Entscheidungsstichwort (Thema)
Schweigepflicht. Sachaufklärung
Orientierungssatz
1. Eine im Rentenantrag erteilte Befreiung von der Schweigepflicht ergreift auch Stellungnahme des Arztes, die für eine andere Behörde abgegeben wurden.
2. Ob eine mangelhafte Sachaufklärung vorliegt, ist vom Rechtsstandpunkt des LSG aus zu beurteilen.
3. Wenn eine Klägerin selbst vorträgt, 1951 noch in der Lage gewesen zu sein, ihre Arbeit als Hausfrau zu verrichten, so braucht sich das LSG nicht gedrängt zu fühlen zu untersuchen, ob die Klägerin etwa schon zwei Jahre vorher, nämlich im Laufe des Jahres 1949, invalide war.
Normenkette
SGG §§ 118, 103
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 08.06.1956) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 1956 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Die im Jahre 1895 geborene Klägerin erklärte am 29. Dezember 1951 bei ihrer Gemeindeverwaltung Ü.-P. (im folgenden als "Gemeindeverwaltung" bezeichnet), sie beantrage die Erneuerung ihrer Quittungskarten und wolle sich vom 1. Januar 1949 an freiwillig weiterversichern; zum gleichen Zeitpunkt stellte sie außerdem einen Antrag auf Gewährung von Invalidenrente. Die Beklagte übertrug entsprechend den für die Zeit vom 1. April 1913 bis 15. Juli 1927 erbrachten Beschäftigungsnachweisen der Klägerin 352 Wochenbeiträge in eine Quittungskarte Nr. 1, erteilte der Klägerin eine Aufrechnungsbescheinigung hierüber und stimmte der Quittungskartenerneuerung mit Schreiben vom 25. Februar 1953 an die Gemeindeverwaltung zu. Erst nunmehr gab die Gemeindeverwaltung den Antrag der Klägerin auf Invalidenrente vom 29. Dezember 1951 - mit Schreiben vom 2. März 1953 - an das Versicherungsamt in Geilenkirchen weiter; die am 2. März 1953 aufgerechnete Quittungskarte Nr. 2 mit je 26 Wochenbeiträgen für 1949 und 1950 fügte sie bei. Diese Karte war auf den Antrag vom 29. Dezember 1951 zwar als Quittungskarte Nr. 1 ausgestellt worden; die Nummer war aber bei Aufrechnung der Karte - nach der Erneuerung der Quittungskarten - in "2" geändert worden. Die von der Beklagten im Hinblick auf den Invalidenrentenantrag der Klägerin eingeleitete ärztliche Untersuchung durch Dr. F... ergab nach dessen Gutachten vom 15. Mai 1953: Lungenblähung, Blutdruckerhöhung, Arthrosis deformans der Kniegelenke, Ischias beiderseits (links mehr als rechts) und ausgeprägte Fettleibigkeit (121 kg). Dr. F... nahm eine Erwerbsminderung der Klägerin von 70 v.H. an. Zu der Frage, wann die Klägerin invalide geworden sei, legte der Gutachter dar: Die Klägerin sei seit Oktober 1951 invalide; damals (am 30. Oktober 1951) habe er sie - zum Zwecke der Vorlage einer Bescheinigung für das Finanzamt - untersucht und habe dabei bereits den gleichen Befund wie bei der jetzigen Untersuchung im Auftrage der Beklagten festgestellt; seine Stellungnahme dazu lautete:
"Die am 3.10.96 geborene Franziska D... geb. W... aus Ü.-H., ist am 30.10.51 von mir untersucht worden, weil sie ein Zeugnis zur Vorlage beim Finanzamt für einen Antrag auf Ermäßigung der Einkommensteuer benötigte (Vergleiche V, 1 des Gutachtens vom 15.5.54). Nach den hier vorhandenen Aufzeichnungen betrug damals das Körpergewicht bereits 114 kg. Der Blutdruck wurde in Höhe von 200/120 mm Hg festgestellt. In beiden Kniegelenken bestanden ausgeprägte Reibegeräusche. Die Hüftnerven waren beiderseits druckschmerzhaft, links mehr als rechts, das Laségue'sche Zeichen positiv. Körperbewegungen waren im allgemeinen erheblich behindert. Die Diagnose lautete:
Blutdruckerhöhung, Arthrosis deformans der Kniegelenke, doppelseitige Ischias, Fettleibigkeit. Die Erwerbsminderung wurde schon damals mit 70 % eingeschätzt".
Hiernach lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Invalidenrente ab: Die Anwartschaft aus den vom 1. April 1913 bis 15. Juli 1927 entrichteten Beiträgen sei erloschen; die für die Jahre 1949 und 1950 in der am 29. Dezember 1951 ausgestellten Quittungskarte enthaltenen 52 Beitragsmarken seien erst nach Beginn der im Oktober 1951 eingetretenen Invalidität entrichtet worden und daher rechtsunwirksam.
Das Sozialgericht (SG.) wies die Klage, die von der Klägerin beim Oberversicherungsamt Aachen als Berufung eingelegt worden war und nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf das SG. Köln, Zweigstelle Aachen, als Klage überging, ab. Es hielt das Vorbringen der Klägerin, daß sie bis zu ihrer Untersuchung am 30. Oktober 1951 noch alle Arbeiten einer Hausfrau verrichtet habe, indem sie dem Haushalt vorstand, die Haushaltsgüter verwaltete und im Rahmen der übertragenen Befugnisse wirtschaftete, die mechanischen, einer Hausgehilfin obliegenden Arbeiten aber nur sekundär verrichtete, gegenüber der Annahme der Beklagten, daß die Klägerin im Oktober 1951 bereits invalide gewesen sei, nicht für maßgeblich. Die von der Klägerin gegen das Urteil des SG. Köln eingelegte Berufung, mit der sie noch vortrug, Dr. F... habe das Ergebnis seiner Begutachtung für das Finanzamt im Jahre 1951 bei seinem Gutachten für die Beklagte vom 15. Mai 1953 nicht verwerten dürfen, hatte keinen Erfolg: Die Klägerin habe durch die Antwort auf die in ihrem Antrag auf Invalidenrente unter Ziffer 15 d enthaltene Frage, ob sie in der letzten Zeit auf Veranlassung einer Behörde (Arbeitsamt, Fürsorgeamt) untersucht worden sei, selbst den Hinweis gegeben "Gesundheitsamt im Oktober 1951"; damit habe sie - im Hinblick auf den Inhalt des Rentenantrages im übrigen - auch das Einverständnis zur Begutachtung durch Dr. F... und zur Verwertung der früheren Untersuchungsergebnisse erteilt. Dr. F... habe aber bereits im Jahre 1951 einen Blutdruck von 200/120 mm Hg und ein Körpergewicht von 114 kg, ferner ausgeprägte Reibegeräusche in beiden Kniegelenken, beiderseitig Druckschmerzen der Hüftgelenke und eine allgemeine Körperbehinderung festgestellt. Gegen die Annahme des Gutachters, daß der Zustand im Jahre 1951 der gleiche gewesen sei wie im Jahre 1953, bestünden keine Bedenken. Da eine Haushälterin, soweit es sich um die Verrichtungen im Haushalt handele, einer Hausfrau gleichzusetzen sei, sei die Klägerin von dem Zeitpunkt an als invalide zu betrachten, in dem sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihren Haushalt gleich einer Hausfrau im wesentlichen selbst zu versehen; einer Hausdame, die nur eine anordnende und beaufsichtigende Tätigkeit auszuüben habe, sei sie nicht gleichzusetzen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob sie ihren Haushalt noch selbst recht und schlecht habe leiten können. Durch Stellung des Rentenantrages am 29. Dezember 1951 habe sie auch selbst zum Ausdruck gebracht, daß sie sich für invalide halte.- Die Annahme einer von der Klägerin hinsichtlich der fraglichen Beiträge im August oder im Oktober 1951 abgegebenen "Bereiterklärung" zur Entrichtung der Beiträge (§ 1444 RVO a.F.) scheide aus. Eine solche Bereiterklärung setze voraus, daß im Zeitpunkte ihrer Abgabe der tatsächlichen Beitragsentrichtung ein Hindernis entgegengestanden sei, durch das ein Rechtsverlust gedroht habe. Das Hindernis könne hier nur das Fehlen einer Quittungskarte gewesen sein, das aber im August oder im Oktober 1951 ebensogut hätte beseitigt werden können wie auf die schriftliche Bereiterklärung der Klägerin hin am 29. Dezember 1951. Allerdings hätte der vom Vordergericht als Zeuge vernommene Angestellte der Gemeindeverwaltung die Quittungskarte, weil die Klägerin bereits 55 Jahre alt gewesen sei, nach innerdienstlichen Vorschriften überhaupt nicht ausstellen dürfen, ohne ihre vertrauensärztliche Untersuchung veranlaßt zu haben; offensichtlich habe er hiervon mit Rücksicht auf das gleichzeitig eingeleitete Kartenerneuerungsverfahren abgesehen. Da auch im August oder Oktober 1951 schon so hätte verfahren werden können, hätten die Erkundigungen des Ehemanns der Klägerin im August und im Oktober 1951 auf der Gemeindeverwaltung, welche Beiträge für die Klägerin zu entrichten seien, nur den Charakter allgemein gehaltener Nachfragen nach den Voraussetzungen der freiwilligen Weiterversicherung gehabt und nicht den einer Bereiterklärung im Sinne des § 1444 Reichsversicherungsordnung (RVO) a.F. Dies ergebe sich auch aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 23. Oktober 1954, in dem sie ausführt;
"Durch die in unserem landwirtschaftlichen Betrieb anfallenden Arbeiten hatte ich wenig Zeit und schob die endgültige Klärung der Versicherungssache bis fast zum letzten Tage hinaus".
Demnach habe die Klägerin die Entrichtung der für die Erhaltung ihrer Anwartschaft erforderlichen Beiträge aus entschuldbarer oder unentschuldbarer Säumnis bis zum 29. Dezember 1951 aufgeschoben. Dann seien die Beiträge aber - wenn man annehme, daß sich die Klägerin zur Beitragsentrichtung bereit erklärt habe - nicht mehr "in angemessener Frist" entrichtet. In Anbetracht einer Bereiterklärung - sei es im August, sei es im Oktober 1951 - sei die Beitragsentrichtung am 29. Dezember 1951 nicht mehr rechtzeitig gewesen; so viel Zeit sei zur Behebung des Hindernisses - es lag nur im Fehlen einer Gebrauchsquittungskarte - nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin legte gegen das ihr am 31. August 1956 zugestellte Urteil des Landessozialgerichts (LSG.), in dem die Revision nicht zugelassen war, am 19. September 1956 Revision ein, die sie - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - am 24. November 1956 begründete. Die Klägerin bringt als Rügen des Verfahrens vor, der von der Beklagten mit der Erstattung eines Gutachtens über ihren Gesundheitszustand beauftragte Sachverständige Obermedizinalrat Dr. F... habe bei seinem Gutachten vom 15. Mai 1953 auch auf einen von ihm bereits im Oktober 1951 in anderer Sache erhobenen Befund zurückgegriffen, ohne daß ihn die Klägerin von der Verschwiegenheitspflicht hierüber entbunden gehabt hätte. Nach der forensischen Praxis habe das Gericht bei Beweisanträgen, die sich auf Personen bezögen, die zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, ausdrücklich die Frage zu stellen, ob diese Personen von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden würden (vgl. § 118 Abs. 1 SGG i.V. mit § 383 Abs. 3 ZPO). Ferner rügt die Klägerin Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das Vordergericht (§ 103 SGG). Bei entsprechender Befragung durch das Gericht hätten sowohl der Ehemann der Klägerin als Zeuge wie der vom Berufungsgericht bereits als Zeuge vernommene Gemeindebedienstete H... ausgesagt, daß sich die Klägerin bereits im August 1951 und im Oktober 1951 bereit erklärt habe, die erforderlichen freiwilligen Beiträge zu entrichten (§ 1444 RVO a.F.), daß die Entrichtung aber an der Erklärung des Zeugen H... gescheitert sei, er müsse zunächst noch die Voraussetzungen für die freiwillige Weiterversicherung der Klägerin prüfen. Dies ergebe sich aus der aktenkundigen, Anfang November 1951 von der Gemeindeverwaltung bei der Beklagten gehaltenen Rückfrage nach einem Auszug aus den Invalidenversicherungskarten der Klägerin. Hätte sie die Auskunft erhalten, daß die Beiträge bereits unabhängig von einer Prüfung der Voraussetzungen freiwilliger Weiterversicherung entrichtet werden könnten, so hätte sie dies auch sogleich getan, da sie die Mittel dafür besessen habe. Jedenfalls habe die Klägerin die Beiträge - unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse - auch "in angemessener Frist" (§ 1444 Abs. 1 RVO a.F.) entrichtet; die besonderen Verhältnisse seien darin zu sehen, daß die Gemeindeverwaltung es zunächst nur noch für erforderlich gehalten habe zu prüfen, ob die Voraussetzungen der freiwilligen Weiterversicherung gegeben seien. Die gegenteilige Annahme des Vordergerichts verkenne die materielle Rechtslage. Schließlich macht die Klägerin geltend, das Vordergericht hätte - bei seiner Annahme, die Invalidität der Klägerin habe bereits im Oktober 1951 vorgelegen - auch prüfen müssen, ob die Klägerin nicht bereits im Jahre 1949 invalide gewesen sei. Sie beantragt,
das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen bzw. zu verwerfen.
Nach Ansicht der Beklagten liegen die gerügten Mängel des Verfahrens nicht vor. Die Klägerin habe sich im Antrag auf Gewährung von Invalidenrente uneingeschränkt mit der Überlassung "ihrer Akten" sowie mit der Erteilung ärztlicher Auskünfte einverstanden erklärt. Hätte die Beklagte, die nach damaligem Recht über den Antrag der Klägerin in erster Instanz entschieden habe, die entsprechenden Begutachtungsunterlagen nicht beigezogen, so hätte sie sich eines Verfahrensverstoßes schuldig gemacht.
II.
Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt sowie rechtzeitig begründet worden. Da das LSG. das Rechtsmittel der Revision nicht zugelassen hat, wäre die Revision jedoch in diesem, die Gewährung von Invalidenrente betreffenden Rechtsstreit nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wäre und auch vorliegen würde (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; vgl. BSG. 1 S. 150 und. 254).
1. Der Revision ist allerdings einzuräumen, daß das Gericht einen Sachverständigen, der kraft seines Standes zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet ist, über solche Tatsachen nicht hören darf, die unter die Verpflichtung zur Verschwiegenheit fallen (§ 118 SGG i.V. mit §§ 402, 383 ZPO). Trotzdem war es der beklagten Landesversicherungsanstalt und in der Folge - nach dem Inkrafttreten des SGG - dem Sozialgericht sowie dem Landessozialgericht nicht verwehrt, der Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auch die zusammen mit dem medizinischen Gutachten des Dr. F... vom 15. Mai 1953 bekanntgegebene frühere gutachtliche Stellungnahme über die Untersuchung der Klägerin durch Dr. F... am 30. Oktober 1951 zugrunde zu legen. Die Klägerin hatte den Gutachter nämlich von der Schweigepflicht entbunden. Sie hat mit ihrer Unterschrift unter ihren Invalidenrentenantrag vom 29. Dezember 1951 die im Antragsformular vorgedruckte, von ihr als vorgelesen bezeichnete und unterschriebene Erklärung abgegeben, "mit der Überlassung der in Krankenhäusern usw. geführten Krankengeschichten und Erteilung ärztlicher Auskünfte an die Landesversicherungsanstalt einverstanden" zu sein; sie hat ferner in diesem Sinne unter Ziff. 15 d) des gleichen Antrags auf die Frage "Ist etwa in letzter Zeit seitens einer Behörde (Arbeitsamt, Fürsorgeamt) eine ärztliche Untersuchung veranlaßt worden?" geantwortet: "Gesundheitsamt im Oktober 1951". Die Klägerin hat also die Beklagte selbst auf die Möglichkeit hingewiesen, das seinerzeit von Dr. F... zum Zwecke der Ausstellung einer Bescheinigung für das Finanzamt festgestellte Untersuchungsergebnis heranzuziehen. Hatte die Klägerin Dr. F... somit - gänzlich im Sinne ihrer Verpflichtung, selbst an der Aufklärung der Voraussetzungen ihres Anspruchs mitzuwirken - von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden, so liegt in der Verwertung der von Dr. F... in seinem Gutachten gemachten Mitteilung über das Ergebnis seiner Untersuchung vom 30. Oktober 1951 keine Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht. In der Verwertung des Gutachtens des Dr. F... vom 15. Mai 1953 ist somit ein Verfahrensmangel (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG) nicht zu sehen.
2. Auch die Rüge der Klägerin, die Vorinstanz habe nicht hinreichend aufgeklärt, ob die Klägerin sich durch ihren Ehemann bereits im August sowie im Oktober 1951 zur Beitragsentrichtung bereit erklärt habe (§ 1444 RVO a.F.), konnte keinen Erfolg haben. Für die Beurteilung dieser Rüge ist von dem Rechtsstandpunkte des Vordergerichts auszugehen, daß die Bereiterklärung mit der Wirkung rechtzeitiger Beitragsentrichtung nach § 1444 RVO a.F. auch eine Entrichtung der Beiträge in angemessener Frist nach der Bereiterklärung erfordert. Das LSG. hat angenommen, daß die Beitragsentrichtung, sofern überhaupt eine Bereiterklärung dazu vorgelegen haben sollte, jedenfalls nicht in angemessener Frist erfolgt ist. Die von der Klägerin vorgebrachten Gründe für die verzögerte Beitragsentrichtung hat das Vordergericht mit der Erwägung als unbeachtlich bezeichnet, daß sich die Klägerin jene Gebrauchsquittungskarte, die sie sich am 29. Dezember 1951 zur Beitragsentrichtung ausstellen ließ, ebensogut hätte bereits früher ausstellen lassen können. Nach dieser vom Revisionsgericht nicht nachzuprüfenden materiell-rechtlichen Auffassung des LSG. kommt es also auf die Frage, ob der Ehemann der Klägerin eine Bereiterklärung zur Beitragsentrichtung abgegeben hat, nicht an. Die Revisionsrüge, das LSG. habe zu Unrecht angenommen, es liege keine Bereiterklärung zur Beitragsentrichtung vor, ist daher nach dem materiellrechtlichen Standpunkt des Vordergerichts unbeachtlich.
3. Der Senat hielt auch die weitere Rüge der Klägerin nicht für begründet, das LSG. hätte nach § 103 SGG klären müssen, ob sie nicht bereits im Jahre 1949 invalide gewesen sei. Das Vordergericht hat hinsichtlich des Zeitpunktes, wann die Klägerin invalide geworden ist, festgestellt, daß dies "bereits im Zeitpunkte der Untersuchung vom 30. Oktober 1951" der Fall gewesen sei. Daß sie damals ihren Haushalt zwar noch recht und schlecht selbst leiten, aber nicht mehr voll selbst versehen konnte, sprach nach der insoweit nicht nachprüfbaren Rechtsansicht des Vordergerichts nicht dagegen, daß die Klägerin damals schon invalide war. Da die Klägerin ausdrücklich behauptet hat, daß sie im Oktober 1951 noch in der Lage gewesen sei, ihre Arbeit als Hausfrau zu verrichten, brauchte sich das Vordergericht nicht gedrängt zu fühlen zu untersuchen, ob die Klägerin etwa schon zwei Jahre vorher, nämlich im Laufe des Jahres 1949, invalide war. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin erst am 29. Dezember 1951 Rente wegen Invalidität beantragt hat und daß die von ihr zur Ergänzung des Antrags vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Dr. B... vom 18. April 1952 nichts über einen früheren Eintritt der Invalidität besagt. Schließlich ergab auch die von der Klägerin zu Ziff. 15 b) ihres Antrags auf die Frage nach dem Zeitpunkt des Eintritts ihrer Leiden erteilte Antwort keinen Anhaltspunkt dafür, daß ihre Invalidität bereits im Jahre 1949 eingetreten sein konnte. Hiernach greift die Rüge der Klägerin, das Vordergericht habe gegen die ihm nach § 103 SGG obliegende Sachaufklärungspflicht verstoßen, indem es nicht auch geprüft habe, ob die Klägerin etwa bereits im Jahre 1949 invalide gewesen sei, nicht durch.
Demnach war die Revision der Klägerin als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen