Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme notwendig iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG ist, kommt es nicht auf die Vermittlungsaussichten in dem angestrebten Beruf nach Abschluß der Maßnahme an, sondern nur darauf, ob der Antragsteller noch keinen beruflichen Abschluß besitzt und er erst mit der Maßnahme eine berufliche Qualifikation erwerben kann.
2. Zum Begriff des fehlenden beruflichen Abschlusses und der beruflichen Qualifikation iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG (Fortsetzung von BSG 1979-05-10 7 RAr 25/78 = SozR 4100 § 44 Nr 21, BSG 1979-12-11 7 RAr 64/78, BSG 1979-05-10 7 RAr 37/78).
3. Die Frage der Anwendung des § 44 Abs 2 oder Abs 2a AFG betrifft lediglich die Höhe, nicht den Grund des Anspruchs auf Unterhaltsgeld (Anschluß an BSG 1980-06-19 7 RAr 65/79 = SozR 1500 § 147 Nr 6 und BSG 1980-09-23 7 RAr 80/79).
Normenkette
AFG § 36 Fassung: 1975-12-18, § 44 Abs. 2 Nr. 3 Fassung: 1975-12-18, Abs. 2a Fassung: 1975-12-18
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 26.07.1979; Aktenzeichen L 9 Ar 14/78) |
SG Duisburg (Entscheidung vom 03.11.1977; Aktenzeichen S 16 Ar 135/76) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten ein höheres Unterhaltsgeld (Uhg).
Der 1945 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger. Nach dem Hauptschulabschluß durchlief er vom 1. September 1960 bis 31. Dezember 1962 eine Ausbildung als Hotel- und Gaststättenkaufmann, erreichte jedoch keinen Berufsabschluß. Danach arbeitete er nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) zunächst in I und T als Kellner. Seit September 1967 war er als Disk-Jockey bzw geschäftsführender Disk-Jockey der B-AG in K tätig. Ab November 1971 arbeitete er in verschiedenen Stellen als Außendienstmitarbeiter einer Krankenversicherung, als Substitut in einem Warenhaus, als Bezirksleiter im Außendienst eines Reinigungsunternehmens und - von September 1973 an - als Vertriebssachbearbeiter und später Bezirksleiter der R-W V mbH. Diese Arbeit verlor er durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. März 1976. Der Kläger meldete sich arbeitslos, bezog jedoch keine Leistungen; denn er besuchte ab 1. April 1976 einen Lehrgang der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) in Düsseldorf mit dem Ziel des staatlich geprüften Betriebswirts; er beendete diese Ausbildung im März 1978 mit der Abschlußprüfung.
Auf seinen Antrag hin bewilligte ihm die Beklagte Förderungsleistungen aus Anlaß der Teilnahme an dem Lehrgang der DAA, und zwar ua Uhg in Höhe von 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge verminderten maßgeblichen letzten Arbeitsentgelts gemäß § 44 Abs 2a des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG- (Bescheid vom 24. Januar 1976). Der Widerspruch des Klägers hiergegen, mit dem er Uhg in Höhe von 80 vH des maßgeblichen Arbeitsentgelts iS von § 44 Abs 2 AFG begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 1976).
Durch Urteil vom 3. November 1977 hat das Sozialgericht (SG) Duisburg die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Uhg ab 1. April 1976 in Höhe von 80 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS von § 112 AFG zu zahlen. Das SG hat die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Förderung des Klägers sei notwendig gewesen, damit er nicht arbeitslos werde.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 26. Juli 1979 das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die erhöhte Förderung nach § 44 Abs 2 AFG seien nicht gegeben. Die Nrn 1 und 2 des § 44 Abs 2 AFG (Notwendigkeit der Teilnahme an der Maßnahme zur Beseitigung oder Verhinderung von Arbeitslosigkeit) schieden bereits deshalb aus, weil dem streitigen Begehren die Zahlen entgegenstünden, auf die die Beklagte im Berufungsverfahren überzeugend verwiesen habe und wonach in dem vom Kläger angestrebten Zielberuf ein wesentlich ungünstigeres Verhältnis von offenen Arbeitsstellen zu Arbeitslosen (nämlich 1 : 12) als in dem zuvor vom Kläger bevorzugten Tätigkeitsbereich der Dienstleistungskaufleute (nämlich 1 : 4) bestehe.
Die Förderung sei auch nicht notwendig gewesen, ihm zu einer beruflichen Qualifikation iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG zu verhelfen. Es könne offenbleiben, ob der Kläger mit Rücksicht auf sein Berufswissen einem Gelernten iS dieser Regelung gleichzustellen sei, wie die Beklagte meine. Die Notwendigkeit der Förderung sei hier jedenfalls aus anderen Gründen zu verneinen. Wie für die Frage der Notwendigkeit iS von § 44 Abs 2 Nrn 1 und 2 AFG sei auch hier der zur Zeit der Antragstellung vorliegende Sachstand oder die zu dieser Zeit erkennbare Entwicklung zu berücksichtigen. Trotz des Wortlauts von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG könne nicht jede erfolgreich abgeschlossene Förderung, was sich erst im nachhinein ergebe, als eine notwendige Förderung angesehen werden. Ansonsten könnte die Beklagte den von einem Ungelernten vorgetragenen Wunsch nach Förderung jeglichen Traumberufes, sei das Vorhaben in dem weitgesteckten Rahmen der Zweckmäßigkeit des § 36 Nr 3 AFG auch noch so unrealistisch, nichts entgegensetzen. Die Abgrenzung des Notwendigen vom Nichtnotwendigen erfordere es, Überlegungen einzubeziehen, die auch die Grundlage der Entscheidung nach den Nrn 1 und 2 des § 44 Abs 2 AFG bildeten. Damit sei es geboten, bei der Prüfung der dritten Alternative des § 44 Abs 2 AFG Gesichtspunkte der Vermittelbarkeit im Zielberuf nicht völlig außer Betracht zu lassen. Eine solche Handhabung des Gesetzes lasse aber angesichts der insoweit besonders eindrucksvollen Verhältniszahlen eine dem Kläger günstige Beantwortung der Streitfrage nicht zu.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 44 Abs 2 Nrn 2 und 3 AFG. Er trägt hierzu insbesondere vor: Das LSG habe übersehen, daß die Frage der Notwendigkeit einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG nicht von der Vermittelbarkeit im Zielberuf abhängig gemacht werden könne. Zunächst müsse davon ausgegangen werden, daß der Kläger noch keinen beruflichen Abschluß iS dieser Vorschrift besitze. Das Gesetz verlange jedoch einen solchen Berufsabschluß. Die Frage, welche Bedeutung eine entsprechende Berufserfahrung habe, spiele nur bei der Gewährung des Uhg dem Grunde nach eine Rolle. Es würde dem Sinn und Zweck des § 44 Abs 2 AFG entgegenwirken, wollte man einerseits den Kläger, der keinen beruflichen Abschluß habe, wegen seiner Berufserfahrung durch Bildungsmaßnahmen fördern, um ihn andererseits bei der Gewährung von Uhg als Gelernten zu behandeln. § 44 Abs 2 Nr 3 AFG wolle aber gerade diesem Personenkreis eine berufliche Qualifikation vermitteln. Sie seien nach der Intention und dem Wortlaut des Gesetzes als besonders förderungswürdig anerkannt worden. Eine Förderung mit dem Ziel, ihnen eine berufliche Qualifikation zu vermitteln, sei deshalb immer notwendig iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG. Im übrigen sei sogar die Frage der Vermittelbarkeit dieser Personen nach Erlangung des beruflichen Abschlusses positiver zu beurteilen als es das LSG getan habe. Der Kläger würde als staatlich geprüfter Betriebswirt gerade in dem von ihm bisher ausgeübten Beruf der Dienstleistungskaufleute mit seinen nachgewiesenen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen leichter zu vermitteln sein als ohne diese berufliche Qualifikation. Es entspreche deshalb nicht den tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt, lediglich die Statistiken des bisher ausgeübten Berufs und des Zielberufs einander gegenüberzustellen und zu vergleichen, um die Notwendigkeit der Maßnahme feststellen zu können. Vielmehr müsse bei der Personengruppe des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß diese mit einem beruflichen Abschluß leichter zu vermitteln sei als ohne einen solchen.
Der Kläger habe aber auch nach der Regelung in § 44 Abs 2 Nr 2 AFG einen erhöhten Anspruch auf Leistungen. Er sei unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen, so daß die bewilligte Förderung zu einer leichteren Vermittelbarkeit geführt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juli 1979
aufzuheben und die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg
vom 3. November 1977 zurückzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das
Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die Entscheidung des Berufungsgerichts. Ergänzend führt sie aus: Nach § 44 Abs 2 Nr 3 AFG könne ein Antragsteller, der keinen beruflichen Abschluß besitze, nicht die volle Förderung für jeden Berufsabschluß erhalten. In dieser Vorschrift werde nur von einer beruflichen Qualifikation gesprochen. Das bedeute, daß die Qualifikation durchaus auch durch berufliche Erfahrung und durch die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen ohne Abschluß erworben sein könne. Um einen solchen Fall handele es sich hier. Daß der Kläger über eine berufliche Qualifikation verfüge, die sonst nur ein Arbeitnehmer mit Berufsabschluß aufweise, ergebe sich daraus, daß er wie eine gelernte Fachkraft zu den Aufstiegsmaßnahmen zugelassen worden sei. Damit habe die vom Gesetz für die erhöhte Förderung verlangte Voraussetzung, nämlich das Erfordernis einer beruflichen Qualifikation, nicht mehr vorgelegen.
Die Beklagte weist ferner auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 25/78 - hin. Danach seien die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG nicht schon dann erfüllt, wenn die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme notwendig sei, damit der Antragsteller die angestrebte berufliche Qualifikation erwerbe. Es gehe vielmehr darum, daß der Antragsteller überhaupt eine berufliche Qualifikation erhalte. Nach diesem Urteil bestehe daher nicht grundsätzlich ein Anspruch auf Förderung einer beruflichen Qualifikation auch im "Traumberuf". Dies könne nur bedeuten, daß bei der Entscheidung über die Förderung einer beruflichen Maßnahme iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG auch auf die Vermittelbarkeit im angestrebten Zielberuf abgestellt werden müsse. Diese sei aber, wie das LSG festgestellt habe, für den Kläger besonders ungünstig gewesen. Im übrigen könnte bei einer anderen Auffassung jeder, der keinen Berufsabschluß besitze, für jede noch so anspruchsvolle berufliche Qualifikation die erhöhte Förderung nach dem AFG beanspruchen, was sicherlich weder vom Gesetzgeber noch vom BSG gewollt sei. Wenn es einem Antragsteller schon freigestellt sei, ob er anstelle des Berufsabschlusses auf der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenebene gleich einen darüber hinausgehenden Abschluß anstrebe, so müsse auch hier eine gewisse Verhältnismäßigkeit des Kostenaufwands zwischen der Maßnahme zur Vorbereitung auf den Abschluß als Facharbeiter, Geselle oder Gehilfe und der angestrebten höheren beruflichen Qualifizierung gegeben sein. Sollte zB für die Vorbereitung auf den Berufsabschluß Kaufmannsgehilfe nur eine kurzfristige Maßnahme erforderlich sein, könne der Kläger für die Teilnahme an einer zweijährigen Maßnahme zum staatlich geprüften Betriebswirt nicht die volle Förderung nach § 44 Abs 2 Nr 3 AFG verlangen.
Eine andere Auffassung würde im Grunde auch diejenigen benachteiligen, die im Berufsleben zunächst ordnungsgemäß einen Berufsabschluß erworben hätten. Derjenige, der keinen Berufsabschluß erworben habe, der also vom ersten Eintritt in das Berufsleben ein erhöhtes Einkommen - wenn auch als Ungelernter - erzielt habe, erhielte gegenüber dem, der einen Berufsabschluß nachweise und während der Ausbildungszeit in der Regel kein oder nur ein geringes Arbeitsentgelt erziele, auch noch bei vergleichbarer Situation auf dem Arbeitsmarkt erhöhte Förderungsleistungen. Damit wäre das vom Gesetzgeber gesteckte Ziel, nämlich den Ungelernten durch erhöhte Förderung an die Qualifikation des Gelernten heranzuführen, dh ihm eine vergleichbare Ausgangsposition zu verschaffen, überschritten.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Der Kläger kann Anspruch auf höheres Uhg haben.
Die Beklagte hat die Teilnahme des Klägers an dem seit 1. April 1976 laufenden Lehrgang der DAA zu Recht gefördert. Maßgebend dafür sind die Vorschriften des AFG in der seit 1. Januar 1976 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113), denn der Lehrgang hatte erst nach diesem Zeitpunkt begonnen (vgl Art 1 § 2 Abs 1 HStruktG-AFG). Zutreffend hat die Beklagte angenommen, daß es sich bei der Maßnahme für den Kläger um eine berufliche Fortbildung iS der §§ 41, 43 AFG gehandelt hat und insoweit - übereinstimmend mit den tatsächlichen Feststellungen des LSG - das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für Förderungsleistungen dem Grunde nach bejaht. Die Teilnahme an dem Lehrgang setzte entweder eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung oder eine entsprechende angemessene Berufserfahrung voraus (§ 41 Abs 1 AFG). Letztere lag beim Kläger vor. An die daraus erworbenen Kenntnisse aus dem Bereich der Dienstleistungskaufleute und zugehörigen Berufe knüpfte die Bildungsmaßnahme mit dem Ziel des Betriebswirts inhaltlich an. gerade mit Rücksicht auf diese Kenntnisse wurde der Kläger zu der Maßnahme zugelassen (vgl BSGE 43, 124 = SozR 4100 § 41 Nr 18). Daraus ergibt sich gleichzeitig, daß die Förderung der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme im Hinblick auf die Ziele des Arbeitsmarktes zweckmäßig war (§ 36 AFG). Im Gegensatz zu der vorangehenden Fassung des § 36 AFG heißt es zwar in § 36 Nr 3 Satz 1 idF des HStruktG-AFG jetzt, daß "die Teilnahme an der Maßnahme ... zweckmäßig" sein muß (vorher: "... und die Förderung ... zweckmäßig erscheint"). Daraus ergibt sich inhaltlich jedoch keine sachliche Änderung der Vorschrift, so daß die Grundsätze aus der Rechtsprechung des Senats zu der vorhergehenden Fassung in dieser Beziehung weiterhin gelten. Danach ist die Förderung einer beruflichen Fortbildung grundsätzlich als zweckmäßig in diesem Sinne anzusehen (BSG SozR 4100 § 41 Nr 33). An dem Vorliegen der übrigen Förderungsvoraussetzungen (§ 36 Nrn 1 und 2, § 42 Abs 1 Nr 2, § 46 Abs 1 AFG) bestehen keine Zweifel; sie sind von der Beklagten zutreffend bejaht worden. Dem Förderungsanspruch steht nicht entgegen, daß der Kläger österreichischer Staatsangehöriger ist (vgl § 8 Abs 1 der Anordnung der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 23. März 1976 - ANBA S 559 - AFuU -; BSGE 38, 292).
Mit der vom LSG gegebenen Begründung läßt sich die Bemessung des dem Kläger dem Grunde nach zustehenden Uhg-Anspruchs nach § 44 Abs 2 AFG nicht verneinen.
Nach § 44 Abs 2a AFG beträgt das Uhg 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 AFG, wenn die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 AFG nicht erfüllt sind. Nach § 44 Abs 2 AFG beträgt das Uhg 80 vH des oa Arbeitsentgelts, wenn die Teilnahme notwendig ist, damit ein Antragsteller, der 1. arbeitslos ist, beruflich eingegliedert wird, 2. von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedroht ist, nicht arbeitslos wird, 3. keinen beruflichen Abschluß hat, eine berufliche Qualifikation erwerben kann.
Das LSG hat die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Nrn 1 und 2 AFG im Falle des Klägers verneint. Die dieser Rechtsauffassung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen hat der Kläger im Revisionsverfahren nicht substantiiert angegriffen, so daß der Senat hieran gebunden ist (§ 163 SGG). Sie rechtfertigen die vom LSG getroffene rechtliche Schlußfolgerung. Entgegen der Auffassung des LSG kann sich jedoch der geltend gemachte Anspruch aus § 44 Abs 2 Nr 3 AFG ergeben.
Nach den insoweit nicht angegriffenen und für das Gericht somit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG), besaß der Kläger bei Beginn der Maßnahme keinen beruflichen Abschluß. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist beruflicher Abschluß iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG nur ein Abschluß, der mindestens der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenprüfung entspricht (§ 10 Abs 1 Nr 3 AFuU; BSG SozR 4100 § 44 Nr 21; Urteil vom 11. Dezember 1979 - 7 RAr 64/78 -). Einen solchen Abschluß besaß der Kläger nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem eine anderweit, aber ohne formgerechten beruflichen Abschluß erworbene berufliche Qualifikation nicht gleich, und zwar selbst dann nicht, wenn diese als ausreichende Grundlage für die Zulassung zu der angestrebten Bildungsmaßnahme angesehen wird. Infolgedessen kann dem Kläger sein die Zulassung zur DAA rechtfertigender beruflicher Kenntnisstand nicht als "beruflicher Abschluß" iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG entgegengehalten werden; denn dieser ist keineswegs der Abschlußprüfung als Betriebswirt gleichzusetzen (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 21). Die Beklagte verkennt sowohl den Inhalt des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG als auch die oa Entscheidungen des Senats, wenn sie aus dem Begriff der beruflichen Qualifikation und den Ausführungen hierzu das Gegenteil schließt. Der fehlende berufliche Abschluß iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG ist eine Tatbestandsvoraussetzung, die zunächst einmal in der Person des Antragstellers vorliegen muß, um die Rechtsfolge des erhöhten Uhg-Satzes überhaupt auslösen zu können. Die berufliche Qualifikation hingegen ist eine Bedingung, die erst durch die Bildungsmaßnahme herbeigeführt werden soll. Zwischen beiden Begriffen besteht, wie schon die Wortwahl zeigt, nach Inhalt und Zweckbestimmung ein Unterschied. Der erstere Begriff (fehlender beruflicher Abschluß) kennzeichnet den Personenkreis, der zur erhöhten Förderung zugelassen ist, der zweite (berufliche Qualifikation) das Ziel der angestrebten Förderung, das der dem förderungsberechtigten Personenkreis zugehörige Antragsteller mit der Bildungsmaßnahme erreichen will. Beide Bedingungen müssen für den Anspruch auf erhöhte Förderung erfüllt sein. Deshalb hat der Senat - zugunsten der Beklagten - bereits entschieden, daß der fehlende berufliche Abschluß weder mit dem durch die Bildungsmaßnahme angestrebten Abschluß gleichgesetzt werden kann (BSG vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 37/78 -), noch daß es sich bei der beruflichen Qualifikation iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG stets um einen regelförmigen Berufsabschluß handeln muß (BSG SozR 4100 § 44 Nr 21). Sie kann sogar, wie auch in den Motiven des HStruktG-AFG ausgeführt ist, unterhalt der Facharbeiterebene mit oder ohne Prüfungsabschluß liegen, wenn sie nur eine nicht formalisierte berufliche Qualifikation vermittelt (vgl BT-Drucks 7/4127, Begr zu Art 20 § 1 Nr 6a Abs 2 - S 50 -). Ist (nur) eine solche Qualifikationserwartung als Ziel der Maßnahme erforderlich, aber auch ausreichend für den erhöhten Anspruch auf Uhg, kann eine entsprechende - wenn auch auf einer anderen Berufsebene liegende - Qualifikation nicht gleichzeitig den fehlenden Berufsabschluß iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG ersetzen. Infolgedessen hat der Senat schon früher entschieden, daß die für die Zulassung zur Bildungsmaßnahme vorausgesetzten Berufskenntnisse nicht gleichzusetzen sind mit dem beruflichen Abschluß iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG, solange ein solcher eben nicht vorliegt (BSG SozR 4100 § 44 Nr 21; Urteil vom 11. Dezember 1979 - 7 RAr 64/78 -).
Das stimmt mit den Absichten überein, die der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 44 AFG durch das HStruktG-AFG verbunden hat. Bis zu dessen Inkrafttreten erhielten alle Teilnehmer an Fortbildungsmaßnahmen mit Vollzeitunterricht, die Anspruch auf Förderung nach §§ 41 ff AFG hatten, Uhg in Höhe von 90 vH des Arbeitsentgelts iS von § 44 Abs 2 AFG (idF des Gesetzes vom 21. Dezember 1974 - BGBl I 3656). Dieser Wert wurde aus fiskalischen Gründen allgemein auf 58 vH herabgesetzt. Lediglich dem Personenkreis nach § 44 Abs 2 AFG sollte ein höherer Satz (90 vH) verbleiben, weil für deren Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse, also ein Allgemeininteresse besteht. Zu der Personengruppe nach § 44 Abs 2 Nr 3 AFG gehören danach alle un- und angelernten Arbeitnehmer (vgl BT-Drucks 7/4127, Begr zu Art 20 § 1 Nr 6a Abs 2a - S 50 -). Beschränkt sich danach die günstigere Förderung auf Personen ohne beruflichen Abschluß, genügt für sie aber das Ziel einer beruflichen Qualifikation jedweder sinnvollen Art, also auch ohne förmlichen beruflichen Abschluß, liegt es auf der Hand, daß beide Begriffe nicht identisch sein können, das letztere nicht zugleich das erstere bedeuten kann. Das fiskalische Anliegen der Mitteleinsparung ist hier mit der allgemeinen und mit den Instrumenten der beruflichen Bildungsförderung verfolgten Zielsetzung sinnvoll verknüpft, daß berufliche Sicherheit um so eher gewährleistet wird, je besser die berufliche Qualifikation der Einzelnen ist (vgl Stingl, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Einführung zum AFG, Textausgabe mit Sachverzeichnis, Beck-Verlag, 5. Aufl, Stand 1. März 1978).
Der Anspruch aus § 44 Abs 2 Nr 3 AFG scheitert auch nicht daran, daß der Kläger eine möglicherweise erheblich über seinen bisherigen beruflichen Kenntnissen liegende berufliche Qualifikation anstrebt. Kann diese, wie ausgeführt, einerseits unter der Facharbeiterebene liegen, so ist ihr Niveau andererseits nicht nach oben begrenzt. Maßgebend ist allein, daß der Antragsteller überhaupt eine berufliche Qualifikation erhält. Auch dies hat der Senat bereits ausgesprochen (BSG SozR 4100 § 44 Nr 21).
Die Beklagte wendet dagegen zu Unrecht ein, hierin könnte eine Benachteiligung gegenüber solchen Arbeitnehmern liegen, die zunächst auf niedrigerer Ebene eine Berufsausbildung erlangen und dann für eine weitere Förderung auf den geringeren Uhg-Satz nach § 44 Abs 2a AFG verwiesen sind, während derjenige den Satz nach § 44 Abs 2 AFG erhielte, der erst später, dann aber gleich auf einer höheren Ebene, berufliche Qualifikationsbildung anstrebt. Hierbei handelt es sich um rechtspolitische Erwägungen, die im Gesetz keinen Niederschlag gefunden haben. § 44 Abs 2 AFG behandelt alle Personen ohne beruflichen Abschluß gleich, die mit Hilfe einer Bildungsmaßnahme eine berufliche Qualifikation erzielen wollen. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob eine Differenzierung, wie sie die Beklagte offenbar für erforderlich hält, rechtlich und tatsächlich überhaupt möglich wäre, auch nicht, ob sie dem Sinn der Bildungsförderung nach dem AFG entspräche (vgl dazu ua BSGE 44, 54, 60). Sie ist hier jedenfalls nicht vorgesehen.
Das gleiche gilt für den Einwand, es müsse eine Verhältnismäßigkeit zwischen Maßnahme- und Kostenaufwand berücksichtigt werden. Die Entscheidung des Gesetzgebers hierzu kommt in der Regelung des § 44 Abs 2 und Abs 2a zum Ausdruck. Weder die Verwaltung noch die Gerichte sind befugt, darüber hinausgehende Einschränkungen vorzunehmen, soweit sich diese nicht aus anderen Bestimmungen des Gesetzes ergeben, was hier jedoch, wie noch auszuführen sein wird, nicht der Fall ist.
Letztlich aus den gleichen Gründen kann auch dem LSG nicht darin gefolgt werden, daß es für die Anwendung des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG darauf ankomme, welche Aussichten bestanden, in den angestrebten Zielberuf vermittelt zu werden. Abgesehen davon, daß das LSG nichts dazu festgestellt hat, welche Aussichten für den Kläger nach Abschluß der Bildungsmaßnahme bestanden hätten - eine Frage, die jedenfalls bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Förderung iS von § 36 Nr 3 AFG nicht unbeantwortet bleiben darf (BSGE 44, 54, 59) -, sondern sich insoweit nur auf Zahlen für den Monat September 1976 gestützt hat, kommt es hierauf für die Anwendung des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG nicht an.
Die Frage nach der Anwendung des § 44 Abs 2 oder Abs 2a AFG betrifft lediglich die Höhe des Anspruchs auf Uhg (vgl Urteile des Senats vom 19. Juni 1980 - 7 RAr 65/79 - und vom 23. September 1980 - 7 RAr 80/79 -). Ob Uhg dem Grunde nach zu gewähren ist, bestimmt sich nach anderen Vorschriften, zu der vom LSG hier für maßgeblich gehaltenen Frage nach § 36 Nr 3 AFG. Die Zweckmäßigkeit der Förderung in diesem Sinne als Entscheidung dem Grunde nach hat die Beklagte hier aber sowohl im Hinblick auf die Ziele des § 2 AFG als auch unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zutreffend bejaht, wie schon ausgeführt wurde.
Das LSG hat darüber hinaus den Begriff der Notwendigkeit iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG und seine gesetzliche Bedeutung verkannt. Er verlangt schon dem Wortlaut des Gesetzes nach nicht eine - ggfs erst rückschauend mögliche - Betrachtung nach dem Erfolg der Maßnahme in Bezug auf die Eingliederung des Antragstellers entsprechend der angestrebten beruflichen Qualifikation. Bedingung ist lediglich der fehlende berufliche Abschluß und die zu erwartende berufliche Qualifikation des Antragstellers. Beides sind Umstände, die sich von vornherein nach feststellbaren Tatsachen beurteilen lassen. Die Forderung des LSG entspricht aber auch nicht dem Sinn des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG. Der Erwerb einer beruflichen Qualifikation für Personen ohne beruflichen Abschluß ist, wie schon dargestellt wurde, als ein Wert an sich für die Stärkung der beruflichen Sicherung anerkannt worden. Selbst bei vermeintlich ungünstigen Vermittlungsaussichten in der angestrebten Berufsqualifikation ist derjenige, der eine solche besitzt, gegenüber demjenigen, dem sie fehlt, als beruflich besser gesichert anzusehen (vgl § 2 Nr 2 AFG). Bereits wenn dieser Zweck erfüllt ist, wollte der Gesetzgeber den höheren Uhg-Satz zubilligen, um für den in dieser Weise bisher nicht für den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt gerüsteten Arbeitnehmer einen besonderen Bildungsanreiz auszulösen. Daß die Beklagte dabei nicht jedweden Bildungswunsch zu verwirklichen hat, was das LSG offenbar mit dem Begriff des "Traumberufs" meint, trifft zu. Dies ist aber nicht im Rahmen der Frage zu klären, ob ein höheres oder ein niedrigeres Uhg zu zahlen ist, sondern ob überhaupt eine Förderung in Betracht kommt. Dieses aber ergibt sich ua aus § 36 Nr 3 AFG, nicht aus § 44 Abs 2 AFG. Es wäre im übrigen kaum einsichtig, das erhöhte Uhg nach § 44 Abs 2 Nr 3 AFG mit der Begründung abzulehnen, die Vermittlungsaussichten in der angestrebten beruflichen Qualifikation seien schlecht, gleichzeitig aber und ungeachtet dessen die Förderung derselben beruflichen Bildung mit dem "einfachen" Uhg nach § 44 Abs 2a AFG zu bejahen, weil sie iS von § 36 Nr 3 AFG (immer noch) zweckmäßig ist.
Richtig ist allerdings, daß die Förderung nach § 44 Abs 2 AFG dann nicht in Betracht kommt, wenn sie nicht notwendig ist, den beabsichtigten Erfolg herbeizuführen. Die Notwendigkeit in diesem Sinne bezieht sich im Falle des § 14 Abs 2 Nr 3 AFG aber nicht auf die Frage, ob der Antragsteller mit Hilfe der zu erreichenden beruflichen Qualifikation überhaupt erst oder jedenfalls günstigere Vermittlungschancen erhalten wird, sondern allein darauf, ob er auch ohne diese Bildungsmaßnahme eine bisher fehlende Berufsqualifikation erlangen kann (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 21). Für den Anwendungsbereich des § 44 Abs 2 Nrn 1 und 2 AFG kommt es darauf an, ob die bestehende oder drohende Arbeitslosigkeit nicht auch ohne die Bildungsmaßnahme auf andere Weise, zB durch geeignete Vermittlung in Arbeit, sinnvoll beseitigt werden kann (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 21; siehe auch § 10 Abs 1 Satz 1 AFuU).
Für die Frage, ob der Kläger auch ohne die Förderung der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme eine bisher fehlende Berufsqualifikation hätte erlangen können, fehlt es an ausreichenden Feststellungen des LSG. Es mag zwar nahe liegen, daß der Kläger mit Rücksicht auf den Zeitablauf nicht mehr ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, seine 1962 abgebrochene Berufsausbildung zum Hotel- und Gaststättenkaufmann mit Hilfe eines formgerechten Berufsausbildungsabschlusses zu beenden (vgl dazu auch § 10 Nr 3 Satz 2 AFuU). Ebensowenig ist nach den bisherigen Feststellungen ersichtlich, welche andere Möglichkeiten zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation iS von § 44 Abs 2 Nr 3 AFG dem Kläger ohne förderungsfähiges Bildungsverhalten offen gestanden haben. Da aber dem Revisionsgericht auch die Annahme oder der Ausschluß einer fernliegenden tatsächlichen Gegebenheit verwehrt ist, bedarf es insoweit ergänzender tatrichterlicher Feststellungen. Die Sache muß deshalb zu diesem Zweck an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird auch über die Erstattung der Kosten für das Revisionsverfahren zu entscheiden haben.
Fundstellen