Leitsatz (amtlich)
Die Beschränkung der Anwendbarkeit des WGSVG auf Versicherte (Personen, die mindestens einen Beitrag zur deutschen Sozialversicherung geleistet haben) verstößt nicht gegen die Gleichbehandlungsvorschriften des GG Art 3 Abs 1 und 3, der EWGV 1408/71 Art 9 Abs 2 oder des sogenannten Haager Protokolls vom 10.9.1952 Teil 1 Nr 18.
Orientierungssatz
In Fällen des SGG § 168 ist die Revision als unzulässig zu verwerfen, soweit der Kläger sich nicht mit der Klageänderung gegen die Rechtsauffassung des LSG über den Umfang des Streitgegenstandes wendet.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Abs. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 116 Abs. 2 Fassung: 1949-05-23; EWGV 1408/71 Art. 9 Abs. 1-2, Art. 4 Abs. 1; EWGV 1408/71 Anh 5 Buchst. C Nr. 8 Buchst. b; WGSVG § 1 Fassung: 1970-12-22, §§ 10, 10a Abs. 2 Fassung: 1975-05-04; SGG § 168 Fassung: 1974-07-30; HaagProt 1 Teil 1 Nr. 18 Fassung: 1952-09-10
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 20.10.1978; Aktenzeichen L 1 An 175/78) |
SG Berlin (Entscheidung vom 31.05.1978; Aktenzeichen S 1 An 2404/77) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin berechtigt ist, freiwillig Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten nachzuentrichten, und zwar sowohl nach § 10a Abs 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) als auch nach Art 2 § 49a Abs 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG).
Die Klägerin beantragte am 17. Dezember 1975 bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen unter Hinweis darauf, daß sie Verfolgte im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) sei, Deutschland im März 1933 im Alter von 10 Jahren verlassen habe, Entschädigung wegen Ausbildungsschadens erhalten habe und jetzt als französische Staatsangehörige in der französischen Sozialversicherung versichert sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 29. April 1976; Widerspruchsbescheid vom 16. August 1977), weil die Voraussetzungen für die Nachentrichtung nach den §§ 10 und 10a WGSVG mangels anrechenbarer Versicherungszeit nicht erfüllt seien, wobei in der Begründung des Widerspruchsbescheides auch darauf eingegangen wird, daß die Voraussetzungen für diese Nachentrichtung auch nicht durch eine Nachentrichtung nach Art 2 §§ 49a AnVNG begründet werden könnten. Im Laufe des Verfahrens hat die Beklagte ihre Auffassung dahin präzisiert, daß der Anspruch nicht bestehe, weil die Klägerin nicht "Verfolgte iS von § 1 WGSVG" sei. Nach der in dieser Vorschrift gegebenen Legaldefinition gelte das Gesetz nur für Versicherte. Versicherter sei aber nur derjenige, der mindestens einen Beitrag (freiwillig oder aufgrund einer Versicherungspflicht) an einen deutschen Rentenversicherungsträger entrichtet habe.
Klage und Berufung blieben ebenfalls ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- Berlin vom 31. Mai 1978; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Berlin vom 20. Oktober 1978). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe kein Nachentrichtungsrecht nach § 10a Abs 2 WGSVG, da es an der dafür erforderlichen Vorversicherungszeit von 60 Kalendermonaten fehle. Diese könne nur durch Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung erfüllt werden. Französische Versicherungszeiten seien durch Art 9 Abs 2 der EWG-VO Nr 1408/71 insoweit nicht gleichgestellt, weil der sachliche Geltungsbereich der EWG-VO (Art 4 und 5) den § 10a WGSVG nicht erfasse. Die Klägerin könne ferner keine Rechte aus Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland mit Kanada oder Israel herleiten. Der deutsche Gesetzgeber sei nicht gehalten, die für die Betroffenen eines Abkommens vollzogenen Begünstigungen auch bei anderen Abkommen zuzubilligen. Das Haager Protokoll vom 10. September 1952 (BGBl II 1953, 85) sei nicht einschlägig. Über die Zulässigkeit einer Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG sei vorliegend überhaupt nicht zu entscheiden; insoweit fehle es an einer verwaltungsaktmäßigen Entscheidung der Beklagten. Selbst wenn man aber annehme, daß der Widerspruchsbescheid eine Entscheidung auch über die Nachentrichtungsbefugnis nach dem AnVNG enthalte, so sei diese Entscheidung dennoch nicht mit der Klage und der Berufung angegriffen worden.
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat mit Beschluß vom 19. Dezember 1979 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist Art 4 Abs 1 EWG-VO Nr 1408/71, wonach diese VO
für Rechtsvorschriften über "Zweige der sozialen
Sicherheit" gilt, dahin auszulegen, daß in den
Anwendungsbereich dieser VO auch Nachentrichtungsbefugnisse
nach dem WGSVG fallen, sofern die Verfolgten als
Arbeitnehmer im Sinne von Art 1 Buchst a EWG-Vo
Nr 1408/71 anzusehen sind?
Gehört - im Falle der Bejahung - dieses besondere
Nachentrichtungsrecht zu einem die Anwendbarkeit
der VO ausschließenden Leistungssystem im Sinne
des Art 4 Abs 4 EWG-VO Nr 1408/71?
2. Im Falle der Anwendbarkeit der EWG-VO Nr 1408/71:
Erfaßt Art 9 Abs 2 EWG-VO Nr 1408/71 die nach
§ 10a WGSVG erforderlichen 60 Monate Versicherungszeit
auch insoweit, als hierdurch die Eigenschaft als
Versicherter (und damit als Verfolgter) nach § 1
Abs 1 WGSVG begründet wird?
Der EuGH hat mit Urteil vom 27. Januar 1981 (Rechtssache 70/80) entschieden:
1. Rechtsvorschriften wie die des WGSVG, die zu den
Bestimmungen eines Mitgliedstaates auf dem Gebiet
der Sozialversicherung der Arbeitnehmer gehören und
keinerlei ermessensmäßige Beurteilung der persönlichen
Verhältnisse und der Bedürftigkeit des Betroffenen
vorsehen, fallen in den Geltungsbereich der VO Nr 1408/71
des Rates und sind hiervon nicht gem Art 4 Abs 4 der VO
ausgenommen.
2. Art 9 Abs 2 der VO Nr 1408/71 ist dahin auszulegen,
daß ein Sozialversicherungsverträger eines Mitgliedstaats
nicht verpflichtet ist, nach den Rechtsvorschriften eines
anderen Mitgliedstaats zurückgelegte
Versicherungszeiten zu berücksichtigen, wenn der
betroffene Arbeitnehmer in dem ersteren Mitgliedstaat
niemals den Beitrag entrichtet hat, der zur Begründung
der Versicherteneigenschaft im Sinne der
Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats gesetzliche
vorgeschrieben ist.
Die Klägerin hält ihre Revision auch nach diesem Urteil des EuGH aufrecht. Sie macht weiterhin geltend, die Auslegung der Beklagten verstoße gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) und gegen den zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Claims-Conferenz abgeschlossenen Vertrag vom 10. September 1952 (Teil I Nr 18 des Haager-Protokolls), indem ein Teil der Verfolgten Zugang zu einer Nachentrichtung nach §§ 9 ff WGSVG habe, ein anderer Teil nicht. Dies widerspreche der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, alle Verfolgten gleich zu behandeln, indem ihnen ohne Einschränkung die Möglichkeit eingeräumt werde, "echte Mitglieder der Versichertengemeinschaft" zu sein; denn diese Möglichkeit sei den Verfolgten durch NS-Maßnahmen verwehrt worden. Es treffe auch nicht zu, daß ein früher schon vorhandener, aber unterbrochener Kontakt zur deutschen Sozialversicherung Grundvoraussetzung der Wiedergutmachung in der Sozialversicherung sei. Auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 14 Abs 2 Satz 1 WGSVG werde hingewiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts
sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 1976
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
16. August 1977 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihr die Nachentrichtung von Beiträgen
nach § 10a Abs 2 WGSVG und nach Art 2 § 49a Abs 2
AnVNG zu gestatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt ua vor, daß das Haager Protokoll Nr I vom 10. September 1952 auf zwischenstaatliches und überstaatliches Sozialversicherungsrecht nicht anwendbar sei. Ferner verweist sie auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit des Art 2 § 9a Abs 2 AnVNG vom 17. Januar 1979 - 1 BvR 446/77, 1174/77 - BVerfGE 50, 177, 189, wo es heißt:
"Es begegnet insoweit keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken, wenn der Gesetzgeber dabei für die spezielle
Entschädigung in der Sozialversicherung daran anknüpft,
ob der Verfolgte vor oder im Anschluß an
Verfolgungsmaßnahmen Mitglied der gesetzlichen
Rentenversicherung war. Nur für diesen Personenkreis
unter den Verfolgten gilt nämlich das WGSVG, das ...
darauf abzielt, verfolgungsbedingte Benachteiligungen
in der Sozialversicherung auszugleichen".
Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin mit ihrem Revisionsantrag die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG geltend macht. Es handelt sich insoweit um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung (§ 168 SGG). Das LSG hat zutreffend entschieden, daß dieser Antrag bisher nicht Gegenstand des Rechtsstreits war. Die Revision wäre allerdings dann zulässig, wenn sich die Klägerin auch gegen diese Auffassung des LSG wenden würde. Das ist aber nicht der Fall. Sie erweitert vielmehr gerade im Hinblick auf die Entscheidung des LSG ihre Klage. Das wird durch § 168 SGG im Revisionsverfahren ausgeschlossen.
Soweit die Revision die Befugnis zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem WGSVG betrifft, ist sie zulässig, aber unbegründet, weil die Voraussetzungen dieses Nachentrichtungsrechts nicht gegeben sind. Die Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a WGSVG ist nur den Verfolgten eröffnet worden. Verfolgte sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs 1 WGSVG Versicherte, die Verfolgte im Sinne des BEG sind. Versicherte sind aber wiederum nur diejenigen, die mindestens einen Beitrag (Pflichtbeitrag oder freiwilligen Beitrag) zur Deutschen Rentenversicherung entrichtet haben (vgl BVerfG 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 22; Verbandskommentar § 1418 Anm 54b; Bauer/Hannemann/Kinzel, EWG-VOen Nr 1408/71 und 574/72, 7. Aufl S 71; Lohmann, SozVers 71, 203, 204; ferner BSG SozR Nr 4 zu § 1251 Reichsversicherungsordnung -RVO-).
Diese Regelung verstößt unter keinem Gesichtspunkt gegen Gleichbehandlungsvorschriften.
Die Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a WGSVG ist davon abhängig, daß der Versicherte eine in der deutschen Rentenversicherung anrechenbare Versicherungszeit von 60 Monaten vorweisen kann. Die Vorschrift differenziert insoweit zwischen denjenigen, die bereits Anwartschaften in der Rentenversicherung erworben haben, und denjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist. Diese Differenzierung ist sachgerecht. § 10a WGSVG stellt eine Durchbrechung des Grundsatzes dar, daß Beiträge grundsätzlich für weit zurückliegende Zeiten nicht entrichtet werden können (§ 1418 RVO = § 140 AVG). Eine solche Ausnahmeregelung darf auf Fälle beschränkt werden, in denen ein besonderes Bedürfnis nach einer Nachentrichtung besteht. Die Regelung berücksichtigt, daß für diejenigen, die durch eine Versicherungszeit von 60 Monaten bereits eine intensive Beziehung zur Sozialversicherung haben und Anwartschaften erworben haben, ein größeres Bedürfnis besteht, diese Anwartschaften zu einem wirksamen Versicherungsschutz auszubauen. Insoweit besteht auch kein Streit, weil die Klägerin durch ihre französischen Beiträge eine Beitragszeit von 60 Monaten vorweisen kann, die nach der EWG-VO Nr 1408/71 bei der Rentengewährung wie deutsche Beiträge zu berücksichtigen sind.
Die weitere Differenzierung zwischen denjenigen, die in der deutschen Rentenversicherung versichert waren, also mindestens einen Beitrag an einen deutschen Rentenversicherungsträger entrichtet haben, und denjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist, ist ebenfalls sachgerecht. Inhaltlich liegt hierin zunächst einmal keine Differenzierung zwischen Deutschen und Ausländern oder denjenigen, die im Inland oder im Ausland wohnen. Das Erfordernis, Versicherter zu sein, gilt für alle gleichermaßen. Auch im übrigen verstößt es nicht gegen Art 3 GG, den Ausbau einer Sicherung in der deutschen Sozialversicherung auf diejenigen zu beschränken, die bereits eine Beziehung zum inländischen Versicherungssystem haben. Ausgeschlossen werden hierdurch lediglich Personen, die weder als Arbeitnehmer tätig waren noch eventuell bestehende Möglichkeiten zur Selbstversicherung genutzt haben, weil sie zB anderweitig Vorsorge für Invalidität, Alter und Tod getroffen haben. Hierunter fallen auch diejenigen, die während ihres Aufenthaltes im Gebiet des Deutschen Reiches noch nicht mit ihrem Berufsleben begonnen hatten, wie dies bei der Klägerin der Fall war. Gerade für diese letztgenannte Personengruppe konnte davon ausgegangen werden, daß sie ihre Sicherungen in den Ländern erwirbt, in denen sie sich niedergelassen und ihr Berufsleben durchlaufen hat.
Der durch die Auswanderung entstandene Verlust der Möglichkeit, Beiträge zur deutschen Sozialversicherung zu entrichten, ist überdies im WGSVG generell nicht als ein zu entschädigender Nachteil anerkannt; § 14 WGSVG betrifft andere Fälle.
Wie der EuGH nunmehr in seinem Urteil vom 27. Januar 1981 (Rechtssache 70/80) entschieden hat, ergibt sich auch aus der EWG-VO Nr 1408/71 nicht, daß für den hier maßgeblichen, den Status als Versicherter begründenden Beitrag ausländische Beiträge zu anderen Versicherungseinrichtungen im Raum der EG deutschen Beiträgen gleichzustellen sind. Die EWG-VO Nr 1408/71 ist zwar auch auf die Regelungen des WGSVG anzuwenden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz dieser VO ist aber ebenfalls nicht verletzt.
Nun ist allerdings nicht zu verkennen, daß die Differenzierung in Versicherte und Nicht-Versicherte sich vor allen Dingen für Ausländer oder im Ausland wohnende Verfolgte nachteilig auswirkt. Die Klägerin weist deshalb zu Recht darauf hin, daß in diesem Zusammenhang auch zu untersuchen ist, ob in der Regelung nicht eine unzulässige Differenzierung zwischen Ausländern und Deutschen zu sehen ist. Eine solche ist jedoch nicht erkennbar. Es ist zwar richtig, daß sich auch Ausländer auf Art 3 GG berufen können (BVerfGE 51, 1, 22). Art 3 GG läßt aber für eine unterschiedliche Behandlung zwischen Ausländern und Deutschen sowie zwischen Ausländern verschiedener Staaten einen weiten Raum (BVerfG aaO S 27f). Das ausdrückliche Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 GG bezieht sich nicht auf die Staatsangehörigkeit (BVerfGE aaO, S 30). Aber auch soweit das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 1 GG zu prüfen ist, sind diese Grenzen durch die streitige Regelung nicht überschritten. Es gelten insoweit die gleichen Gründe, die oben schon für eine Differenzierung zwischen Versicherten und Nicht-Versicherten angeführt wurden. Dies kommt auch in der Entscheidung des EuGH zum Ausdruck, indem dort sogar im Rahmen des EWG-Vertrages eine - vor allem Ausländer treffende - Differenzierung zwischen Versicherten und Nicht-Versicherten für zulässig erachtet wird.
Die Klägerin meint aber darüber hinaus, eine Ungleichbehandlung darin zu erkennen, daß die Ausländer verschiedener Staaten unterschiedlich behandelt werden, weil die Bundesrepublik mit Staaten außerhalb der EG Vereinbarungen abgeschlossen habe, in denen eine vollständige Gleichstellung begründet worden sei, die auch, wenn bisher kein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtet worden ist, die Nachentrichtung nach § 10a WGSVG ermögliche.
Es ist in diesem Rahmen nicht zu entscheiden, ob diese Auffassung zutrifft. Selbst wenn aber Angehörigen anderer ausländischer Staaten weitergehende Rechte eingeräumt worden sein sollten, so wäre dies ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG zulässig; denn derartige Vereinbarungen werden nach dem Gegenseitigkeitsprinzip abgeschlossen. In diesem Rahmen ist es ein sachlicher Grund, wenn die Bundesrepublik nur solchen Ausländern bestimmte Rechte einräumt, deren Heimatstaat den Bürgern der Bundesrepublik ebenfalls besondere Rechte zuerkennt (s auch BVerfG aaO S 27f; BSGE 36, 125, 126; 39, 284, 287).
Die Klägerin kann auch nicht wegen Art 116 Abs 2 GG verlangen, wie eine Versicherte behandelt zu werden; denn das kann - sofern die Voraussetzungen überhaupt vorliegen - nur dazu führen, daß die Klägerin wie eine deutsche Staatsangehörige behandelt wird. Dies würde aber ein Nachentrichtungsrecht nicht begründen, weil auch dann, wenn sie als deutsche Staatsangehörige behandelt würde, der erforderliche Beitrag zur deutschen Sozialversicherung fehlt.
Eine Ungleichbehandlung liegt auch nicht darin begründet, daß es sich um eine Wiedergutmachungsregelung handelt und in diesem Rahmen eine Gleichstellung der Verfolgten geboten erscheint. Art 3 Abs 1 GG fordert stets nur die Gleichbehandlung gleicher Tatbestände und läßt sachliche Differenzierungen zu. Wie oben bereits ausgeführt worden ist, liegt aber gerade darin, daß zwischen denjenigen, die bereits eine Beziehung zum deutschen Sozialversicherungssystem hatten, und denjenigen, die während ihres Aufenthaltes in Deutschland noch gar nicht in das Berufsleben eingetreten waren und deshalb auch noch keine Beiträge entrichtet haben, eine Abgrenzung, die sich aus der unterschiedlichen Situation rechtfertigt. Für denjenigen, der sein Berufsleben und seine Versicherung bereits bei einem deutschen Versicherungsträger begonnen hatte, besteht im allgemeinen ein größeres Bedürfnis nach Ausbau dieser Versicherung als bei demjenigen, der sein Berufsleben im Ausland begonnen und auch weiterhin durchlaufen hat. Im übrigen hat auch das BVerfG - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - schon in anderem Zusammenhang entschieden, daß es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn der Gesetzgeber für die Entschädigung in der Sozialversicherung daran anknüpft, ob der Verfolgte vor oder im Anschluß an Verfolgungsmaßnahmen Mitglied der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung war (BVerfG, Beschluß vom 17. Januar 1979 - 1 BvR 446/77, 1174/77 -, BVerfGE 50, 177 = SozR 5750 Art 2 § 9a Nr 8 S 22).
Auch aus dem Haager Protokoll vom 10. September 1952 (BGBl II, 1953, 85) Teil I Ziff 18 kann die Klägerin keine weitergehenden Rechte herleiten. Dieses Protokoll betrifft, wie das LSG zutreffend entschieden hat, nicht die Entschädigung in der Sozialversicherung. Im übrigen würde die Gleichheitsklausel des Haager Protokolls (I Ziff 18) der Wirksamkeit von § 10a WGSVG aus den gleichen Gründen nicht entgegenstehen, aus denen diese Vorschrift mit Art 3 GG vereinbar ist.
Die Revision konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen