Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rentenberechnung ist stets dann nach VuVO § 4 vom 1960-03-03 durchzuführen, wenn die Zahl oder die Klasse der entrichteten Beiträge bzw die Höhe des Arbeitsentgelts des Versicherten für die nach den Anl 1 bzw 2 zu RVO § 1255 maßgebenden Zeiträume nicht nachzuweisen sind.
2. Die Kenntnisse des Tariflohnes des Versicherten genügt für diesen Nachweis nicht, wenn nicht außerdem bekannt ist, wie viele Stunden der Versicherte in diesen Zeiträumen gearbeitet hat.
3. Nachzuweisende rechtserhebliche Tatsachen:
Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Gericht oder der Versicherungsträger sich die Überzeugung davon, daß die Beitragszeiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zurückgelegt sind, auf Grund jedes zulässigen Beweismittels bilden kann.
4. Rechtserhebliche Tatsachen, die für die Berechnung der Rente bewiesen werden müssen, sind für Zeiten, für die Beiträge nach Lohn- und Beitragsklassen zu entrichten sind, die Zahl und Klasse der entrichteten Beiträge und für Zeiten, für die Beiträge im Lohnabzugsverfahren zu entrichten sind, die Höhe des Arbeitsentgelts, das der Beitragsbemessung zugrunde gelegen hat; außerdem die Zeiträume, für die die Beiträge entrichtet und für die das Arbeitsentgelt gezahlt worden sind.
Normenkette
RVO § 1255 Anl 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1255 Anl 2 Fassung: 1957-02-23; VuVO § 4 Fassung: 1960-03-03; SGG § 128 Abs. 1
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 1964 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Neuberechnung ihres Altersruhegeldes. Sie wendet sich dagegen, daß die Beklagte bei der Berechnung der Rente für die Zeit vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 nicht ihr damaliges Arbeitsentgelt, sondern die Tabellenwerte der Anlage 5 zu § 4 der Versichertenunterlagen-Verordnung vom 3. März 1960 (BGBl I S. 137 - VuVO -) zugrunde gelegt hat.
Die Beklagte gewährte der Klägerin auf ihren Antrag durch Bescheid vom 7. Mai 1963 Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vom 1. März 1963 an. Außer den durch Versicherungsunterlagen nachgewiesenen Versicherungszeiten erkannte sie die Zeit vom 20. April 1942 bis 30. April 1945, in der die Klägerin bei der Deutschen Reichspost als Postfacharbeiterin beschäftigt gewesen ist, als glaubhaft gemachte Beitragszeit an. Die Versicherungsunterlagen für diese Zeit sind sowohl bei dem Versicherungsträger als auch beim Arbeitgeber und bei der Klägerin durch Kriegseinwirkung verlorengegangen. Für die Feststellung der Rente rechnete die Beklagte fünf Sechstel der Zeit als Beitragszeit an und legte zur Ermittlung der für die Klägerin maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage die entsprechenden Lohn- und Beitragsklassen sowie die entsprechenden Bruttoarbeitsentgelte der Tabelle der Anlage 5 zu § 4 der VuVO zugrunde.
Mit der gegen den Bescheid erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, bei der Berechnung der Rente hätte ihr tatsächliches Einkommen in der Zeit vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 berücksichtigt werden müssen. Sie hat eine Bescheinigung der Besoldungskasse der Landespostdirektion Berlin vom 14. Mai 1963 vorgelegt, nach der sie in der Zeit vom 26. März 1941 bis 30. April 1945 als Postfacharbeiterin bei der Deutschen Reichspost beschäftigt gewesen ist, und in der der wöchentliche oder monatliche Lohn eines vergleichbaren Arbeitnehmers nach den Sätzen der in dieser Zeit geltenden Tarifordnung angegeben ist. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. September 1963). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben, den Bescheid der Beklagten geändert und diese verurteilt, der Klägerin seit dem 1. März 1963 Altersruhegeld nach einer Neuberechnung der Rente zu gewähren, bei der für die Zeit vom 20. April 1942 bis zum 30. April 1945 anstelle der Tabellenwerte der Anlage 7 zum Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) die von der Besoldungskasse der Landespostdirektion B am 14. Mai 1963 mitgeteilten Tariflöhne zugrunde zu legen seien. Das LSG hat die Revision zugelassen. Es hat die Auffassung vertreten, wegen der nachgewiesenen tarifmäßigen Entlohnung der Klägerin sei die Beklagte in dem im Urteilsausspruch festgelegten Umfang zu verpflichten gewesen, das Altersruhegeld der Klägerin neu zu berechnen und die tarifmäßige Entlohnung der Berechnung zugrunde zu legen.
