Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe nach einphasiger Lehrerausbildung. Umdeutung. Aufhebungsbescheid in Rücknahmebescheid. Nichtausübung von Ermessen. Ermessensentscheidung. Änderung nach Bescheiderlaß
Orientierungssatz
1. Zum Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach einphasiger Lehrerausbildung.
2. Zur Umdeutung eines Aufhebungsbescheids nach § 48 Abs 1 SGB 10 in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB 10.
Normenkette
AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1981-12-22; AFG § 134 Abs 2 Nr 1 Fassung: 1981-12-22; SGB 1 § 39 Fassung: 1975-12-11; SGB 10 § 48 Abs 1 Fassung: 1980-08-18, §§ 45, 39; SGB 1 § 39; SGB 10 § 45 Abs 1, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3; AFG §§ 104, 169 Nr 1 Fassung: 1975-05-07; RVO § 172 Abs 1 Nr 5 Fassung: 1975-06-24; AlhiV § 1 Abs 1; SGB 10 § 44
Verfahrensgang
SG Osnabrück (Entscheidung vom 25.02.1983; Aktenzeichen S 6 Ar 150/82) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin auch über den 31. März 1982 hinaus Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu gewähren ist.
Die 1955 geborene Klägerin war Studentin der einphasigen Lehrerausbildung an der Universität Osnabrück. Für den 3. Studienabschnitt vom 1. April 1979 bis zum 30. September 1980 wurde die Klägerin in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis zum Land Niedersachsen berufen (§§ 2 Abs 1, 4 Abs 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses in der einphasigen Lehrerausbildung vom 31. Mai 1978 - GELAB - Nieders GVBl 1978 S 451, idF vom 17. Dezember 1979, Nieders GVBl 1979 S 337) und erhielt vom Land Niedersachsen die nach § 6 GELAB vorgesehenen Bezüge, blieb jedoch eingeschriebene Studentin. Während des 3. Studienabschnitts nahm die Klägerin in der Zeit vom 27. August 1979 bis 31. Januar 1980 an einem Unterrichtsvorhaben teil; im Rahmen dieses berufspraktischen Ausbildungsabschnittes erteilte sie an 12 Wochenstunden Unterricht. Für diese Zeit führte das Land Niedersachsen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ab. Anschließend studierte die im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis verbliebene Klägerin an der Universität Osnabrück weiter.
Nach Beendigung des Studiums beantragte sie mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 Alhi. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1980 bewilligte die Beklagte die Leistung zunächst bis zum 30. September 1981 und nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom 28. Januar 1982 erneut bis vorläufig 30. September 1982. Mit Schreiben vom 28. Januar 1982 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, daß die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Alhi durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geändert seien und ihr deshalb Alhi nur noch bis zum 31. März 1982 zustehe. Tatsächlich erbrachte die Beklagte Leistungen nur noch bis zu diesem Tage.
Mit Bescheid vom 13. April 1982 hob die Beklagte unter Berufung auf Art 1 § 2 Nr 17 AFKG, § 48 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi vom 1. April 1982 an rückwirkend auf. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1982), ihre Klage hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück abgewiesen (Urteil vom 25. Februar 1983).
Zur Begründung hat das SG ausgeführt, daß der Anspruch der Klägerin auf Alhi durch die Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen durch das AFKG entfallen sei. Nach § 134 Abs 1 Nr 4b des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in der bis 31. Dezember 1981 geltenden Fassung (aF) habe Anspruch auf Alhi gehabt, wer innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgegangen sei, mindestens 70 Tage in entlohnter Beschäftigung gestanden habe. Diese Voraussetzungen seien für die Klägerin vor dem 1. Januar 1982 zu bejahen gewesen. Bei dem Unterrichtspraktikum habe es sich um eine "entlohnte Beschäftigung" iS von § 134 Abs 1 Nr 4b AFG aF gehandelt.
