Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. psychotherapeutische Behandlung. Psychologischer Psychotherapeut. Erfordernis der berufsrechtlichen Erlaubnis nach dem PsychThG. Ausschluss nicht approbierter, als Heilpraktiker tätiger Diplom-Psychologen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Versicherte haben nach § 28 Abs 3 SGB 5 keinen Anspruch auf die Behandlung durch Psychotherapeuten, die über keine berufsrechtliche Erlaubnis nach dem Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG) vom 16.6.1998 (BGBl I 1998, 1311) verfügen und deshalb unter der Berufsbezeichnung Psychologische Psychotherapeuten heilkundliche Psychotherapie nicht erbringen dürfen.
2. Der auch Kostenerstattungsverfahren erfassende Ausschluss nicht approbierter, als Heilpraktiker tätiger Diplom-Psychologen aus der gesetzlichen Krankenversicherung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Normenkette
SGB 5 § 13 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1992-12-21, § 15 Abs. 1, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 28 Abs. 3 S. 1, § 95 Abs. 2 Sätze 1, 3, § 95c S. 1 Nrn. 1-2, S. 2; RVO § 122; PsychThG § 1 Abs. 1 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Erstattung und Freistellung von Kosten einer Psychotherapie.
Die 1969 geborene, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehende, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin ist nach schweren, in der Kindheit durch das familiäre Umfeld zugefügten Traumata ua an dissoziativer Störung in der Form einer Multiplen Persönlichkeit(sstörung) erkrankt. Deswegen befand sie sich nach vorausgegangener langjähriger psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung ua von Juli 2007 bis Mai 2013 in der Behandlung einer Vertragspsychotherapeutin, die der Klägerin die nicht approbierte, als Heilpraktikerin zugelassene Diplom-Psychologin S. (im Folgenden S.) zur Weiterbehandlung empfahl. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin (20.9.2013 und 18.10.2013, jeweils mit Eingang bei der Beklagten am 23.10.2013) ab, die Kosten einer Psychotherapie bei S. zu übernehmen (Bescheid vom 25.10.2013, Widerspruchsbescheid vom 8.1.2014). Die Klägerin, die sich nach Klageerhebung ab Oktober 2014 von S. behandeln ließ, ist mit ihrem Begehren beim SG erfolglos geblieben (Urteil vom 28.5.2015). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Mindestvoraussetzung eines Anspruchs auf Behandlung durch einen Psychologischen Psychotherapeuten sei, dass - anders als hier - der vom Versicherten ausgewählte Therapeut approbiert sei. Dies gelte auch im Falle eines Systemversagens, eines Notfalls oder einer notstandsähnlichen Situation iS von § 2 Abs 1a SGB V. Diese Mindestvoraussetzung sei verfassungskonform (Urteil vom 26.1.2016).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision einen Verstoß gegen § 13 Abs 3 und § 28 Abs 3 SGB V. Es liege ein Systemversagen vor, das ausnahmsweise die Übernahme der Kosten einer Behandlung durch eine nicht approbierte, aber fachlich geeignete Diplom-Psychologin rechtfertige. Die Klägerin habe trotz umfänglicher Bemühungen keine wohnortnahe approbierte Psychologische Psychotherapeutin gefunden, die mit der Behandlung ihrer Krankheit vertraut sei und über Behandlungskapazitäten verfüge. S. erfülle die Approbationsvoraussetzungen und verfüge lediglich über keine formale Anerkennung als Psychologische Psychotherapeutin.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Januar 2016 und des Sozialgerichts Braunschweig vom 28. Mai 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 2600 Euro Behandlungskosten für den Zeitraum vom 24. Oktober 2014 bis 16. Dezember 2015 zu erstatten und sie von den Kosten zukünftiger Behandlung durch die Dipl.-Psychologin S. freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Erstattung von 2600 Euro Kosten für von der Diplom-Psychologin S. bereits erbrachte Behandlungsleistungen noch auf Freistellung von Kosten zukünftiger Behandlung bei S. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist allein § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung ≪Gesundheitsstrukturgesetz≫ vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Hat die KK danach eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13). Daran fehlt es.
Der Kostenerstattungsanspruch scheitert trotz des Umstandes, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der Klägerin während des Berufungsverfahrens aus dem Fonds Sexueller Missbrauch 100 psychotherapeutische Sitzungen bei S. bis zu einem Höchstbetrag von 10 000 Euro bewilligte (Bescheid vom 9.10.2015), allerdings nicht bereits an dem Erfordernis einer fortbestehenden Kostenbelastung. Denn die Bewilligung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfolgte ausdrücklich nur als Vorleistung im Hinblick auf den anhängigen Rechtsstreit. Die bewilligte Leistung soll die Beklagte im Falle ihrer Leistungspflicht - soweit diese reicht - nicht endgültig entlasten (vgl auch BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 24). Auch scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an einer mangelnden Erforderlichkeit der Behandlung. Bislang steht nicht fest, dass die Klägerin keiner weiteren psychotherapeutischen (Langzeit-)Behandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V) bedarf, vielmehr sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür. Das LSG hat aber ausgehend von seiner zutreffenden Rechtsauffassung insoweit zu Recht keine Feststellungen getroffen.
Die Beklagte darf der Klägerin 2600 Euro Kosten der Behandlung bei S. nicht erstatten, weil sie die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung nicht hätte erbringen dürfen. Die Klägerin hat nach § 28 Abs 3 SGB V keinen Anspruch auf die Behandlung durch Psychotherapeuten, die - wie S. - über keine berufsrechtliche Erlaubnis nach dem Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG) vom 16.6.1998 (verkündet als Art 1 Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998, BGBl I 1311; hier anzuwenden idF des Art 34a Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6.12.2011, BGBl I 2515) verfügen und deshalb unter der Berufsbezeichnung Psychologische Psychotherapeuten heilkundliche Psychotherapie nicht erbringen dürfen (dazu 1.). Der auch Kostenerstattungsverfahren erfassende Ausschluss nicht approbierter, als Heilpraktiker tätiger Diplom-Psychologen aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (dazu 2). Danach scheitert auch der Anspruch der Klägerin auf Freistellung von den Kosten künftiger Behandlung bei S. (dazu 3.).
1. Die Krankenbehandlung umfasst ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V). Zwingende Voraussetzung ärztlicher und ihr gleichgestellter psychotherapeutischer Krankenbehandlung als ein zentraler Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV ist die Approbation der ärztlichen und der psychotherapeutischen Behandler. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 28 Abs 3 SGB V (dazu a), dem Regelungszusammenhang (dazu b) sowie dem Regelungszweck (dazu c), der im Einklang mit der historischen Entwicklung in der GKV steht, Ansprüche auf Krankenbehandlung von berufsrechtlichen Grundqualifikationen abhängig zu machen, die auch außerhalb der GKV die Berufsausübung regeln (dazu d). Auch im Falle eines Systemversagens besteht kein Anspruch auf Behandlung durch einen nicht approbierten psychotherapeutisch tätigen Behandler (dazu e).
a) § 28 Abs 3 S 1 SGB V konkretisiert § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V abschließend dahin, dass die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit nur durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 SGB V durchgeführt werden darf.
b) Die Vorschrift verweist implizit auf den Rechtsbegriff der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten iS des PsychThG. Denn die sich aus dem PsychThG ergebenden berufsrechtlichen Anforderungen hat sich § 28 Abs 3 S 1 SGB V zu eigen gemacht. Es handelt sich bei den in § 1 Abs 1 PsychThG und in der leistungsrechtlichen Vorschrift des § 28 Abs 3 S 1 SGB V anzutreffenden, gleichlautenden Berufsbezeichnungen nicht um eine bloß zufällige Koinzidenz. § 28 Abs 3 SGB V ist als Art 2 Nr 2 im Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998 (BGBl I 1311) gemeinsam mit dem dort als Art 1 geregelten PsychThG und planvoll auf dieses abgestimmt in das SGB V eingefügt worden (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks 13/8035 S 15 f und S 20). Der Gesetzgeber wollte den Psychotherapeuten iS des PsychThG, aber auch nur diesen, neben den Vertragsärzten den Zugang zur eigenverantwortlichen psychotherapeutischen Krankenbehandlung von Versicherten eröffnen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks 13/8035 S 15 f).
§ 1 Abs 1 PsychThG bestimmt: "Wer die heilkundliche Psychotherapie unter der Berufsbezeichnung 'Psychologische Psychotherapeutin' oder 'Psychologischer Psychotherapeut' oder die heilkundliche Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie unter der Berufsbezeichnung 'Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin' oder 'Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut' ausüben will, bedarf der Approbation als Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Die vorübergehende Ausübung des Berufs ist auch auf Grund einer befristeten Erlaubnis zulässig. Die Berufsbezeichnungen nach Satz 1 darf nur führen, wer nach Satz 1 oder 2 zur Ausübung der Berufe befugt ist. Die Bezeichnung 'Psychotherapeut' oder 'Psychotherapeutin' darf von anderen Personen als Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht geführt werden." Eine Approbation nach § 1 Abs 1 S 1 PsychThG ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat, sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt, nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist und über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt (§ 2 Abs 1 PsychThG). § 5 Abs 1 PsychThG setzt voraus, dass die Ausbildungen zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Vollzeitform jeweils mindestens drei Jahre, in Teilzeitform jeweils mindestens fünf Jahre dauern. Sie bestehen aus einer praktischen Tätigkeit, die von theoretischer und praktischer Ausbildung begleitet wird, und schließen mit Bestehen der staatlichen Prüfung ab. Voraussetzung für den Zugang zu einer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ist nach § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a PsychThG - neben gleichgestellten ausländischen Prüfungen - eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt und gemäß § 15 Abs 2 S 1 Hochschulrahmengesetz der Feststellung dient, ob der Student das Ziel des Studiums erreicht hat. Hiernach ist der erfolgreiche Abschluss eines Hochschulstudiums im Studiengang Psychologie eine notwendige fachliche Voraussetzung, die aber allein nicht genügt, um ein vom Gesetzgeber berufsrechtlich für erforderlich gehaltenes fachliches Mindest-Qualifikationsniveau zu erreichen. Hinzukommen muss die in § 5 Abs 1 PsychThG definierte besondere berufsqualifizierende Ausbildung, deren erfolgreicher Abschluss mit der Approbation zur Berufsausübung berechtigt.
Dem entspricht es krankenversicherungsrechtlich, dass die Aufnahme der Psychotherapeuten in das Arztregister nach § 95c S 1 Nr 1 SGB V die Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder § 12 PsychThG voraussetzt und die Aufnahme in das Arztregister wiederum Voraussetzung für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist (§ 95 Abs 2 S 1 und 3 SGB V). Danach wird als Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung nur derjenige zugelassen, der - neben dem Nachweis der Qualifikation in den in der GKV anerkannten Behandlungsverfahren (Fachkundenachweis nach § 95c S 1 Nr 2 und S 2 SGB V) - die berufsrechtlichen Voraussetzungen, also die Approbation, erfüllt (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks 13/8035 S 16 f, S 21 ≪zu § 95 Abs 2 S 3 Nr 1 SGB V≫ und S 22 ≪zu § 95c SGB V≫).
c) Das sich aus § 28 Abs 3 SGB V ergebende Erfordernis der Approbation der Psychotherapeuten als Voraussetzung für die eigenverantwortliche Krankenbehandlung Versicherter dient dem Zweck, das Vorliegen der psychotherapeutischen Grundqualifikation nach den Regeln des Berufsrechts nachzuweisen (vgl BSGE 95, 94 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 11). Mit ihr wird ua die fachliche Befähigung zur Ausübung eines akademischen Heilberufes (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 15), aber insbesondere auch die berufsrechtliche Würdigkeit und die gesundheitliche Eignung belegt. Hierbei handelt es sich insgesamt um Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Berufsrechts, die dazu dienen, alle Patienten vor fachlich und/oder persönlich ungeeigneten Behandlern zu schützen und möglichen, sich daraus für die Gesundheit der Patienten und die finanziellen Mittel der Kostenträger ergebenden Gefahren vorzubeugen. Die GKV prüft dies nicht eigenständig, sondern knüpft an die Approbation als Ergebnis des Prüfungsvorgangs der zuständigen Landesbehörden an. Die KKn sind weder befugt, diese Grundqualifikation erneut zu überprüfen noch die Approbation durch eine eigene berufsrechtliche Bewertung zu ersetzen (vgl auch rechtsähnlich zur Registerbehörde nach § 95 Abs 2, § 95c SGB V BSGE 95, 94 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 11).
d) Die Anknüpfung an die Approbation als von anderen staatlichen Stellen durchgeführte Prüfung und Bestätigung der berufsrechtlichen Mindestqualifikation bei Krankenbehandlung durch Behandler in eigener Verantwortung ist ein prägendes Merkmal der GKV von Anbeginn. So sah die RVO schon im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens für alle Versicherungszweige in ihrem § 122 vor, dass ärztliche Behandlung iS der RVO nur durch approbierte Ärzte geleistet werden darf. Denn bei ihnen ist in generalisierender Betrachtungsweise - ohne dass im Einzelfall ein Gegenbeweis geführt werden kann - davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer langjährigen theoretischen und praktischen Ausbildung und der Ablegung staatlicher Prüfungen den Anforderungen entsprechen, die für eine effektive, den Wirtschaftlichkeitsmaximen der GKV entsprechende Krankenbehandlung erforderlich sind (vgl BSG Urteil vom 11.10.1994 - 1 RK 26/92 - Juris RdNr 20 = USK 94128). Dementsprechend hatten nichtärztliche Psychotherapeuten unter Geltung der RVO keinen Anspruch auf eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten (vgl BSG Urteil vom 11.10.1994 - 1 RK 26/92 - Juris RdNr 18 mwN = USK 94128). Diese Vorschrift ist zwar mit Inkrafttreten des SGB V aufgehoben worden. Auch hat das SGB V in § 15 und § 27 die Approbation als Voraussetzung nicht wieder ausdrücklich erwähnt. Die Rechtslage hat sich mit Inkrafttreten des SGB V jedoch nicht geändert, weil der in den §§ 15 Abs 1, 27 Abs 1 SGB V geregelte Arztvorbehalt mit der Bezugnahme auf den Arzt nur den approbierten Heilbehandler meint. Der in §§ 15 Abs 1 und 27 Abs 1 SGB V geregelte Arztvorbehalt beinhaltet einen generellen Ausschluss nichtärztlicher Heilbehandler von der selbstständigen und eigenverantwortlichen Behandlung der Versicherten der GKV. Die Psychotherapeuten waren bis Ende 1998 Hilfspersonen des approbierten Arztes, die unter dessen Verantwortung bei der Krankenbehandlung der Versicherten mitwirkten ("Delegationsverfahren"; zum "grauen Markt" psychotherapeutischer Leistungserbringung durch nicht am Delegationsverfahren beteiligte Psychologische Psychotherapeuten im Rahmen der GKV vgl Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats BT-Drucks 13/1206 S 12). Seit 1.1.1999 können Psychotherapeuten eigenverantwortlich und selbstständig psychotherapeutische Krankenbehandlung gleichberechtigt neben Ärzten ausüben (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., BT-Drucks 13/8035 S 15). Es ist dann aber - nicht zuletzt wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes - zwingend geboten, dass § 28 Abs 3 SGB V durch den impliziten Verweis auf das PsychThG als Mindestqualifikationsniveau die Approbation auch für Psychologische Psychotherapeuten verlangt und sich nur daraus die Gleichstellung mit den approbierten Ärzten rechtfertigt.
e) Es handelt sich bei dem Erfordernis der Approbation damit nicht bloß um eine spezifisch leistungserbringungsrechtliche Voraussetzung, die im Falle eines Systemversagens verzichtbar wäre, sondern um eine vom SGB V als zwingende berufliche Mindestqualifikation aufgestellte Tatbestandsvoraussetzung für den Behandlungsanspruch.
2. Der Ausschluss der Heilpraktiker - wie hier der S. - von der selbstständigen Leistungserbringung in der GKV ist mit Art 12 Abs 1 GG zu vereinbaren und verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG (BVerfGE 78, 155 = SozR 2200 § 368 Nr 11). Das BVerfG hat bezogen auf eine Heilpraktikerbehandlung zudem entschieden, dass sich aus Art 2 Abs 2 S 1 GG kein verfassungsrechtlicher Anspruch Versicherter darauf ergibt, dass ein bestimmter, im SGB V nicht vorgesehener Leistungserbringer im Rahmen der GKV tätig werden darf (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 15.12.1997 - 1 BvR 1953/97 - NJW 1998, 1775). Auch das BSG hat sich mit der Problematik der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Behandlung durch einen Heilpraktiker bereits mehrfach befasst und entschieden, dass der im Recht der GKV geregelte Arztvorbehalt einen generellen Ausschluss nichtärztlicher Heilbehandler von der selbstständigen und eigenverantwortlichen Behandlung der Versicherten beinhaltet und dies verfassungsgemäß ist (BSGE 48, 47 = SozR 2200 § 368 Nr 4; BSGE 72, 227 = SozR 3-2500 § 15 Nr 2; BSG Urteil vom 11.10.1994 - 1 RK 26/92 - Juris = USK 94128; BVerfGE 78, 155 = SozR 2200 § 368 Nr 11). Hieran hält der erkennende Senat fest.
3. Nach alledem hat die Klägerin auch keinen Anspruch darauf, durch die Beklagte von den Kosten zukünftiger Behandlung durch S. freigestellt zu werden. Die zwischenzeitlich erfolgte Änderung des PsychThG durch Art 6 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.11.2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ("IMI-Verordnung") für bundesrechtlich geregelte Heilberufe und andere Berufe vom 18.4.2016 (BGBl I 886) hat an dem Approbationserfordernis für Psychotherapeuten nichts geändert.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
KrV 2017, 27 |
NZS 2017, 190 |
RPsych (R&P) 2017, 96 |