Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosigkeit 2 Monate nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft
Leitsatz (redaktionell)
Es ist unerheblich, ob die "anschließenden" Zeiten der Krankheit und Arbeitslosigkeit im Einzelfall ursächlich mit den eigentlichen Ersatzzeiten zusammenhängen oder nicht; der ursächliche Zusammenhang wird, sofern der zeitliche Zusammenhang gegeben ist, unterstellt. Umgekehrt genügt der ursächliche Zusammenhang nicht, wenn es an dem zeitlichen Zusammenhang fehlt. Mit dem Wort "lückenlos" wird jedoch auch nicht ein lückenloser zeitlicher Zusammenhang gefordert. Jedenfalls wird der zeitliche Zusammenhang nicht schon durch eine Beschäftigung, die nach höchstens 2 Monaten wieder beendet worden ist, unterbrochen.
Normenkette
AVG § 28 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1251 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Dezember 1964 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Kläger, geboren ... 1901, erhält von der Beklagten seit 16. September 1961 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 12. Juli 1962). Er begehrte mit der Klage eine Erhöhung der Rente durch Anrechnung der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis zum 16. März 1947 als Ersatzzeit und machte unter Vorlage von Bescheinigungen des Arbeitsamtes (ArbA) S vom 10. August 1946 und vom 8. August 1962 sowie eines ärztlichen Zeugnisses vom 11. Juli 1946 geltend, er sei während der streitigen Zeit im Anschluß an die Kriegsgefangenschaft krank und unverschuldet arbeitslos gewesen. Das Sozialgericht (SG) Stuttgart wies die Klage durch Urteil vom 20. Dezember 1963 ab, weil der Kläger nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft Ende Juli 1945 von etwa 1. August bis etwa 30. September 1945 als Provisionsgeschäftsstellenleiter für die "W"-Versicherung tätig gewesen sei; die nachfolgende Arbeitslosigkeit und Krankheitszeit habe sich deshalb nicht, wie dies § 28 Abs. 1 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) verlange, unmittelbar an die Kriegsgefangenschaft angeschlossen. Auch die Voraussetzungen für die Anrechnung der streitigen Zeit als Ausfallzeit nach § 36 (Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3) AVG seien nicht gegeben. Die Berufung des Klägers wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zurück (Urteil vom 15. Dezember 1964). Es bejahte zwar die Arbeitslosigkeit des Klägers für die Zeit - wie es in dem Urteil heißt- "vom 1. Oktober 1947" an, verneinte aber, ebenso wie das SG, die Voraussetzungen für die Anrechnung der Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit nach § 36 AVG (in der damaligen Fassung vor dem Inkrafttreten des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes - RVÄndG - vom 9. Juni 1965 - aF -) und als Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG. Um eine Ersatzzeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG handele es sich deshalb nicht, weil die Arbeitslosigkeit sich nicht an die Kriegsgefangenschaft angeschlossen habe. Der Kläger sei bereits Ende Juli 1945 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden und habe sodann Anfang August 1945 seine frühere Tätigkeit für die "W"-Versicherung wieder aufgenommen. Unabhängig davon, ob er diese Tätigkeit nur einen Monat oder etwa zwei Monate ausgeübt habe, und ob er, wie er behaupte, von vornherein damals mit einem Arbeitsverbot durch die Militärregierung - das dann auch ausgesprochen worden sei und zur Beendigung der Tätigkeit geführt habe- habe rechnen müssen, seien jedenfalls Kriegsgefangenschaft und Arbeitslosigkeit nicht unmittelbar aufeinander gefolgt. Es fehle auch an dem in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG zwar nicht ausdrücklich geforderten, aber (ebenso wie in § 28 Abs. 1 Nr. 2 und 4 bis 6) gesetzlich vermuteten ursächlichen Zusammenhang zwischen Kriegsgefangenschaft und Arbeitslosigkeit; daß der Kläger die Tätigkeit bei der "W"-Versicherung nach relativ kurzer Zeit wieder habe aufgeben müssen, beruhe nicht mehr auf der vorausgegangenen Kriegsgefangenschaft, sondern ausschließlich auf dem wegen der Zugehörigkeit des Klägers zur NSDAP von der damaligen Besatzungsmacht ausgesprochenen Beschäftigungsverbot. In der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis zum 16. März 1947 habe bei dem Kläger auch keine an die Kriegsgefangenschaft "anschließende" Krankheit bestanden; als solche komme nur eine mit Arbeitsunfähigkeit verbundene Krankheit in Betracht; aus dem ärztlichen Zeugnis vom 11. Juli 1946 ergebe sich nicht, daß der Kläger damals arbeitsunfähig gewesen sei; jedenfalls hätte sich diese Krankheit damals nicht an die Kriegsgefangenschaft angeschlossen. Der Kläger sei auch nicht 1945 im Anschluß an die Kriegsgefangenschaft arbeitsunfähig krank gewesen. Dies ergebe sich daraus, daß er nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft die Tätigkeit bei der "W" Versicherung aufgenommen und sich im Anschluß an diese Tätigkeit dann als Arbeitsuchender beim ArbA gemeldet habe. Das LSG ließ die Revision zu.
Der Kläger legte frist- und formgerecht Revision ein, er beantragte,
das Urteil des SG Stuttgart vom 20. Dezember 1963 sowie das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15. Dezember 1964 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine höhere, unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis 16. März 1947 als Ersatzzeit berechnete Rente zu gewähren.
Zur Begründung trug er vor, das LSG habe gegen § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG verstoßen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. Juni 1962 (BSG 17, 129) sei für die Verwirklichung der in § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG gebrauchten Begriffe "im Anschluß" und "anschließend" kein lückenloser zeitlicher Zusammenhang zu fordern, vielmehr genüge es, daß ein Ereignis dem anderen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren folge. Für den zeitlichen Zusammenhang zwischen Kriegsgefangenschaft und Arbeitslosigkeit in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG müsse das gleiche gelten. Im vorliegenden Fall sei auch der ursächliche Zusammenhang zu bejahen; der Kläger sei infolge des Kriegsdienstes und der nachfolgenden Gefangenschaft zu körperlicher Arbeit nicht in der Lage gewesen, eine von ihm angestrebte Bürotätigkeit habe er wegen des Verbots der Militärregierung nicht ausüben dürfen. Hieran ändere nichts, daß er nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft noch allenfalls zwei Monate tätig gewesen sei; im übrigen habe er schon im Berufungsverfahren geltend gemacht, daß seine Tätigkeit nur knapp vier Wochen gedauert habe; falls es darauf ankäme, habe das LSG hierüber noch Ermittlungen anstellen müssen.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie ist auch begründet in dem Sinne, daß das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Streitig ist das Begehren des Klägers auf Anrechnung der Zeit vom 1. Oktober 1945 bis zum 16. März 1947 als Ersatzzeit. Soweit das LSG die Voraussetzungen für die Anrechnung dieser Zeit als Ausfallzeit verneint hat, hat der Kläger das Urteil nicht angegriffen. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG (in der zur Zeit der Entscheidung des LSG maßgebenden Fassung vor dem Inkrafttreten des RVÄndG vom 9. Juni 1965 - aF -) werden als Ersatzzeiten ua angerechnet Zeiten der Kriegsgefangenschaft "und einer anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit" (sofern auch die Voraussetzungen der Anrechenbarkeit nach § 28 Abs. 2 AVG aF vorliegen, was hier nicht im Streit ist). Soweit das LSG die Anrechenbarkeit dieser Zeit deshalb verneint hat, weil bei dem Kläger damals keine "Krankheit" bestanden habe, ist dies nicht zu beanstanden. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß Zeiten einer an den Kriegsdienst oder die Kriegsgefangenschaft anschließenden Krankheit jedenfalls dann keine Ersatzzeiten im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG (= § 1251 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) sind, wenn nicht infolge der Krankheit auch Arbeitsunfähigkeit bestanden hat (vgl. Urteil des BSG vom 26. Oktober 1965, SozR Nr. 16 zu § 1251 RVO); es hat festgestellt, bei dem Kläger habe in der streitigen Zeit jedenfalls keine mit Arbeitsunfähigkeit verbundene Krankheit bestanden. Diese Feststellung ist für das BSG bindend (§ 163 SGG); begründete Revisionsrügen hat der Kläger nicht geltend gemacht, er hat keine Tatsachen und Beweismittel dafür vorgetragen, die das LSG zu einer anderen Feststellung hätten veranlassen müssen.
Zu prüfen ist daher nur, ob die streitige Zeit deshalb als Ersatzzeit anzurechnen ist, weil es sich um eine an die Kriegsgefangenschaft "anschließende unverschuldete Arbeitslosigkeit" handelt. Dabei können im vorliegenden Fall Zweifel hinsichtlich aller drei Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes bestehen, also sowohl hinsichtlich der Frage, ob bei dem Kläger - und gegebenenfalls wie lange - "Arbeitslosigkeit" bestanden hat (a), ob es sich um eine an die Kriegsgefangenschaft "anschließende" Arbeitslosigkeit gehandelt hat (b) und ob die Arbeitslosigkeit "unverschuldet" gewesen ist (c).
Zu a):
Grundsätzlich ist mit dem LSG davon auszugehen, daß "Arbeitslosigkeit" im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG hier nicht deshalb zu verneinen ist, weil der Kläger - vor seiner Meldung beim ArbA als arbeitsuchend - viele Jahre selbständig tätig gewesen ist. Dem LSG ist zunächst erkennbar insofern ein Versehen unterlaufen, als es festgestellt hat, daß der Kläger sich "am 1. Oktober 1947 beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender meldete", so daß er damals "20 Jahre lang, nämlich von 1927 an" nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, und soweit es zu dem Ergebnis gekommen ist, "daß der Kläger vom 1. Oktober 1947 an ... auch arbeitslos war"; aus den weiteren Urteilsgründen und aus der vom LSG verwerteten Bescheinigung des ArbA vom 8. August 1962 ergibt sich, daß das LSG statt des Datums 1. Oktober 1947 das Datum 1. Oktober 1945 gemeint hat. Für das Urteil des LSG ist dieses Versehen ohne Bedeutung. Das LSG hat zutreffend dargelegt, daß für die Auslegung des Begriffs der Arbeitslosigkeit in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG - ebenso wie z.B. in § 25 Abs. 2 AVG = § 1248 Abs. 2 RVO (vgl. ua die Urteile des BSG vom 18. Februar 1964, BSG 20, 190, 192 ff und vom 30. Juni 1966, BSG 25, 105 mit weiteren Hinweisen) - grundsätzlich von den Vorschriften des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) auszugehen ist, und es ist nicht zu beanstanden, wenn das LSG auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhalts ab 1. Oktober 1945 die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers im Sinne von § 75 AVAVG bejaht hat. Es hat auch nicht verkannt, daß zum Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG grundsätzlich auch die in § 76 AVAVG genannten Merkmale der "Verfügbarkeit" für die Arbeitsvermittlung gehören, es hat festgestellt, der Kläger sei "ernstlich bereit" gewesen, eine Beschäftigung zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu übernehmen (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG), und es hat offenbar auch keine Zweifel an dem "Leistungsvermögen" (Abs. 1 Nr. 2) gehabt. Von den in Absatz 1 Nr. 3 genannten negativen Voraussetzungen, auf die das LSG nicht eingegangen ist, ist jedenfalls eine Behinderung der Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt durch "gesetzliche Beschäftigungsverbote" oder "behördliche Anordnungen" auszuschließen; das durch die "Fragebogenaktion" der amerikanischen Besatzungsmacht ausgelöste "Beschäftigungsverbot" hat nicht zu einem "generellen Arbeitsverbot" für den Kläger geführt, sondern nur zu einem Verbot der Ausübung bestimmter Beschäftigungen oder Tätigkeiten, das die Verfügbarkeit für den "allgemeinen Arbeitsmarkt" zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen hat.
Zu b):
Nicht zu folgen ist dem LSG jedoch darin, daß eine an die Kriegsgefangenschaft "anschließende" Arbeitslosigkeit nicht bestanden habe, weil der Kläger unmittelbar nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft noch höchstens etwa zwei Monate seine frühere (selbständige) Tätigkeit als Provisionsgeschäftsstellenleiter einer Versicherung ausgeübt habe und erst ab 1. Oktober 1945 arbeitslos gewesen sei. Wie in dem Urteil des BSG vom 20. Juni 1962 (SozR Nr. 5 zu § 1259 RVO = § 36 AVG) zu der Bedeutung der Worte "anschließend" und "im Anschluß" in § 46 Abs. 1 Nr. 4 AVG (= § 1259 Abs. 1 Nr. 4 RVO) dargelegt ist, verlangt das Gesetz nur einen zeitlichen Zusammenhang. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 26. Oktober 1965 - 11 RA 70/64 - (insoweit in SozR Nr. 16 zu § 1251 RVO nicht veröffentlicht) ausgeführt, daß dies auch für den Begriff der "anschließenden" Krankheit und, wie hinzufügen ist, der "anschließenden" unverschuldeten Arbeitslosigkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG gilt. Zwar liegt der Grund für die Einbeziehung der an die "eigentlichen" Ersatzzeiten in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG (ebenso in Nr. 2, 4 bis 6) anschließenden Zeiten in dem vom Gesetz vermuteten ursächlichen Zusammenhang (vgl. Urteil des BSG vom 12. Februar 1966, SozR Nr. 17 zu § 1251 RVO = § 28 AVG), dieser ursächliche Zusammenhang wird aber, sofern der zeitliche Zusammenhang gegeben ist, unterstellt; es ist deshalb unerheblich, ob die "anschließenden" Zeiten der Krankheit und Arbeitslosigkeit im Einzelfall ursächlich mit den "eigentlichen" Ersatzzeiten zusammenhängen oder nicht; umgekehrt genügt ein ursächlicher Zusammenhang nicht, wenn es an dem im Gesetz geforderten zeitlichen Zusammenhang fehlt (Urteil des Senats vom 26. Oktober 1965 - 11 RA 70/64 -). Mit dem Wort "anschließend" in § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG wird jedoch auch nicht ein lückenloser zeitlicher Zusammenhang gefordert. Der zeitliche Zusammenhang zwischen z.B. der Gefangenschaft und dem weiteren Verlust von Beitragszeiten durch Krankheit und ebenso durch unverschuldete Arbeitslosigkeit wird nicht schon durch jede "zwischenzeitliche" Beschäftigung (Tätigkeit) unterbrochen; eine Beschäftigung (Tätigkeit), die in einem verhältnismäßig kurzen Zeitabstand von der "eigentlichen" Ersatzzeit infolge Krankheit wieder aufgegeben werden muß oder aus anderen von dem Beschäftigten nicht verschuldeten Gründen endet, steht der Annahme eines an die "eigentlichen" Ersatzzeiten anschließenden Verlusts von Beitragszeiten und damit der Anrechnung der auf diese Beschäftigung (Tätigkeit) folgenden Zeit als Ersatzzeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG nicht entgegen (vgl. die Urteile des BSG vom 20. Juni 1962 - aaO - und vom 26. Oktober 1965 - 11 RA 70/64 -). Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, wie lange der Zeitraum zwischen dem Ende der "eigentlichen" Ersatzzeit und dem Beginn der - nach einer zwischenzeitlichen Beschäftigung (Tätigkeit) - folgenden Krankheit oder Arbeitslosigkeit sein darf, um noch die Annahme einer "anschließenden" Krankheit oder Arbeitslosigkeit zuzulassen (die Ausführungen hierzu in dem Urteil vom 20. Juni 1962 zu § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG aF können nach der Auffassung des Senats nicht für § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG übernommen werden). Jedenfalls wird der zeitliche Zusammenhang nicht schon durch eine Beschäftigung (Tätigkeit), die wie im vorliegenden Fall unmittelbar nach der Entlassung aus der Gefangenschaft aufgenommen, aber schon nach höchstens zwei Monaten wieder beendet worden ist, ... unterbrochen. Hierfür spricht gerade auch der Umstand, daß die Einbeziehung der "anschließenden" Zeiten in den Ersatzzeitentatbestand auf dem in der gesetzlichen Regelung unterstellten und deshalb nicht zu prüfenden ursächlichen Zusammenhang beruht. Auch wenn zunächst z.B. nach der Beendigung des Kriegsdienstes, der Gefangenschaft, der Flucht, der Internierung oder Verschleppung, der Freiheitsentziehung, des Gewahrsams - also eines der in § 28 Abs. 1 AVG genannten Ersatzzeitentatbestände - eine Beschäftigung oder Tätigkeit wieder aufgenommen, nach nur kurzer Zeit aber durch Krankheit oder andere, von dem Versicherten nicht verschuldete Umstände wieder beendet wird, entspricht es der gesetzlichen Vermutung, daß die Zeiten der anschließenden Krankheit und Arbeitslosigkeit in der Regel - noch - mit den vorausgegangenen "eigentlichen" Ersatzzeitentatbeständen zusammenhängen, weil der Ersatzzeitentatbestand noch fortgewirkt und die wirkliche "Wiedereingliederung in das Arbeitsleben" - abgesehen von einer kurzen Zwischenbeschäftigung - vereitelt hat.
Zu c):
Auf das weitere Tatbestandsmerkmal der "unverschuldeten" Arbeitslosigkeit ist das LSG nicht eingegangen. "Unverschuldet" ist die Arbeitslosigkeit dann, wenn der Versicherte sich fortlaufend um Arbeit bemüht, vor allem sich beim ArbA fortlaufend ordnungsgemäß als arbeitsuchend gemeldet hat, vom ArbA jedoch bescheinigt wird, daß ihm Arbeit nicht habe vermittelt werden können, und wenn keine Umstände festzustellen sind, die die Verhängung einer Sperrfrist im Sinne der §§ 78 ff AVAVG rechtfertigen würden (ebenso Jantz-Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Anm. II, 1 zu § 1251 RVO; Verbandskomm. Anm. 15 zu § 1251 RVO). Feststellungen hierzu enthält das Urteil des LSG nicht.
Da das LSG sonach zu Unrecht eine an die Kriegsgefangenschaft "anschließende" Arbeitslosigkeit verneint hat und auch nicht geklärt ist, ob die Arbeitslosigkeit "unverschuldet" gewesen ist, ist auf die Revision des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird möglicherweise auch noch zu prüfen haben, ob während der gesamten streitigen Zeit, also vom 1. Oktober 1945 bis zum 16. März 1947, bei dem Kläger - unverschuldete - Arbeitslosigkeit bestanden hat. Dies kann hier deshalb zweifelhaft sein, weil nach der vom LSG erwähnten Bescheinigung des ArbA vom 8. August 1962 der Kläger vom 1. März bis zum 9. August 1946 als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen ist und nach der Zustimmungserklärung des ArbA vom 11. August 1946 das Arbeitsverhältnis beim Städtischen Tiefbauamt gekündigt hat. Sollte der Kläger in der Zeit ab 1. März 1946 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben und anschließend wieder arbeitslos geworden sein, so wäre zu prüfen, ob diese spätere Zeit der Arbeitslosigkeit noch eine an die Gefangenschaft "anschließende" und eine unverschuldete Arbeitslosigkeit gewesen ist (vgl. Urteil des BSG vom 12. Februar 1966, SozR Nr. 17 zu § 1251 RVO = § 28 AVG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen