die Rechtsgeschäfte anstelle des Gemeinschuldners geführt; er habe damit die Rechtsstellung eines Arbeitgebers im Sinne des § 133 AFG gehabt. Der Kläger habe bei der Ausstellung der Arbeitsbescheinigung fahrlässig gehandelt. Als Konkursverwalter sei er verpflichtet gewesen, das gesamte zur Konkursmasse gehörende Vermögen des Gemeinschuldners sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen und für eine ordnungsgemäße Abwicklung der laufenden Geschäfte zu sorgen. Hierzu seien auch die Ausstellungen von Arbeitsbescheinigungen nach § 133 AFG zu zählen. Er hätte die etwa von anderen Personen getätigten Eintragungen nachprüfen und berichtigen müssen. Ein Rückzahlungsanspruch gegen den Arbeitslosen D. scheide schon deshalb aus, weil dieser zahlungsunfähig und unpfändbar, der Anspruch deshalb nicht realisierbar sei. Ein mitwirkendes Verschulden der Arbeitsverwaltung im Rahmen des § 145 AFG sei grundsätzlich unbeachtlich, denn eine Überprüfung der Richtigkeit der Arbeitsbescheinigungen würde zu einer Verzögerung oder gar Vereitelung der Auszahlung der Leistungen führen. Aus den gleichen Gründen sei die Klage gegen den Bescheid vom 2. März 1978 in der Fassung der Mitteilung der Beklagten vom 31. Mai 1978 abzuweisen. Diese Verwaltungsakte seien nach §§ 96, 153 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da sie die früheren Bescheide abänderten. Über die dagegen als erhoben geltende Klage habe das LSG als erste Instanz zu entscheiden gehabt.
Der Kläger rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung von § 146 AFG. Er führt dazu aus: Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Schadensersatzansprüche mit Verwaltungsakt geltend zu machen. § 146 AFG gebe dazu keine Befugnis. Damit verstoße dieses Vorgehen gegen die Regelung des Vorbehalts des Gesetzes und damit gegen Art 20 Grundgesetz (GG), denn auch für das verfahrensrechtliche Vorgehen gelte dieser Grundsatz. Ferner liege ein Verstoß gegen Art 19 Abs 4 GG vor, denn um den Rechtsschutz zu gewähren, müsse die in die Sphäre des Bürgers eingreifende Norm hinreichend bestimmt sein. Das LSG habe nicht beachtet, daß die Beklagte alle Tatsachen hätte feststellen müssen, die den Schadensersatzanspruch begründeten; verbleibende Zweifel müßten aufgrund des Grundsatzes in dubio pro reo zu Gunsten des Betroffenen wirken.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Urteile des Landessozialgerichts vom 28. September 1978 und des Sozialgerichts vom 1. Dezember 1977 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. Dezember 1976, 16. Februar 1977, 2. März 1978 und 31. Mai 1978 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des LSG für richtig. Der Grundsatz in dubio pro reo gelte hier nicht, sondern es komme auf die Feststellungslast an; im vorliegenden Fall seien aber alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale festgestellt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist begründet.
Zutreffend hat das LSG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten bejaht. Nach § 51 Abs 1 SGG haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu entscheiden. Die Klage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1976 idF des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1977. Aus diesem Bescheid ergibt sich der Wille der Beklagten zur hoheitlichen Regelung, daß der Kläger an sie 10.095,66 DM zu zahlen hätte. Nimmt ein Träger der öffentlichen Verwaltung für sich in Anspruch, die zwischen ihm und einem anderen bestehende Rechtsbeziehung durch Verwaltungsakt zu regeln, weil er diese Rechtsbeziehung als eine seiner hoheitlichen Regelungsbefugnis unterworfene Angelegenheit ansieht, ist für die Anfechtung dieses Verwaltungsakts die sachliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben, die für die Anfechtung hoheitlicher Regelungen dieser Art berufen sind, unabhängig davon, ob die mit dem Verwaltungsakt geregelte Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Art ist und durch Verwaltungsakt geregelt werden darf (BSGE 15, 14, 15; 24, 190, 191; 25, 268, 269; 35, 188, 189 = SozR § 51 SGG Nr 61; 40, 96, 97 = SozR 2200 § 393 Nr 2; BVerwGE 27, 131, 132; 30, 211, 212; 40, 85). Da die Beklagte in einer Angelegenheit der Arbeitslosenversicherung hoheitlich tätig geworden ist, die zur Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gehört, ist für die Anfechtung solcher Bescheide kein anderer als der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Das LSG hat ferner zutreffend entschieden, daß die Regelungen der Beklagten vom 2. März 1978 und vom 31. Mai 1978 gemäß §§ 96, 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind, da sie den angefochtenen Bescheid insoweit abänderten, als (zuletzt) nur noch 9.586,41 DM als Schadensersatz von dem Kläger gefordert wurden.
Dagegen kann dem LSG nicht in der Ansicht gefolgt werden, daß die Beklagte befugt sei, den Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG wegen nicht richtiger Ausfüllung einer Arbeitsbescheinigung gegen den Kläger durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Dabei bedarf es keiner Stellungnahme zu der Frage, ob der Konkursverwalter sowohl als Arbeitgeber für solche Arbeitnehmer, die er nach Konkurseröffnung weiterbeschäftigt (vgl Jaeger/ Henckel, Kommentar zur KO, 9. Aufl, § 6 RdNrn 53 und 145), als auch an Stelle des oder neben dem Gemeinschuldner als früheren Arbeitgeber für die vor Konkurseröffnung ausgeschiedenen Arbeitnehmer bzw für die vor Konkurseröffnung liegenden Beschäftigungszeiten weiterbeschäftigter Arbeitnehmer nach § 133 AFG Arbeitsbescheinigungen zu erteilen hat und bei fahrlässiger oder vorsätzlicher nicht richtiger Ausfüllung der Bescheinigung für den Schaden der Beklagten gemäß § 145 Nr 1 AFG haftet; ebenfalls kann offenbleiben, ob ein solcher Schadensersatzanspruch Masseschuld gemäß § 59 Nr 1 der Konkursordnung (KO) und ggf eine Forderung wäre, für die der Konkursverwalter auch persönlich haftet (vgl § 82 KO). Denn in jedem Fall gilt, daß nach § 145 Nr 1 AFG der Beklagten gegenüber dem Konkursverwalter keine weitergehenden Rechte zustehen, als gegenüber einem anderen Arbeitgeber. Da die Beklagte den Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG gegen den Arbeitgeber nicht durch Verwaltungsakt geltend machen kann, ist ihr das auch gegenüber dem Konkursverwalter verwehrt.
Allerdings ist das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten hinsichtlich einer Verpflichtung des Klägers in seiner Funktion als Arbeitgeber bzw an Stelle des in Konkurs gefallenen Arbeitgebers, eine Arbeitsbescheinigung auszustellen, und hinsichtlich der Folgen der Verletzung einer solchen Verpflichtung, um die es hier geht, öffentlich-rechtlicher Natur. Eine solche Gestaltung liegt immer dann vor, wenn ein Hoheitsträger aufgrund besonderer, speziell ihn berechtigender oder verpflichtender Rechtsvorschriften beteiligt ist (BSGE 35, 188, 191 = SozR § 51 SGG Nr 61; BSGE 47, 35, 37 = SozR 1500 § 51 Nr 15). Die Beklagte nimmt den Kläger aufgrund einer Vorschrift in Anspruch, die nur sie als Trägerin der Arbeitslosenversicherung berechtigt und den Kläger in seiner Funktion als Arbeitgeber bzw als Konkursverwalter eines Arbeitgebers verpflichtet. Nach einhelliger Ansicht ist die Verpflichtung der Arbeitgeber, bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses alle Tatsachen auf einem Vordruck der Beklagten zu bescheinigen, die für die Entscheidung über das Alg erheblich sein können (§ 133 AFG), eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu Zwecken der Aufgaben der Beklagten (vgl Schönefelder/ Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, § 133 RdNrn 2 und 3 -Stand August 1972-; Krebs, Kommentar zum AFG, § 133 RdNr 1 -Stand Oktober 1977-; Krebs, Kommentar zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung -AVAVG-, § 174 RdNr 15; Draeger/ Buchwitz/Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, § 174 RdNrn 8 und 9). Unstrittig handelt es sich um eine Verpflichtung gegenüber der Beklagten; strittig ist lediglich, ob die Vorschrift auch dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren Anspruch gewährt, den er selbst geltend machen kann oder ob ihm nur im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein - privatrechtlicher - Anspruch gegen seinen Arbeitgeber zusteht (vgl Schönefelder/ Kranz/Wanka, aaO, RdNr 4; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO). Für eine Verpflichtung des an die Stelle eines Arbeitgebers getretenen Konkursverwalters gilt nichts anderes. Ebenso wie die Rechtsnatur der Rückforderung einer zu Unrecht bezogenen Leistung der Rechtsnatur der Leistung folgt, gilt, daß auch Ausgleichsansprüche, Herstellungsansprüche, Ersatzansprüche und Schadensersatzansprüche sowie Unterlassungsansprüche wegen Verletzung besonderer Verpflichtungen der Rechtsnatur folgen, in die das Rechtsverhältnis eingebettet ist, dem die besondere Verpflichtung entnommen ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht nur für gegen die öffentliche Hand gerichtete Ansprüche wie den Folgenbeseitigungsanspruch, den sozialversicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch wegen Verletzung einer aus dem Versicherungsverhältnis entspringenden Dienstleistungspflicht (vgl BSGE 41, 126 = SozR 7610 § 242 Nr 5; BSGE 41, 260) und den Anspruch auf Unterlassung eines drohenden Konkursantrages (BSGE 45, 109 = SozR 1500 § 51 Nr 13), sondern auch umgekehrt für Ansprüche der Versicherungsträger auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflichten der Einzugsstelle (BSGE 26, 129, 133), der Pflichten des Geschäftsführers eines Sozialversicherungsträgers (BSGE 33, 209 = SozR § 51 SGG Nr 61) und der Pflichten des Versicherten (BSGE 45, 119 = SozR 2200 § 1542 Nr 1). Daß der Anspruch auf Ersatz des Schadens geht, steht daher (entgegen Schroeder-Printzen, ABA 1960, 147) der öffentlich-rechtlichen Natur des Schadensersatzanspruches nicht entgegen. Daher ist auch der Schadensersatzanspruch der Beklagten nach § 145 Nr 1 AFG wegen nicht richtiger Ausfüllung der Arbeitsbescheinigung dem öffentlichen Recht zuzuordnen (im Ergebnis ebenso Bay. LSG Breithaupt 1974 (63), 539; LSG Nordrhein-Westfalen Breithaupt 1973 (62), 843, 845; Hess. LSG in Berndt/Draeger, Arbeitsvermittlung usw, AVAVG § 206 II Rspr Nr 4; Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, § 145 RdNr 2 -Stand August 1973-; Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 145 Anm 1 -11. Ergänzungslieferung-; Jülicher, SGb 1979, 445, 450; aA wohl Krebs, Kommentar zum AFG, § 145 RdNr 9). Dies gilt auch, wenn der Beklagten ein solcher Anspruch gegen den Konkursverwalter zusteht.
Aber nicht jedes öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis berechtigt den zuständigen Träger der öffentlichen Verwaltung, Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Zum Wesen des Verwaltungsaktes gehört es, daß er eine Regelung trifft, die den Adressaten binden soll; das schließt - unabhängig von dem öffentlich-rechtlichen Anspruch in der Sache - die Überordnung des Erklärenden über den Adressaten ein (vgl BSGE 45, 296, 298 = SozR 2200 § 381 Nr 26). In ständiger Rechtsprechung hat das BSG in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zusätzlich zum öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis gefordert, daß, soweit nicht ausdrücklich ein Verwaltungsakt vorgesehen ist, der Erlaß des Verwaltungsaktes durch das Überordnungsverhältnis legitimiert sein muß (BSGE 5, 140, 143; 12, 65, 68; 30, 230, 233; 41, 237, 238 = SozR 5910 § 90 Nr 2; 45, 296, 298 = SozR 2200 § 381 Nr 26; BVerwGE 21, 270, 271; 24, 225, 228; 27, 245, 246). Das gilt nicht nur im Verhältnis mehrerer Träger öffentlicher Verwaltung zueinander, sondern auch im Verhältnis eines Trägers öffentlicher Verwaltung zum Bürger (BSGE 30, 230, 232; BVerwG aaO).
Eine Vorschrift, nach der der Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist, ist nicht vorhanden. § 146 Satz 1 AFG bestimmt zwar, daß Entscheidungen über den Anspruch der Direktor des Arbeitsamts trifft. Gemeint sind damit aber Entscheidungen über Ansprüche auf Leistungen der BA. Das ergibt sich aus der Stellung der Vorschrift im Abschnitt "Gemeinsame Vorschriften für die Gewährung von Leistungen", in die die Schadensersatzvorschrift des § 145 AFG systemwidrig eingeordnet ist. Läßt, wie das hier der Fall ist, eine ausdrückliche Bestimmung die Regelung durch Verwaltungsakt nicht zu, ist die Zulässigkeit der hoheitlichen Geltendmachung des Anspruchs davon abhängig, ob aus der Gesamtregelung des Rechtsverhältnisses oder dem fraglichen Anspruch selbst das erforderliche Überordnungsverhältnis zu entnehmen ist (vgl dazu Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, Berlin 1974, S 207 ff; Kopp, VwGO, 3. Aufl 1977, § 42 Anm 4b). Ein solches Verhältnis der Überordnung ist in bezug auf den Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG wegen unrichtiger Ausfüllung der Arbeitgeberbescheinigung nicht gegeben.
Der Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG ist nicht herkömmlich eine hoheitliche Regelung. Rechtsprechung und Lehre haben zu dem früheren § 206 des AVAVG überwiegend die Ansicht vertreten, der Schadensersatzanspruch gehöre dem bürgerlichen Recht an (LG Regensburg und LG Hamburg in Berndt/Draeger, aaO, § 206 AVAVG II Rspr 1 und 2; OLG Celle ABA 1963, 170 mit zustimmender Anmerkung Geffers; Schroeder-Printzen, ABA 1960, 147; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, aaO, § 206 RdNr 3; Krebs, Kommentar zum AVAVG, § 206 RdNr 16; aA lediglich Hess. LSG aaO). Diese Ansicht wird, wenn sie auch nicht mehr als herrschend bezeichnet werden kann, auch zu § 145 AFG vertreten (vgl Krebs, Kommentar zum AFG, § 145 Anm 9); ihr ist zwar nicht zuzustimmen, sie fußt jedoch auf dem letztlich zutreffenden Ausgangspunkt, daß der Arbeitgeber dem Arbeitsamt insoweit nicht untergeordnet ist, was naturgemäß ebenso für einen an die Stelle des Arbeitgebers getretenen Konkursverwalter gilt. Auch seiner Natur nach bedarf der Schadensersatzanspruch nach § 145 Nr 1 AFG keiner Überordnung des Arbeitsamtes über den Arbeitgeber oder den Konkursverwalter. Der Anspruch erwächst zwar aus der Arbeit der Beklagten, seine Geltendmachung gehört aber nicht wie die Gewährung von Alg, Alhi, Unterhaltsgeld (Uhg) usw zu den eigentlichen Aufgaben der Beklagten nach § 3 AFG. Der Schadensersatz ist nicht wie ein Rückforderungsanspruch die Umkehrung des Leistungsaktes. Im Gegensatz zu dem einem Subordinationsverhältnis zugerechneten Beitrag (BSGE 40, 96, 97 = SozR 2200 § 393 Nr 2; 45, 296, 299 = SozR 2200 § 381 Nr 26) beruht auf dem Schadensersatzanspruch nicht die Finanzierung der Aufgaben der Beklagten; vielmehr dient der Schadensersatz wie die Schadensersatzansprüche des bürgerlichen Rechts lediglich dem Ersatz eines der Beklagten bei der Erledigung ihrer Aufgaben entstandenen Schadens. Zwar bewirkt jede Schadensersatz-Anspruchsgrundlage, daß der potentielle Schadensersatzpflichtige sich bemühen wird, den zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestand nicht zu erfüllen; insoweit bewirkt auch § 145 Nr 1 AFG, daß die Arbeitgeber - an ihrer Stelle ggf die Konkursverwalter - ihren Pflichten aus § 133 AFG nachkommen. Doch ist Sinn und Zweck der Vorschrift - wohl anders als im Falle des § 8 Abs 3 AFG - nicht diese Wirkung, sondern der Ersatz des der Beklagten entstandenen Schadens. Dagegen soll die Bußgeldvorschrift des § 230 Abs 1 Nr 4 AFG den Verpflichteten anhalten, den Anforderungen aus § 133 AFG nachzukommen. Denn für den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit reicht es aus, daß der Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig seinen Verpflichtungen nach § 133 AFG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist; ein der Beklagten entstandener Schaden ist nicht erforderlich. Die Geltendmachung des Schadensersatzes nach § 145 Nr 1 AFG wegen unrichtiger Ausfüllung der Arbeitsbescheinigung dient daher weder der Bestrafung oder Erziehung des Arbeitgebers bzw des Konkursverwalters oder der Arbeitgeberschaft insgesamt wegen Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, wie dies zur Rechtfertigung des Leistungsbescheides bei Schadensersatzansprüchen im Beamtenrecht und Soldatenrecht angeführt wird (vgl BVerwGE 27, 245). Überhaupt ist der Arbeitgeber - ebensowenig wie ein an seiner Stelle etwa verpflichteter Konkursverwalter - nicht wie der Beamte oder Soldat dem Dienstherrn in derart umfassendem Sinne der Beklagten untergeordnet, daß jeder Schadensersatzanspruch aus der Verletzung der vom Arbeitgeber zu erfüllenden Pflichten einem Subordinationsverhältnis zugerechnet werden müßte. Die Arbeitgeberschaft ist zwar an der Selbstverwaltung der Beklagten beteiligt, der einzelne Arbeitgeber steht aber zu der Beklagten nicht in einem Mitgliedschaftsverhältnis. Auch die verschiedenen öffentlich-rechtlichen Pflichten des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten schaffen kein außerhalb dieser einzelnen Pflichten liegendes allgemeines Subordinationsverhältnis. Insbesondere bei der Gewährung des Alg und der Alhi ist der Arbeitgeber - anders als beim Wintergeld, Schlechtwettergeld und Kurzarbeitergeld, an dessen Gewährung der Arbeitgeber ein eigenes Interesse hat, und ggf anders als der Konkursverwalter beim Konkursausfallgeld - in die Auszahlung und Geltendmachung der Ansprüche nicht einbezogen; der Arbeitgeber oder an seiner Stelle der Konkursverwalter wird lediglich als Auskunftsperson und Beweisperson benötigt. Diese Funktion allein rechtfertigt aber nicht, den Schadensersatz aus der Verletzung von Auskunftspflichten als hoheitlich anzusehen, zumal da der Beklagten hinsichtlich des Schadensersatzanspruches auch kein Ermessen eingeräumt ist. Die Folge, daß die Beklagte den Schadensersatzanspruch durch Leistungsklage geltend machen muß, falls der Schuldner nicht freiwillig zahlt, ist nicht ungewöhnlich. Soweit nach § 117 Abs 4 Satz 2, § 127, § 140 Satz 3, § 141, § 141m AFG privatrechtliche Ansprüche des Arbeitslosen auf die Beklagte bzw die Bundesrepublik Deutschland übergehen, muß die Beklagte sogar außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit Leistungsklagen erheben.
Ist die Beklagte demnach nicht befugt, den Schadensersatz durch Verwaltungsakt geltend zu machen, erweisen sich die dazu ergangenen Verwaltungsakte als rechtswidrig, ohne daß zu prüfen ist, ob der Beklagten der behauptete Anspruch zusteht.
Auf die Revision des Klägers sind deshalb das angefochtene Urteil und das Urteil des SG ebenso aufzuheben wie die den Schadensersatzanspruch regelnden angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 2. Dezember 1976, 16. Februar 1977, 2. März und 31. Mai 1978.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen