Leitsatz (amtlich)
Ein Neufeststellungsbescheid, der gemäß BVG § 62 die Grundrente eines Beschädigten unter Änderung der Schädigungsfolgen und der Minderung der Erwerbsfähigkeit mindert oder entzieht, ist nicht nach BVG § 62 Abs 3 S 1 rechtswidrig, wenn der dem Beschädigten noch vor Vollendung des 55. Lebensjahres bekanntgegebene Bescheid die Minderung oder Entziehung der Rente gemäß BVG § 60 Abs 4 erst von einem nach Vollendung des 55. Lebensjahres liegenden Zeitpunkt an bewirkt.
Normenkette
BVG § 60 Abs. 4 Fassung: 1966-12-28, § 62 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1966-12-28
Tenor
I |
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1973 wird zurückgewiesen. |
II |
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. |
Tatbestand
Der am 10. Dezember 1912 geborene Kläger, von Beruf Graveur, bezog seit dem Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) - zuletzt gemäß Ausführungsbescheid des Versorgungsamts (VersorgA) M vom 31. Mai 1958 zum Urteil des Sozialgerichts (SG) Münster vom 20. März 1958 - Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. für "mittelschwere kombinierte Schwerhörigkeit links, Labyrinth-Vestibularis-Schädigung rechts, Narbe an der rechten Halsseite und in der rechten Schlüsselbeingrube als Zustand nach rechtsseitiger tuberkulöser Hals-Lymphdrüsenentzündung mit Entwicklung von Hauttuberkulose".
Im Mai 1967 stellte der Kläger unter Vorlage der fachärztlichen Bescheinigung des Dr. Sch einen Verschlimmerungsantrag wegen Zunahme seiner Schwerhörigkeit. Die daraufhin vom VersorgA veranlaßte Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. B vom 2. Oktober 1967 ergab, daß eine mittelgradige überwiegend innenohrbetonte Schwerhörigkeit links mit einer MdE um 10 v.H. gegenüber den Vorbefunden etwas stärker geworden war, während eine geringe Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine Nasenscheidewandverbiegung als schädigungsunabhängig bezeichnet und die Gleichgewichtsorgane für intakt und die hier früher vorhandenen Störungen für ausgeglichen erachtet wurden. Nunmehr entzog das VersorgA dem Kläger durch Neufeststellungsbescheid vom 17. November 1967 die Rente ab 1. Januar 1968, weil die Gleichgewichtsorgane jetzt intakt seien und durch die übrigen anerkannten Schädigungsfolgen eine zum Rentenbezug berechtigende MdE nicht mehr verursacht werde. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. August 1968).
Das SG Münster hat mit Urteil vom 3. Februar 1970 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger über den 31. Dezember 1967 hinaus Rente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Die Neufeststellung sei hier entgegen § 62 Abs. 3 BVG erfolgt, weil die Rente des Klägers in den letzten zehn Jahren unverändert geblieben und ihre Neufeststellung erst mit Wirkung nach Vollendung des 55. Lebensjahres des Klägers vorgenommen worden sei.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die Bundesrepublik Deutschland antragsgemäß beigeladen, mit Urteil vom 11. April 1973 das Urteil des SG abgeändert und die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, daß die Leidensbezeichnung im Bescheid vom 17. November 1967 geringfügig geändert wurde. Das LSG hat die Revision zugelassen und ausgeführt, der Vergleich der ohrenfachärztlichen Befunde ergebe den Wegfall der labyrinthären Funktionsstörungen. Durch die verbleibenden Schädigungsfolgen werde eine MdE um 25 v.H. nicht mehr erreicht, zumal eine schädigungsbedingte besondere Betroffenheit des Klägers im Beruf des Graveurs nicht vorliege. Die Entziehung der Rente sei auch nicht durch § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG ausgeschlossen. Bei der für die Anwendung dieser Vorschrift maßgebenden Bekanntgabe des Bescheides vom 17. November 1967 habe der Kläger das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Darauf, daß die Wirkung des Bescheides erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres eingetreten sei, komme es weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift an. Mithin sei die Berufung des Beklagten im wesentlichen begründet.
Der Kläger hat gegen das ihm am 28. Mai 1973 zugestellte Urteil am 5. Juni 1973 Revision eingelegt. Er macht geltend, trotz unstreitiger Besserung der Schädigungsfolgen auf ohrenfachärztlichem Gebiet sei der Rentenentzug rechtswidrig, weil er erst mit Wirkung nach Vollendung seines 55. Lebensjahres erfolgt sei. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits ausgesprochen habe, beginne die Zehnjahresfrist des § 62 Abs. 3 BVG mit dem Zeitpunkt, in dem die Festsetzung der MdE rechtlich wirksam geworden sei (BSG 19, 204). Das müsse auch für das Ende dieser Frist gelten. Im vorliegenden Fall sei die Rente erst vom 1. Januar 1968 an und somit entgegen § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG niedriger festgesetzt worden, weil der Versorgungsberechtigte bereits am 10. Dezember 1967 das 55. Lebensjahr vollendet habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1973 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Münster vom 3. Februar 1970 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Auffassung, das von der Revision zitierte Urteil des BSG lasse keinen Rückschluß darauf zu, ob § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG nur die Bekanntgabe eines die Rente mindernden Neufeststellungsbescheides nach Vollendung des 55. Lebensjahres des Beschädigten oder auch das Wirksamwerden einer vor diesem Zeitpunkt bekanntgegebenen Rentenminderung ausschließe. Unter dem für diese Vorschrift maßgeblichen Gesichtspunkt einer Beruhigung der Beschädigten könne nur die Bekanntgabe des Bescheides gemeint sein, weil nur diese, nicht aber der im Bescheid festgestellte Beginn der Rentenminderung das den Beschädigten beunruhigende Moment sei.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag und der Auffassung des Beklagten an.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die durch Zulassung statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG). Sie kann jedoch keinen Erfolg haben.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen und somit gemäß § 163 SGG für den Senat bindenden Feststellungen des LSG ist beim Kläger auf ohrenfachärztlichem Gebiet insofern eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, die für die Feststellung des Anspruchs auf Versorgung maßgebend gewesen sind, als die labyrinthären Funktionsstörungen und die dadurch bedingte MdE weggefallen sind. Der Streit der Beteiligten geht nur noch um die Frage, ob § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG idF des Dritten Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 28. Dezember 1966 (BGBl I S. 750) nach Vollendung des 55. Lebensjahres des Beschädigten nur den Erlaß eines die Rente mindernden bzw. entziehenden Neufeststellungsbescheides oder auch das Wirksamwerden einer vor diesem Zeitpunkt bekanntgegebenen Rentenminderung oder Rentenentziehung ausschließt, ob die Bestimmung also auf den Erlaß des Neufeststellungsbescheides oder aber auf den Beginn der darin verfügten Rentenminderung bzw. -entziehung zu beziehen ist. Der Senat hat letzteres verneint.
Nach § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG ist bei Versorgungsberechtigten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, die MdE wegen Besserung des Gesundheitszustandes nicht niedriger festzusetzen, wenn sie in den letzten zehn Jahren seit Feststellung nach diesem Gesetz unverändert geblieben ist. Der Gesetzeswortlaut ist insofern eindeutig, als er ab Vollendung des 55. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten jede niedrigere Feststellung seiner MdE wegen Besserung des Gesundheitszustandes ausschließt, sofern die MdE in den letzten zehn Jahren unverändert geblieben ist. Daraus folgt im Umkehrschluß, daß diese Einschränkung vor Vollendung des 55. Lebensjahres nicht gelten kann. Vor diesem Zeitpunkt ist es mithin der Versorgungsverwaltung vom Gesetzgeber nicht untersagt, die MdE wegen Besserung des Gesundheitszustandes niedriger festzusetzen, selbst wenn sie in den letzten zehn Jahren unverändert geblieben ist. Zu dieser Gruppe von Fällen gehört auch der vorliegende. Das VersorgA hat dem Kläger den Bescheid vom 17. November 1967 als eingeschriebenen Brief zugehen lassen, noch bevor der Kläger am 10. Dezember 1967 das 55. Lebensjahr vollendete. Der Zeitpunkt, von dem an der Bescheid den Rentenentzug bewirkte, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung; das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Gesetzlich ist erstmals in § 62 Abs. 4 BVG idF des 1. NOG vom 27. Juni 1960 (BGBl I S. 453) vorgesehen worden, bei Versorgungsberechtigten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, die Höhe der MdE wegen Besserung des Gesundheitszustandes nicht neu festzustellen, wenn sie bei der Umanerkennung oder Erstanerkennung nach diesem Gesetz aufgrund eines eingehenden ärztlichen Gutachtens festgestellt worden und seitdem zehn Jahre unverändert geblieben ist. Vor dem Inkrafttreten des 1. NOG ergab sich nur aus den Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 62 (vgl. VV Nr. 1 Abs. 6 idF vom 9. August 1956 - Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 157 vom 15. August 1956) eine gewisse Einschränkung der Neufeststellung durch den nach dieser VV in bestimmten Fällen vorgesehenen Verzicht auf Nachuntersuchungen von Amts wegen. Der Gesetzgeber hat also seit dem 1. NOG bewußt die Versorgungsrenten der 60-jährigen und älteren Versorgungsberechtigten unter den hier näher bestimmten Voraussetzungen von der Neufeststellung wegen Besserung des Gesundheitszustandes ausgenommen (vgl. BT-Drucks. III/1825 zu §§ 60 bis 62 S. 10). Das 2. NOG vom 21. Februar 1964 (BGBl I S. 85) übernahm diese Regelung - nunmehr in § 62 Abs. 3 BVG - und verzichtete auf/das bislang für die Umanerkennung oder Erstanerkennung geforderte eingehende ärztliche Gutachten. Schließlich sah § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG idF des Dritten NOG die Vollendung des 55. statt bisher des 60. Lebensjahres als ausreichend für den Ausschluß einer niedrigeren Festsetzung der MdE wegen Besserung des Gesundheitszustandes an. Diese Änderung begründete der Gesetzgeber mit dem Hinweis, eine Besserung des schädigungsbedingten Leidenszustandes werde bei Beschädigten nach Vollendung des 55. Lebensjahres nur selten eintreten. Eine entsprechende Herabsetzung der Altersgrenze werde daher den tatsächlichen Gegebenheiten gerecht und trage insbesondere zur Beruhigung jener zwischen 55 und 59 Jahre alten Beschädigten bei, deren MdE seit zehn Jahren unverändert sei (vgl. BT-Drucks. V/1216 zu Nr. 51 (§ 62), hier zu Buchst. c, S. 10).
Der Sinn des § 62 Abs. 3 BVG liege somit darin, daß eine seit zehn Jahren unverändert gebliebener MdE von der Vollendung des 55. Lebensjahres an nicht mehr wegen Besserung des Gesundheitszustandes herabgesetzt werden kann, um dadurch eine gewisse Beruhigung der Beschädigten auf der einen Seite und eine Einsparung wenig effektiven Verwaltungsaufwandes auf der anderen Seite zu erreichen. Sowohl der Verwaltungsaufwand, der hier erspart werden soll, als auch die Beunruhigung der Beschädigten waren aber notwendigerweise bereits mit dem Erlaß eines Neufeststellungsbescheides bzw. mit der zuvor erforderlichen Überprüfung der Befunde verbunden. Dagegen vermochte die Festlegung des Beginns der Rentenminderung allein weder den einen noch den anderen Effekt zu erzielen. Demnach mußte es dem Gesetzgeber auch im Rahmen des § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG - ebenso wie in § 62 Abs. 2 BVG (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 23. Februar 1960 - 10 RV 67/58 (BSG 12, 16)) - auf den formellen Akt der Zustellung des Minderungs- oder Entziehungsbescheides ankommen. Dieser sollte durch § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG nach Vollendung des 55. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten ebenso ausgeschlossen sein, wie nach § 62 Abs. 2 Satz 1 BVG vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides.
Bei Festlegung einer der Beruhigung der Beschädigten und der Ersparung unnötigen Verwaltungsaufwandes dienenden Altersgrenze brauchte der Gesetzgeber nicht gesondert zu berücksichtigen, daß gegebenenfalls eine bescheidmäßig im letzten Monat vor Vollendung des 55. Lebensjahres ergangene Rentenkürzung oder -entziehung wegen der Schutzbestimmung des § 60 Abs. 4 Satz 2 BVG tatsächlich erst mit Ablauf des Monats eintreten würde, der auf die Bekanntgabe des die Änderung aussprechenden Bescheides folgte, also nach Vollendung des 55. Lebensjahres. Denn die Schutzvorschrift des § 60 Abs. 4 Satz 2 BVG ist vom Gesetzgeber dazu bestimmt, dem Beschädigten durch einen gewissen Anpassungszeitraum die Einstellung auf die geminderte Rente bzw. auf den Rentenentzug zu ermöglichen. Die Bestimmung setzt mithin die rechtswirksame Neufeststellung in Gestalt einer Rentenminderung oder -entziehung voraus und kann deshalb keine Bedeutung für die Frage haben, ob die Herabsetzung oder Entziehung der Rente wegen Besserung des Gesundheitszustandes zulässig ist. Aus § 60 Abs. 4 Satz 2 BVG kann somit entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung nicht hergeleitet werden, daß die in § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG festgelegte Altersgrenze der letzte Tag vor Beginn des Kalendermonats ist, welcher dem Monat der Vollendung des 55. Lebensjahres vorangeht. Hätte der Gesetzgeber hier eine derart komplizierte Berechnung der Altersgrenze gewollt, dann hätte er dies in § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG zum Ausdruck bringen müssen. Da das nicht geschehen ist, muß es bei der sich aus dem Wortlaut und Sinn der Bestimmung ergebenden Auslegung verbleiben, der auch die VV Nr. 10 zu § 62 entspricht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß das BVG und ebenso auch die Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zahlreiche Bestimmungen enthalten, welche auf das Lebensalter abstellen (vgl. §§ 27 Abs. 3 und 5, 31 Abs. 1 Satz 2, 33 b Abs. 4, 34 Abs. 1, 41 Abs. 1 Buchst. b, 45 Abs. 1 - 3 und 73 Abs. 1 und 2 BVG sowie §§ 3 Abs. 5 und 6, 4 Abs. 1 und 2 und 7 Abs. 1 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG). Alle diese Bestimmungen müssen einheitlich in dem Sinne ausgelegt werden, daß es bei der jeweils darin enthaltenen Lebensaltersgrenze verbleibt, weil eine Verschiebung dieser Grenzen durch Berücksichtigung anderer Bestimmungen oder Erwägungen nur Beunruhigung bei den Versorgungsberechtigten, zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei der Versorgungsverwaltung und insgesamt Rechtsunsicherheit mit sich bringen würde.
Diesen Überlegungen steht das von der Revision zitierte Urteil des BSG vom 25. Juni 1963 - 11 RV 100/63 - (BSG 19, 204) nicht entgegen. Anders als die einer niedrigeren Festsetzung der MdE entgegenstehenden zeitlichen Begrenzungen in den §§ 62 Abs. 1 und 62 Abs. 3 BVG, die sich in einer der Gegenwart des Verwaltungshandelns zugehörigen "Feststellungssperre zum Nachteil des Beschädigten" i.S. eines "noch nicht" in § 62 Abs. 1 Satz 2 BVG bzw. iS. eines "nicht mehr" in § 62 Abs. 3 BVG äußern, bezieht sich die von BSG 19, 204 behandelte Zehnjahresfrist des § 62 Abs. 3 BVG (damals: § 62 Abs. 4 BVG) auf in der Vergangenheit liegende Tatsachen. Deshalb war es hier sinnvoll und gerechtfertigt, nicht auf den Akt der Feststellung abzustellen, sondern darauf, welchen Zeitraum die Rechtswirkung der Feststellung unverändert erfaßt hat. Es ist auch richtig, daß die Rechtswirksamkeit einer Rentenfeststellung solange bestehen bleibt, bis sie durch die Rechtswirksamkeit einer neuen Feststellung abgelöst wird. Das geschieht indes bereits bei Erlaß des Neufeststellungsbescheides, soweit es sich um die Feststellung von Änderungen in den Schädigungsfolgen und der MdE handelt; anders geregelt ist aus dem bereits erwähnten Grunde nur der Eintritt der Rentenminderung oder -entziehung. Insoweit wird gerade wegen der sofort wirkenden Änderung des Stammrechts ein zur Erleichterung des Übergangs bestimmter Zahlungsanspruch für den durch § 60 Abs. 4 Satz 2 BVG festgelegten begrenzten Zeitraum gewährt (vgl. hierzu für die Unfallversicherung BSG 29, 73, 75). Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung kann daher bei Bestimmung der Altersgrenze in § 62 Abs. 3 BVG nicht davon ausgegangen werden, daß die in den letzten zehn Jahren seit Feststellung nach dem BVG unverändert gebliebene MdE noch bis zum Wirksamwerden einer vor Vollendung des 55. Lebensjahres durch Neufeststellungsbescheid verfügten Rentenminderung oder Rentenentziehung rechtswirksam bleibt. Damit erweist sich aber auch die Schlußfolgerung der Revision als unzutreffend, im Rahmen des § 62 Abs. 3 BVG sei eine Neufeststellung vor Vollendung des 55. Lebensjahres nur möglich, wenn auch ihre Auswirkung auf die Rentenzahlung nach § 60 Abs. 4 Satz 2 BVG noch vor Vollendung des 55. Lebensjahres eintritt.
Nach alledem mußte die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 11. April 1973 zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen