Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Betrieb, in dem regelmäßig nur an fünf Tagen in der Woche gearbeitet und das Krankengeld entsprechend berechnet wird (RVO § 182 Abs 5 S 7), die Arbeitszeit von den Tagen, an denen an sich hätte gearbeitet werden müssen, auf später ",Nachhol- Arbeitstage") verlegt, so sind die arbeitsfrei gewordenen Tage keine "Arbeitstage" iS des RVO § 182 Abs 5, auch wenn an den arbeitsfrei gewordenen Tagen im Hinblick auf die Nachhol-Arbeitstage schon - vorschußweise - Arbeitsentgelt gezahlt worden ist (Ergänzung zu BSG 1966-10-27 3 (RK 8/64 = SozR Nr 20 zu § 182 RVO). Für die arbeitsfrei gewordenen Tage steht daher einem arbeitsunfähigen Versicherten weder Kranken- noch Hausgeld zu.
Normenkette
RVO § 182 Abs. 5 S. 7 Fassung: 1967-12-21
Tenor
Die Sprungrevision des Klägers gegen das am 13. Mai 1970 verkündete Urteil des Sozialgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger war vom 13. Dezember 1968 bis 27. Februar 1969 arbeitsunfähig krank und erhielt vom 17. Dezember 1968 bis 3. Februar 1969 Krankenhauspflege. Er ist der Auffassung, die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse hätte ihm im Rahmen der Abwicklung des Barleistungsanspruchs für den 23., 27. und 30. Dezember 1968 Hausgeld zahlen müssen, weil es sich bei diesen Tagen trotz der bei der Firma durchgeführten Arbeitszeitverlagerung um "Arbeitstage" i. S. des § 182 Abs. 5 letzter Satz der Reichsversicherungsordnung (RVO) gehandelt habe.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß nach einer bei der Firma R Produktionsgesellschaft m. b. H., der damaligen Arbeitgeberin des Klägers, vorgenommenen betrieblichen Regelung, wie folgt, verfahren wurde: Die arbeitsfähigen Arbeitnehmer erhielten für die bezeichneten Tage Lohn in der Weise, als ob gearbeitet worden wäre. Sie übernahmen jedoch die Verpflichtung, die unterbliebene Arbeit zu noch zu bestimmenden Zeiten nachzuholen. Demzufolge wurden der 19. April, der 3. Mai und der 31. Mai 1969 als Nachholtage angesetzt. Der Kläger beteiligte sich an den Nachholarbeiten nur am 19. April 1969. Während die übrigen Arbeitnehmer, welche an den ausgefallenen Arbeitstagen arbeitsfähig gewesen waren und den laufenden Lohn weitererhalten hatten, für die Nachholzeiten keinen Lohn erhielten, wurde dem Kläger für den 19. April 1969 der tarifmäßige Lohn mit der Maßgabe ausgezahlt, daß Überstundenzuschläge nicht vergütet wurden.
Nach Durchführung des Vorverfahrens hat der Kläger Klage erhoben. Diese hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne ein durch die Betriebsordnung von der Arbeit ausgenommener Werktag nicht als Arbeitstag i. S. der Krankengeldregelung gewertet werden; für einen solchen Tag sei weder Kranken- noch Hausgeld zu zahlen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Einwilligung der Beklagten Sprungrevision eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Senats komme es darauf an, daß Beschäftigte und Kranke eines Betriebes in etwa gleichbehandelt würden. Da die arbeitsfähigen Arbeitnehmer für den 23., 27. und 30. Dezember 1968 Lohn erhalten hätten, habe er einen Anspruch auf Lohnersatz in der Form des Hausgeldes.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des SG Hamburg vom 13. Mai 1970 und des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 11. Juni 1969 die Beklagte zu verurteilen, auch für den 23, 27. und 30. Dezember 1968 Hausgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig (§ 161 i. V. m. § 150 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), jedoch nicht begründet. Wie der Senat für Betriebe, in denen regelmäßig nur an fünf Tagen in der Woche gearbeitet und das Krankengeld entsprechend berechnet wird (§ 182 Abs. 5 Satz 7 RVO), bereits entschieden hat, ist bei einer aus besonderem Anlaß erfolgten Verlegung der Arbeitszeit von einem Tage, an dem an sich hätte gearbeitet werden müssen, auf einen anderen Tag der nunmehr arbeitsfrei gewordene Tag kein "Arbeitstag" i. S. des § 182 Abs. 5 letzter Satz RVO. Für diesen Tag steht daher einem arbeitsunfähigen Versicherten kein Krankengeld zu (BSG, Urt. vom 27. Oktober 1966 3 RK 8/64 - in SozR Nr. 20 zu § 182 RVO). Arbeitstage i. S. der genannten Vorschrift sind vielmehr die Tage, an denen infolge Verlegung der Arbeit auch tatsächlich gearbeitet worden ist. Einem an solchen Tagen arbeitsunfähigen Versicherten steht daher Krankengeld zu (Urt. vom 20. Dezember 1966 - 3 RK 68/66 - in SozR Nr. 22 zu § 182 RVO). Das galt nicht nur für die Gewährung von Krankengeld, sondern auch für die Zahlung von Hausgeld; denn dieses richtete sich nach der Höhe des Krankengeldes (§ 186 Abs. 1 Satz 1 RVO idF des Artikels 2 Nr. 5 a des Leistungsverbesserungsgesetzes vom 12. Juli 1961 - BGBl I 913 -).
Im vorliegenden Fall wurde am 23., 27. und 30. Dezember 1968 nicht gearbeitet. Diese Tage sind nach der vorgenannten Rechtsprechung des Senats daher nicht als "Arbeitstage" i. S. des § 182 Abs. 5 letzter Satz RVO anzusehen. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß den arbeitsfähigen Versicherten für diese Tage Arbeitsentgelt gezahlt worden ist. Dies geschah nur als Vorleistung für die noch abzuleistenden Arbeitstage am 19. April, 3. und 31. Mai 1969. Nur diese Tage sind mithin Arbeitstage i. S. der erwähnten Vorschrift; denn an diesen Tagen wurden die freigewordenen Arbeitstage nachgeholt. Der Kläger hat am 19. April 1969 auch gearbeitet und dafür Arbeitsentgelt erhalten. Für diesen Tag ist er nicht besser oder schlechter gestellt gewesen als die arbeitsfähigen Arbeitnehmer des Betriebes, in dem er beschäftigt war. Dies gilt aber auch für die weiteren Nachholtage vom 3. und 31. Mai 1969. Hätte er an diesen Tagen gearbeitet, so hätte er den Lohn erhalten, den seine nacharbeitenden Arbeitskollegen schon vorschußweise erhalten hatten. Wäre er an diesen Tagen arbeitsunfähig gewesen - was nicht der Fall war -, hätte er wie alle anderen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer des Betriebes, die von der Verlegung der Arbeitszeit betroffen waren, einen Anspruch auf Kranken- oder Hausgeld gehabt.
Nach alledem war die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen