Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger das gesundheitliche Merkmal “Hilflosigkeit” (Merkzeichen “H”) festzustellen ist.
Bei dem 1926 geborenen Kläger sind zuletzt durch Bescheid vom 28. Juli 1981 folgende Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH bestandskräftig festgestellt worden:
- Verlust des linken Beines im Oberschenkel mit Stumpfneuralgien,
- rechtwinklige Versteifung des rechten Fußgelenkes und Bewegungseinschränkung seiner Zehen, trophische Störungen im unteren Drittel des rechten Unterschenkels und am rechten Fuß sowie starke Hautempfindungsstörungen im Bereich der rechten Fußsohle (Teilschädigung des rechten Schienbeinnerven),
- Narben am Rücken, Gesäß, rechten Bein und linken Oberschenkel sowie Stecksplitter in den Weichteilen des Nackens, des linken Gesäßes, der rechten unteren Gliedmaße und des Oberschenkelstumpfes links,
- Abflussstörungen am rechten Unterschenkel mit Schwellungsneigung,
- Splitter am linken Ellenbogen.
Seine Anträge auf Gewährung von Pflegezulage nach § 35 BVG wurden mehrfach abgelehnt. Allerdings bezieht der Kläger seit April 1995 Pflegegeld nach der Pflegestufe I aus der gesetzlichen Pflegeversicherung (Bescheid der Barmer Ersatzkasse – Pflegekasse – vom 18. Juli 1995).
Auf der Grundlage der versorgungsrechtlichen Feststellungen wurde dem Kläger ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen “G”, “B”, “aG” und “1. Klasse” ausgestellt. Der im März 1996 gestellte Antrag auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen “H” und “RF” (Rundfunkgebührenbefreiung und Telefongebührenermäßigung) hatte keinen Erfolg (Bescheid des Beklagten vom 9. Oktober 1996; Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 1996). Mit Urteil vom 4. Mai 1999 hat das Sozialgericht Kiel (SG) die Klage abgewiesen. Auch die nur noch auf das gesundheitliche Merkmal Hilflosigkeit gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 26. Februar 2001). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem Kläger bestehe zwar Hilfebedarf, dieser erreiche jedoch nicht den unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erforderlichen – zeitlichen – Mindestumfang. Insgesamt bedürfe der Kläger täglich durchschnittlich eine Stunde und zehn Minuten fremder Hilfe. Darauf entfielen insgesamt fünfzig Minuten für das An- und Auskleiden sowie das An- und Ablegen der Prothese, ferner zwanzig Minuten für die tägliche Körperpflege. Unter Berücksichtigung eines Hilfeerfordernisses beim nächtlichen Wasserlassen belaufe sich der Bedarf auf eine Stunde und fünfzehn Minuten, bei Einbeziehung der seit Januar 2000 täglich erforderlichen Wundversorgung eine Stunde und fünfundzwanzig Minuten. Ausgehend davon, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein zeitlicher Hilfebedarf von einer Stunde nicht erheblich sei, werde in dem beim Kläger zu berücksichtigenden, um maximal fünfundzwanzig Minuten darüber liegenden Zeitaufwand noch kein “Belastungssprung” iS der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gesehen.
Mit seiner – vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 33b Einkommensteuergesetz (EStG). Er trägt zur Begründung vor: Selbst wenn mehrere der Verrichtungen, für die er fremde Hilfe benötige, zusammengefasst würden, lägen bei ihm mindestens drei häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen vor, für die er iS von § 33b Abs 6 Satz 2 EStG zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages dauernd fremder Hilfe bedürfe. Er überschreite zweifellos die zeitliche Mindestgrenze von einer Stunde iS des Urteils des BSG vom 2. Juli 1997 (Az 9 RVs 9/96). Den tatsächlichen zeitlichen Umfang erforderlicher fremder Hilfe habe das LSG unter Abweichung von den Aussagen des ärztlichen Sachverständigen Dr. G.… zu niedrig festgestellt und nicht nach Zeiträumen differenziert, wie es erforderlich gewesen wäre.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 26. Februar 2001 und das Urteil des SG Kiel vom 4. Mai 1999 sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab März 1996 das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens “H” festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er schließt sich den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils an.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des LSG, dass beim Kläger die Voraussetzungen für das gesundheitliche Merkmal Hilflosigkeit nicht vorliegen, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat sich gegen die Ablehnung des Beklagten, die Voraussetzungen für das gesundheitliche Merkmal Hilflosigkeit anzuerkennen, zutreffend mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage gewendet (§ 54 Abs 1 und 4 SGG). Die Feststellung von gesundheitlichen Merkmalen iS des Schwerbehindertenrechts betrifft – wie auch die Feststellung einer Behinderung und des Grades der Behinderung (GdB) – eine Leistung, über die im Fall der Zuerkennung durch Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zu entscheiden ist (vgl BSG SozR 1500 § 78 Nr 7; Hauck/Noftz-Masuch, SGB IX § 69 Rz 17 mwN).
Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen gemäß § 69 Abs 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) vom 19. Juni 2001, in Kraft getreten am 1. Juli 2001 (Art 68 Abs 1 SGB IX), die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen. Demgemäß entscheiden diese Behörden auch darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen der vom Kläger beanspruchten – ua steuerrechtlichen (vgl § 33b Abs 3 Satz 3, Abs 6 Satz 1 EStG) – Förderung bei Hilflosigkeit gegeben sind. Im Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen “H” einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos iS des § 33b EStG oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs 1 Nr 2 der auf Grund von § 70 SGB IX ergangenen Schwerbehindertenausweisverordnung). Durch das seit Juli 2001 geltende neue Recht hat sich vorliegend in der Sache keine Änderung ergeben gegenüber dem bis dahin geltenden § 4 Abs 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG); diese Vorschrift ist noch für die Zeit bis zum 30. Juni 2001 auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt, hier also auf den Zeitraum ab März 1996, anzuwenden.
Gemäß § 33b Abs 6 Satz 2 EStG in der seit dem 1. Januar 1995 geltenden Fassung (vgl bereits BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12 S 47, Nr 15 S 60) ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs 6 Satz 3 EStG). Diese Fassung des Begriffs der Hilflosigkeit geht auf Umschreibungen zurück, die von der Rechtsprechung im Schwerbehindertenrecht bezüglich der steuerlichen Vergünstigung und im Versorgungsrecht hinsichtlich der gleich lautenden Voraussetzungen für Pflegezulage nach § 35 BVG (vgl dazu das Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 V 3/01 R –, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entwickelt worden sind. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht an den Begriff der Pflegebedürftigkeit nach §§ 14, 15 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Pflegeversicherung – (SGB XI) angelehnt (vgl BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12 S 48). Er wollte vielmehr deutlich machen, dass die steuerrechtlich und versorgungsrechtlich bedeutsame Hilflosigkeit von der versicherungs- und sozialhilferechtlich bedeutsamen Pflegebedürftigkeit unabhängig bleibt (vgl dazu näher aaO).
Bei den gemäß § 33 Abs 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren (vgl dazu auch Bürck, ZfS 1998, 97, 100). Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl § 14 Abs 4 SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentlehrung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der sog Grundpflege zusammengefasst (vgl § 4 Abs 1 Satz 1, § 15 Abs 3 SGB XI; § 37 Abs 1 Satz 2 SGB V; zur Erläuterung: Höfler in Kasseler Komm § 37 SGB V RdNr 22 mwN). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSGE 72, 285 = SozR 3-3870 § 4 Nr 6; ähnlich auch Nr 21 Abs 3 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem SchwbG, hrsg vom BMA, 1996 ≪AHP 1996≫) Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistige Anregungen und Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen). Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (vgl zB zu § 35 BVG: BSG, Urteil vom 2. Juli 1997, SozR 3-3100 § 35 Nr 6).
Was das Ausmaß des in § 33b EStG angesprochenen Hilfebedarfs anbelangt, geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus (vgl dazu Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 aaO):
Die tatbestandlich vorausgesetzte “Reihe von Verrichtungen” kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen (vgl BSG SozR 3-3100 § 35 Nr 6; Urteil vom 2. Juli 1997 – 9 RVs 9/96 –, VersorgVerw 1997, 94; vgl auch BT-Drucks 12/5262 S 164). Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann. In der Regel wird dabei auf die Zahl der Verrichtungen, den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen sein.
Mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozialen Pflegeversicherung (vgl § 15 SGB XI) hält es der erkennende Senat für sachgerecht, die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen zu beurteilen. Dazu hat er bereits entschieden, dass nicht hilflos ist, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist (vgl BSGE 67, 204, 207 = SozR 3-3870 § 4 Nr 1; BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12; BSG SozR 3-3100 § 35 Nr 6; Senatsurteil vom 10. September 1997 – 9 RV 8/96 –). Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist. Vielmehr sieht der Senat einen täglichen Zeitaufwand – für sich genommen – erst dann als hinreichend erheblich an, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht. Diese Grenzziehung soll den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen (vgl dazu auch das Rundschreiben des BMA vom 31. August 1998 – VI 5-55463-5/1 ≪55492≫); sie ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Da die Begriffe der Pflegebedürftigkeit (vgl §§ 14, 15 SGB XI) und der Hilflosigkeit (vgl § 35 BVG, § 33b EStG) nicht völlig übereinstimmen (vgl dazu BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12), können im vorliegenden Zusammenhang die zeitlichen Grenzwerte der sozialen Pflegeversicherung zwar nicht unmittelbar übernommen werden, sie lassen sich jedoch als gewisse Orientierungspunkte nutzen. Immerhin decken sich die von beiden Begriffen erfassten Verrichtungsbereiche insoweit, als es die sog Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) betrifft. Im Rahmen der § 33b EStG (bzw § 35 BVG) sind – wie oben gezeigt – zusätzlich noch der Bereich der geistigen Anregung und Kommunikation und – ebenfalls anders als grundsätzlich in der Pflegeversicherung (vgl BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 8) – Anleitung, Überwachung und Bereitschaft zu berücksichtigen. Da im Hinblick auf den insoweit erweiterten Maßstab bei der Prüfung von Hilflosigkeit leichter ein größerer Zeitaufwand für fremde Betreuungsleistungen erreicht wird als im Bereich der Grundpflege bei der Pflegeversicherung, liegt es nahe, hier von einer Zwei-Stunden-Grenze auszugehen, was dem Grundpflegeerfordernis für die Pflegestufe II der Pflegeversicherung entspricht (vgl § 15 Abs 3 Nr 2 SGB XI).
Ein weiteres Argument für eine solche Grenzziehung lässt sich aus § 33b EStG selbst gewinnen. Die Höhe des durch diese Vorschrift dem steuerpflichtigen behinderten Menschen gewährten Pauschbetrages von 7.200 DM bzw 3.700 € hebt sich außerordentlich von dem Pauschbetrag ab, der behinderten Menschen mit einem GdB von 100 zusteht (1.420 € bzw 2.760 DM). Dieser Begünstigungssprung ist nur bei Erforderlichkeit zeitaufwändiger und deshalb entsprechend teurer Hilfeleistungen erklärbar und gerechtfertigt. Eine entsprechende Tendenz ergibt sich auch aus § 65 Abs 2 Satz 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung 2000 (BGBl I, 717), wonach der Nachweis von Hilflosigkeit nicht nur durch einen Schwerbehindertenausweis mit eingetragenem Merkzeichen “H” erbracht werden kann, sondern auch durch die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB XI. Da diese Vorschrift lediglich alternative Nachweismöglichkeiten für Leistungen eröffnet, zwingt sie nicht dazu, den für die Bejahung von Hilflosigkeit erforderlichen Zeitaufwand mit mehr als zwei Stunden anzusetzen.
Um den individuellen Verhältnissen des Beschädigten hinreichend Rechnung tragen zu können, erscheint es geboten, bei der Beurteilung von Hilflosigkeit nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen. Vielmehr kommt dabei auch weiteren Umständen der Hilfeleistung, insbesondere ihrem wirtschaftlichen Wert, Bedeutung zu. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen mitbestimmt, bei denen fremde Hilfe erforderlich ist. Denn eine Hilfsperson kann regelmäßig nur für zusammenhängende Zeitabschnitte, nicht jedoch für einzelne Handreichungen herangezogen bzw beschäftigt werden. Dieser Umstand rechtfertigt es, Hilflosigkeit im hier geforderten Sinne bereits bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist.
Gemessen an diesen Kriterien hält das angegriffene Urteil einer revisionsgerichtlichen Prüfung stand. Das LSG hat festgestellt, dass der Kläger am Tag durchschnittlich eine Stunde und zehn Minuten fremder Hilfe bedarf, davon fünfzig Minuten für das An- und Auskleiden sowie das An- und Ablegen der Prothese, ferner zwanzig Minuten für die tägliche Körperpflege. Dabei handelt es sich um Verrichtungen, die von § 33b Abs 6 EStG erfasst werden. Auch wenn der Hilfebedarf beim nächtlichen Wasserlassen und bei der (seit Januar 2000) täglich erforderlichen Wundversorgung (vgl dazu allgemein BSG, Urteil vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 14/89 –, insoweit in SozR 3-1300 § 32 Nr 3 nicht veröffentlicht, mit Hinweis auf Urteile vom 6. November 1985, BSGE 59, 103, 106 – SozR 3875 § 3 Nr 2, und vom 7. Mai 1986, SozR 3100 § 35 Nr 16 S 55, 58; s auch BSG, Urteil vom 26. August 1960, SozEntsch BSG 9/3 § 35 Nr 13) berücksichtigt wird, erreicht der Kläger mit zusammen einer Stunde und zwanzig Minuten nicht den für die Bejahung von Hilflosigkeit vorausgesetzten Betreuungsbedarf.
Bei einem in diesem Umfang erforderlichen täglichen Zeitaufwand, der zwischen einer und zwei Stunden liegt, lässt sich Hilflosigkeit nur dann annehmen, wenn ein besonders hoher Wert der erforderlichen Hilfe gegeben ist. Daran fehlt es hier; weder die Zahl noch die zeitliche Verteilung der Hilfeleistungen gebieten die Annahme einer solchen Besonderheit. Der Hilfebedarf ist vielmehr von der Möglichkeit einer Zusammenfassung der erforderlichen Verrichtungen (An-/Auskleiden, An-/Ablegen der Prothese, Körperpflege und Wundversorgung) geprägt. Die dazu vom LSG getroffenen Feststellungen sind nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen (vgl § 163 SGG); der Kläger macht insoweit lediglich eine abweichende Würdigung des Sachverständigengutachtens geltend, legt aber insbesondere nicht dar, das LSG habe etwa gegen Denkgesetze oder Auslegungsgrundsätze verstoßen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen