Leitsatz (amtlich)
Ein Rentenbewerber wird von der Beitragszahlung nach RVO § 381 Abs 3 auch dann freigestellt, wenn für ihn ein Anspruch auf Familienkrankenpflege nicht nach RVO § 205, sondern nach KVLG § 32 bestände (Abgrenzung zu und Fortführung von BSG 1973-06-22 3 RK 50/71 = SozR Nr 33 zu § 381 RVO, BSG 1974-09-20 3 RK 32/73 = SozR 2200 § 381 Nr 2).
Leitsatz (redaktionell)
Kassenzuständigkeit für Rentner nach RVO § 257a Abs 1 S 3:
RVO § 257a Abs 1 S 3 gilt nicht für den Bereich der landwirtschaftlichen KV; die Mitgliedschaft eines Rentenantragstellers geht daher nicht auf die LKK über, bei der ein Familienkrankenpflegeanspruch besteht. 2. Anstelle der Rentenantragstellerin hat die für die Familienkrankenpflege zuständige Landwirtschaftliche KK die Beiträge an die für die KVdR zuständige KK zu entrichten.
Normenkette
RVO § 165 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1956-06-12, § 205 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1970-12-21, § 225 Fassung: 1972-08-10, § 257a Abs. 1 S. 3 Fassung: 1969-07-27, § 381 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 Fassung: 1969-07-27; KVLG § 32 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1972-08-10, § 82 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1972-08-10, § 64 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Fassung: 1976-12-28; LFZG Art. 4 § 6 Fassung: 1969-07-27
Verfahrensgang
SG Stade (Entscheidung vom 03.09.1976; Aktenzeichen S 3 Kr 21/75) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 3. September 1976 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1975 wird insoweit aufgehoben, als Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner von der Klägerin gefordert werden.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die für die Zeit vom 30. Oktober 1972 bis 31. März 1975 entrichteten Krankenversicherungsbeiträge zurückzuzahlen.
Im übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Rentenantragstellerin Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nach § 381 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entrichten hat, obwohl für sie in dem streitigen Zeitraum Anspruch auf Familienkrankenpflege nach § 32 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) bestanden hätte.
Der Ehemann der Klägerin ist Pflichtmitglied der beigeladenen Landwirtschaftlichen Krankenkasse. Nachdem die Klägerin Antrag auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gestellt hatte, zog die Beklagte ab 30. Oktober 1972 Beiträge von ihr ein. Der Rentenantrag wurde mit Bescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover vom 29. Mai 1973 abgelehnt. Mit gerichtlichem Vergleich bewilligte die LVA Hannover der Klägerin ab 1. April 1975 die beantragte Rente. Am 30. Januar 1975 erteilte die Beklagte einen förmlichen Bescheid über die Mitgliedschaft und Beitragspflicht zur KVdR. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1975). Das Sozialgericht (SG) Stade hat die Klage (die auf Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten sowie auf Rückerstattung der vom 30. Oktober 1972 bis 31. März 1975 entrichteten Beiträge gerichtet war), abgewiesen (Urteil vom 3. September 1976). Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der für die Klägerin bestehende fiktive Anspruch auf Familienhilfe nach § 32 KVLG sei kein Anspruch auf Familienkrankenpflege iS des § 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 RVO und könne daher nicht zur Beitragsfreiheit nach dieser Vorschrift führen. Diese Beitragsfreiheit sei dann gerechtfertigt, wenn die Krankenkasse, die die KVdR durchführe, und die Kasse, die den Anspruch auf Familienhilfe befriedige, identisch seien. Die Identität zwischen dem Träger der KVdR und der die Familienhilfe gewährenden Krankenkasse sei hier aber nicht gegeben, denn die Landwirtschaftlichen Krankenkassen seien für die Durchführung der KVdR nicht zuständig. § 82 KVLG schließe die Anwendung des § 257a RVO aus. Dies verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 des Grundgesetzes (GG). Der Gesetzgeber könne typisieren und hierbei gewisse Härten und Ungerechtigkeiten anordnen, wenn dafür ein sachlicher Grund bestehe. Ein solcher liege in der Eigenständigkeit der KVdL.
Die Klägerin hat - die vom SG im Urteil zugelassene - Sprungrevision unter Vorlage einer schriftlichen Zustimmungserklärung der Beklagten nach § 161 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Sie rügt eine Verletzung der §§ 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3, 257a Abs 1 Satz 3 RVO und der Art 2 Abs 1, 3 Abs 1, 20 Abs 1 und 3 GG. Sie meint, sie sei nicht eindeutig dem in der RVO geregelten Versicherungsbereich sachlich zuzuordnen. Vor Stellung des Rentenantrags habe sie keine berufliche Tätigkeit ausgeübt, die ihre Mitgliedschaft bei der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) begründet hätte. Seit ihrer Heirat habe sie auf dem Hofe ihres Ehemannes mitgearbeitet. Insoweit sei sie dem landwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen, auch wenn sie aufgrund freiwilliger Weiterversicherung eine Anwartschaft auf eine Rente nach der RVO habe. Die ihr aufgebürdete Beitragspflicht stehe mit der Absicht des Gesetzgebers, durch die Schaffung einer Krankenversicherung für Landwirte das System der sozialen Sicherheit zu verstärken, nicht in Einklang. Durch § 82 KVLG werde die Anwendung des § 257a RVO nicht ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 1975 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr die vom 30. Oktober 1972 bis 31. März 1975 entrichteten Beiträge zurückzuzahlen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie sich gegen die Heranziehung zur Beitragszahlung richtet und die Rückzahlung der entrichteten Beiträge verlangt wird.
Das SG und die Beklagte haben zu Unrecht angenommen, daß die Klägerin verpflichtet sei, für die Zeit ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten Beiträge zur KVdR zu zahlen, weil die für ihre Familienkrankenpflege zuständige Krankenkasse keine Kasse der RVO ist. Das SG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß nur beim Zusammentreffen einer KVdR-Mitgliedschaft mit einem Familienhilfeanspruch nach § 205 RVO die KVdR-Mitgliedschaft auf die für Familienkrankenpflege zuständige Kasse übergehen kann (§ 257a Abs 1 Satz 3 RVO). Es konnte sich hierbei auf die Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) stützen, die einen untrennbaren Zusammenhang der gleichzeitig mit dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen der gesetzlichen Krankenversicherung (KVÄndG) vom 27. Juli 1969 (BGBl I 946) in die RVO eingefügten §§ 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 und 257a Abs 1 Satz 3 hervorgehoben und die Verschiebung der KVdR-Mitgliedschaft auf die "Familienhilfekasse" als Voraussetzung für die Beitragsfreiheit des Rentenbewerbers angesehen hat (vgl BSG SozR Nr 33 zu § 381 RVO und SozR 2200 § 381 Nr 2). Der 3. Senat des BSG hat das aus dem der KVdR innewohnenden Prinzip der Ausgewogenheit zwischen Beitragsaufkommen und Risikobelastung gefolgert, das dann gewahrt sei, wenn eine Kasse auf die Beiträge des Rentenbewerbers verzichten müsse, die ohnehin zu den Leistungen der Familienkrankenpflege ohne zusätzliche Beitragseinnahmen verpflichtet gewesen wäre. Dem stimmt der erkennende Senat zu. Auch nach seiner Ansicht kann die Beitragspflicht des Rentenantragstellers nach § 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 RVO nur dann entfallen, wenn es sich bei der für die Familienkrankenpflege zuständigen Kasse um eine solche nach § 225 RVO - oder eine nach §§ 476 Abs 3, 514 Abs 2 RVO gleichgestellte Kasse - handelt, dh wenn die - nur innerhalb des Regelungssystems der RVO mögliche - Identität zwischen KVdR-Kasse und "Familienhilfekasse" gegeben ist. Durch diese Regelung, die nur die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens der Beitragspflicht des Rentenbewerbers betrifft, sind allerdings keineswegs alle Möglichkeiten erschöpft, familienhilfeberechtigte Rentenbewerber von der Beitragszahlung freizustellen. Das ergibt sich bereits aus Art 4 § 6 KVÄndG. Hiernach hat die knappschaftliche Krankenversicherung an Stelle des Rentenantragstellers die Beiträge für die Zeit des Versicherungsschutzes nachzuentrichten, wenn ohne die Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO Anspruch auf Familienkrankenpflege aus der knappschaftlichen Krankenversicherung besteht. Das bedeutet, daß ein Rentenbewerber, für den ein Anspruch auf Familienkrankenpflege gegen die knappschaftliche Krankenkasse - also gegen eine Kasse außerhalb des Systems der RVO - gegeben wäre, beitragspflichtiges KVdR-Mitglied der RVO-Kasse bleibt, aber selbst nicht zur Beitragszahlung herangezogen wird, weil die von ihrer Leistungspflicht entlastete "Familienhilfekasse" für ihn zahlen muß. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber - zusammen mit den gleichzeitig eingefügten §§ 257a Abs 1 Satz 3 und 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 RVO - für den gesamten Personenkreis der Antragsteller auf Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen umfassend geregelt, wie beim Zusammentreffen der durch die Antragstellung begründeten KVdR mit Ansprüchen auf Familienkrankenpflege aus damals allen Zweigen der gesetzlichen Krankenversicherung Mitgliedschaft und Beitragszahlung gestaltet sein sollen. Dabei bedurfte es für die Antragsteller auf Rente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung keiner eigenen Regelung, weil für diesen Personenkreis Mitgliedschaft und Beitragspflicht in der knappschaftlichen KVdR - im Gegensatz zur RVO - erst mit der Zustellung des Bewilligungsbescheides begründet werden (vgl BSG SozR 2600 § 19 Nr 2).
Eine dem Art 4 § 6 KVÄndG oder den §§ 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3, 257a Abs 1 Satz 3 RVO entsprechende Vorschrift ist in das zeitlich später (1972) erlassene KVLG allerdings nicht aufgenommen worden. Auch bezieht sich die allgemeine Verweisungsvorschrift des § 82 KVLG nicht auf diese Vorschriften. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß der Gesetzgeber die Beitragsentlastung der nach § 32 KVLG familienhilfeberechtigten Rentenantragsteller nicht gewollt habe. Es ist kein sachlich einleuchtender Grund ersichtlich, der den Gesetzgeber bewogen haben könnte, den Kreis der Antragsteller auf Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen unterschiedlich danach zu behandeln, in welchem Zweig der gesetzlichen Krankenversicherung der Anspruch auf Familienkrankenpflege begründet wäre. Die der Beitragsbelastung entgegenstehenden Gründe treffen in beiden Fällen gleichermaßen zu. Die Besonderheiten der KVdL, die es durchaus rechtfertigen, etwa die Mitgliedschaft und auch den Leistungskatalog eigenständig zu regeln (vgl BVerfGE 44, 70, 90; BSGE 41, 157), berühren die Frage, ob die Voraussetzungen für die Beitragszahlung eines Rentenbewerbers vorliegen, nicht. Auch der Unterschied in der Zusammensetzung der nach der RVO Versicherten und der nach dem KVLG Versicherten kann eine unterschiedliche Behandlung nicht veranlassen, zumal nach der weiten Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für die Selbständigen durch das Rentenreformgesetz (RRG) vom 16. Oktober 1972 der Kreis der in die KVdR fallenden Rentenbewerber dem Versichertenkreis des KVLG nicht mehr grundsätzlich verschieden ist und schon deshalb ein genereller Unterschied in der sozialen Schutzbedürftigkeit nicht vorliegt.
Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß es der Gesetzgeber übersehen hat, bei der Schaffung des KVLG auch die Fälle ausdrücklich zu regeln, in denen für Antragsteller auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Anspruch auf Familienkrankenpflege nach diesem Gesetz bestünde. Insoweit liegt im Hinblick auf den beabsichtigten Gesetzeszweck eine planwidrige Regelungslücke vor. Diese ist vom Gericht im Wege verfassungskonformer Rechtsergänzung zu schließen (Canaris, die Feststellung von Lücken im Gesetz, Berlin 1964, S. 16 ff, 39; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1975 S. 358 f; BSGE 14, 238, 239; BSG SozR 5070 § 9 Nr 1; BSG SozR 4100 § 141e Nr 1). Die planwidrige Unvollständigkeit kann unter Beachtung des Willens des Gesetzgebers ausgeglichen werden. Aus der umfassenden Regelung des KVÄndG ist nämlich ein gesetzgeberischer Gesamtplan zu erkennen. Er besagt, daß Rentenantragsteller, für die ohne die KVdR ein Anspruch auf Familienkrankenpflege bestünde, keine Beiträge zahlen sollen, und daß die "Familienhilfekasse" grundsätzlich die KVdR-Last übernehmen soll. Dies soll auf zwei Wegen durchgeführt werden: Innerhalb desselben Regelungssystems soll die Zuständigkeit von der KVdR-Kasse auf die für die Familienkrankenpflege zuständige Kasse übergehen (§ 257a Abs 1 Satz 3 RVO). In systemübergreifenden Fällen soll die für die Familienhilfe zuständige Kasse die KVdR-Last anderweitig - durch Übernahme der Beitragszahlung - tragen (Art 4 § 6 KVÄndG). Diese Regelung ist ausgewogen und berücksichtigt alle dem Rechtsinstitut der KVdR eigenen Prinzipien und Zweckgedanken. Sie beseitigt eine als unsozial empfundene Härte. Es war für die betroffenen Kreise unverständlich, daß sie als Rentenantragsteller zu Krankenversicherungsbeiträgen herangezogen wurden, obwohl für sie im Wege der Familienhilfe bereits ein ausreichender Schutz im System der gesetzlichen Krankenversicherung vorhanden war. Ihre Beitragsbelastung war deshalb von dem mit der Ausdehnung der KVdR auf die Rentenbewerber verfolgten Zweck nicht gedeckt, für diese Personen einen lückenlosen Krankenversicherungsschutz zu schaffen. Auch der andere Zweckgedanke, durch die Beitragsbelastung ungerechtfertigte Rentenanträge (mit dem Ziel einer kostenlosen Krankenversicherung) zu verhindern (vgl hierzu BSG SozR Nr 33 zu § 381 RVO; Jantz, KVdR, Stand Januar 1970, S. K 106), war bei familienhilfeberechtigten Rentenbewerbern verfehlt. Andererseits hat der Gesetzgeber mit der umfassenden Regelung im KVÄndG auch den Grundsatz beachtet, daß die KVdR jedenfalls nicht einseitig zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden sollte, sondern von Anfang an als beitragspflichtige Versicherung konzipiert war und auf dem Prinzip der Ausgewogenheit zwischen Risikoabsicherung und Beitragsaufkommen fußt. Demgemäß ist die Freistellung der familienhilfeberechtigten Rentenbewerber bei den beiden Regelungsmodellen des KVÄndG nicht auf Kosten der für die KVdR zuständigen Kasse vorgenommen worden.
Von den beiden Regelungsmodellen des KVÄndG ist das des Art 4 § 6, das ebenfalls das Zusammentreffen von Ansprüchen aus verschiedenen Einzelsystemen zum Gegenstand hat, heranzuziehen. Eine analoge Anwendung des § 257a Abs 1 Satz 3 RVO scheidet hingegen aus, weil nach dem Gesamtplan eine Verschiebung der Kassenzuständigkeit zwischen den Einzelsystemen nicht stattfinden soll. Nach der übernommenen Regelung des Art 4 § 6 KVÄndG bleibt die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten in dem streitigen Zeitraum erhalten und diese bleibt leistungspflichtig. An Stelle der Klägerin hat die für die Familienkrankenpflege zuständige Landwirtschaftliche Krankenkasse die Beiträge zu entrichten. Hierüber kann in diesem Verfahren allerdings nur als Vorfrage befunden werden. Es berührt zwar das Streitverhältnis, ist aber nicht Teil des Streitgegenstandes, über den mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die Beteiligten zu entscheiden ist.
Dem so gewonnenen Ergebnis steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber bei der Änderung des KVLG durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts (KVWG) vom 28. Dezember 1976 (BGBl I 3871) zwar nunmehr mit der Neufassung des § 64 Abs 1 Satz 2 Nr 3 KVLG erstmals eine dem § 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 RVO entsprechende Beitragsbefreiung der Antragsteller auf Altersgeld und Landabgaberente normiert, dabei aber wiederum eine dem § 257a Abs 1 Satz 3 RVO oder dem Art 4 § 6 KVÄndG ähnliche Regelung unterlassen hat. Auch dies ist nämlich offensichtlich auf ein Versehen zurückzuführen. Wie sich aus der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum KVWG ergibt, sollte der neue § 64 Abs 1 KVLG der Anpassung an § 381 Abs 3 RVO dienen (BR-Drucks 771/74 S 30). Hierzu hatte der zuständige Referent im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) auf Fragen des Bundesverbandes der Landwirtschaftlichen Krankenkassen (BLK) erklärt, daß der Begriff Anspruch auf Familienkrankenpflege nicht nur auf das jeweilige Gesetz allein beschränkt sei, sondern die gesetzliche Krankenversicherung insgesamt erfasse. Eine entsprechende Klarstellung sowohl im KVLG als auch in der RVO erscheine daher nicht notwendig (vgl Rdschr BLK Nr 304/74). Dabei ist allerdings übersehen worden, daß es dem in der oa umfassenden Regelung zutage getretenen gesetzgeberischen Plan nicht entsprechen kann, in systemüberschreitenden Fällen die Beitragszahlung eines Rentenbewerbers allein aufgrund eines ohne die KVdR bestehenden Anspruchs auf Familienkrankenpflege entfallen zu lassen, ohne daß hiermit eine Beitragsverschiebung verbunden ist. Es kann allerdings hingenommen werden, daß im Regelungssystem des KVLG selbst im Verhältnis der landwirtschaftlichen Krankenkassen untereinander bei der Anwendung des § 64 Abs 1 Satz 2 Nr 3 KVLG weder eine Verschiebung der Zuständigkeit noch eine Übernahme der Beitragslast stattfindet. Dies findet nämlich schon eine naheliegende Erklärung darin, daß es bei dem aus der seßhaften landwirtschaftlichen Bevölkerung bestehenden Mitgliederkreis der KVdL nur in wenigen Ausnahmefällen vorkommen wird, daß die für den Antragsteller nach § 46 Abs 2 KVLG zuständige Kasse nicht von vornherein mit der für die Familienhilfe zuständigen Kasse identisch ist.
Nach allem war die Klägerin nicht verpflichtet, während der Zeit, in der sie als Rentenantragstellerin Mitglied der Beklagten war, Beiträge zur KVdR zu entrichten. Das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides können insoweit keinen Bestand haben. Gleichzeitig ist die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die ohne Rechtsgrund entrichteten Beiträge zurückzuzahlen (vgl das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des erkennenden Senats zur Erstattung von zu Unrecht geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen vom 2. Februar 1978 - 12 RK 29/77 - S. 9 mwN). Soweit sich die Klägerin gegen die Mitgliedschaft bei der Beklagten selbst gewandt hat, kann die Revision hingegen aus den oben dargelegten Gründen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen