Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiswürdigung. Auskunft. Berufung. Ausschluß

 

Orientierungssatz

1. Das Gericht hat die Grenzen seines Rechts auf freie Beweiswürdigung überschritten, wenn es schriftlichen Erklärungen Angaben entnimmt, die nicht darin enthalten sind und aus seiner irrigen Auffassung über den Inhalt einer Erklärung zu verfahrensrechtlich unzulässigen Schlußfolgerungen gelangt (vgl BSG 1956-11-13 10 RV 370/54 = SozR Nr 12 zu SGG § 128).

2. Soweit sich die Berufung gegen die Ablehnung der Höherbewertung der MdE von 70 auf 80 vH wegen besonderer beruflicher Betroffenheit iS des § 30 Abs 2 BVG richtet, ist sie nach § 148 Nr 3 Halbs 1 SGG nicht statthaft, weil vom Grad der MdE weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhängt.

 

Normenkette

SGG §§ 128, 148 Nr. 3 Hs. 1; BVG § 30 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 29.02.1968)

SG Kiel (Entscheidung vom 08.06.1967)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Februar 1968 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juni 1967 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens und des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger bezieht wegen Verlustes des rechten Oberarmes Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v. H. Vor seiner Einberufung zum Wehrdienst und auch nach seiner Verwundung war er Stadtsekretär in L. Seit 1945 war der Kläger arbeitslos und erhielt von April 1951 an Übergangsgeld nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131). Im Jahre 1953 wurde er vom Finanzamt R als Steuerassistent eingestellt, wo er 1957 zum Steuersekretär und 1962 zum Steuerobersekretär befördert wurde. Verwendet wurde er ausschließlich im Innendienst der Vollstreckungsstelle. Der Antrag auf Erhöhung der MdE gem. § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs wurde durch Bescheid vom 29. April 1966 mit der Begründung abgelehnt, daß der Kläger auch bei der Steuerverwaltung Beamter des mittleren Dienstes geworden sei und durch seine Schädigung weder Nachteile in seinem beruflichen Aufstieg noch einen Einkommensverlust erlitten habe. Der Widerspruch, den der Kläger vor allem damit begründet hatte, daß er ohne den Verlust seines rechten Armes Hauptsekretär geworden und auch als Vollstreckungsbeamter verwendet worden wäre, wobei er mehr hätte verdienen können, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 7. November 1966). Der Vorsteher des Finanzamtes Rendsburg hatte angegeben, die Beförderung zum Steuerhauptsekretär sei nur bei besonders fähigen Beamten des mittleren Dienstes möglich, zu denen der Kläger nicht gehöre; es sei aber nicht auszuschließen, daß dieser als Vollstreckungsbeamter eingesetzt worden wäre, wenn er unversehrt aus dem Kriege zurückgekehrt wäre. In diesem Falle hätte er neben seinen Bezügen und Aufwandsentschädigungen (Reisekosten, Außendienstpauschale) eine Vollzieherpauschale in Höhe von 2 vH der eingezogenen Beträge, höchstens jedoch 60,- DM monatlich, erhalten. Das Sozialgericht (SG) wies die Klage, ab mit der Rente nach einer höheren MdE gem. § 30 Abs. 2 BVG und ein Berufsschadensausgleich begehrt worden waren, durch Urteil vom 8. Juni 1967 ab. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, gegen dieses Urteil sei das Rechtsmittel der Berufung zulässig; im übrigen sind die Erfordernisse angegeben, die bei der Einlegung der Berufung zu beachten sind.

Der Kläger hat dieses Urteil zunächst in vollem Umfang angefochten. In der mündlichen Verhandlung des Landessozialgerichts (LSG) vom 29. Februar 1968 hat er erklärt, daß er seinen Anspruch auf Berufsschadensausgleich fallen lasse und deshalb nur noch die Gewährung einer Versorgungsrente nach einer MdE um 80 vH beantrage. Das LSG hat diesem Antrag mit Urteil vom 29. Februar 1969 entsprochen. Es hat die Berufung für statthaft gehalten, weil sie sich auf den im ersten Rechtszug streitigen Berufsschadensausgleich bezogen habe und Ausschließungsgründe nicht vorlägen. Die Berufung sei in dem eingeschränkten Umfang auch begründet. Der Kläger habe glaubhaft vorgebracht, er habe sich vielerorts vergeblich um eine Beschäftigung im Kommunaldienst beworben. Stets sei ihm jedoch entgegengehalten worden, daß die für Schwerbeschädigte vorgesehenen Stellen bereits besetzt seien. Auf Grund des G 131 habe er im Mai 1953 beim Finanzamt R eingestellt werden können, jedoch als Steuerassistent anfangen müssen. Erst durch die Beförderung zum Steuersekretär im Jahre 1957 habe er wieder die Stellung erlangt, die er schon in L innegehabt habe. Zum Steuerobersekretär sei er 1962 befördert worden. Nach Auskunft seiner vorgesetzten Dienststelle habe der Kläger jedoch keine Aussicht, in der Finanzverwaltung zum Hauptsekretär befördert zu werden. Die mit der ausschließlichen Verwendung im Innendienst verbundenen schriftlichen Arbeiten belasteten ihn um so mehr, als er sie, obwohl früher Rechtshänder, mit der linken Hand verrichten müsse. Der Kläger sei hiernach nicht nur in der Vergangenheit beruflich betroffen, sondern leide nach seinen glaubhaften Angaben auch seelisch erheblich darunter, daß er nicht mehr im Kommunaldienst, sondern in der berufsfremden Steuerverwaltung Verwendung gefunden habe. Er hätte ohne weiteres im Kommunaldienst nicht nur lange vor 1962 Obersekretär, sondern auch Hauptsekretär werden können, was im Kommunaldienst anders als in der Steuerverwaltung nicht von besonderen Leistungen abhängig sei. Auch die Tatsache, daß der Kläger, wäre er nicht schwerbeschädigt, beim Finanzamt im Vollstreckungsaußendienst hätte verwendet werden können und in diesem Falle zusätzliche Einnahmen (Vollzieherpauschale) gehabt hätte, begründe den Anspruch, ihm unter dem Gesichtspunkt des Berufsschadensausgleichs durch Erhöhung der MdE um wenigstens 10 vH eine erhöhte Rente zu gewähren. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen dieses am 6. Mai 1968 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 1968, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 4. Juni 1968, Revision eingelegt.

Er beantragt,

das Urteil des LSG vom 29. Februar 1968 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Kiel vom 8. Juni 1967 zurückzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 29. Februar 1968 die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

In der Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er ist der Auffassung, allein der Zwang, schriftliche Arbeiten mit der linken Hand erledigen zu müssen, rechtfertige nicht die Feststellung einer besonderen beruflichen Betroffenheit, da meistens die Umgewöhnung gelinge und ein im Innendienst beschäftigter Beamter sich zur Erledigung der Schreibarbeiten der dafür vorgesehenen Schreibkräfte bedienen könne. Das LSG hätte daher außergewöhnliche Umstände feststellen müssen, aus denen sich ergibt, daß der Kläger für seine Dienstverrichtungen eine besondere Tatkraft aufwenden müsse. Auch die Feststellung, er wäre ohne die Schädigung wieder in den Kommunaldienst gelangt und könne dort heute die Stellung eines Hauptsekretärs einnehmen, entbehre jeglicher Grundlage. Der Kläger teile das Schicksal vieler aus ihrer Heimat vertriebener Beamter. Es gäbe keinen Erfahrungssatz, daß gesunde Kommunalbeamte nach ihrer Vertreibung in der Bundesrepublik wieder Kommunalbeamte geworden wären. Bekanntlich hätten viele vertriebene Beamte vielmehr erst auf Grund des G 131 untergebracht werden können. Der Kläger hätte trotz der Amputation des rechten Oberarmes an sich wieder Kommunalbeamter werden können. Die Feststellung, daß er ohne die Schädigung Kommunalhauptsekretär geworden wäre, hätte einer weiteren Sachaufklärung, insbesondere durch Beiziehung statistischer Unterlagen über die Verwendung vertriebener Beamter bedurft. Verfahrensrechtlich fehlerhaft sei schließlich die der Auskunft des Vorstehers des Finanzamtes Rendsburg vom 9. Juni 1966 entnommene Feststellung des LSG, daß der Kläger bei der Finanzbehörde ohne seine Schädigung im Vollstreckungsaußendienst tätig wäre und dadurch noch eine Vollzieherpauschale erhielte. Nach dieser Auskunft sei es nur nicht auszuschließen, daß der Kläger, wäre er gesund, im Außendienst verwendet worden wäre. Dieser Wortlaut lasse aber niemals den Schluß zu, daß der Kläger in diesem Falle auch tatsächlich zum Außendienst herangezogen worden wäre. Die Feststellung des LSG würde eine Auskunft mindestens des Inhalts voraussetzen, daß ein Außendienst des Klägers wahrscheinlich gewesen wäre. Das LSG habe daher nicht erwiesene Angaben verwertet und damit sein Recht zur freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Da sie nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen worden ist und das LSG auch nicht über den ursächlichen Zusammenhang bei Anwendung der in der Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG entschieden hat, ist die Revision nur statthaft, wenn zutreffend ein wesentlicher Verfahrensmangel des LSG im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG gerügt wird (BSG 1, 150). Der Beklagte hat als wesentlichen Verfahrensmangel eine Verletzung der §§ 103 und 128 SGG in mehrfacher Hinsicht gerügt. Greift eine dieser Rügen durch, so kommt es für die Statthaftigkeit der Revision nicht mehr darauf an, ob auch andere Verfahrensmängel vorliegen (BSG in SozR SGG § 162 Nr. 122). Der Beklagte rügt vornehmlich eine Verletzung des § 128 SGG, die er ua darin erblickt, daß die Auskunft des Vorstehers des Finanzamtes R vom 3. Juli 1966 das LSG nicht zu der Feststellung berechtigt habe, der Kläger wäre ohne seine Schädigung beim Finanzamt im Vollstreckungsaußendienst verwendet worden und hätte in diesem Falle zusätzliche Einnahmen in Form der Vollzieherpauschale gehabt. Diese Rüge greift auch durch. Nach § 128 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Ein Verfahrensmangel liegt insoweit vor, wenn das Gericht die gesetzlichen Grenzen seines Rechts auf freie Beweiswürdigung überschritten hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn es schriftlichen Erklärungen Angaben entnimmt, die nicht darin enthalten sind und aus seiner irrigen Auffassung über den Inhalt einer Erklärung zu verfahrensrechtlich unzulässigen Schlußfolgerungen gelangt (BSG in SozR SGG § 128 Nr. 12). Das LSG hat dem Kläger "unter dem Gesichtspunkt des Berufsschadensausgleichs" durch Erhöhung der MdE um wenigstens 10 v. H. eine (von 70 vH auf 80 vH) erhöhte Rente zugesprochen. Es hat damit zum Ausdruck bringen wollen, der Kläger habe durch seine Schädigung beruflich einen besonderen Schaden im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG erlitten, der durch die Gewährung einer der Erhöhung der MdE um mindestens 10 vH entsprechenden Rente ausgeglichen werden müsse. In seiner Begründung hat es die Erhöhung der MdE in diesem Umfang letztlich darauf gestützt, daß der Kläger, wäre er nicht schwerbeschädigt, beim Finanzamt im Vollstreckungsaußendienst hätte verwendet werden können und in diesem Falle zusätzliche Einnahmen durch die Vollzieherpauschale gehabt hätte. Dieser Feststellung liegt eine Auskunft des Vorstehers des Finanzamtes R vom 9. Juni 1966 zugrunde. Darin ist ausgeführt, es sei nicht auszuschließen, daß der Kläger bei einer unversehrten Rückkehr aus dem Kriege als Vollziehungsbeamter hätte eingesetzt werden können und in diesem Falle neben seinen Bezügen eine Vollzieherpauschale in Höhe von 2 vH der eingezogenen Beträge, höchstens jedoch 60,- DM, erhalten hätte; auch als Vollziehungsbeamter hätte er aber nicht zum Steuerhauptsekretär befördert werden können, weil dies nach der Dienstpostenbestimmung ausgeschlossen sei. Im übrigen sei die Beförderung zum Steuerhauptsekretär nur bei besonders befähigten Beamten möglich, die ein umfangreiches und schwieriges Aufgabengebiet selbständig bewältigen können, eine Voraussetzung, die der Kläger nicht erfülle. Die Erklärung, daß die Möglichkeit eines Einsatzes als Vollziehungsbeamter nicht auszuschließen sei, stellt in dieser unverbindlichen Form nur einen allgemeinen Hinweis auf die mögliche Verwendung auch im Vollstreckungsdienst dar; sie läßt ihrem Wortlaut nach aber völlig offen, ob gerade auch der Kläger mit einiger Wahrscheinlichkeit dafür in Aussicht genommen worden und eine solche Verwendung nur an seiner Schädigung gescheitert wäre. Die Auskunft des Finanzamtes erlaubt weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach den Schluß, daß der Kläger ohne seine Schädigung im Vollstreckungsaußendienst hätte verwendet werden können und dadurch zusätzlich die Vollzieherpauschale erhalten hätte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Unerreichbarkeit einer solchen Tätigkeit überhaupt mit sozial oder wirtschaftlich so wesentlichen Nachteilen verbunden ist, wie sie die Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG voraussetzt. Das LSG hat somit seine Feststellung auf Angaben gestützt, die der Auskunft des Finanzamtes nicht zu entnehmen sind. Die Rüge einer Verletzung des § 128 SGG trifft somit zu. Die Revision ist aus diesem Grunde statthaft. Das angefochtene Urteil beruht auch auf dem gerügten Verfahrensmangel und war daher aufzuheben.

Bei der nunmehr erforderlichen Nachprüfung der Entscheidung des LSG ist vor allem zu prüfen, ob die Berufung des Klägers statthaft war. Zwar ist ein Verfahrensmangel in dieser Hinsicht vom Beklagten nicht gerügt. Die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels gehört aber zu den Prozeßvoraussetzungen, die in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der Revisionsinstanz - von Amts wegen zu prüfen sind (BSG 2, 23, 245; 8, 3; 11, 167). Diese Nachprüfung ergibt, daß die Revision nach § 148 Nr. 3, 1. Halbsatz SGG nicht statthaft war.

Zu Unrecht hat sie das LSG gemäß § 143 SGG als statthaft angesehen, weil sie sich auf den Berufsschadensausgleich bezogen habe und Ausschließungsgründe nicht vorlägen. Abgesehen davon, daß der Kläger diesen Anspruch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat fallen lassen und nur noch Versorgungsrente nach einer MdE um 80 vH beantragt hat, hat das LSG verkannt, daß die nur wegen der Erhöhung der MdE von 70 auf 80 vH eingelegte Berufung nach § 148 Nr. 3 1. Halbsatz SGG nicht statthaft war. Nach dieser Vorschrift ist in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung die Berufung nicht statthaft, soweit sie den Grad der MdE betrifft, wenn davon weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhängt. Dies gilt auch dann, wenn Streit darüber besteht, ob die MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit gem. § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten ist (vgl. BSG in SozR SGG § 148 Nr. 22 = BSG 12, 134). Wird Berufung wegen mehrerer rechtlich selbständiger Ansprüche eingelegt, so ist ihre Statthaftigkeit jeweils nach dem Anspruch zu beurteilen, der den Gegenstand der Berufung bildet (vgl. BSG 11, 63, 167). Im vorliegenden Fall war sowohl der Anspruch auf Erhöhung der Rente von 70 auf 80 vH als auch der Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich abgelehnt worden. Gegenstand des Rechtsstreits waren somit zwei rechtlich selbständige Ansprüche, von denen der eine nur den Grad der MdE, der andere den Berufsschadensausgleich betraf. Ziel der Berufung war die Aufhebung der Entscheidung des SG, durch die sowohl die Erhöhung der MdE auf 80 vH, als auch der Berufsschadensausgleich abgelehnt worden war. Soweit sich die Berufung gegen die Ablehnung der Höherbewertung der MdE von 70 auf 80 vH wegen besonderer beruflicher Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG richtete, war sie aber nach § 148 Nr. 3 1. Halbsatz SGG nicht statthaft, weil vom Grad der MdE weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhing. Sie war insoweit vom SG auch nicht nach § 150 Nr. 1 SGG zugelassen worden. Nach dem Wortlaut seiner Rechtsmittelbelehrung "Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zulässig" hat es vielmehr die Berufung allgemein für zulässig gehalten, ohne zu beachten, daß die Entscheidung über die Erhöhung des Grades der MdE in diesem Falle nicht mit der Berufung angefochten werden konnte. Insoweit durfte das LSG daher kein Sachurteil erlassen, sondern es mußte die Berufung durch Prozeßurteil als unzulässig verwerfen. Der Senat konnte insoweit auch selbst entscheiden, da es sich um eine Rechtsfrage handelt, deren Beurteilung tatsächlicher Feststellungen nicht mehr bedarf. Die nur wegen der Erhöhung der MdE von 70 auf 80 vH eingelegte Berufung war daher nach § 148 Nr. 3, 1. Halbsatz SGG als unzulässig zu verwerfen. Über die Gewährung des Berufsschadensausgleichs war nach Aufgabe dieses Anspruches im Berufungsverfahren nicht mehr zu entscheiden. Die Verwerfung der Berufung verstößt auch nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, das nicht eingreift, wenn die Entscheidung die Rechtsfolgen ausspricht, die sich aus dem Mangel einer Prozeßvoraussetzung zwangsläufig ergeben (vgl. BSG in SozR SGG § 123 Nr. 1).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285036

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