Entscheidungsstichwort (Thema)

Strukturverbessernde Abgabe an landwirtschaftliche Unternehmer. Unternehmereigenschaft des Übernehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine strukturverbessernde Abgabe an landwirtschaftliche Unternehmer mittels dritter Personen ist weder nach GAL § 42 Abs 1 Buchst a (Fassung: 1969-07-29) noch nach GAL § 42 Abs 1 Buchst a (Fassung: 1972-07-26 noch nach GAL § 42 Abs 2 Buchst a (Fassung: 1973-12-19) möglich. Der Erwerber, Pächter oder sonstige Nutzungsberechtigte muß vielmehr seine Rechtsstellung unmittelbar vom bisherigen Unternehmer herleiten, da es bei den Abgaben im Rahmen des GAL allein auf denjenigen ankommt, an den das Land abgegeben wird. Die Voraussetzung einer strukturverbessernden Abgabe liegt daher auch dann nicht vor, wenn der Übernehmer die übernommenen Grundstücke unmittelbar einem Unternehmer zur Bewirtschaftung überläßt, der diese Voraussetzung erfüllt.

 

Normenkette

GAL § 41 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1969-07-29, § 41 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1970-12-21, § 41 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1972-07-26, § 42 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1969-07-29, Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1970-12-21, Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1972-07-26, Abs. 2 Buchst. a Fassung: 1973-12-19

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. November 1973 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Gewährung von Landabgaberente für die Zeit vor dem 1. Dezember 1973 begehrt.

Im übrigen wird das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der 1916 geborene Kläger begehrt Landabgaberente vom 1. April 1971 an. Er hat von 1948 bis 1969 ein landwirtschaftliches Unternehmen von 16,78 ha bewirtschaftet. Hiervon hat er den überwiegenden Teil ab 1. November 1969 an verschiedene Landwirte langfristig verpachtet; eine Weide in der Größe von 1,7397 ha hat er durch notariellen Vertrag vom 27. Januar 1970 an den Landwirt C. F. T (T. sen.) verkauft, der bereits seit Juli 1963 Altersgeld von der Beklagten bezieht. T. sen. hatte schon seit dieser Zeit den eigenen Hof seinem Sohn G T. (T. jun.) verpachtet; er hat auch die vom Kläger gekaufte Weide sofort seinem Sohn zur Bewirtschaftung überlassen. Streitig ist, ob der Kläger auch dieses Land strukturverbessernd abgegeben hat.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 29. Dezember 1972 ab, weil T. sen. bei Abschluß des Kaufvertrages nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei. Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Nach der Ansicht des Landessozialgerichts (LSG) ist sowohl nach dem bis zum 30. September 1972 geltenden Recht, als auch nach § 42 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte idF vom 26. Juli 1972 (GAL 1972) eine strukturverbessernde Abgabe zu verneinen, weil der Kläger die Weide nicht an T. jun., sondern an T. sen. verkauft habe, der zur Zeit des Verkaufs nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei. Eine mittelbare Abgabe werde vom Gesetz nicht anerkannt. Daran ändere auch nichts, daß T. jun. jene Weidefläche unmittelbar anschließend an den Kläger bewirtschaftet habe. Der strukturverbessernde Effekt müsse unmittelbar auf Grund der Abgabe durch den Rentenbewerber eintreten und nicht erst auf Grund der zwischen dem Nachfolger und einem Dritten bestehenden Rechtsbeziehung.

Mit der zugelassenen Revision beantragt der Kläger,

die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von Landabgaberente ab 1. April 1971 zu verurteilen.

Er rügt eine Verletzung des § 41 Abs. 1 Buchst. c i. V. m. § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL. Er meint, die dem Begriff der "mittelbaren Abgabe" durch das LSG gegebene rechtliche Auslegung stehe nicht im Einklang mit dem Gesetzeszweck und könne im Ergebnis nicht befriedigen.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit er Landabgaberente für die Zeit vor Dezember 1973 begehrt.

Der Anspruch auf Landabgaberente setzt nach dem insoweit anzuwendenden Recht (GAL 1969, GAL 1971 und GAL 1972) u. a. voraus, daß das landwirtschaftliche Unternehmen zum Zwecke der Strukturverbesserung abgegeben worden ist (§ 41 Abs. 1 Buchst. c GAL). Was darunter zu verstehen ist, erläutert § 42. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, daß eine strukturverbessernde Abgabe weder nach § 42 Abs. 1 Buchst. a idF des GAL 1969 (unverändert im GAL 1971) noch nach der geänderten Fassung dieser Bestimmung im GAL 1972 vorliegt. Dazu hätte auch die fragliche Weide strukturverbessernd abgegeben werden müssen (§ 41 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 7 GAL). Das ist nicht der Fall.

Nach § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL 1969 bzw. 1971 muß "der Erwerber, Pächter oder sonstige Nutzungsberechtigte seit mindestens einem Jahr vor der Abgabe landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1" sein. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 6. Juli 1972 (SozR Nr. 1 zu § 42 GAL 1965) dargelegt, daß es hierbei allein auf denjenigen ankommt, an den das Land abgegeben worden ist. Der "Erwerber" usw. muß seine Rechtsstellung unmittelbar vom bisherigen Unternehmer herleiten. Das GAL kennt keine mittelbare Abgabe mittels einer dritten Person (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 17. Januar 1973, SozR Nr. 8 zu § 2 GAL 1965). Erwerber der durch notariellen Vertrag vom 27. Januar 1970 verkauften Weidefläche war aber T. sen., nicht sein Sohn T. jun. Darauf, ob dieser das von seinem Vater gekaufte Land unmittelbar anschließend an das Einstellen der Bewirtschaftung durch den Kläger selbst bewirtschaftet hat, kommt es nicht an. T. sen. ist weder im Zeitpunkt des Verkaufs noch im Jahr zuvor landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 GAL gewesen. Die Anspruchsvoraussetzung des § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL 1969 bzw. 1971 ist somit nicht erfüllt.

Die Neufassung der Vorschrift im GAL 1972 durch das 6. Änderungs- und Ergänzungsgesetz hat daran im Ergebnis nichts geändert. Nach Abs. 1 Buchst. a dieser Vorschrift wurde zwar nicht mehr auf die Dauer der Unternehmereigenschaft des Übernehmenden abgestellt, sondern darauf, daß die "Grundstücke an ein anderes landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben werden, das seit mindestens einem Jahr besteht". Die Abgabe an ein solches Unternehmen war aber nur durch Abgabe an dessen Leiter, d. h. an den das Unternehmen betreibenden Unternehmer möglich. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es daher nicht darauf an, daß T. sen. Eigentümer des an seinen Sohn verpachteten und von diesem bewirtschafteten Grund und Bodens geblieben ist. Die Gesetzesänderung bezweckte eine flexiblere Handhabung der Regelung, sie wollte zweierlei erreichen: einmal sollte eine Abgabe auch an ein etwa in Form einer juristischen Person geführtes landwirtschaftliches Unternehmen erfolgen können, zum anderen sollten junge Landwirte schon unmittelbar nach Übernahme eines mindestens ein Jahr bestehenden Unternehmens landwirtschaftliche Flächen mit der Wirkung aufnehmen können, daß dies bei dem Abgebenden als strukturverbessernde Abgabe anerkannt wird (vgl. BT.-Drucks. VI/3463 S. 10 zu Nr. 17). Die Landübernehmer brauchten also die bisher notwendige Voraussetzung: "... seit mindestens einem Jahr vor der Abgabe landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 GAL" zu sein, in ihrer Person nicht mehr zu erfüllen. Es genügte, wenn ihr Unternehmen als solches schon mindestens ein Jahr bestand. Dadurch wird die Grundvoraussetzung, daß eine wirksame "Abgabe" nicht mittels eines Dritten erfolgen kann, nicht berührt. Das hat bereits das LSG unter Bezugnahme auf den in § 41 Abs. 2 enthaltenen Hinweis auf § 2 Abs. 3 GAL zutreffend dargelegt. Daß im vorliegenden Fall die verkaufte Weidefläche dem von T. jun. bewirtschafteten Unternehmen letztlich zugewachsen ist, ist auch hier unerheblich. Darauf hatte der Kläger rechtlich keinen Einfluß. Dieser Effekt ist nur dadurch eingetreten, daß T. sen. dieses Land nach dem Erwerb seinem Sohn zur Bewirtschaftung überlassen hat. Die geforderte Strukturverbesserung hätte aber unmittelbar mit der Abgabe der Weide durch den Kläger eintreten müssen. Nur dann war eine Strukturverbesserung gesichert.

Die Richtigkeit dieser Auffassung wird bestätigt durch die nunmehr maßgebliche Fassung des § 42 aufgrund des 7. Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 1973 (GAL 1974); nach dessen Abs. 2 ist abzugeben "an die Unternehmer anderer Unternehmen , die seit mindestens einem Jahr eine Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes gebildet haben". Die Neufassung, die der Anpassung der Vorschrift an die Richtlinie 72/160 des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und der Verwendung der landwirtschaftlich genutzten Flächen für Zwecke der Strukturverbesserung (Amtliche Begründung zur BT-Drucks. 7/934) dient, hat damit klargestellt, wer Erwerber des "abgegebenen" Landes sein muß, nämlich der Unternehmer des anderen Unternehmens. Demgemäß muß eine "strukturverbessernde Abgabe" durch die "Abgabe" an diesen Unternehmer erfolgen.

Obgleich danach die Weide auch nach § 42 GAL 1974 nicht strukturverbessernd abgegeben worden ist, kann der Senat über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch abschließend nur für die Zeit vor dem 1. Dezember 1973 entscheiden. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen. Für die folgende Zeit reichen die vom LSG getroffenen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung nicht aus. Für die Zeit ab Dezember 1973 ist der Anspruch auch nach dem GAL 1974 (Fassung des GAL vom 19. Dezember 1973) zu prüfen (vgl. Art. 5 § 7 Abs. 2 des 7. Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 1973 i. V. m. §§ 46, 10 Abs. 2 Satz 1 GAL). Die Übergangsvorschrift des Art. 5 § 3 des 7. Änderungsgesetzes steht dem nicht entgegen, sie betrifft nur Personen, die die Voraussetzungen für die Gewährung von Landabgaberente vor Verkündung des 7. Änderungsgesetzes schon erfüllt hatten (vgl. Art. 2 § 2 des Neuregelungsgesetzes vom 3. Juli 1961 idF vom 14. September 1965). Ebensowenig wird die Prüfung nach dem GAL 1974 dadurch ausgeschlossen, daß das 7. Änderungsgesetz erst nach dem angefochtenen Urteil des LSG ergangen ist. Im GAL 1974 ist die Vorschrift des § 42 wesentlich verändert worden. Vorher mußte das Unternehmen bis auf die Fläche, die nach § 41 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 7 Satz 1 GAL zurückbehalten werden durfte (25% der nach § 1 Abs. 4 GAL festgesetzten Mindesthöhe), strukturverbessernd abgegeben werden. Nunmehr sind (mindestens) 85% der abzugebenden Fläche strukturverbessernd abzugeben, wobei von der größten innerhalb der letzten fünf Jahre bewirtschafteten Fläche auszugehen ist (§ 42 Abs. 7). Die Feststellungen des LSG erlauben kein klares Bild darüber, ob der Kläger, auch wenn er die Weide nach § 42 GAL 1974 nicht strukturverbessernd abgegeben hat, dennoch die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt. Insoweit bedarf es noch weiterer Feststellungen. Aus diesem Grunde mußte das Urteil des LSG aufgehoben werden, soweit es die Zeit ab 1. Dezember 1973 betrifft. Insoweit ist der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.

Bei der neuen Entscheidung hat das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647605

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