Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der 1940 geborene Kläger durchlief in den Jahren 1954 bis 1957 eine Lehre als Karosserieschlosser, die er mit der Gehilfenprüfung abschloß. Er war sodann in seinem Beruf tätig und arbeitete seit 1958 als Kraftfahrer und von 1973 bis 1983 als Busfahrer. Ein Antrag auf Rente vom Mai 1984 blieb erfolglos. Er begann eine Umschulung zum Bürokaufmann, die er nicht abschloß.
Im November 1985 beantragte er erneut Rente. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 5. Februar 1986). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. November 1986). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 8. Dezember 1988). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne die Tätigkeit eines Busfahrers nicht mehr ausüben. Er sei als Busfahrer angelernter Arbeiter - oberer Bereich - gewesen. Von seinem früheren Beruf als Karosserieschlosser habe er sich gelöst. Als angelernter Arbeiter sei er auf die Tätigkeit eines Kassierers in einer Selbstbedienungstankstelle zu verweisen, ebenso auf die Beschäftigung eines Ersatzteillagerverwalters in einem Kraftfahrzeugreparaturbetrieb. Diese Tätigkeiten könne er nach dem Ergebnis der eingeholten Sachverständigengutachten noch vollschichtig ausüben.
Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 1246 Reichsversicherungsordnung -RVO-).
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 5. November 1986 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 1986 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Dezember 1985 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das LSG hat bei seiner Entscheidung § 1246 Abs. 2 RVO nicht richtig angewandt.
Zutreffend hat das LSG als bisherigen Beruf des Klägers den des Busfahrers angesehen, den der Kläger nach den unangegriffenen und deshalb für das Revisionsgericht gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindenden Feststellungen des LSG nicht mehr ausüben kann.
Nach § 1246 Abs. 2 Satz 1 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr die Hälfte derjenigen eines vergleichbaren gesunden Versicherten beträgt. Gemäß Satz 2 der Vorschrift beurteilt sich dabei die Erwerbsfähigkeit des Versicherten nach allen (objektiv) seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten, die ihm (subjektiv) unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Somit stehen die sog Verweisungstätigkeiten in einer Beziehung zum bisherigen Beruf (Hauptberuf). Von diesem aus bestimmt sich,
welche Verweisungstätigkeiten als zumutbar in Betracht kommen. Deshalb muß der bisherige Beruf zunächst ermittelt und - da die Verweisbarkeit davon abhängt - nach den vorgenannten Kriterien bewertet werden. Hierzu hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Mehrstufenschema entwikelt, das die Arbeiterberufe in verschiedene "Leitberufe" untergliedert, nämlich diejenigen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des "Angelernten" und schließlich des ungelernten Arbeiters; grundsätzlich darf der Versicherte nur auf die seinem bisherigen Beruf folgende niedrigere Gruppe verwiesen werden.
Zu unterscheiden ist zwischen den Feststellungen des bisherigen Berufs als Tatsachenfeststellung, d.h. welche Tätigkeit der Versicherte bisher tatsächlich ausgeübt hat einerseits und der qualitativen Bewertung des bisherigen Berufs (Einordnung in das Mehrstufenschema) andererseits. Maßstab für die qualitative Bewertung eines Berufes ist zunächst die Dauer der Ausbildung. Man geht von der Regelannahme aus, daß sich an der Dauer der Ausbildung zeigt, welches Maß an Wissen, Können und Fertigkeiten vermittelt werden muß. Unter den Merkmalen, die das Gesetz in § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO als Hinweis auf die Qualität des Berufes zu beachten vorschreibt, findet sich das der Dauer der Ausbildung. Diese liefert einen kommensurablen Maßstab, also einen Maßstab, der verschiedene Berufe überhaupt miteinander vergleichbar macht. Die Rechtsprechung des BSG hat daher den "gelernten" Facharbeiter dahin bestimmt, daß er eine mehr als zweijährige Ausbildung voraussetzt (vgl. BSG in BSGE 55, 45 = SozR 2200 § 1246 Nr. 107, SozR a.a.O. Nr. 109, BSGE 59, 201 = SozR a.a.O. Nr. 132, SozR a.a.O. Nr. 140). Wer einen Beruf dieser Art ausgeübt und die für den Beruf vorgeschriebene (mehr als zweijährige) Ausbildung durchlaufen hat, ist deshalb nach der genannten Rechtsprechung "a priori" Facharbeiter.
Seit Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 14. August 1969 (BGBl. I 1112) werden die ehemaligen Lehrberufe bzw. Anlernberufe allerdings einheitlich als Ausbildungsberufe i.S. des § 25 Abs. 1 BBiG bezeichnet (vgl. § 108 BBiG und Herkert, Kommentar zum Berufsbildungsgesetz, § 108, II). Gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG haben die aufgrund der Ermächtigung in § 25 Abs. 1 BBiG für Ausbildungsberufe erlassenen Ausbildungsordnungen die Ausbildungsdauer festzulegen; diese soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen. Die Festlegung der Ausbildungsdauer hat davon auszugehen, in welchem Zeitraum ein durchschnittlich begabter und hauptschulisch vorgebildeter Auszubildender in einem durchschnittlich geeigneten Betrieb bei Vollzeitausbildung das Ausbildungsziel normalerweise erreicht (vgl. Wohlgemuth/Salge, Kommentar zum Berufsbildungsgesetz, § 25, RdNr 6). Die Vorschrift des § 25 Abs. 2 BBiG ist Bezugspunkt für die zwischenzeitliche Auffassung des BSG gewesen, wonach bereits eine zweijährige Ausbildungsdauer die Zuordnung zu der Gruppe mit dem Leitberuf des Gelernten (Facharbeiter) rechtfertigt. Andererseits kann nicht übersehen werden, daß die aufgrund des § 25 Abs. 1 BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberufe sowohl anerkannte Lehrberufe als auch anerkannte Anlernberufe im Sinne der vor dem Inkrafttreten des BBiG geltenden Terminologie umfassen. Das Mehrstufenschema ist aber gerade vor dem Hintergrund der Unterscheidung von ungelernten, angelernten und gelernten Tätigkeiten entwikelt worden, wie sie auch heute noch in Tarifverträgen üblich ist, so daß die zuletzt festgelegte Abgrenzung zwischen dem Facharbeiter und dem Angelernten im Sinne der von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Kriterien nicht nochmals in Zweifel gezogen werden soll, zumal sich für diese Abgrenzung sachgemäße Gründe anführen lassen und der 1., 4. und 5. Senat des BSG zuletzt einheitlich diese Abgrenzung vertreten haben (vgl. BSG in SozR a.a.O.).
Als weiteres Kriterium nennt § 1246 Abs. 2 RVO den Umfang der Ausbildung. Dieses Kriterium, das auf den Inhalt und das Niveau der Ausbildung abzielt, hat bislang in der Rechtsprechung gegenüber dem Kriterium "Dauer der Ausbildung"
kaum Bedeutung erlangt. Dies wird von der Revision unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Göring "Bundessozialgerichtsrechtsprechung und Ausbildungsberufe", SGb 89, 117ff. kritisiert. Nach Göring erklärt sich die Vernachlässigung des Faktors "Umfang der Ausbildung" daraus, daß es einerseits äußerst schwierig sei, qualitative Vergleiche für verschiedene Berufe und deren Ausbildung vorzunehmen, andererseits würden auch heute noch im Bildungsbereich Dauer und Umfang bzw. Qualität als weitestgehend gleiche Wertmaßstäbe angesehen, weil die - unrichtige - Hypothese zugrunde gelegt werde, daß, wer doppelt so lange lerne, auch doppelt so viel lerne und damit die Qualität seiner Ausbildung verdoppele. Trotz dieser Kritik an der Vernachlässigung des Begriffs "Umfang der Ausbildung" ist auch Göring nicht in der Lage, handhabbare Regeln aufzustellen, in welcher Weise das Tatbestandsmerkmal "Umfang der Ausbildung" für die Feststellung des Wertes der Qualität des bisherigen Berufes nutzbar gemacht werden könnte. Jedenfalls kann es nicht Aufgabe der Verwaltung und der Gerichte sein, die Ausbildung zu den einzelnen Berufen unterschiedlich zu bewerten.
Im übrigen hat der erkennende Senat der Kritik an der "Bevorzugung" der Dauer der Ausbildung bereits dadurch Rechnung getragen, daß diese lediglich für den "gelernten" Facharbeiter gilt. Innerhalb des von der Rechtsprechung des BSG für die Zumutbarkeit eines Verweisungsberufs entwickelten Mehrstufenschemas gehört indes zur Gruppe mit dem "Leitberuf" des Facharbeiters nicht nur der "Gelernte" mit Absolvierung der vorgeschriebenen Ausbildung, sondern auch derjenige, der sich ohne eine solche durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet hat, die ihn befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 28. und 29. Juni 1989 in BSGE 65, 169 = SozR 2200 § 1246 Nr. 167; SozR a.a.O. Nr. 168 m.w.N.).
In § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO wird indes für die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nicht nur auf Dauer und Umfang der Ausbildung, sondern auch auf die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit abgestellt, also erkennbar vom Wert des bisherigen Berufs ausgegangen, ohne daß dabei einem der genannten Zumutbarkeitskriterien eine Dominanz eingeräumt ist. Da außerdem die Wirklichkeit des Arbeitslebens sich nicht starr an eine Gleichwertigkeit der im Gesetz genannten Zumutbarkeitskriterien hält, hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung auch Versicherte, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannte Ausbildung oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet haben, der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zugeordnet, wenn diese Tätigkeit den anerkannten Ausbildungsberufen mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - tarifvertraglich qualitativ gleichgestellt sind (vgl. die Urteile in BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr. 16, BSGE 56, 72 = SozR a.a.O. Nr. 111, SozR a.a.O. Nrn 116, 122, 123, BSGE 58, 239 = SozR a.a.O. Nr. 129 und SozR a.a.O. Nr. 164).
Der Senat sieht es insoweit als maßgebend an, ob der für den Kläger geltende Tarifvertrag eine entsprechend hohe Einordnung vornimmt. Aus der in § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO genannten Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen der bisherigen Tätigkeit folgt, daß der qualitative Wert des Hauptberufes und des Verweisungsberufes zu vergleichen ist. Der erkennende Senat sieht jedoch diesen qualitativen Wert in der Lebenswirklichkeit durch das Ergebnis der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien als vorgegeben an, so daß für den Richter in der Regel kein Raum bleibt, selbst eine Bewertung von Berufen vorzunehmen. Diese "maßgebenden Kreise" haben nicht nur die höhere Sachkunde, sondern sie bestimmen auch durch ihr Verhalten - insbesondere durch die von ihnen bestimmte tarifliche Einstufung - das Ansehen des Berufs. Hierzu hat der erkennende Senat bereits in seinen beiden Entscheidungen vom 3. Oktober 1984 (SozR 2200 a.a.O. Nrn 122 und 123) darauf hingewiesen, daß diese Bewertung durch die Tarifvertragsparteien zu akzeptieren ist und sie nicht durch eine eigene
- abweichende -Bewertung durch die Gerichte ersetzt werden kann. Wie bereits dort betont, bedeutet dies nicht eine Verlagerung der Entscheidung über gesetzliche Voraussetzungen von den Gerichten auf gerichtsferne Instanzen, die verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Indem das Gesetz in § 1246 Abs. 2 RVO von der Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit spricht, nimmt es eine Verweisung auf die in der Gesellschaft vorhandenen Wertvorstellungen vor. Das Mehrstufenschema im Sinne der Rechtsprechung des BSG ist deshalb nicht unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, sondern ergibt sich daraus, daß die soziale Wirklichkeit insbesondere durch die Tarifvertragsparteien geschaffen wird. Die tariflich orientierte Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO bietet damit einen flexiblen Rahmen, der es erlaubt, gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und einen Wandel der sie begleitenden Wertungen auch ohne entsprechende Gesetzesänderung zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 59, 70), was nicht zuletzt für die Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsprechung des BSG über die Voraussetzungen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. November 1981 - 1 BvL 18/77 - (SozR 2200 § 1246 Nr. 83) mit entscheidend war. Der Senat hat daher auch in den Urteilen vom 1. Dezember 1983 (SozR 2200 § 1246 Nr. 111) und 1. Februar 1984 (SozR 2200 § 1246 Nr. 116) ausgeführt, daß die tarifliche Einstufung nicht nur ein verläßliches Indiz für die Qualität der Tätigkeit bei Berufen ist, die nach einer ordnungsgemäßen Ausbildung ausgeübt worden sind; vielmehr ist die Bewertung durch die Tarifpartner auch dann zu akzeptieren, wenn diese den anerkannten Ausbildungsberufen andere Tätigkeiten - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - qualitativ gleichgestellt haben.
An dieser durch das Gesetz vorgesehenen Maßgeblichkeit der in der Gesellschaft vorhandenen Wertungen, die das Gericht lediglich erforscht, ist auch deshalb festzuhalten, weil sie eine von der Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu bewältigende Kasuistik vermeidet und durch die Einführung des für alle Versicherten geltenden objektiven Maßstabes der tarifvertraglichen Einstufung des bisherigen Berufs eine revisionsrechtlich überprüfbare Entscheidung und damit eine zur Rechtssicherheit beitragende Gleichbehandlung der Versicherten durch Verwaltung und Gerichte im ganzen Bundesgebiet gewährleistet (vgl. so bereits Urteil des Senats vom 3. Oktober 1984 in SozR a.a.O. Nr. 122 m.w.N.).
Um diese richterliche Gleichbehandlung zu erreichen, ist - wie der erkennende Senat bereits in seinem weiteren Urteil vom 3. Oktober 1984 (SozR a.a.O. Nr. 123) ausgeführt hat - bei einem grundsätzlich nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag davon auszugehen, daß die tarifliche Einstufung auf der Qualität der Tätigkeit beruht. Nur bei hinreichenden konkreten Anhaltspunkten, die im Einzelfall für eine tarifliche Einstufung aufgrund von qualitätsfremden Merkmalen sprechen, können sich die Tatsachengerichte zu Ermittlungen über die Qualität einer vom Versicherten ausgeübten Tätigkeit gedrängt fühlen. Ist eine Tätigkeit tariflich erfaßt, so ist eine von dieser Einstufung abweichende Bestimmung des qualitativen Wertes nur zulässig, wenn feststeht, daß die tarifliche Einstufung dem qualitativen Wert nicht entspricht. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Einstufung im wesentlichen auf die mit der Tätigkeit verbundenen Nachteile und Erschwernisse (z.B. Akkord-, Nacht-, Schmutzarbeit uä) oder auf sozialen Gründen wegen in der Person des Versicherten liegender Umstände beruht ("Bewährungsaufstieg"). Weitere Ausnahmefälle hat die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG und des erkennenden Senats nicht zugelassen (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn 69, 71, 77, 98, 101, 102, 106, 123). Auch daran wird weiterhin festgehalten.
Der Bewertung der maßgebenden Wirtschaftskreise, also insbesondere der Tarifvertragsparteien, ist nach alledem auch dann zu folgen, wenn sie Unterscheidungen nach Tätigkeitssparten (Kraftfahrer für bestimmte Produktionsbereiche etwa) oder nach Regionen trifft. Auch dies folgt aus dem Vorrang,
der den Tarifvertragsparteien einzuräumen ist, soweit sie für ihren Bereich den Wert einer Tätigkeit bestimmen.
Soweit der 4. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 21. Juli 1987 (SozR 2200 § 1246 Nr. 143 bestätigt durch Urteil vom 7. Oktober 1987 in SozR a.a.O. Nr. 149) der tariflichen Einstufung keine Beachtung geschenkt und den Berufskraftfahrer allein wegen der nur zweijährigen Ausbildungsdauer der Gruppe mit dem Leitberuf des oberen Angelernten zugeordnet hat, folgt der erkennende Senat dem nicht. Da der 4. Senat nicht mehr für Streitsachen auf dem Gebiet der Arbeiterrentenversicherung zuständig ist, ist diesbezüglich eine Anfrage beim 4. Senat und gegebenenfalls eine Vorlage an den Großen Senat des BSG nicht erforderlich.
Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 21. September 1988 (SozR 2200 § 1246 Nr. 159) allerdings bei der Frage der Verweisbarkeit eines Fernfahrers auch auf die Ausbildungsdauer abgestellt und die Möglichkeit erwogen, daß der Kraftfahrer deshalb ein Facharbeiterberuf sei, weil es sich um einen sog "Erwachsenenberuf" handeln könne. Er hat dabei an einer Rechtsprechung angeknüpft, die zum Beruf des Hauers im Steinkohlenbergbau entwickelt worden ist. Damit ist jedoch der schon bisher in der Rechtsprechung zum Ausdruck gebrachte Gedanke, daß die tarifliche Einstufung als solche die Qualität einer Tätigkeit weitgehend bestimmt, nicht aufgegeben worden. Bei dem Kraftfahrer, der Anlaß zum Urteil vom 21. September 1988 a.a.O. gab, handelte es sich um einen Versicherten, der ausschließlich in Dänemark berufstätig war, so daß er von einem deutschen Tarifvertrag nicht erfaßt wurde. Ob derartige Fallgestaltungen, die sich durch die zunehmende europäische Verflechtung öfter stellen können, möglicherweise auch durch Heranziehung vergleichbarer inländischer Tarifverträge zu lösen wären, kann hier dahinstehen.
Der Kläger hat sich darauf berufen, daß gerade die Berufe des Kraftfahrers und Busfahrers aufgrund ihrer tariflichen Einstufung Facharbeiterberufen gleichstünden. Da das LSG diese nach alledem für die Frage der Berufsunfähigkeit i.S. des § 1246 Abs. 2 RVO rechtserhebliche Frage bisher nicht geprüft hat und da es insoweit an Feststellungen tatsächlicher Art fehlt, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Es wird also noch zu klären sein, ob der Kläger in dem für ihn geltenden Tarifvertrag qualitativ einer Tarifgruppe zugeordnet ist, die von dem Leitberuf des Facharbeiters geprägt ist. Das LSG wird in diesem Fall weiter neu zu prüfen haben, ob für den Kläger noch ein zumutbarer Verweisungsberuf vorhanden ist, der die Gewährung der begehrten Rente wegen Berufsunfähigkeit ausschließt.
Der Rechtsstreit ist damit an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu befinden haben.
Fundstellen