Gegen das Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie unrichtige Anwendung der §§ 3 und 4 VuVO rügt. Sie meint, es seien nicht alle in dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. März 1964 (BSG 20, 275 ff) im einzelnen aufgeführten, für die Rentenberechnung erforderlichen Tatsachen nachgewiesen. Die Bescheinigung der Besoldungskasse der Landespostdirektion Berlin könne nicht als Nachweis angesehen werden, weil sich Fehlzeiten der Klägerin durch Tarifurlaub, unbezahlten Urlaub, Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Unfall usw. während der bescheinigten Zeit nicht mehr feststellen ließen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Berlin vom 27. September 1963 zurückzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie meint, das angefochtene Urteil sei zutreffend. Es befinde sich insbesondere auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG.
II
Die Revision ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist.
Zu entscheiden ist darüber, ob für die Berechnung des Altersruhegeldes gemäß § 1254 Abs. 1 RVO die Zeiten vom 20. April 1942 bis 30. April 1945, für die die Versicherungsunterlagen durch Kriegseinwirkung vernichtet sind, nur als glaubhaft gemachte Beitragszeiten unter Anwendung der §§ 1, 3 und 4 VuVO zu berücksichtigen oder als nachgewiesene Versicherungszeiten - Beitragszeiten im Sinne des § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO - anrechnungsfähig sind. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil tragen die Entscheidung des LSG nicht, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Berechnung des Altersruhegeldes für die Zeit vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 anstelle der Tabellenwerte der VuVO die von der Besoldungskasse der Landespostdirektion B mitgeteilten Tariflöhne, und zwar für die Zeit von fünf Sechsteln eines jeden Kalenderjahres, zugrunde zu legen. Mit Recht rügt die Revision, daß das LSG in seinem Verfahren die Grenzen seines Rechts der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) überschritten hat. Außerdem hat es die Vorschriften der §§ 1254, 1255 RVO sowie die der §§ 1, 3 und 4 VuVO nicht richtig angewandt. Es hat insbesondere die rechtserheblichen Tatsachen im Sinne des § 1 VuVO verkannt, zu deren Nachweis die Versicherungsunterlagen dienen, und die durch andere Beweismittel bewiesen sein müssen, wenn die Versicherungsunterlagen fehlen.
Auszugehen ist davon, daß die Versicherungsunterlagen für die streitige Zeit verlorengegangen sind, wie das LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt hat und unter den Beteiligten auch unstreitig ist. Für diesen Fall schreibt § 1 VuVO vor, daß es für die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen, zu deren Nachweis die Versicherungsunterlagen dienen, genügt, daß diese Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Es ist richtig, wie das LSG angenommen und der Senat auch bereits entschieden hat (BSG 20, 275 ff), daß es für den Nachweis dieser Tatsachen keine Beschränkung auf bestimmte Beweismittelarten gibt. Die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen, zu deren Nachweis die hier verlorengegangenen Versicherungsunterlagen gedient hätten, kann demnach auch auf Grund anderer Beweismittel getroffen werden.
Nachgewiesene Beitragszeiten, d. h. solche, für die der volle Beweis erbracht ist, daß für sie Beiträge wirksam entrichtet sind (§ 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO), sind als Versicherungszeiten voll anzurechnen. Für sie ist die VuVO nicht anzuwenden, da sie sich nur auf "nicht nachgewiesene", nämlich glaubhaft gemachte Beitragszeiten erstreckt. Unter Nachweis ist nichts anderes als Beweis zu verstehen (BSG 20, 255). Die Beitragszeiten müssen also bewiesen sein, d. h. es muß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, daß sie zurückgelegt, für sie also Beiträge wirksam entrichtet sind (vgl. hierzu BSG 20, 255, 256). Es ist nicht ausgeschlossen, darin ist dem LSG beizutreten, daß sich das Gericht gemäß § 128 SGG oder der Versicherungsträger die Überzeugung davon, daß die Beitragszeiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zurückgelegt sind, auf Grund jedes zulässigen Beweismittels, zB durch andere Urkunden, Zeugen usw., bilden kann (BSG 20, 255, 257; 20, 275, 278).