Nach § 134 Abs 1 Nr 4b AFG idF des seit 1. Januar 1982 geltenden AFKG (nF) habe jedoch Anspruch auf Alhi nur noch, wer innerhalb der einjährigen Rahmenfrist mindestens 150 Kalendertage in entlohnter Beschäftigung gestanden habe. Diese Voraussetzung läge bei der Klägerin aber nicht vor, da der über das Unterrichtspraktikum hinausgehende Teil des 3. Studienabschnitts nicht als entlohnte Beschäftigung und damit auch nicht als anwartschaftsbegründend angesehen werden könne. Die Klägerin habe nach dem Praktikum wie eine Studentin im herkömmlichen Sinne wieder frei die von ihr besuchten Lehrveranstaltungen und Lehrkräfte aussuchen und den Aufbau des 3. Studienabschnitts, insbesondere die fachinterne Spezialisierung selbst bestimmen können. Es fehle somit für die Zeit nach dem Unterrichtspraktikum an der Weisungsgebundenheit der Klägerin einerseits und dem Direktionsrecht des Dienstherrn andererseits. Als entlohnte Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist (vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1980) könnten deshalb nur die 123 Tage des Unterrichtspraktikums angerechnet werden.
Die Klägerin erfülle auch keinen anderen der anspruchsbegründenden Tatbestände des § 134 AFG nF; insbesondere sei das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nicht als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG anzusehen, dessen Zeiten an die Stelle der fehlenden Beschäftigung iSd § 134 Abs 1 Nr 4b AFG treten könnten. Zwar habe das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nach dem GELAB während der unterrichtspraktischen Zeit eine gewisse Annäherung an das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Beamten auf Widerruf gefunden. Wichtige Merkmale des Treueverhältnisses, die Teil des Beamtenverhältnisses seien, fehlten jedoch dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis; das SG führt dies des Näheren aus. Es sei deshalb ein öffentlich-rechtliches Verhältnis sui generis. Im übrigen reduzierten sich nach Beendigung des praktischen Unterrichtsvorhabens die vorher ohnehin schon eingeschränkten Rechte und Pflichten öffentlich-rechtlicher Art bis auf unwesentliche Reste, so daß eine Gleichstellung mit dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ausscheide. Folglich erfülle die Klägerin nicht mehr die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Alhi nach § 134 AFG in der ab Januar 1982 geltenden Fassung. Da jedoch die Anspruchsvoraussetzungen für den gesamten Monat Dezember 1981 vorgelegen hätten, sei nach Art 1 § 2 Nr 17 AFKG Alhi bis einschließlich 31. März 1982 weiterzugewähren gewesen. Die Beklagte habe deshalb zu Recht mit Bescheid vom 28. Januar 1982 die Leistung weiterbewilligt. Vom 1. April 1982 an sei auch nach den Überleitungsvorschriften des AFKG kein Raum für eine Weitergewährung von Alhi an die Klägerin mehr gewesen. Die Beklagte habe den Bewilligungsbescheid rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Rechtsverhältnisse an aufheben dürfen, da sie die Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 1982 auf die zu erwartende Zahlungseinstellung und die hierfür maßgeblichen rechtlichen Gründe eingehend informiert gehabt habe. Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB 10 hätten somit vorgelegen.
Das SG hat die Berufung und die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat mit Zustimmung der Beklagten die Sprungrevision eingelegt. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung des § 134 AFG durch das SG und trägt dazu vor: Das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis sei unabhängig von der zeitlichen Lage des unterrichtspraktischen Vorhabens insgesamt dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG gleichzustellen. Dies folge aus der teilweise entsprechenden Anwendung der Vorschriften des Beamtenrechts auf das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis sowie den übrigen - dem Beamtenrecht ähnlichen - Regelungen des GELAB. Aus diesem Grunde könne auch das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nicht nach Zeitabschnitten aufgespalten werden, sondern müsse einheitlich als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis qualifiziert werden. Dies ergebe sich schon daraus, daß der 3. Studienabschnitt gleichwertig an die Stelle des Referendardienstes treten solle und deshalb auch hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht anders behandelt werden dürfe als die Referendarzeit, die einen Ersatztatbestand darstelle. Zur weiteren Begründung verweist sie auf die Ausführungen des SG Aurich in einem Urteil vom 30. September 1982. Es bedeute eine willkürliche und vom Gesetzgeber nicht gewollte Ungleichbehandlung der Absolventen der einphasigen Lehrerausbildung im Vergleich zu den Lehramtsanwärtern der zweiphasigen Ausbildung, wenn man einerseits die Zeit des unterrichtspraktischen Vorhabens nicht als beitragspflichtige Beschäftigung ansehe, andererseits aber das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nicht dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gleichstelle, und damit dem Absolventen der einphasigen Ausbildung weder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) noch einen Anspruch auf Alhi zubillige. Da die Voraussetzungen für den Bezug von Alhi somit auch über den 31. März 1982 hinaus vorlägen, habe die Beklagte zu Unrecht den Aufhebungsbescheid erlassen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Osnabrück vom 25. Februar 1983 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1982 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Sprungrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung ihrer Auffassung auf das erstinstanzliche Urteil, dem sie sich im Ergebnis und inhaltlich anschließt. Ergänzend trägt sie vor, sie halte es nicht für vertretbar, diejenigen immatrikulierten Studenten, die eine innerhalb ihres Studiums vorgeschriebene praktische Tätigkeit in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis abzuleisten hätten, besser zu behandeln, als diejenigen, die diese Tätigkeit in einem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis absolvieren müßten (BSG Urteil vom 30. Januar 1980 - 12 RK 45/78 in SozR 2200 § 172 Nr 12). Andererseits erscheine ihr die hiervon abweichende Behandlung der öffentlich-rechtlichen Referendarzeit sachgerecht, da das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis eines Beamten auf Widerruf seiner sozialen Funktion nach weitgehend einem Beschäftigungsverhältnis iS von § 134 Abs 1 Nr 4b AFG aF entspreche.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gem § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Sprungrevision der Klägerin ist begründet. Der angefochtene Aufhebungsbescheid ist rechtswidrig.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 13. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1982 (§ 95 SGG). Darin hat die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi (vom 28. Januar 1982) mit Wirkung ab 1. April 1982 aufgehoben. Die Klägerin wendet sich hiergegen in verfahrensrechtlich zulässiger Weise allein mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG, da sie ihr Klageziel auf Weitergewährung von Alhi über den 31. März 1982 hinaus schon durch die Beseitigung des angefochtenen Aufhebungsbescheides erreichen kann (BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19; BSGE 49, 197, 198 = SozR 4100 § 119 Nr 11). Sie hat zwar vor dem SG auch noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alhi begehrt, diesen Leistungsantrag während des Revisionsverfahrens jedoch ausdrücklich zurückgenommen. Streitig ist danach allein noch der von der rechtlichen Wirksamkeit des angefochtenen Aufhebungsbescheides abhängige Bestand eines Alhi-Anspruchs der Klägerin für die Zeit vom 1. April 1982 bis 30. September 1982.
Aufgrund der Bestimmungen des § 134 AFG in der für diesen Zeitraum maßgeblichen Fassung des AFKG erfüllte die Klägerin seit dem 1. April 1982 allerdings nicht mehr die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi. Da sie im letzten Jahr vor der ihrem Alhi-Antrag vorausgehenden Arbeitslosmeldung kein Alg bezogen hat, wäre dies nur der Fall, wenn sie in diesem Zeitraum (das ist hier die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1980) mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hätte, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könnte (§ 134 Abs 1 Nr 4b AFG), bzw wenn sie in gleichem Umfange in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden hätte (§ 134 Abs 2 Nr 1 AFG). Beides trifft jedoch nicht zu.
In abhängiger Beschäftigung hat die Klägerin allenfalls in der Zeit vom 27. August 1979 bis 31. Januar 1980 gestanden, in der sie ihr Unterrichtspraktikum zurücklegte. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG (§§ 163, 161 Abs 4 SGG), die die Klägerin im übrigen nicht bestreitet, unterlag sie in der Zeit nach dem 31. Januar 1980 bis 30. September 1980 lediglich den Pflichten eines ordentlich eingeschriebenen Studenten, so daß sie wie Studenten herkömmlicher Studiengänge ihre Lehrveranstaltungen und Lehrkräfte frei auswählen, ihren Studienablauf unabhängig bestimmen konnte. Sie war dabei weder weisungsgebunden noch unterstand sie einem Direktionsrecht; von einer abhängigen Beschäftigung in dieser Zeit kann folglich keine Rede sein. Kommt als Beschäftigung iSd § 134 Abs 1 Nr 4b AFG somit allenfalls die in die oa Rahmenfrist fallende Zeit des Unterrichtspraktikums in Betracht, fehlt es bereits an der für den Anspruchserwerb erforderlichen Dauer von 150 Kalendertagen; denn das Unterrichtspraktikum fällt nur mit 123 Tagen in die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. September 1980. Es bedarf mithin auch keiner Entscheidung, ob dieses Praktikum überhaupt den Voraussetzungen einer Beschäftigung iSd § 134 Abs 1 Nr 4b AFG idF des AFKG entsprach (vgl dazu BSG vom 22. Februar 1984 - 7 RAr 8/83 -).
Die Klägerin erfüllte am 1. April 1982 auch nicht die Voraussetzungen des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG für einen Alhi-Anspruch; denn nach den Feststellungen des SG hat sie im letzten Jahr vor der maßgeblichen Arbeitslosmeldung vom 1. Oktober 1980 nicht wenigstens 150 Kalendertage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden.
Soweit das SG die Rechte und Pflichten der Absolventen der einphasigen Lehrerausbildung mit denen der Lehramtsanwärter der zweiphasigen Ausbildung nach dem Niedersächsischen Beamtengesetz (NBG) verglichen hat, handelt es sich um die Auslegung von Landesrecht und damit um nicht revisibles Recht; die einphasige Lehrerausbildung ist nur in Niedersachsen durchgeführt worden. Das hat zur Folge, daß das Revisionsgericht an die Feststellungen und Auslegungen des Landesrechts im erstinstanzlichen Urteil gebunden ist und nicht nachprüfen darf, ob die landesrechtlichen Vorschriften richtig oder vollständig angewandt worden sind (Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, § 162 RdNr 7; BSGE 2, 201, 205ff; 3, 77, 80ff; 7, 122, 125; BVerwG in Buchholz Nr 237.4 § 35 HambBG Nr 1; Urteile des BSG vom 15. November 1983 - 1 S 10/82 - und vom 22. Februar 1984 - 7 RAr 8/83 -). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn durch die Anwendung irrevisiblen Rechts gegen revisibles Recht, wie zB Bundesrecht oder allgemeine Rechtsgrundsätze verstoßen wird (Meyer-Ladewig aaO § 162 RdNr 7 mwN).
Ob das SG den rechtlichen Inhalt des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG als Bundesrecht verkannt hat, als es annahm, das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis der Klägerin sei als Rechtsverhältnis sui generis auch während der Zeit des Unterrichtspraktikums kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Sinne dieser Vorschrift, bedarf keiner Entscheidung; denn selbst wenn anhand der Feststellungen des SG für § 134 Abs 2 Nr 1 AFG eine andere Schlußfolgerung gerechtfertigt wäre, führte dies nicht zur Begründung des Anspruchs auf Alhi, weil das Praktikum nur mit 123 Tagen in der maßgeblichen Jahresfrist lag, wie schon ausgeführt wurde. Auch in diesem Falle fehlte es mithin an der vom Gesetz mit 150 Tagen vorgeschriebenen Mindestdauer einer gleichstehenden Zeit.
Die Zeiten außerhalb des Praktikums können keinesfalls als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iSd § 134 Abs 2 Nr 1 SGG angesehen werden. Das SG hat dazu festgestellt, daß in dieser Zeit die schon während des Praktikums ohnedies nur unvollständig vorhandenen typischen Rechte und Pflichten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses bis auf rudimentäre Rechte ruhend gestellt und weder eine Weisungsgebundenheit des Studenten noch das Direktionsrecht eines Dienstherrn vorhanden gewesen seien. Die Klägerin hat diese Feststellungen nicht angegriffen; sie trägt lediglich ihre von der des SG abweichende Rechtsauffassung vor, daß für Studenten der einphasigen Lehrerausbildung in Niedersachsen während des gesamten 3. Studienabschnitts durchgängig ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bestanden habe. Aufgrund der vom SG aus den landesrechtlichen Vorschriften getroffenen Feststellungen und Folgerungen kann der Senat dieser Auffassung der Klägerin jedenfalls für die Zeit nach Ablauf des Praktikums nicht folgen. Es hat dies ebenfalls bereits im Urteil vom 22. Februar 1983 - 7 RAr 8/83 - zum Ausdruck gebracht und entschieden, daß diese Beurteilung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Weder im Verhältnis zur Behandlung privatrechtlicher Ausbildungsgänge noch im Verhältnis zur Behandlung der Referendarzeit im Rahmen der herkömmlichen Lehrerausbildung sind Anhaltspunkte für eine sachwidrige Ungleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte ersichtlich.
Nach § 134 AFG idF des AFKG stand der Klägerin ein Anspruch auf Alhi ab 1. Januar 1982 folglich nicht zu. Gemäß Art 1 § 2 Nr 17 AFKG war ua § 134 Abs 1 Nr 4b AFG aF jedoch bis 31. März 1982 weiterhin anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi hiernach für einen Zeitraum im Dezember 1981 erfüllt sind. Die Beklagte ist hiervon ausgegangen und hat der Klägerin durch Bescheid vom 28. Januar 1982 Alhi nicht nur bis zum 31. März 1982, sondern sogar noch bis zum 30. September 1982 bewilligt. Ob dies für die Zeit bis 31. März 1982 rechtens war, bedarf keiner Entscheidung; denn der angefochtene Verwaltungsakt betrifft lediglich die Aufhebung dieser Bewilligung für die Zeit ab 1. April 1982. Obwohl auch bei Vorliegen der Voraussetzungen von Art 1 § 2 Nr 17 AFKG von diesem Zeitpunkt an die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi nicht mehr vorlagen, durfte die Beklagte die weitergehende Bewilligung nicht unter Berufung auf § 48 Abs 1 SGB 10 aufheben; denn diese Vorschrift scheidet im vorliegenden Falle als Rechtsgrundlage dafür aus.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung nach § 48 Abs 1 SGB 10 setzt grundsätzlich den Eintritt einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nach Erlaß des Verwaltungsaktes voraus. Inwieweit durch § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB 10 davon eine Ausnahme zugelassen ist, wonach eine Aufhebung statthaft ist, soweit nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, kann für den vorliegenden Fall dahinstehen. Die hier maßgebliche Änderung der Verhältnisse betrifft nämlich nicht einen derartigen Sachverhalt. Jedenfalls kann für die übrigen Aufhebungstatbestände des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB 10 eine solche Ausnahme von dem Grundsatz des Satzes 1 nicht gelten. Wenn nämlich § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes für die Zukunft den Eintritt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach Erlaß des Verwaltungsaktes voraussetzt, kann für die wesentlich einschneidendere Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nicht allgemein bereits eine schon vor Erlaß des Verwaltungsaktes entstandene Änderung der Verhältnisse genügen. Im übrigen soll gerade durch die Regelung des § 48 SGB 10 die Angleichung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung an nachträgliche Veränderungen der maßgeblichen Verhältnisse ermöglicht werden, während die Korrektur von Anfang an unrichtiger Verwaltungsakte nach Maßgabe der Regelungen in §§ 44, 45 SGB 10 stattfindet (vgl Bergner, Erdmenger, Fehn ua, Komm z SGB 10 § 48 RdNr 7; Schroeder-Printzen ua, Komm z SGB 10, Anm 4 zu § 44, Anm 2.2. zu § 45, Anm 1 und 3 zu § 48).
Die wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die zur Aufhebung einer Alhi-Bewilligung ab 1. April 1982 iSd § 48 Abs 1 SGB 10 berechtigt hätten, kann hier nur in den Änderungen der Voraussetzungen für das Entstehen eines Anspruchs auf Alhi durch das AFKG zu erblicken sein. Diese Rechtsänderung ist allerdings schon am 1. Januar 1982 in Kraft getreten (Art 18 AFKG), auch wenn sie sich auf vorher entstandene Ansprüche erst nach einer Überleitungsfrist von drei Monaten auswirken sollte. Mithin kann es sich hier nicht um eine Rechtsänderung handeln, die erst nach Erlaß der durch den angefochtenen Bescheid aufgehobenen Alhi-Bewilligung vom 28. Januar 1982 eingetreten ist. Die Klägerin hatte bereits zu diesem Zeitpunkt nach dem AFKG einschließlich ihrer Überleitungsvorschriften in Art 1 § 2 Nr 17 keinen Anspruch auf Alhi für die Zeit nach dem 31. März 1982. Infolgedessen kann der Anspruch auch nicht erst durch eine Rechtsänderung nach Erlaß des Bewilligungsbescheides vom 28. Januar 1982 entfallen sein, so daß dessen Aufhebung aus diesem Grunde gem § 48 Abs 1 SGB 10 ausscheidet.
Der angefochtene Bescheid kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in einen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB 10 umgedeutet werden. Nach dieser Vorschrift darf auch ein von Anfang an rechtswidriger Verwaltungsakt - in der Regel binnen zweier Jahre - ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft und in bestimmten Fällen auch für die Vergangenheit (§ 45 Abs 4 SGB 10) zurückgenommen werden, es sei denn, der Begünstigte hat auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut und dieses Vertrauen ist unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig. Nach § 45 Abs 2 Satz 3 SGB 10 kann sich der Begünstigte unter bestimmten Umständen auf Vertrauen nicht berufen. Es kann dahinstehen, ob im vorliegenden Falle Umstände gegeben sind, die ein Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bewilligungsbescheides vom 28. Januar 1982 begründen oder verhindern konnte und ob ein begründetes Vertrauen schutzwürdig wäre. Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 Abs 1 SGB 10 steht nämlich im Ermessen der zuständigen Behörde, setzt mithin für seine Wirksamkeit die Ausübung eines solchen Ermessens voraus. Daran fehlt es hier.
Die Beklagte hat ihre Aufhebungsentscheidung auf § 48 Abs 1 SGB 10 gestützt. Bei der Anwendung dieser Vorschrift hat die Verwaltung kein Ermessen auszuüben. Nach dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsaktes ist die Beklagte von dieser Rechtslage ausgegangen, dh sie hat eine Entscheidung treffen wollen, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen konnte. In diesen Fällen verbietet bereits die Regelung des § 43 Abs 3 SGB 10 die Umdeutung in eine Ermessensentscheidung; dies ist eine Folge der Verletzung der der Behörde nach § 39 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB 1) auferlegten Pflicht, ihr Ermessen auch tatsächlich auszuüben, wenn sie ein solches besitzt. Eine Ermessenentscheidung kann überhaupt nur dann rechtmäßig sein, wenn rechtlich zustehendes Ermessen ausgeübt worden ist. Fehlt es daran, wie hier, ist der Verwaltungsakt schon aus diesem Grunde rechtswidrig (vgl Schroeder-Printzen ua, aaO, Anm 6 zu § 43 mwN). Ob etwas anderes gilt, wenn unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten in dem streitigen Rechtsverhältnis nur noch eine einzige richtige Entscheidung möglich ist und sich deswegen das Ermessen der Behörde im Ergebnis auf Null reduziert (vgl dazu BVerwG in Buchholz 427.3 § 335a LAG Nrn 63 und 66; s auch die Nachweise bei Stelkens/Bonk/Leonhardt, Komm z VwVfG, 2. Aufl, § 40 RdNr 20, § 47 RdNr 2, § 48 RdNr 11), kann hier dahinstehen. Angesichts der Tatsache, daß die Beklagte der Klägerin unter dem gleichen Datum (28. Januar 1982) einerseits die Begrenzung ihres Anspruchs bis zum 31. März 1982 angekündigt, andererseits dessen Bewilligung bis zum 30. September 1982 ausgesprochen und sie diese Bewilligung dann auch nicht vor dem 31. März 1982, sondern erst danach, dh mit Rückwirkung aufgehoben hat, kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß pflichtgemäße Ermessensausübung zumindest hinsichtlich der Bestimmung des Aufhebungszeitpunktes zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, als er in dem angefochtenen Verwaltungsakt festgelegt worden ist. Für eine Betätigung von Ermessen bestand mithin Veranlassung. Da dieses nicht geschehen ist, kann der angefochtene Verwaltungsakt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 45 SGB 10 als rechtmäßig erachtet werden.
Er war deshalb auf die Revision der Klägerin ebenso wie das angefochtene Urteil des SG mit der Kostenfolge aus § 193 SGG aufzuheben.
Fundstellen