Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensausgleich einer Witwe nach § 40a Abs.2 S.2 Bundesversorgungsgesetz (BVG)
Normenkette
BVG § 30 Abs. 3-4; SGG § 113; BVG § 40a Abs. 2 S. 2; SGG § 141 Abs. 1
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. August 1971 abgeändert und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit das Urteil den Anspruch der Klägerin zu 1) auf Schadensausgleich betrifft.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Berufsschadensausgleichs für den am 31. Juli 1967 verstorbenen Beschädigten Gustav K. (K.) streitig, den die Kläger als Rechtsnachfolger geltend machen, ferner die Höhe des Schadensausgleichs der Klägerin zu 1).
Der am 9. Juni 1897 geborene K. leistete Wehrdienst im ersten Weltkrieg. Das damals zuständige Versorgungsamt Allenstein (Ostpreußen) gewährte dem K. wegen einer als Dienstbeschädigung anerkannten Lungentuberkulose zunächst Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. und später um 100 v.H.. Nach seiner Vertreibung aus Ostpreußen übernahm das Versorgungsamt Lübeck die Rentenzahlung ebenfalls nach einer MdE um 100 v.H..
K. stellte im Dezember 1965 Antrag auf Gewährung von Berufsschadensausgleich und gab hierzu an, er habe nach dem Besuch der Volksschule den Beruf eines Landwirts erlernt und bis zu seiner Einberufung im ersten Weltkrieg sowie nach seiner Entlassung aus dem Wehrdienst im Jahre 1918 in der väterlichen Landwirtschaft gearbeitet, und zwar zuletzt als Betriebsleiter. Infolge der Verschlimmerung seines Lungenleidens sei er gezwungen gewesen, auf die Übernahme des väterlichen Hofes zugunsten eines jüngeren Bruders zu verzichten. Die Versorgungsbehörde gewährte K. mit Bescheid vom 4. August 1966 vom 1. Dezember 1965 an Berufsschadensausgleich, wobei sie bei der Berechnung das Durchschnittseinkommen für Arbeiter in der privaten Wirtschaft... im Wirtschaftsbereich der gesamten Industrie nach der Leistungsgruppe 3 zugrunde legte. K. verstarb im Laufe des Vorverfahrens, das die Erben fortsetzten. Die Versorgungsbehörde half dem Widerspruch mit Bescheid vom 20. November 1967 insoweit ab, als sie; nunmehr statt der Leistungsgruppe 3. die Leistungsgruppe 2 für angelernte Arbeiter in der privaten Wirtschaft, Wirtschaftsbereich gesamte Industrie, der Berechnung zugrunde legte, und wies den Widerspruch, mit dem die Eingruppierung als selbständiger Landwirt begehrt wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 1968 zurück. Hiergegen haben die Kläger als Rechtsnachfolger des K. Klage erhoben.
Die Versorgungsbehörde erkannte ferner mit Bescheid vom 16. November 1967 den Tod des K. als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) an und gewährte der Klägerin zu 1) Hinterbliebenenversorgung vom 1. August 1967 an. Der Berechnung des Schadensausgleichs der Witwe legte sie als Durchschnittseinkommen das Bruttoeinkommen eines angelernten Arbeiters der Leistungsgruppe 2, der unselbständig in der privaten Wirtschaft im Wirtschaftsbereich der gesamten Industrie tätig wäre, zugrunde. Der Widerspruch der Klägerin zu 1), mit dem sie die Eingruppierung ihres Ehemannes als selbständiger Landwirt begehrte, war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11.06.1968). Hiergegen hat die Klägerin zu 1) Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 11. August 1969 die angefochtenen Bescheide abgeändert sowie den Beklagten verurteilt, über den Antrag des Ehemannes der Klägerin vom 28. Dezember 1965 auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs und über den Anspruch der Klägerin zu 1) auf Gewährung eines Schadensausgleichs neu zu entscheiden und hierbei als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) zugrunde zu legen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 26. August 1971 die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Berufung des Beklagten sei nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, da Ausschließungsgründe nicht vorlägen. Die Berufung sei unbegründet. Unter Hinweis auf das Urteil des 9 Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. März 1970 (BSG 31, 74) ist das LSG der Auffassung, daß bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs K. als selbständiger Landwirt, also gemäß § 5 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG in der jeweils gültigen Fassung (DVO) einzustufen sei und daher als Durchschnittseinkommen dasjenige der Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrunde gelegt werden müsse. Entscheidend sei, daß K. bereits vor seiner Vertreibung aus Ostpreußen durch die Schädigungsfolgen seinen Beruf als Landwirt habe aufgeben müssen. Die Vertreibung könne diesen einmal eingetretenen beruflichen Schaden nicht wieder beseitigen. Maßgebend sei entgegen der vom 10, Senat des BSG in seinem Urteil vom 16. September 1970 (BSG 32, 1) vertretenen Auffassung nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern derjenige, an welchem der Beschädigte einmal den beruflichen Schaden i. S. des § 30 Abs. 3 BVG erlitten habe. Dieser könne nicht durch spätere Ereignisse - wie hier durch die Vertreibung aus der Heimat - "überholt" und damit beseitigt werden. Demnach sei gemäß § 30 Abs. 3 und 4 BVG davon auszugehen, daß K. selbständiger Landwirt war und geblieben wäre, so daß das Durchschnittseinkommen nach § 5 der DVO zu bemessen sei. Gleiches gelte auch für den Schadensausgleich der Klägerin zu 1) gemäß § 40 a Abs. 2 BVG i.V.m. § 5 DVO.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 4. November 1971 zugestellte Urteil am 26. November 1971 Revision eingelegt und nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 4. Februar 1972 diese am 31. Dezember 1971 begründet.
Er hat zunächst beantragt,
die Urteile des SG Lübeck vom 11. August 1969 und des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 26. August 1971 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Nach Hinweis des Senats, daß die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG hinsichtlich der Höhe des Berufsschadensausgleichs für K. "nur Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume" i. S. des § 148 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) betrifft, so daß die Berufung insoweit unzulässig war, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. September 1972 beantragt,
die Urteile des SG Lübeck vom 11. August 1969 und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. August 1971 abzuändern und die Klage, soweit sie die Gewährung eines höheren Schadensausgleichs (§ 40 a BVG) betrifft, abzuweisen.
In seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt der Beklagte die unrichtige Anwendung der Vorschriften über den Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich durch das LSG und bringt hierzu insbesondere vor, die Feststellung der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, welcher K. ohne seine Schädigung angehört hätte, sei die Aussage über einen hypothetischen Geschehensablauf, nämlich darüber, wie sich sein beruflicher Werdegang tatsächlich bis zum Eintritt der Schädigung und nach seiner Schädigung - unabhängig von dieser - entwickelt hätte. Es müsse also der individuelle berufliche Werdegang nach seiner Schädigung anhand von Erfahrungssätzen ermittelt werden. Der berufliche Werdegang sei also so nachzuzeichnen, wie er sich wahrscheinlich gestaltet hätte, wenn die Schädigungsfolgen hinweggedacht würden. Dies ergebe sich eindeutig sowohl aus dem BVG als auch aus der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG. Der Entscheidung des 9. Senats des BSG vom 17. März 1970, auf die sich das LSG bezogen habe, könne er nicht folgen. Dies gelte nicht nur für den Berufsschadensausgleich, sondern auch für den Schadensausgleich nach § 40 a Abs. 2 BVG, jedoch mit dem Unterschied, daß bei der Witwe auch derjenige Beruf des Ehemannes zur Grundlage der Berechnung gemacht werden könne den dieser im Zeitpunkt seines Todes gehabt hat, wenn dies für die Witwe günstiger sei als die Berechnung nach demjenigen Beruf, den der Verstorbene gehabt "hätte" .
Die Kläger beantragen,
- unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen LSG - soweit darin über die Höhe des Berufsschadensausgleichs entschieden worden ist - die Berufung des Landes Schleswig-Holstein gegen das Urteil des SG Lübeck vom 11. August 1969 zu verwerfen;
- die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 26. August 1971 im übrigen zurückzuweisen, sowie
- dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.
Wegen ihres Vorbringens wird auf die Revisionserwiderung vom 12. Januar 1972 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 13, und 20.07.1972).
II
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision des Beklagten ist zulässig.
Das LSG hat über zwei getrennte Ansprüche entschieden, und zwar einmal über die Höhe des Berufsschadensausgleichs für K. (für die Zeit vom 1. Dezember 1965 bis 31. Juli 1967) und ferner über die Höhe des an die Klägerin zu 1) zu gewährenden Schadensausgleichs (vom 1. August 1967 an) gemäß § 40 a BVG. Der Beklagte hat gegen das angefochtene Urteil zunächst in vollem Umfange Revision eingelegt, denn er hat in seiner Revision vom 25. November 1971 den Antrag gestellt, die Urteile des SG und LSG aufzuheben und die Klagen abzuweisen. Hit seinem Antrag aus dem Schriftsatz vom 22. September 1972, die Urteile des SG und des LSG abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie einen höheren Schadensausgleich betrifft, hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß er sich mit seiner Revision nur noch insoweit gegen das angefochtene Urteil wendet, als er zur Gewährung, eines höheren Schadensausgleichs - als im angefochtenen Bescheid vom 16. November 1967 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 1968 berechnet - verurteilt worden ist. Aus der Einschränkung seines ursprünglichen Antrages ergibt sich, daß der Beklagte das angefochtene Urteil des LSG nicht mehr angreift, soweit die Berufung des Beklagten auch hinsichtlich des höheren Berufsschadensausgleichs für K. als unbegründet zurückgewiesen worden ist, dies folgt auch daraus, daß der Beklagte mit seinem nunmehrigen Revisionsantrag vom 22. September 1972 offenbar die prozessuale Folgerung aus dem Hinweis des Senats ziehen will, wonach die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG in Bezug auf den höheren Berufsschadensausgleich nur Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume i. S. des § 148 Nr. 2 SGG betraf und somit - entgegen der Auffassung des LSG - unzulässig gewesen ist. Damit hat der Beklagte prozessual seine Revision gegen das Urteil des LSG insoweit zurückgenommen, als es den höheren Berufsschadensausgleich für K. betrifft. Damit ist in diesem Umfange des angefochtene Urteil rechtskräftig geworden, so daß zwischen den Beteiligten - also den Klägern als Rechtsnachfolgern des K. und dem Beklagten - gemäß § 141 SGG bindend feststeht, daß bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs des K. als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrunde zu legen ist. Zufolge der Rechtskraft des Urteils in diesem Umfange konnte der Senat keine Entscheidung mehr treffen.
In der Revisionsinstanz ist somit nur noch streitig, ob die Klägerin zu 1) einen Anspruch auf einen höheren Schadensausgleich (§ 40 a BVG) hat, d.h., ob bei der Berechnung des Schadensausgleichs als Durchschnittseinkommen i. S. des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG die Leistungsgruppe 2 für angelernte Arbeiter in der privaten Wirtschaft (Wirtschaftsbereich gesamte Industrie) oder die Besoldungsgruppe A 7 BBesG der Berechnung zugrunde zu legen ist. Diese Frage ist nicht etwa deshalb schon zugunsten der Klägerin zu 1) i.S. der vom LSG vertretenen und vom Beklagten angegriffenen Auffassung beantwortet, weil wegen der Rechtskraft des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Höhe des für K. zu gewährenden Berufsschadensausgleichs gemäß § 141 SGG das Durchschnittseinkommen nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG als Berechnungsgrundlage für die Beteiligten bindend ist. Die Rechtskraft des Urteils in Bezug auf die Höhe des Berufsschadensausgleichs für K. bindet die Beteiligten nicht auch gleichzeitig hinsichtlich der Frage der Höhe des Schadensausgleichs für die Klägerin zu 1). Nach § 141 SGG binden rechtskräftige Urteile "die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist" (für Verwaltungsakte siehe § 77 SGG). Der Umfang der Rechtskraft im sozialgerichtlichen Verfahren ist nicht anders zu beurteilen als im Zivilprozeß; der Begriff des "Streitgegenstandes" i. S. des § 141 SGG deckt sich mit dem Begriff des "erhobenen Anspruchs" i. S. des § 322 der Zivilprozeßordnung (ZPO) - BSG 9, 17, 20 -. Im vorliegenden Fall, sind zwei verschiedene Ansprüche erhoben worden, nämlich der Anspruch auf einen höheren Berufsschadensausgleich für K., welchen die Kläger als dessen Rechtsnachfolger verfolgen, und ferner der - hiervon unabhängige - Anspruch der Klägerin zu 1) auf höheren Schadensausgleich (§ 40 a BVG). Daß es sich bei diesen Ansprüchen um verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander unabhängige Ansprüche handelt, ergibt sich schon daraus, daß der Berufsschadensausgleich im Rahmen der Beschädigtenversorgung (§ 30 Abs. 3 BVG), der Schadensausgleich im Rahmen der Witwenversorgung (§ 40 a BVG) gewährt wird und geregelt ist, ebenso aber, daß jeder dieser Ansprüche von bestimmten, voneinander verschiedenen Voraussetzungen abhängig ist während für den Berufsschadensausgleich des Beschädigten nach § 30 Abs. 3 BVG Voraussetzung ist, daß das Erwerbseinkommen "durch die Schädigungsfolgen gemindert ist" , wird beim Schadensausgleich gemäß § 40 a Abs. 1 BVG nur verlangt, daß das Einkommen der Witwe "geringer ist" als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung, erzielt hätte. Der Schadensausgleich der Witwe gemäß § 40 a BVG ist - ebenso wie die Witwenrente insgesamt - kein "abgeleiteter Anspruch" im Hinblick auf die Höhe der Beschädigtenrente, insbesondere leitet sich die Höhe des Schadensausgleichs nicht von der Höhe eines Berufsschadensausgleichs ab. Beide unterliegen verschiedenen Voraussetzungen, und es ist durchaus denkbar, daß ein Beschädigter Anspruch auf Berufsschadensausgleich gehabt hat, während seine Witwe nach den Voraussetzungen des § 40 a BVG keinen Anspruch auf Schadensausgleich hat, oder aber, daß dem Beschädigten kein Anspruch auf Berufsschadensausgleich zusteht, während seiner Witwe ein Schadensausgleich zu gewähren ist. Handelt es sich aber im vorliegenden Fall um zwei verschiedene "erhobene Ansprüche" , also um zwei "Streitgegenstände" , über die in dem angefochtenen Urteil entschieden worden ist, und ist das Urteil nur hinsichtlich des einen erhobenen Anspruchs (Streitgegenstand), nämlich wegen der Höhe des Berufsschadensausgleichs für K. rechtskräftig geworden, so bindet dieses Urteil gemäß § 141 Abs. 1 SGG die Beteiligten auch nur in Bezug auf diesen Streitgegenstand, also in Bezug auf die Höhe des Berufsschadensausgleichs. Eine weitergehende Wirkung der Rechtskraft, die sich auf die Höhe des Schadensausgleichs beziehen könnte, tritt weder dadurch ein, daß bei beiden erhobenen Ansprüchen Streit um deren Höhe bestand noch etwa deshalb, weil in beiden Fällen die Klägerin zu 1) "Beteiligte" ist. Die Eingruppierung von K. in eine Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens ist zwar für die Höhe des Berufsschadensausgleichs und des Schadensausgleichs der Witwe ein bestimmender Faktor; dieser Faktor und seine Ermittlung gemäß § 30 Abs. 4 und § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG mag im vorliegenden Fall unter den gleichen materiellrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen sein; dies ändert jedoch nichts daran, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich eines Beschädigten und der auf Schadensausgleich seiner Witwe voneinander unabhängige. Ansprüche sind und zwei verschiedene "Streitgegenstände" betreffen (s. für die Bindungs- und Rechtskraftwirkung von Ansprüchen auf Sterbegeld und Hinterbliebenenversorgung BSG 10, 167, 169 mit weiteren Hinweisen; siehe dazu auch BSG 14, 99, 101; 16, 281). Auch dadurch, daß die Klägerin zu 1) - gemeinsam mit ihren Kindern - als Rechtsnachfolgerin des K. Beteiligte im Verfahren über die Höhe des Berufsschadensausgleichs und zugleich als Witwe - also aus eigenem Recht - im Verfahren wegen der Höhe des Schadensausgleichs Beteiligte ist, ändert nichts daran, daß hinsichtlich des Durchschnittseinkommens die Rechtskraft des angefochtenen Urteils allein für den Berufsschadensausgleich Bindungswirkung hat. Die Klägerin zu 1) nimmt nämlich - aufgrund der Verbindung beider Klagen gemäß § 113 SGG - prozessual zwei verschiedene Stellungen in diesem Verfahren ein. Wegen der Höhe des Berufsschadensausgleichs für. K. ist sie - gemeinsam mit ihren Kindern - als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes in den Rechtsstreit eingetreten und verfolgt den auf sie als Miterbin übergegangenen Anspruch des Erblassers. Hiervon unterschieden verfolgt sie bezüglich der Höhe des Schadensausgleichs den ihr nach dem BVG allein zustehenden Anspruch auf Witwenversorgung. Damit ist sie einmal "Beteiligte" hinsichtlich des Streitgegenstandes "Berufsschadensausgleich" und zweitens "Beteiligte" hinsichtlich des Streitgegenstandes "Schadensausgleich" . Diese verschiedenen Beteiligtenrollen sind aber bei der Frage der Rechtskraftwirkung, welche sich auf den Streitgegenstand bezieht, zu unterscheiden und voneinander zu trennen. Das bedeutet, aber, daß in Bezug auf den Streitgegenstand "Berufsschadensausgleich" die Höhe des seiner Berechnung zugrunde zu legenden Durchschnittseinkommens für die Klägerin zu 1) nur als Rechtsnachfolgerin des K. gemäß § 141 Abs. 1 SGG bindend ist, eine Bindungswirkung für die Klägerin zu 1) in ihrer Stellung als Witwe in Bezug auf die Höhe des Schadensausgleichs jedoch nicht eingetreten ist. Ist also davon auszugehen, daß wegen der Höhe des Schadensausgleichs der Klägerin zu 1) keine Rechtskraftwirkung bezüglich des Durchschnittseinkommens eingetreten ist, so ist die hier streitige Frage unter den Voraussetzungen des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG im vorliegenden Fall in vollem Umfange nachzuprüfen.
Hinsichtlich dieses Anspruchs ist die Revision des Beklagten begründet. Das LSG ist nämlich zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin zu) 1) schon deshalb als "selbständiger Landwirt" (§ 5 der DVO) einzugruppieren und aus dieser Berufsgruppe das Durchschnittseinkommen i. S. des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG zu ermitteln ist, weil dieser vor seiner Vertreibung wegen der anerkannten Schädigungsfolgen das von ihm angestrebte Berufsziel als selbständiger Landwirt nicht erreicht hat und die Vertreibung diesen Schaden nicht beseitigen konnte. Nach § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG gilt als Einkommen des Ehemannes das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene angehört hat (1. Alternative) oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte (2. Alternative), § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BVG ist anzuwenden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß K. im Zeitpunkt seines Todes nicht selbständiger Landwirt war, so daß für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens die 1. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG insoweit ausscheidet.
Demnach kommt es allein darauf an, welcher Berufs- oder Wirtschaftsgruppe K. ohne die Schädigung ... wahrscheinlich angehört hätte (2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG). Der 9. Senat des BSG hat unter Aufgabe seiner Rechtsprechung (BSG 31, 74) mit Urteil vom 6. Juli 1972 (9 RV 668/71 - noch nicht veröffentlicht -) ausgesprochen, daß der Berufsschadensausgleich nicht nach der durch Vertreibung verlorenen Berufsstellung eines selbständigen Landwirts zu berechnen ist, wenn der Beschädigte infolge der Vertreibung nach seinen Berufs- und Lebensverhältnissen in der Zeit, für die er diese Leistung begehrt, nicht wahrscheinlich wieder selbständiger Landwirt wäre. Dieser Rechtsprechung ist der erkennende Senat in seinem Urteil vom 19. Juli 1972 (10 BV 489/70) gefolgt. Bei der 2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG -Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene "ohne die Schädigung" nach seinen Lebensverhältnissen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten "wahrscheinlich angehört hätte" - ist, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, der Berufsweg des verstorbenen Ehemannes, (hypothetisch) "historisch nachzuvollziehen" , und zwar in der Weise, daß festgestellt werden muß, welcher Berufs- oder Wirtschaftsgruppe der Verstorbene unter Hinwegdenken der Schädigungsfolgen - "ohne die Schädigung" - wahrscheinlich angehört hätte. Maßgebend dafür ist der Zeitpunkt, für den die Versorgungsleistung - hier der Schadensausgleich - begehrt wird; denn nach dem Sinn und Zweck des Schadensausgleichs - wie auch des Berufsschadensausgleichs - soll der Schaden für diejenige Zeit ausgeglichen werden, in welcher die Leistung begehrt wird. Der Einkommensverlust kann nur im Unterschied zwischen dem tatsächlichen Einkommen und einem angenommenen Einkommen bestehen, welches der Beschädigte (die Witwe) ohne die Schädigung (den schädigungsbedingten Tod des Ehemannes) in jener Zeit hätte, in der die Leistung verlangt wird. Der Schadensausgleich soll keinen etwa schon vor der Vertreibung oder mit ihr entstandenen, aber nicht fortwirkenden Sehaden ausgleichen (s. dazu auch BSG 32, 1 ff); daher ist eine nach der Schädigung durch Vertreibung verlorengegangenen Berufsstellung nicht zu beachten. Der sich aus der Gegenüberstellung des derzeitigen Einkommens und des wahrscheinlich erzielten Einkommens (Durchschnittseinkommens) ergebende wirtschaftliche Schaden kann vernünftigerweise nicht aus der Berufsstellung ermittelt werden, die der Verstorbene vor der Zeit, für die der Schadensausgleich begehrt wird, durch andere Umstände als durch Schädigungen i. S. des BVG verloren hat. Vielmehr kann nur diejenige Berufsstellung maßgebend sein, die zu derjenigen Zeit wahrscheinlich eingenommen worden wäre, für die die Leistung verlangt wird. Zwar kann nach § 40 a Abs. 2 Satz 2. BVG 1. Alternative auch diejenige Berufsstellung für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens (Vergleichseinkommens) herangezogen werden, der der Verstorbene (im Zeitpunkt seines Todes) angehört hat, so daß in Einzelfällen eine Witwe, deren Ehemann in Ostpreußen vor der Vertreibung an den Schädigungsfolgen verstorbenen ist, insoweit auf jene damalige Berufsstellung verweisen kann, wenn dies für die Berechnung des Schadensausgleichs für sie günstiger ist. Diese Alternative stellt jedoch eine gegenüber der Regelung des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG andere (für die Witwe günstigere) Regelung dar, aus der nicht entnommen werden kann, daß sowohl im Rahmen des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG für den Beschädigten, als auch des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG 2. Alternative für die Witwe die einmal erlangte, vor der Vertreibung innegehabte Berufsstellung in jedem Fall der Berechnung des Berufsschadens- und Schadensausgleichs zugrunde gelegt werden muß, Gerade der Umstand, daß für die Witwe beim Schadensausgleich in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG zwei in ihren Voraussetzungen verschiedene Alternativen zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens bestehen, wobei die 1. Alternative von der im Zeitpunkt des Todes des Beschädigten feststellbaren Berufsstellung und die 2, Alternative von einer ohne die Schädigung (hypothetischen) wahrscheinlich erreichten Berufsstellung ausgeht, zeigt, daß der Gesetzgeber im Rahmen des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG und der 2. Alternative des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG nicht von einer früher einmal erlangten Berufsstellung, sondern von einer "ohne die Schädigung" wahrscheinlich erreichten Berufsstellung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Zeitpunkt der Leistungsgewährung, ausgehen wollte. Daraus folgt aber, daß die Erwägungen des LSG aufgrund deren es den verstorbenen Ehemann der Klägerin zu 1) bei der Bemessung des Schadensausgleichs als selbständigen Landwirt eingruppiert hat, rechtlich unzutreffend sind. Das LSG hat somit den § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG verletzt, so daß die Revision begründet ist. Das angefochtene Urteil war daher hinsichtlich der Zuerkennung eines höheren Schadensausgleichs an die Klägerin zu 1) aufzuheben.
Die Sache mußte an das LSG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden; denn es hat aufgrund seiner anderweitigen Rechtsauffassung keine für eine abschließende Entscheidung des Senats bindenden Feststellungen getroffen. Aus den Sachanträgen der Klägerin zu 1) ist zu entnehmen, daß sie - in jedem Fall - die Festsetzung eines höheren Durchschnittseinkommens - als im angefochtenen Bescheid angenommen - begehrt. Das LSG wird daher - soweit es sich um die Eingruppierung als selbständiger Landwirt handelt - noch Feststellungen darüber treffen müssen, ob der Ehemann der Klägerin zu 1) auch nach seiner Vertreibung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wahrscheinlich ohne die Schädigungsfolgen selbständiger Landwirt geworden wäre, und - sofern das LSG in dieser Beziehung zu einem negativen Ergebnis kommen sollte - weiterhin prüfen müssen, ob die von der Versorgungsbehörde vorgenommene Eingruppierung des Ehemannes der Klägerin zu 1) in die Leistungsgruppe 2 der angelernten Arbeiter, Wirtschaftsbereich Gesamte Industrie, zutreffend ist.
Unterschriften
Sonnenberg
Dr. Burdenski
Dr. Brocke
Fundstellen