Sollen für die Berechnung des Jahresbetrages des Altersruhegeldes der Klägerin gemäß § 1254 Abs. 1 RVO die Zeiten vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 als Beitragszeiten im Sinne des § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO für die Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre nach dem § 1258 RVO und für die Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage der Klägerin gemäß § 1255 RVO angerechnet werden, also als Zeiten, für die Beiträge wirksam entrichtet sind, so sind rechtserhebliche Tatsachen, die für die Berechnung der Rente bewiesen sein müssen - wie der Senat schon ausgesprochen hat (BSG 20, 275, 277) -, für Zeiten, für die Beiträge nach Lohn- oder Beitragsklassen zu entrichten sind, die Zahl und Klasse der entrichteten Beiträge und für Zeiten, für die Beiträge im Lohnabzugsverfahren zu entrichten sind, die Höhe des Arbeitsentgelts, das der Beitragsbemessung zugrunde gelegen hat; außerdem die Zeiträume, für die die Beiträge entrichtet und für die das Arbeitsentgelt gezahlt worden sind. Wie das LSG selbst mit Recht ausgeführt hat, hängt von diesen Tatsachen gemäß § 1254 Abs. 1 RVO i. V. m. §§ 1255, 1258 RVO die Berechnung der Rente, insbesondere die Feststellung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage der Klägerin ab.
Für die Zeit vom 20. April 1942 bis 28. Juni 1942 muß deshalb die Zahl der von der Deutschen Reichspost für die Klägerin entrichteten Beiträge jeder einzelnen Klasse bekannt sein, damit sie gemäß § 1255 Abs. 3 Buchst. a RVO mit den entsprechenden Werten vervielfältigt werden kann. Für die Zeit vom 29. Juni 1942 bis 30. April 1945 muß für jedes Kalenderjahr die Höhe des von der Deutschen Reichspost an die Klägerin gezahlten Arbeitsentgelts feststehen, das der Beitragsbemessung zugrunde gelegen hat, damit der in § 1255 Abs. 3 Buchst. b RVO zu berechnende Vomhundertsatz festgestellt werden kann. Außerdem ist gemäß § 1255 Abs. 3 RVO aus den durch die Berechnungen nach den Buchstaben a und b des § 1255 Abs. 3 RVO festgestellten Werten der Durchschnitt für die gesamten zurückgelegten Beitragszeiten zu bilden, so daß auch bekannt sein muß, für welche Zeiträume die Deutsche Reichspost für die Klägerin die Beiträge entrichtet oder abgeführt hat. Diese rechtserheblichen Tatsachen hat das LSG in dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Es hat vielmehr nur für bewiesen angesehen und festgestellt, daß die Klägerin während der Zeit vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 bei der Deutschen Reichspost beschäftigt gewesen ist, "daß die Klägerin tatsächlich in dem Zeitraum ihrer Beschäftigung bei der Reichspost die von der Landespostdirektion in der Auskunft vom 14.5.1963 angegebenen Tariflöhne erhalten hat" und "mehr als fünf Sechstel der Zeit des jeweiligen Kalenderjahres bei der Reichspost gegen tarifmäßige Entlohnung gearbeitet hat". Weiterhin ist das LSG davon ausgegangen, "die Abführung der dem Tariflohn entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge" sei "bei einer Behörde wie der Reichspost selbstverständlich". Das Berufungsgericht hat ausgeführt, im vorliegenden Fall sei das Gericht davon überzeugt, daß die Klägerin Versicherungsbeiträge entsprechend ihrem Tariflohn geleistet habe.
Entgegen der Ansicht des LSG ist jedoch, wie die Revision mit Recht geltend macht, mit diesen bewiesenen Tatsachen nicht festgestellt, in welcher Zahl und Klasse die Reichspost für die Klägerin in der Zeit vom 20. April 1942 bis 28. Juni 1942 Beiträge entrichtet und welches Arbeitsentgelt die Reichspost in der Zeit vom 29. Juni 1942 bis 30. April 1945 an die Klägerin gezahlt und der Beitragsbemessung sowie der Beitragsabführung zugrunde gelegt hat. Der Senat hat in seinem bereits angeführten Urteil ebenfalls entschieden (BSG 20, 275, 278), daß durch die Kenntnis der während der nachgewiesenen Beschäftigungszeit für den Versicherten maßgebenden Tariflöhne der Nachweis der Tatsachen nicht erbracht ist, der für die Feststellung einer Beitragszeit rechtserheblich ist. Es muß vielmehr, wie der Senat ausgeführt hat, außerdem feststehen, wieviel Stunden der Versicherte in den einzelnen, nach den Tariflöhnen maßgebenden Zeiträumen (Wochen oder Monaten) gearbeitet hat, für die er zu entlohnen war. Die nach Auffassung des LSG bewiesene tarifmäßige Entlohnung der Klägerin während ihrer Beschäftigung bei der Deutschen Reichspost besagt indessen noch nichts darüber, wieviel zu entlohnende Arbeitsstunden die Klägerin in den einzelnen Wochen oder Monaten tatsächlich gearbeitet hat, welches Arbeitsentgelt ihr bei tarifmäßiger Entlohnung für die jeweiligen Zeitabschnitte zugestanden hat und gezahlt worden ist. Ist aber weder die Anzahl der von der Reichspost entlohnten Arbeitsstunden der Klägerin bekannt noch die Höhe des tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelts, so können aus den bewiesenen Tatsachen der Beschäftigung, der tarifmäßigen Entlohnung und der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber keine Rückschlüsse auf die Zahl und Klasse der für die Klägerin entrichteten Beiträge und auf die im Lohnabzugsverfahren für die Klägerin abgeführten Beiträge gezogen werden. Mögen auch während der Beschäftigung der Klägerin bei der Reichspost im Kriege vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 Fehlzeiten durch Streik, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit keine wesentliche Bedeutung gehabt haben, so ist doch nichts darüber festgestellt, welche nicht bezahlten Arbeitsstunden für die Klägerin in den Kriegsjahren durch kriegsbedingte Umstände, aber auch infolge unbezahlten Arbeitsurlaubs, Arbeitsunfähigkeit usw., angefallen sind. Derartige Ausfälle lassen sich nicht nach der Lebenserfahrung, sondern nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles beurteilen. Ebenso wenig kann für eine Beschäftigung während der Kriegszeit, insbesondere in den letzten Kriegsmonaten und -wochen, nach der Lebenserfahrung gesagt werden, ob die Klägerin mit ihrer entlohnten Arbeitsleistung häufiger ausgefallen ist als der Durchschnitt aller Versicherten, mag sie auch Jahre hindurch bei der Reichspost beschäftigt gewesen sein. Es ist verfehlt, den Grundgedanken und den Durchschnittssatz, von dem das Gesetz in § 3 VuVO für nicht nachgewiesene Beitragszeiten unter Berücksichtigung von üblichen Fehlzeiten ausgeht, auf bewiesene Beitragszeiten zu übertragen. Der Senat hat in seinem angeführten Urteil ebenfalls entschieden, daß die nach § 3 VuVO als Beitragszeit anzuerkennenden fünf Sechstel der glaubhaft gemachten Beitragszeiten nicht als nachgewiesen im Sinne des § 4 VuVO angesehen werden können.
Auf Grund der von der Klägerin vorgelegten, von der Besoldungskasse der Landespostdirektion B ausgestellten Bescheinigung vom 14. Mai 1963 sowie auf Grund der Eintragungen im Arbeitsbuch der Klägerin durfte das LSG für bewiesen ansehen, daß die Klägerin vom 20. April 1942 bis zum 30. April 1945 bei der Deutschen Reichspost beschäftigt gewesen ist und daß in dieser Zeit die in der Bescheinigung angegebenen Tariflöhne gegolten haben. Insofern ist die Auskunft der Besoldungskasse der Landespostdirektion für die Rentenberechnung der Klägerin nicht ohne Bedeutung. Diese Auskunft liefert aber keinen Beweis über die nach dem Tariflohn entlohnte Arbeitszeit und somit auch keinen Beweis für die Höhe des Arbeitsentgelts, das die Klägerin in der fraglichen Zeit erhalten hat. Die Arbeitszeit, d. h. die von der Klägerin gearbeitete Stundenzahl, durfte das LSG nicht pauschal mit fünf Sechstel der üblichen Arbeitszeit ansetzen. Seine Überzeugung, daß die Klägerin mehr gearbeitet hat, beruht auf einer Verletzung des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, da es einen nicht bestehenden Erfahrungssatz angewandt hat. Deshalb durfte es auch nicht als bewiesen ansehen, "daß die Klägerin in der Zeit ihrer Beschäftigung bei der Reichspost vom 20.4.1942 bis 30.4.1945 von der üblichen Arbeitszeit fünf Sechstel gearbeitet hat und nach der dementsprechenden Stundenzahl tarifgemäß entlohnt worden ist".
Zudem reicht die - pauschale - Feststellung des LSG, die Klägerin habe in der Zeit vom 20. Februar 1942 bis 30. April 1945 "mehr als fünf Sechstel der Zeit des jeweiligen Kalenderjahres bei der Reichspost gegen tarifmäßige Entlohnung gearbeitet", weder für die Ermittlung der Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre gemäß § 1258 i. V. m. § 1250 RVO aus noch für die Berechnung der für die Klägerin maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage gemäß § 1255 RVO. Sie läßt es offen, ob die Zeit von 10, von mehr als 10 oder sogar von 12 Monaten eines jeden Kalenderjahres - abgesehen vom Jahre 1942 - als anrechnungsfähige Versicherungszeit in Betracht kommt; denn dies hängt für die Zeit nach dem 28. Juni 1942 davon ab, ob für jeden der 12 Kalendermonate des einzelnen Kalenderjahres Beiträge voll oder teilweise wirksam entrichtet sind, ob also das Beschäftigungsverhältnis in einem Kalenderjahr nur jeweils um weniger als einen Kalendermonat ohne Gewährung von Entgelt unterbrochen worden ist oder ob sich eine solche Unterbrechung auf einen oder zwei volle Kalendermonate erstreckt hat (§ 1250 Abs. 3 RVO). Außerdem läßt die Feststellung des LSG keinen Rückschluß darauf zu, in welcher Zahl und Klasse die Deutsche Reichspost bis zum 28. Juni 1942 für die Klägerin Beiträge entrichtet hat und welches Arbeitsentgelt sie der Klägerin in der Zeit vom 29. Juni 1942 an gezahlt und der Beitragsentrichtung zugrunde gelegt hat; denn nach den Feststellungen des LSG hat sich die Höhe des Tariflohns am 29. Juni 1942 und am 1. März 1944, also im Laufe eines Kalenderjahres, geändert. Da nicht feststeht, auf welche Kalendermonate die Zeiten der nicht entlohnten Beschäftigung der Klägerin von einem Sechstel eines jeden Kalenderjahres entfallen, ist auch nicht festgestellt, welchen Tariflohn die Klägerin in der Zeit ihrer tarifgemäß entlohnten Beschäftigung von jeweils fünf Sechsteln eines jeden Kalenderjahres erhalten hat.
Entgegen der Auffassung des LSG sind demnach die rechtserheblichen Tatsachen nicht bewiesen, um die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin bei der Deutschen Reichspost in der hier streitigen Zeit als nachgewiesene Beitragszeiten anzusehen. Ob nach Verlust der Versicherungsunterlagen durch andere Beweismittel die rechtserheblichen Tatsachen noch bewiesen und festgestellt werden können, um die Zeiten vom 20. April 1942 bis 30. April 1945 wenigstens zu fünf Sechstel als nachgewiesene Versicherungszeit bei der Berechnung des Altersruhegeldes anrechnen zu können, muß dem LSG als Tatsachengericht vorbehalten bleiben.
Das Revisionsgericht kann in der Sache nicht entscheiden, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen