Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf Erstattung des Gegenwertes ungültig gewordener Beitragsmarken (§ 11 Abs 2 und 3 RVBeitrV 1976) ist ein zu verzinsender Anspruch auf Geldleistungen iS von §§ 11, 44 Abs 1 SGB 1; hierzu bedarf es nicht der Feststellung, daß diese Beitragserstattung der Verwirklichung der in §§ 3 bis 10 SGB 1 genannten sozialen Rechte dient.
2. Auch im Rahmen von § 41 SGB 1 ist es für die Fälligkeit der Ansprüche auf Sozialleistungen weiter entscheidend, ab wann der Berechtigte die Möglichkeit hat, die Leistung sofort beim Versicherungsträger geltend zu machen (Fortführung von BSG 1971-12-21 GS 4/71 = BSGE 34, 1, 16 ff = SozR Nr 24 zu § 29 RVO).
Normenkette
RVBeitrV 1976 § 11 Abs. 2 Fassung: 1976-06-21, Abs. 3 Fassung: 1976-06-21; SGB 1 § 44 Abs. 1 Fassung: 1975-12-11, § 41 Fassung: 1975-12-11, § 40 Fassung: 1975-12-11, § 11 S. 1 Fassung: 1975-12-11; SGB 4 § 26 Fassung: 1976-12-23; SGB 4 § 27 Fassung: 1976-12-23
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 31.03.1982; Aktenzeichen III ANBf 52/81) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 31.08.1981; Aktenzeichen 10 AN 342/80) |
Tatbestand
Der Streit geht um die Verzinsung einer Erstattungsforderung.
Der Kläger legte der Beklagten, bei der er im Dezember 1975 "Antrag auf Pflicht- bzw freiwillige Versicherung" gestellt hatte, unter dem 21. Dezember 1979 Beitragsmarken der Angestelltenversicherung für die Jahre 1972/73 im Werte von 10.455,-- DM "mit der Bitte um Verwendung" vor. Da die Beitragsmarken aufgrund des § 11 Abs 2 der Verordnung über das Entrichten von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (RV-BEVO) vom 21. Juni 1976 (BGBl I 1667) mit Ablauf des 31. Dezember 1976 ihre Gültigkeit verloren hatten, faßte die Beklagte dieses Begehren als Antrag auf Erstattung des Gegenwertes gem § 11 Abs 3 der VO auf und lehnte eine solche ab, weil die Marken nicht innerhalb der dort bestimmten Vorlagefrist bis zum 31. Dezember 1978 vorgelegt worden seien. Während des folgenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) wurde die Vorlagefrist durch die Änderungs-VO zur RV-BEVO vom 19. Dezember 1980 (BGBl I 2308) rückwirkend zum 1. Januar 1977 gestrichen. Daraufhin erklärte sich die Beklagte am 3. März 1981 bereit, den vollen Betrag - unverzinst - zurückzuzahlen. Der Kläger nahm das Anerkenntnis am 1. April 1981 an, worauf die 10.455,-- DM am 13. April 1981 an ihn überwiesen wurden; er hielt jedoch den Antrag aufrecht, den Betrag ab 21. Januar 1980 zu verzinsen und verlangte die Erstattung der außergerichtlichen Kosten.
Das SG hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte zur Verzinsung der 10.455,-- DM mit 4 % vom 1. Juli 1980 bis zum 31. März 1981 sowie zur Erstattung der halben Kosten des Klägers verurteilt (Urteil vom 31. August 1981). Auf die - vom SG zugelassene - Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 31. März 1982 die Klage in vollem Umfang abgewiesen und eine Kostenerstattung an den Kläger abgelehnt. Ein Zinsanspruch für eine Erstattung aufgrund von § 11 Abs 3 RV-BEVO könne zwar grundsätzlich auf § 44 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) gestützt werden, weil auch diese Erstattung bei der gebotenen weiten Auslegung zu den nach § 44 SGB I zu verzinsenden "Ansprüchen auf Geldleistungen" gehöre. Ein sich erst aus der Änderungs-VO vom 19. Dezember 1980 ergebender Erstattungsanspruch könne aber nicht vor dem 19. Dezember 1980 fällig geworden sein, da es zuvor an der Erfüllbarkeit gefehlt habe; außerdem müsse die Verwaltung nach dem Grundgedanken des § 44 Abs 2 SGB I von da an noch ein halbes Jahr Zeit zur Erfüllung gehabt haben. Eine andere Rechtsgrundlage für die Erstattung des Gegenwertes der Marken als § 11 Abs 3 RV-BEVO komme nicht in Betracht. Für die Kostenentscheidung werde gem dem auch in der Sozialgerichtsbarkeit anwendbaren Rechtsgedanken des § 93 der Zivilprozeßordnung (ZPO) berücksichtigt, daß die Beklagte den Erstattungsanspruch nach der Änderung der Rechtslage sofort anerkannt habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision beantragt der Kläger (sinngemäß), das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen sowie zu entscheiden, daß die Beklagte ihm die Kosten aller Rechtszüge zu erstatten hat.
Zur Begründung trägt er vor, in § 11 RV-BEVO sei der Verfall von Beitragsmarken nicht rechtswirksam angeordnet gewesen; die Regelung habe enteignenden Charakter gehabt und damit gegen Art 14 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, für den Erlaß der VO habe es an einer Ermächtigungsgrundlage gefehlt. Nach dem klaren Inhalt der Änderungs-VO sei die Klage von vornherein und nicht erst ab dem 19. Dezember 1980 begründet gewesen. Das LSG habe § 93 ZPO zu Unrecht angewandt, da die Beklagte weder sofort anerkannt noch sofort gezahlt habe.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg; das LSG hat mit überzeugenden Gründen zutreffend entschieden, daß dem Kläger für die noch streitige Zeit von Juli 1980 bis März 1981 kein Anspruch auf Verzinsung des erstatteten Betrages zusteht.
1. Mit dem LSG ist davon auszugehen, daß der in der Verzinsung streitige Hauptanspruch ein Anspruch auf Erstattung des Gegenwertes von nach § 11 Abs 2 RV-BEVO ungültig gewordenen Beitragsmarken ist, der seine Rechtsgrundlage allein in § 11 Abs 3 RV-BEVO hat. Die Angriffe des Klägers gegen die Wirksamkeit des § 11 RV-BEVO sind in diesem Zusammenhang unverständlich. Nur wenn die Marken nach § 11 Abs 2 ungültig geworden sind, konnte er nach § 11 Abs 3 die Erstattung des Gegenwertes und gegebenenfalls dessen Verzinsung verlangen. Eine andere Rechtsgrundlage als die RV-BEVO ist für den Hauptanspruch mit dem daran geknüpften allein noch streitigen Zinsanspruch nicht ersichtlich. Vor der RV-BEVO war in § 132 Abs 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) lediglich ein Umtausch ungültig gewordener Beitragsmarken mit kurzer Umtauschfrist vorgesehen (vgl dazu RVA, EuM 25, 230 und BSGE 38, 46).
Bei einem Erstattungsanspruch nach § 11 Abs 3 RV-BEVO läßt sich ein Zinsanspruch allein aus § 44 SGB I herleiten. Die besondere Zinsvorschrift des § 27 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung - (SGB IV) ist nicht anwendbar, weil sie sich nur auf die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge bezieht und kein solcher Fall vorliegt.
Gem § 44 SGB I sind nach dortiger näherer Bestimmung "Ansprüche auf Geldleistungen" zu verzinsen. Für solche Ansprüche hat das SGB I in anderen Vorschriften noch weitere Rechtsfolgen geregelt (zB Verjährung, Verzicht, Aufrechnung, Verrechnung, Übertragung, Verpfändung, Pfändung usw). In allen Fällen ist auf die allgemeine Beschreibung der Leistungsarten in § 11 SGB I zurückzugreifen; nach dessen Satz 1 sind "Gegenstand der sozialen Rechte die in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen (Sozialleistungen)". Da die Erstattung des Gegenwertes ungültig gewordener Beitragsmarken der Art nach unzweifelhaft eine Geldleistung ist, kann nach dem Wortlaut des § 11 Satz 1 SGB I somit lediglich noch gefordert werden, daß die Geldleistung "in diesem Gesetzbuch vorgesehen" ist. Dabei ist zu beachten, daß die in Art II § 1 SGB I aufgeführten Gesetze, darunter das AVG "mit den zu ihrer Ergänzung und Änderung erlassenen Gesetzen" einstweilen als besondere Teile des Sozialgesetzbuches gelten. Da der letztgenannte Gesetzesbegriff nicht auf formelle Gesetze beschränkt sein kann, vielmehr iS von "Rechtsnormen" zu verstehen ist, gilt auch die zur Ergänzung ua des AVG erlassene RV-BEVO als Teil des Sozialgesetzbuches. Das bedeutet, daß die Erstattung des Gegenwertes ungültig gewordener Beitragsmarken nach dieser VO eine im Sozialgesetzbuch vorgesehene Geldleistung darstellt.
Die Auffassung, die Anwendung des § 11 und der daran anknüpfenden weiteren Vorschriften des SGB I setze stets außerdem die Feststellung voraus, daß die Leistung der Verwirklichung der in den §§ 3 bis 10 SGB I aufgeführten sozialen Rechte dient, teilt der Senat nicht. In der Begründung zu § 11 (BT-Drucks 7/868 S 24) heißt es zwar, die Vorschrift stelle klar, wie die in den §§ 3 bis 10 formulierten sozialen Rechte sich für den einzelnen verwirklichen, die Definition "Sozialleistungen" umfasse alle Vorteile, die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches zur Verwirklichung sozialer Rechte dem einzelnen zugute kommen sollen. Damit sollten jedoch, wie die fortgeführte Begründung ergibt, Leistungen ausgeschlossen werden, "die zwischen verschiedenen Leistungsträgern oder aufgrund besonderer Rechtsverhältnisse etwa an Bedienstete der Leistungsträger oder an Kassenärzte erbracht werden". Unter Bezugnahme hierauf haben demgemäß der 2. Senat des Bundessozialgerichts -BSG- (SozR 1200 § 44 Nr 2) die Verzinsung eines Ersatzanspruchs unter Leistungsträgern und der 1. Senat (Urteil vom 24. März 1983 - 1 RJ 92/81 -) die Verzinsung einer äußerstenfalls im Wege eines richterrechtlichen Herstellungsanspruchs vorgenommenen Beitragserstattung nach § 44 SGB I versagt.
Aus der erwähnten Gesetzesbegründung läßt sich jedoch nicht ableiten, daß bei jeder im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Leistung an einen einzelnen die Zweckbestimmung zur Verwirklichung der sozialen Rechte eigens geprüft werden müßte. Aus dem Wortlaut des § 11 Satz 1 SGB I ergibt sich das nicht. Der Klammerzusatz Sozialleistungen faßt hierunter die "in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen" zusammen; auch die einleitenden Worte besagen nur, daß die so beschriebenen Sozialleistungen "Gegenstand der sozialen Rechte" sind. Das ist nicht mit einem Wortlaut vergleichbar, der etwa dahin hätte lauten können, daß Sozialleistungen die in dem Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen sind, wenn (soweit) sie der Verwirklichung der in den §§ 3 bis 10 genannten sozialen Rechte dienen.
Der Senat verkennt dabei nicht, daß die Sozialleistungen iS des § 11 Satz 1 SGB I in der Regel die sozialen Rechte verwirklichen sollen. Es muß jedoch dem Gesetzgeber überlassen bleiben, welche Rechte an den einzelnen er aus solchen Beweggründen in dem Sozialgesetzbuch vorsieht. Für die Rechtsanwendung genügt jedenfalls insoweit die Leistungsaufnahme in das Sozialgesetzbuch. Welche Schwierigkeiten sich anderenfalls ergeben würden, zeigt beispielsweise die Prüfung, ob bei der ohne weiteres zu den Sozialleistungen des § 11 SGB I gerechneten Regelleistung der Beitragserstattung nach § 82 AVG (§ 1303 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) wirklich bejaht werden könnte, sie diene den in § 4 SGB I beschriebenen sozialen Rechten in der Sozialversicherung. In § 4 ist nämlich nur von Rechten auf Zugang zur Sozialversicherung, auf Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit sowie auf wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Minderung der Erwerbsfähigkeit und Alter die Rede. Welchen dieser Zwecke die genannte Beitragserstattung verwirklichen sollte, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, daß es bei anderer Auffassung unklar bliebe, wie es sich mit den im Sozialgesetzbuch an den einzelnen vorgesehenen Leistungen hinsichtlich der Verjährung, Verzinsung, Aufrechnung, Verrechnung, Übertragung, Verpfändung, Pfändung usw verhalten soll, wenn die entsprechenden Vorschriften des SGB I nur für die festgestelltermaßen der Verwirklichung der sozialen Rechte dienenden Leistungen gelten würden; es bliebe hier ohne einsichtige Gründe eine Gesetzeslücke, die bei der vom Senat vertretenen Auffassung nicht besteht. Ein Argument gegen diese sind schließlich nicht die Sonderregelungen für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge in den §§ 26 bis 28 SGB IV; denn der Gesetzgeber hat für diese eigenständige Regelungen getroffen, die inhaltlich nicht ohne weiteres mit denen im SGB I übereinstimmen; diese kommen überdies ebenfalls den beitragsentrichtenden Arbeitgebern zugute, die in der Eigenschaft als Arbeitgeber keine sozialen Rechte iS der §§ 3 bis 10 SGB I haben können.
2. Obgleich nach alledem ein auf § 11 Abs 3 RV-BEVO beruhender Erstattungsanspruch grundsätzlich nach § 44 SGB I verzinsbar ist, so besteht vorliegend gleichwohl aus den vom LSG angeführten weiteren Gründen kein Anspruch auf Zinsen für die noch streitige Zeit. Der erste Hinderungsgrund für den Zeitraum bis zum 31. Januar 1981 war der Umstand, daß der Erstattungsanspruch erst am 19. Dezember 1980 fällig geworden ist. Nach § 44 Abs 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen "nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit" zu verzinsen. Zur Fälligkeit heißt es zwar in § 41 SGB I, daß mangels besonderer Regelungen Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig werden, dh sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 40 Abs 1 SGB I). Deswegen kann aber hier keine Fälligkeit des Erstattungsanspruchs schon vor der streitigen Zeit (vor Juli 1980) mit der Begründung angenommen werden, der Erstattungsanspruch sei schon in dieser Zeit entstanden (müsse schon in dieser Zeit als entstanden angesehen werden), weil die Änderungs-VO vom 19. Dezember 1980 die ursprüngliche Frist für die Markenvorlegung in § 11 Abs 3 RV-BEVO rückwirkend zum 1. Januar 1977 aufgehoben habe. § 41 SGB I regelt nämlich die Fälligkeit von Ansprüchen auf Sozialleistungen nicht erschöpfend. Die Vorschrift beruht auf der Entscheidung des Großen Senats des BSG in BSGE 34, 1, 16 ff, welche die Auffassung verwarf, daß Leistungsansprüche nicht vor der Antragstellung fällig würden; die dortige Verknüpfung der Fälligkeit mit der Anspruchsentstehung wurde im wesentlichen auf die entsprechende Anwendung des § 271 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestützt. Für die Fälligkeit stellt es § 271 BGB aber darauf ab, wann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen kann (nicht, wie das LSG offenbar meint, ab wann der Schuldner sie erfüllen kann); dementsprechend hielt es der Große Senat für entscheidend, ab wann der Berechtigte die Möglichkeit hat, die Leistung sofort beim Versicherungsträger - mit Erfolg - geltend zu machen (BSGE aaO S 17, 18). Dieser Grundsatz hat nach wie vor Bedeutung im Rahmen des § 41 SGB I. Da aber ein Berechtigter einen erst durch die Änderungs-VO vom 19. Dezember 1980, wenn auch rückwirkend, begründeten Erstattungsanspruch frühestens am 19. Dezember 1980, dem Tage der Verkündung dieser Änderungs-VO geltend zu machen vermochte, kann ein solcher Anspruch folgerichtig frühestens mit diesem Tage fällig geworden sein.
Für die restlichen zwei Monate der streitigen Zeit (Februar und März 1981) hat das LSG ebenfalls zu Recht eine Verzinsung, und zwar hier aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 44 Abs 2 SGB I, abgelehnt. Nach dessen erstem Halbsatz beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger. Diese Bestimmung soll dem Versicherungsträger die nötige Zeit zur Feststellung der Anspruchsberechtigung und der Leistungshöhe lassen und ihn vor ungerechtfertigten Verzinsungsforderungen bewahren. Ein solches Bedürfnis besteht aber auch, wenn ein zunächst unbegründeter Anspruch erst durch eine spätere Rechtsänderung begründet wird. In diesem Falle muß der Versicherungsträger ebenfalls ab der Rechtsänderung die nötige Zeit zur Feststellung der nunmehrigen Anspruchsberechtigung und der Leistungshöhe haben. Für diesen vom Gesetzgeber nicht bedachten Fall darf daher entsprechend dem Grundgedanken des § 44 Abs 2 SGB I die Verzinsungspflicht ebenfalls erst nach Ablauf eines halben Jahres einsetzen; das halbe Jahr kann in diesem Falle erst mit der Rechtsänderung beginnen, wenn zu dieser Zeit schon ein vollständiger Leistungsantrag vorlag.
3. Hiernach war die Revision des Klägers zurückzuweisen und über die Kosten des Rechtsstreits vom Senat ohne Bindung an die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen zu entscheiden. Der Senat hat dabei wie das LSG keinen Anlaß gesehen, außergerichtliche Kosten des Klägers der Beklagten aufzuerlegen. Hierzu braucht er nicht darauf einzugehen, ob nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung alle Voraussetzungen des § 93 ZPO für eine Kostenbefreiung der Beklagten aufgrund eines sofortigen Anspruchsanerkenntnisses erfüllt wären. Nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) treffen die Sozialgerichte die Kostenentscheidungen nach ihrem Ermessen. In diesem Rahmen steht es ihnen frei, sich an den Regelungsinhalt des § 93 ZPO sinngemäß anzulehnen. Das erscheint hier jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte in verhältnismäßig kurzer Zeit nach der Rechtsänderung und jedenfalls noch vor Ablauf der sechs Monate des entsprechend anwendbaren § 44 Abs 2 SGB I den Hauptanspruch anerkannt und befriedigt hat.
Fundstellen