Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff der "Entrichtung" von Beiträgen und zur Wirksamkeit der Beitragsentrichtung.
2. Die Versicherungszeit von 240 Monaten iS RVO § 1247 Abs 3 S 1 Buchst b kann auch noch nach Stellung des Rentenantrages bis zum Eintritt der Bindungswirkung des auf den Antrag ergangenen Rentenbescheides zurückgelegt bzw vollendet werden.
3. Hat der erwerbsunfähige Versicherte sowohl vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine Versicherungszeit von 60 Monaten als auch bis zum Eintritt der Bindungswirkung des auf seinen Antrag ergangenen Rentenbescheides insgesamt eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt, so hat er bis zu diesem Zeitpunkt das Recht zu bestimmen, ob die Erwerbsunfähigkeitsrente aufgrund des Buchst a oder des Buchst b des RVO § 1247 Abs 3 S 1 gewährt werden soll (Ergänzung zu BSG 1979-12-12 1 RJ 74/78).
Normenkette
RVO § 1247 Abs. 3 S. 1 Buchst. b Fassung: 1975-05-07; RVBeitrV 1976 § 3 Fassung: 1976-06-11, § 7 Abs. 2 Fassung: 1976-06-21; RVO § 1247 Abs. 3 S. 1 Buchst. a Fassung: 1975-05-07
Verfahrensgang
SG Landshut (Entscheidung vom 24.01.1979; Aktenzeichen S Ar 170/77) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Januar 1979 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin zustehenden Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente).
Die am 29. August 1914 geborene Klägerin war zu keinem Zeitpunkt versicherungspflichtig beschäftigt. Am 8. Dezember 1975 beantragte sie bei der Beklagten gemäß Art 2 § 51a Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) idF des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis 31. Dezember 1958 (36 Monate) in der Klasse 600 (Monatsbeitrag DM 108,-) und für die Zeit vom 1. Januar 1959 bis 31.Dezember 1974 (192 Monate) in der Klasse 800 (Monatsbeitrag DM 144,-) im Gesamtbetrag von DM 31.536,- zur Zahlung innerhalb von fünf Jahren. Mit Bescheid vom 22. Januar 1976 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin freiwillige Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis 31. Dezember 1973 nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG und für die Zeit vom 1.Januar bis 31. Dezember 1974 nach §§ 1233, 1418 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nachentrichten könne. Sie wies die Klägerin ua darauf hin, daß die Risiken einer Änderung (Erhöhung) des Beitragssatzes und des Eintritts des Versicherungsfalls vor vollständiger Zahlung aller Raten der Versicherte trage. Die bis Februar 1976 eingezahlten Beträge von DM 24.624,- verrechnete die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1960 bis 31. Dezember 1974 (171 Monate). Hierüber unterrichtete sie die Klägerin unter Übersendung einer Aufrechnungsbescheinigung mit Schreiben vom 10. März 1976.
Auf den Antrag der Klägerin vom 6. Juli 1976 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 1976 wegen eines am 6.Juli 1976 eingetretenen Versicherungsfalls für die Zeit ab 1. August 1976 EU-Rente unter Zugrundelegung einer anrechnungsfähigen Versicherungszeit von 171 Monaten (= 14,25 Versicherungsjahre). Den auf die Gewährung einer höheren Rente gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. März 1977). Am 30. März 1977 entrichtete die Klägerin weitere Beiträge in Höhe von insgesamt DM 7.128,- nach.
Mit der Klage wegen des Bescheides vom 26. Oktober 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1977 hat die Klägerin in erster Linie beantragt, die Beklagte zur Gewährung von EU-Rente gemäß § 1247 Abs 3 Buchst b) RVO ab 1. August 1976 unter Berücksichtigung sämtlicher geleisteten Beiträge zu verurteilen. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, aufgrund der Rentenantragstellung im Juli 1976 sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihr - der Klägerin - zu empfehlen, den Wert der Beiträge für die Zeit vom 1.Januar 1956 bis zum 30.September 1960 sowie zusätzlich für das Jahr 1975 zwölf Beiträge zu entrichten, so daß damit eine Versicherungszeit von 240 Monaten nachgewiesen sei und der Rentenberechnung in Anwendung des § 1247 Abs 3 Buchst b) RVO sämtliche Beitragszeiten hätten zugrundegelegt werden können. Sie - die Klägerin - sei daher so zu stellen, als habe sie sämtliche Beiträge bereits im Juli 1976 entrichtet. Hilfsweise hat sie beantragt, die Beklagte zur Gewährung von EU-Rente ab 1. April 1977 unter Berücksichtigung sämtlicher geleisteten Beiträge zu verurteilen.
Das Sozialgericht (SG) Landshut hat unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin verurteilt; es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 24. Januar 1979). Zur Begründung hat es ausgeführt:
Eine Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflicht der Beklagten sei nicht festzustellen und damit die Klage in ihrem Hauptantrag unbegründet. Hinsichtlich des Hilfsantrages sei zwar nicht unbestritten, ob der Versicherte im Rahmen des § 1247 Abs 3 RVO eine echte Wahlmöglichkeit zwischen der "originären" EU-Rente und der Rente wegen des Versicherungsfalls der "weiteren" Erwerbsunfähigkeit habe. Jedoch könne im Falle der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge das Versicherungsverhältnis nach dem Ermessen des Versicherten so gestaltet werden, daß der Rentenberechnung eine Versicherungszeit von 240 Kalendermonaten auch dann zugrundezulegen sei, wenn nicht sämtliche Beiträge im Zustande der EU geleistet worden seien. Der Versicherungsfall des § 1247 Abs 3 Buchst b) RVO könne auch noch nach der bescheidmäßigen Feststellung der Rente aufgrund des Versicherungsfalls nach § 1247 Abs 3 Buchst a) RVO herbeigeführt werden, solange der Bescheid in der Sache noch nicht bindend geworden sei. Die Klägerin habe sich mit dem Rentenantrag vom 6. Juli 1976 nicht bereits für die Rente aus der normalen Wartezeit entschieden und damit von einem nicht mehr rückgängig zu machenden Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht. Das Antragsformblatt enthalte eine Aussage hierzu nicht; vernünftigerweise sei daher davon auszugehen, daß die Klägerin die für sie günstigste Rentenfeststellung habe erreichen wollen. Der Antrag könne daher auch als eine der Voraussetzungen des Versicherungsfalls nach § 1247 Abs 3 Buchst b) RVO angesehen werden. Die zweite Voraussetzung sei durch die Nachentrichtung des 240. Monatsbeitrages erfüllt worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten schließe § 1255 Abs 8 RVO die Berücksichtigung dieser Beiträge nicht aus; vielmehr sei für den Versicherungsfall des § 1247 Abs 3 Buchst b) RVO ausdrücklich eine Ausnahme vorgesehen. Die Klägerin habe somit zulässigerweise mit Ablauf des Monats März 1977 den Versicherungsfall des § 1247 Abs 3 Satz 2 RVO herbeigeführt und aufgrund dessen ab 1. April 1977 Anspruch auf EU-Rente unter Berücksichtigung aller geleisteten Beiträge.
Mit der mit Zustimmung der Klägerin eingelegten Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 1247 Abs 3, 1253 Abs 3, 1255 Abs 8 RVO. Ein Verstoß gegen § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO liege schon deswegen vor, weil das SG unter Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht erforscht habe, ob für 240 Kalendermonate Beiträge vorhanden seien. Dies sei jedoch deswegen erforderlich gewesen, weil die Erklärung der Klägerin im Schriftsatz ihres damaligen Bevollmächtigten vom 10. August 1977 eine Aufspaltung des nachgezahlten Betrages von DM 7.128,- nicht zugelassen habe und damit die Feststellung, daß für 240 Kalendermonate Beiträge vorhanden seien, nicht möglich sei. Dem SG sei darin zuzustimmen, daß die Klägerin bei Beantragung der EU-Rente an die Ausübung einer eventuellen Wahlmöglichkeit, für die im übrigen auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien, gar nicht gedacht habe. Vielmehr habe sie bei Beantragung der Rente die ihr aus den bis dahin entrichteten Beiträgen materiell-rechtlich zustehende Leistung fällig und zahlbar machen wollen. Der Versicherungsträger sei zur Feststellung und Gewährung der entsprechenden Leistung verpflichtet. Angesichts dessen könne selbst vor Eintritt der Bindung des Rentenbescheides durch nachträgliche Veränderung des Beitragsbildes infolge Entrichtung freiwilliger Beiträge bis zu insgesamt 240 Kalendermonaten kein weiterer Versicherungsfall der EU ausgelöst werden. Für die Annahme eines Wahlrechts des Versicherten fehle eine gesetzliche Grundlage. Insbesondere könne hierfür nicht die lediglich für Altersruhegelder geltende Ausnahmevorschrift des § 1248 Abs 6 RVO herangezogen werden. Auch der Rentenverzicht für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. März 1977, der in dem beim SG gestellten Hilfsantrag enthalten sei, könne eine Verschiebung des Versicherungsfalls nicht bewirken.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Januar 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe aus dem Rentenbescheid vom 26. Oktober 1976 und ihrem - der Klägerin - Schriftsatz vom 24. März 1977 unschwer ersehen können, daß mit März 1977 der 240. Beitragsmonat entrichtet worden sei. Bezüglich des Zeitpunktes, bis zu dem der Versicherte von seinem Recht, den Versicherungsfall erst mit der Entrichtung des 240. Beitragsmonats eintreten zu lassen, Gebrauch machen könne, sei dem Urteil des SG beizupflichten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz ist allein der Anspruch der Klägerin auf Bewilligung einer EU-Rente ab 1. April 1977 unter Berücksichtigung sämtlicher geleisteten Beiträge. Der Senat hat hingegen nicht darüber zu befinden, ob der Klägerin diese Rente bereits ab 1. August 1976 zusteht. Das SG hat die Klage insoweit abgewiesen. In diesem Umfang ist das angefochtene Urteil rechtskräftig, nachdem lediglich die Beklagte Revision eingelegt hat.
Das angefochtene Urteil trifft im Ergebnis zu. Der Klägerin steht ab 1. April 1977 eine EU-Rente unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit von 240 Monaten zu.
Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist § 1247 RVO. Hiernach erhält Rente wegen EU der Versicherte, der erwerbsunfähig im Sinne des § 1247 Abs 2 RVO ist, wenn die Wartezeit erfüllt ist (§ 1247 Abs 1 RVO). Die Wartezeit ist erfüllt, wenn a) vor Eintritt der EU eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten oder b) vor der Antragstellung insgesamt eine Versicherungszeit von 240 Kalendermonaten zurückgelegt ist. In den letztgenannten Fällen tritt der Versicherungsfall am Tage der Antragstellung ein, frühestens jedoch mit dem Ablauf des Monats, in dem eine Versicherungszeit von 240 Kalendermonaten zurückgelegt ist (§ 1247 Abs 3 RVO idF des Art 2 Nr 16 des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter vom 7. Mai 1975, BGBl I S 1061; im folgenden: SVBehG).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer EU-Rente an die Klägerin unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit von 240 Monaten ab 1. April 1977 sind erfüllt.
Die Klägerin ist erwerbsunfähig im Sinne des § 1247 Abs 2 RVO. Dies ist auch im Rahmen des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b), Satz 2 RVO erforderlich. Das hat der Senat zu den entsprechenden Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bereits in seinem Urteil vom 15. März 1978 (BSGE 46, 73, 76 = SozR 2200 § 1253 Nr 6) ausgeführt und für die hier maßgeblichen Vorschriften durch sein Urteil vom 12. Dezember 1979 - 1 RJ 74/78 - bestätigt. Daß die Klägerin erwerbsunfähig ist, hat die Beklagte selbst in dem angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 1976 anerkannt und als Zeitpunkt des Eintritts der EU den 6. Juli 1976 angenommen. Dagegen sind während des Streitverfahrens von keiner Seite Einwendungen erhoben worden.
Die Klägerin hat bis zum 1. April 1977 auch die Wartezeit von 240 Monaten gemäß § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO erfüllt.
Der Anwendbarkeit der Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt steht nicht entgegen, daß die Klägerin nicht zu dem Personenkreis im Sinne des Art 1 § 1 Abs 1 und § 2 Abs 1 SVBehG gehört. Die Regelung ist nicht auf Schwerbehinderte im Sinne des SVBehG begrenzt worden und gilt damit vorbehaltlich der Erfüllung ihrer weiteren Voraussetzungen ausnahmslos für alle erwerbsunfähigen Versicherten (vgl Urteil des Senats vom 12. Dezember 1979 - 1 RJ 74/78 - mit weiteren Hinweisen).
Der Anwendbarkeit des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b), Satz 2 RVO auf den vorliegenden Sachverhalt steht ferner nicht entgegen, daß die Klägerin mit den nach Art 2 § 51a Abs 2 ArVNG im Februar 1976 nachentrichteten Beiträgen bereits vor Eintritt der EU eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat und somit auch die Voraussetzungen des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst a) RVO erfüllt. Zwar wird für diesen Fall vereinzelt ein Wahlrecht des Versicherten zwischen der Anwendung des Buchst a) oder des Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO verneint. In dem für die Auslegung in erster Linie maßgebenden Wortlaut des § 1247 Abs 3 RVO kommt dies jedoch nicht zum Ausdruck. Demnach haben Versicherte, die sowohl vor Eintritt der EU eine Versicherungszeit von 60 Monaten als auch vor der Antragstellung bzw bis zum letztzulässigen Zeitpunkt (dazu weiter unten) insgesamt eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt haben, das Recht, zu bestimmen, ob die EU-Rente aufgrund des Buchst a) oder aufgrund des Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO von jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten an (vgl einerseits § 1290 Abs 1 Satz 1, Abs 2 RVO; andererseits § 1247 Abs 3 Satz 2 RVO) gewährt werden soll (vgl im einzelnen Urteil des Senats vom 12. Dezember 1979 - 1 RJ 74/78 - mwN).
Der Klägerin steht dieses Wahlrecht zu. Neben den Voraussetzungen des Buchst a) erfüllt sie auch diejenigen des Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO. Sie hat bis zum Ablauf des Monats März 1977 eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt. Zurückgelegt ist eine Versicherungszeit, soweit es sich dabei um eine Beitragszeit (§ 1250 Abs 1 Buchst a RVO) handelt, in dem Zeitpunkt, in welchem der letzte auf die Zeit entfallende Beitrag entrichtet worden ist. Entrichtung von Beiträgen bedeutet deren tatsächliche Zahlung (BSGE 10, 139, 146; BSG SozR 2200 § 1290 Nr 13 S 17). Die Klägerin hat nach den bindenden Feststellungen des SG am 30. März 1977 Beiträge in Höhe von insgesamt DM 7.128,- tatsächlich gezahlt und ist, wie die Beklagte (S 4 der Revisionsschrift vom 14. Februar 1979) selbst hervorhebt, zur Nachentrichtung dieses Betrages berechtigt gewesen (zur Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung vgl auch Mandler, Mitt. der LVA Oberfranken 1979, 6, 7). Das SG hat im Ergebnis zu Recht und insbesondere ohne Verletzung seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 SGG) die Schlußfolgerung gezogen, daß die Klägerin mit der Zahlung des Betrages von DM 7.128,- eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt hat. Zu Unrecht meint die Beklagte, einer solchen Feststellung stehe entgegen, daß eine Aufspaltung des eingezahlten Betrages auf Beiträge für bestimmte Zeiträume nicht vorgenommen worden sei. Zwar muß nach § 3 Abs 2 der Verordnung über das Entrichten von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (RV-Beitragsentrichtungsverordnung - RV-BEVO -) vom 21. Juni 1976 (BGBl I S 1667), welche auch anzuwenden ist, wenn ein Beitrag aufgrund gesetzlicher Vorschriften nachentrichtet werden kann (§ 1 Abs 6 RV-BEVO), bei Überweisung oder Einzahlung des Beitrages ua der Zeitraum, für den der eingezahlte Geldbetrag als Beitrag verwendet werden soll, angegeben werden. Es kann auf sich beruhen, ob von dieser Regelung auch die Fälle einer zulässigen Teilzahlung im Rahmen einer vor dem 31. Dezember 1975 beantragten Beitragsnachentrichtung erfaßt werden (verneinend Horsch, Amtl. Mitt. der LVA Rheinprovinz 1976, 434, 439; bejahend Ludwig, Praxis 1976, 385, 392). Selbst wenn dies zu bejahen wäre, so führt doch die fehlende Angabe des Zeitraums, für den der eingezahlte Geldbetrag als Beitrag verwendet werden soll, jedenfalls so lange nicht zur Unwirksamkeit der Beitragsentrichtung, wie der Versicherungsträger nicht die Einzahlung zurückgewiesen und einen bereits erbrachten Geldbetrag zurückgezahlt hat (§ 3 Abs 1 Satz 3, § 7 Abs 2 RV-BEVO). Bis zu diesem Zeitpunkt kann zunächst der Versicherte die fehlende Angabe des maßgebenden Zeitraumes nachholen und, sofern er dies auch nach Aufforderung des Versicherungsträgers unterläßt, dieser gemäß § 7 Abs 2 RV-BEVO nach seinem Ermessen über die Verwendung des eingezahlten Betrages entscheiden. Aufgrund des Vermerks vom 1. April 1977 in den Verwaltungsakten der Beklagten (Bl 35) muß bezweifelt werden, ob die Klägerin nicht bereits bei der Einzahlung des Betrages von DM 7.128,- eine Bestimmung über dessen Verwendungszweck vorgenommen hat. Diese tatsächliche Feststellung zu treffen ist dem Senat allerdings verwehrt. Jedenfalls hat die Klägerin die Bestimmung des Verwendungszwecks des eingezahlten Betrages nachträglich getroffen. Dies ist in der Klageschrift vom 24. März 1977 geschehen. Hierin hat die Klägerin erklärt, mit dem demnächst einzuzahlenden Betrag von DM 7.128,- sollten die Beitragsnachentrichtung vom 1. Januar 1956 bis 30. September 1960 abgeschlossen und zugleich für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1975 12 Beiträge zu monatlich DM 18,- entrichtet werden. Hiermit hat die Klägerin den Erfordernissen des § 3 Abs 2 RV - BEVO entsprochen. Zwar hat sie die Bestimmung des maßgebenden Zeitraums in einem Schriftsatz an das SG und somit nicht unmittelbar gegenüber der Beklagten abgegeben. Dieser Schriftsatz war jedoch aufgrund zwingender verfahrensrechtlicher Vorschriften der Beklagten mitzuteilen (vgl § 108 Satz 2 SGG). Unter diesen Umständen wäre das Verlangen, daß die Klägerin die Bestimmung des maßgebenden Zeitraums noch zusätzlich in einer direkt der Beklagten abgegebenen Erklärung vornehmen muß, eine überflüssige und den Versicherten unnötig belastende Förmlichkeit. Somit stellt die tatsächliche Zahlung des Betrages von DM 7.128,- unter Berücksichtigung der Erklärung der Klägerin in der Klageschrift vom 24. März 1977 eine wirksame Beitragsnachentrichtung dar, durch welche mit Ablauf des Monats März 1977 eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt worden ist.
Für das Recht der Klägerin zu bestimmen, ob sie aufgrund des Buchst a) oder des Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO die EU-Rente beanspruchen will, ist unschädlich, daß sie die Versicherungszeit von 240 Monaten erst nach Stellung des Rentenantrages vom 6. Juli 1976 zurückgelegt hat. Zwar muß allein nach dem Wortlaut des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO der Versicherte, der vor Eintritt der EU eine Versicherungszeit von 60 Monaten zurückgelegt hat (§ 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst a RVO), die Versicherungszeit von 240 Monaten vor der Antragstellung zurückgelegt haben, um das Wahlrecht zwischen beiden Vorschriften ausüben zu können. Bereits aus § 1247 Abs 3 Satz 2 RVO ergibt sich jedoch, daß die Versicherungszeit - dann allerdings mit der Konsequenz eines späteren Rentenbeginns - auch noch nach der Antragstellung zurückgelegt werden kann. Wenn nämlich in den Fällen des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO der Versicherungsfall am Tage der Antragstellung, frühestens jedoch mit dem Ablauf des Monats eintritt, in dem eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt ist, so kann dies nur dahin verstanden werden, daß die Vollendung dieser Versicherungszeit der Antragstellung nicht stets vorauszugehen braucht, sondern auch nach dem Zeitpunkt der Antragstellung liegen kann. Demgemäß kann der Versicherte mit der Folge einer Hinausschiebung des Versicherungsfalls die Wartezeit von 240 Monaten auch noch nach der Antragstellung erfüllen, ohne daß deswegen der Rentenantrag zurückgenommen oder abgelehnt und sodann nach Erfüllung der Wartezeit erneut gestellt werden müßte (Ludwig, Praxis 1975, 337, 342; Federl, Mitt. LVA Oberfranken 1976, 348, 350; Wehowsky, Nachrichtenblatt der LVA Baden, 1976, 29, 34). Als spätestzulässiger Zeitpunkt, bis zu dem die Wartezeit von 240 Monaten erfüllt sein muß, kommt nicht schon die Erteilung eines Bescheides über die beantragte EU-Rente in Betracht. Maßgebend ist vielmehr der Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung dieses Bescheides. Wie im folgenden noch auszuführen sein wird, kann der Versicherte bis zu diesem Zeitpunkt bestimmen, ob er EU-Rente nach Buchst a) oder nach Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO beanspruchen will. Konsequenterweise muß ihm dann bis zum selben Zeitpunkt die Möglichkeit offenstehen, die Voraussetzungen für die Bewilligung einer EU-Rente nach § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO zu schaffen. Andernfalls wäre das ihm zustehende Wahlrecht weitgehend inhaltsleer und der Versicherte insbesondere nicht in der Lage, anhand der Feststellungen in dem noch nicht bindenden Rentenbescheid zu überprüfen, welche der seiner Bestimmung unterliegenden Gestaltungsmöglichkeiten die für ihn günstigste ist. Der Hinweis der Beklagten auf § 1255 Abs 8 RVO steht der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Zwar werden hiernach für die EU-Rente nur die vor dem Eintritt der EU entrichteten Beiträge berücksichtigt (§ 1255 Abs 8 Satz 1 RVO). Im Falle des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO sind jedoch die vor Eintritt des Versicherungsfalles entrichteten Beiträge zu berücksichtigen (§ 1255 Abs 8 Satz 2 RVO). Der Versicherungsfall tritt erst mit der Antragstellung oder, sofern bis dahin eine Versicherungszeit von 240 Monaten noch nicht zurückgelegt worden ist, mit der Vollendung dieser Versicherungszeit ein (§ 1247 Abs 3 Satz 2 RVO). Im letzteren Falle sind somit Beiträge zur Erfüllung der Versicherungszeit von 240 Monaten notwendigerweise immer vor Eintritt des Versicherungsfalls entrichtet (vgl Ludwig, aaO, S 341). Eine Einschränkung ist allerdings in diesem Zusammenhang zu machen: Das Recht des Versicherten, die Versicherungszeit von 240 Monaten gegebenenfalls noch bis zum Eintritt der Bindungswirkung eines bereits ergangenen Rentenbescheides zurückzulegen, besteht nur im Rahmen des § 1247 Abs 3 RVO. Andere gesetzliche Vorschriften, nach denen die Versicherungszeit bis zu einem früheren Zeitpunkt zurückgelegt sein muß, bleiben unberührt. Das gilt insbesondere für den Fall, daß es sich bei den Versicherungszeiten um Beitragszeiten handelt. So muß zB die Fristvorschrift des § 1418 RVO auch im Rahmen des § 1247 Abs 3 RVO beachtet werden. Das bedeutet, daß das Recht des Versicherten, die Versicherungszeit von 240 Monaten im Sinne des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO bis zum Eintritt der Bindungswirkung eines bereits ergangenen Rentenbescheides zurückzulegen, unter dem Vorbehalt steht, daß die zur Erfüllung der Versicherungszeit erforderlichen Beiträge innerhalb der Fristen des § 1418 RVO entrichtet werden. Enden diese Fristen vor Eintritt der Bindungswirkung des Rentenbescheides, so muß die Versicherungszeit bereits vorher zurückgelegt sein. Nicht hingegen ist der Versicherte umgekehrt berechtigt, entgegen § 1418 RVO noch nach Ablauf der darin bestimmten Fristen in der folgenden Zeit bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Rentenbescheides die Versicherungszeit von 240 Monaten zurückzulegen.
Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer EU-Rente unter Berücksichtigung einer Versicherungszeit von 240 Monaten steht schließlich nicht entgegen, daß die Klägerin das ihr zustehende Wahlrecht erst nach dem Erlaß des Rentenbescheides vom 26. Oktober 1976 ausgeübt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der Versicherte die Bestimmung, ob die EU-Rente aufgrund des Buchst a) oder des Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO gewährt werden soll, auch noch nach Erlaß des Rentenbescheides bis zum Eintritt seiner Bindungswirkung (§ 77 SGG) vornehmen. Allein durch einen nicht mit weiteren Erklärungen verbundenen Antrag auf Gewährung einer EU-Rente wird das Wahlrecht des Versicherten nicht ausgeübt und nicht erschöpft. Hat er nämlich im Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowohl nach Buchst a) als auch nach Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO erfüllt, so werden mit dem Rentenantrag die Voraussetzungen für die Gewährung einer EU-Rente nach beiden Vorschriften gleichermaßen geschaffen. Der Versicherungsträger kann somit allein aufgrund des Rentenantrages nicht ersehen, ob und mit welchem Ergebnis der Versicherte von seinem Wahlrecht Gebrauch machen will und gemacht hat. Hierzu bedarf es vielmehr einer besonderen Erklärung des Versicherten. Diese kann zwar zugleich mit dem Rentenantrag abgegeben werden. Sie kann aber auch erst nach dem Erlaß des Rentenbescheides bis zu dem Zeitpunkt ausgesprochen werden, an welchem der Bescheid in Bindungswirkung erwächst. Die Möglichkeit einer Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts eines Versicherungsfalls durch Erklärung des Versicherten hat der Gesetzgeber nicht nur in § 1247 Abs 3 RVO vorgesehen. Auch § 1248 Abs 6 RVO eröffnet eine solche Möglichkeit. Hiernach kann der Versicherte bestimmen, daß ein späterer Zeitpunkt als das in den Absätzen 1 bis 3 und 5 genannte Lebensalter für die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Altersruhegeldes maßgebend sein soll. Diese Vorschrift gilt gemäß Art 2 § 38 Abs 3 Satz 3 ArVNG auch für die Erhöhung der umgestellten Renten im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift. Zu § 1248 Abs 6 RVO hat das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt (vgl BSGE 37, 257, 258 ff = SozR 2200 § 1248 Nr 3; BSGE 46, 279, 281 = SozR 2200 § 1248 Nr 25) ausgesprochen, daß die Bestimmung eines späteren Zeitpunktes als des im Gesetz genannten Lebensalters für die Erfüllung der Voraussetzungen des Altersruhegeldes eine einseitige Willenserklärung des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger ist, die auch noch nach dem Erlaß des Bescheides über das Altersruhegeld bis zum Eintritt der Bindungswirkung dieses Bescheides bzw bis zum Eintritt der Rechtskraft eines dazu ergangenen Urteils abgegeben werden und gegebenenfalls nachträglich zur Rechtswidrigkeit des ursprünglich rechtmäßigen Bescheides führen kann. Dasselbe muß im Rahmen des § 1247 Abs 3 RVO gelten. Der Hinweis der Beklagten darauf, daß § 1248 Abs 6 RVO eine lediglich für Altersruhegelder geltende Ausnahmevorschrift sei und nicht entsprechend auf andere Leistungsarten angewendet werden könne, steht dem nicht entgegen. Zweifelhaft ist bereits, ob die erstmals durch § 1248 Abs 6 RVO eröffnete Möglichkeit einer Bestimmung des Zeitpunktes des Eintritts des Versicherungsfalls auch heute noch die Ausnahme oder unter Berücksichtigung der seitherigen Rechtsentwicklung nicht inzwischen zum Regelfall geworden ist (vgl Schmeiduch, Mitt. der LVA Rheinprovinz 1975; 340, 342; Federl, aaO, S 351). Dies kann indes auf sich beruhen. Denn selbst wenn § 1248 Abs 6 RVO auch heute noch als Ausnahmevorschrift zu qualifizieren wäre, hat der Gesetzgeber in Fortsetzung der mit dieser Vorschrift eingeleiteten Entwicklung durch die Neufassung des § 1247 Abs 3 RVO eine weitere Möglichkeit der Bestimmung des Zeitpunkts des Versicherungsfalls durch den Versicherten geschaffen (vgl Schmeiduch, aaO; Federl, aaO). In beiden Vorschriften ist darüber, in welcher Form und bis zu welchem Zeitpunkt der Versicherte den Eintritt des Versicherungsfalls bestimmen kann, keine Regelung getroffen worden. Angesichts dessen ist es unter Berücksichtigung der in materiell-rechtlicher Hinsicht ähnlichen Zielsetzungen des Gesetzgebers und im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit gerechtfertigt und geboten, die zu § 1248 Abs 6 RVO entwickelten Rechtsgrundsätze über Form und spätesten Zeitpunkt der Bestimmung des Eintritts des Versicherungsfalls auch im Rahmen des § 1247 Abs 3 RVO anzuwenden. Hat daher der erwerbsunfähige Versicherte die Wartezeit sowohl nach Buchst a) als auch - gegebenenfalls noch in der Zeit nach der Antragstellung - nach Buchst b) des § 1247 Abs 3 Satz 1 RVO erfüllt, so kann er durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherungsträger bis zum Eintritt der Bindungswirkung eines bereits ergangenen Rentenbescheides bestimmen, nach welcher der beiden Vorschriften er EU-Rente beanspruchen will.
Die erwerbsunfähige Klägerin hat nach alledem mit Ablauf des Monats März 1977 im Sinne des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b) RVO eine Versicherungszeit von 240 Monaten zurückgelegt und damit ab 1. April 1977 Anspruch auf eine entsprechend berechnete EU-Rente. Dies muß zur Zurückweisung der Revision der Beklagten führen. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß damit der Klägerin die während des Zeitraums vom 1. August 1976 bis 31. März 1977 gezahlten Rentenbeträge nicht zugestanden haben und die ab 1. April 1977 erbrachten Rentenleistungen auf die von diesem Zeitpunkt an neu festzustellende Rente anzurechnen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen