Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 17. Dezember 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der Klägerin aus ihrem Recht auf Regelaltersrente (RAR), das sie gegen die Beklagte hat, für Bezugszeiten ab 1. Juni 1995 monatliche Zahlungsansprüche, ggf mittels einer noch durchzuführenden Nachentrichtung von Beiträgen, zustehen, obwohl sie als israelische Staatsbürgerin in Israel wohnt.
Die am 21. Juni 1909 in L.…/Polen geborene Klägerin ist anerkannte Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Nach Reifeprüfung und Studium der Rechtswissenschaft war sie ab August 1932 zunächst Gerichtsapplikantin, sodann Rechtsanwaltsapplikantin und bis September 1939 praktizierende Rechtsanwältin. 1945 verließ sie Polen und gelangte im Februar 1946 nach Palästina. Seit 1948 ist sie israelische Staatsbürgerin. Zum israelischen Versicherungsträger entrichtete sie von 1954 bis 1970 Pflichtbeiträge. Die für die Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz zuständige Behörde und die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vertreten die Auffassung, dass die Klägerin beim Verlassen des Vertreibungsgebiets dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (DSK) angehörte.
Im Jahre 1975 beantragte die Klägerin erstmals bei der Beklagten ua die Gewährung einer Rente nach Nachentrichtung von Beiträgen. Im Februar 1976 teilte die polnische Sozialversicherungsanstalt, Zweigstelle L.… , mit, Versicherungsnachweise für die Klägerin seien im Archiv nicht aufgefunden worden. Die Klägerin nahm ihre Anträge zurück.
Am 9. Juni 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten nach § 17a Fremdrentengesetz (FRG), die Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 250 Abs 1 Nr 4 und 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die Bestätigung ihres Rechts zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI, die Nachentrichtung von Beiträgen in höchstmöglicher Anzahl gemäß Art 1 Nr 11a des Schlussprotokolls (SP) zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (≪DISVA≫ vom 17. Dezember 1973 ≪BGBl 1975 II 246≫ idF des Änderungsabkommens vom 7. Januar 1986 ≪BGBl 1986 II 863≫), die durch das Zusatzabkommen vom 12. Februar 1995 (BGBl 1996 II 299) zum 1. Juni 1996 in das SP/DISVA eingefügt worden war, sowie die Gewährung einer Altersrente. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Altersrente ab, weil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt sei (Bescheid vom 26. Juli 1996; Widerspruchsbescheid vom 29. April 1997). Auf die anderen Anträge der Klägerin ging die Beklagte in diesen Bescheiden nicht ein. Mit Schreiben vom 3. Januar 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass in Polen festangestellte Beschäftigte im öffentlichen Dienst, zB beim Bezirkskreisgericht, Anspruch auf eine beamtenrechtliche Versorgung nach dem Gesetz über die Emeritalversorgung staatlicher Funktionäre vom 11. Dezember 1923 gehabt und deshalb der Rentenversicherungspflicht nicht unterlegen hätten. Erst seit Juli 1954 hätten sie einer gesetzlichen Rentenversicherung iS des § 15 Abs 2 Satz 1 FRG angehört. Mit Schreiben vom 3. September 1999 teilte die Beklagte der Klägerin und dem Sozialgericht (SG) Berlin mit, es verbleibe bei der mit (dem Aktenvermerk auf) Bl 45 (gemeint wohl: Bl 74) der Verwaltungsakte getroffenen Entscheidung über die Anerkennung der Arbeitszeiten vom 1. August 1932 bis zum 31. August 1939 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeiten gemäß § 16 FRG. Eine Berücksichtigung dieser Zeiten als Beitragszeiten gemäß § 15 FRG bleibe aber weiterhin ausgeschlossen.
Die Klägerin hat vor dem SG begehrt, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen zu verurteilen, ihr ein Altersruhegeld unter Berücksichtigung von Fremdbeitragszeiten von Juni 1934 bis September 1939 und nach Nachentrichtung gemäß § 17a FRG in Verbindung mit dem Sozialversicherungsabkommen zu gewähren. Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 2. November 1999).
Das Landessozialgericht (LSG) Berlin hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 2001). Es hat ausgeführt: Das SG habe im Ergebnis zutreffend entschieden. Es könne dahinstehen, ob das Nachentrichtungsrecht aus Nr 11a SP zum DISVA nicht schon daran scheitere, dass “für sie Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG – wenn überhaupt – bereits über § 20 WGSVG (dessen Voraussetzungen erfüllt waren) zu berücksichtigen gewesen wären.” Dann fehlte es schon daran, dass die Berücksichtigungsfähigkeit der Zeiten nicht erstmals durch die Anwendung des § 17a FRG gegeben gewesen sei. “Eine erstmalige, auf § 17a FRG beruhende Berücksichtigungsfähigkeit von Beschäftigungszeiten nach dem FRG, die bis 1937 an sich vorliegen dürften, scheitert jedenfalls daran, dass aus Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG keine Rentenleistung ins Ausland erbracht wird (§ 272 SGB VI).” Für israelische Staatsangehörige in Israel gelte nichts anderes (Hinweis auf Art 4 Abs 1 DISVA und auf Nr 3a, 2. Spiegelstrich SP). Eine erstmalige Berücksichtigungsfähigkeit von Beitragszeiten nach § 15 FRG scheitere jedenfalls daran, dass diese nicht glaubhaft gemacht seien. Hinsichtlich der Zeit als Gerichtsapplikantin gehe die Klägerin selbst nicht von der Entrichtung von Beiträgen zur polnischen Rentenversicherung aus. Das sei aus den von der Beklagten genannten Gründen auch richtig. Der Umstand, dass die Klägerin vom Präsidenten des Appellationsgerichts in Warschau zur Gerichtsapplikantin am Bezirksappellationsgericht ernannt und ihr die Weisung erteilt wurde, dieses Amt sei unverzüglich anzutreten, spreche dafür, dass die Klägerin entweder Beamtin im Vorbereitungsdienst gewesen sei oder doch einen beamtenähnlichen Status innegehabt habe. Nach § 5 Nr 3 der Verordnung des Präsidenten der Republik Polen über die Versicherung der Geistesarbeiter vom 24. November 1927 seien Beamte im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei gewesen. Auch für die Zeit als Rechtsanwaltsapplikantin sei eine Beitragsentrichtung nicht überwiegend wahrscheinlich. Insoweit fehle es zwar an Anhaltspunkten für eine Versicherungsfreiheit der Klägerin, sodass davon auszugehen sei, dass sie an sich der Versicherungspflicht unterlegen habe. Es sei jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass sie sich als Rechtsanwaltsanwärterin gemäß Art 6 Nr 2 der Verordnung vom 24. November 1927 von der Versicherungspflicht habe befreien lassen. Sie entstamme nämlich einem sehr vermögenden Elternhaus, sei mit einem sehr vermögenden selbstständigen Kaufmann verheiratet gewesen und habe schon während ihrer Anwärterzeit im Anwaltsbüro in den Firmen ihres Vaters und ihres Ehemannes als Justiziarin gearbeitet. Sie habe offenbar in den freien Beruf als Rechtsanwältin gestrebt, den sie nach ihren eigenen – eidesstattlich bezeugten – Angaben im Entschädigungsverfahren auch bereits seit 1938 erfolgreich ausgeübt habe. Deshalb sei ein Bedarf, für die Zeit als Rechtsanwaltsapplikantin Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, nicht erkennbar. Es dürfte sich der Klägerin damals aufgedrängt haben, von der gesetzlichen Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht Gebrauch zu machen. Weil Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG bei einer Rentenleistung nach Israel nicht zu berücksichtigen seien, könne auch nicht die Wartezeit von fünf Jahren für eine Altersrente erfüllt sein. Daher seien auch keine verfolgungsbedingten Ersatzzeiten auf die Wartezeit anrechenbar. Nach § 250 SGB VI könnten nur Versicherte Ersatzzeiten zurücklegen, es müsse also wenigstens ein anrechenbarer Beitrag vorliegen. Mangels einer Mindestversicherungszeit von zwölf Monaten in der deutschen Rentenversicherung können auch die israelischen Beiträge für den Erwerb des Leistungsanspruchs nicht berücksichtigt werden (Hinweis auf Art 20 DISVA). Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag, beim polnischen Sozialversicherungsträger erneut nach Beitragszeiten für die Klägerin anzufragen, sei nicht zu entsprechen gewesen. Angesichts der aufgezeigten Unwahrscheinlichkeit einer Beitragsentrichtung habe sich der Senat allein im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit der Auffindung weiterer Unterlagen in den polnischen Archiven nicht gedrängt fühlen müssen, eine wiederholte Anfrage an den polnischen Versicherungsträger zu richten. Deshalb könne auch dahinstehen, ob dem Beweisantrag nicht schon entgegengestanden habe, dass die Berufung bereits aus den eingangs der Entscheidungsgründe angeführten rechtlichen Erwägungen hätte keinen Erfolg haben können. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Revision auf Beschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 6. März 2003 wegen eines Verfahrensfehlers zugelassen. Die Klägerin hat sie eingelegt und trägt vor, das Urteil beruhe auf einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie auf einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes. Da das LSG verfahrensfehlerhaft den Sachverhalt unvollständig aufgeklärt habe, fehlten für eine abschließende Entscheidung wesentliche Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FRG, weil die mögliche erneute Anfrage beim polnischen Rentenversicherungsträger unterblieben sei. Im Übrigen seien die überraschenden Vermutungen des LSG über einen von ihr damals gestellten Befreiungsantrag unbegründet. Außerdem habe das LSG die Beweislast verkannt und auch insoweit die nach seiner Ansicht relevanten Vermögensverhältnisse der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht aufgeklärt. Das LSG habe selbst festgestellt, dass die Möglichkeit der Auffindung weiterer Unterlagen bestehe. Die Aufklärung ihrer Vermögensverhältnisse hätte dem LSG die Erkenntnis vermittelt, dass für sie damals kein hinreichender Grund bestanden habe, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des LSG Berlin vom 17. Dezember 2001 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte stellt keinen Antrag.
Sie meint, es sei fraglich, ob die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliege. Im Kern rüge die Klägerin eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG), soweit es um die Vermögensverhältnisse in den Jahren 1938/39 gegangen sei. Hierzu hätte das BSG die Revision nicht zulassen können, weil dazu kein Beweisantrag zu Protokoll des LSG gestellt worden sei. Aber auch aus der Sicht der Beklagten habe das LSG seine Verpflichtung aus § 103 SGG insoweit verletzt, als es über den im Termin ausdrücklich gestellten Beweisantrag im Zusammenhang mit beim polnischen Sozialversicherungsträger nach Meinung der Klägerin ermittelbaren Beitragszeiten keine Entscheidung getroffen habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Insbesondere durfte sie ihr Revisionsbegehren darauf beschränken, das BSG möge das Urteil des LSG aufheben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückverweisen. Denn nach Ansicht der Revisionsführerin fehlt es an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung des BSG in der Sache selbst. In einem solchen Fall ist der Revisionsführer ausnahmsweise nicht verpflichtet, einen seiner Meinung nach noch nicht entscheidungsreifen Antrag auf eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts zu stellen; er kann sich vielmehr von vornherein auf einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag beschränken.
Die Revision der Klägerin ist in diesem Sinne gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG auch begründet. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht.
1. Schon auf der Grundlage der bisherigen und insoweit von der Klägerin mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht fest, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein (Stamm-)Recht auf RAR zusteht. Dies ist gemäß § 33 Abs 1 und Abs 2 Nr 1 und § 35 SGB VI stets der Fall, wenn Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
a) Entgegen der Ansicht des LSG ist die Klägerin “Versicherte”. Versicherter im Sinne des materiellen Rentenversicherungsrechts ist jeder, der eine Beitragszeit erlangt hat. Dies geschieht grundsätzlich dadurch, dass ein Beitrag entweder von dem Bürger selbst oder für ihn von seinem Arbeitgeber wirksam gezahlt wird. Versicherter im materiell-rechtlichen Sinne ist ferner auch jeder, dem kraft Bundesrecht eine Beitragszeit – auch ohne Beitragszahlung – zuerkannt worden ist. Dies ist – dazu sogleich – bei der Klägerin der Fall.
b) Sie hatte im Juni 1974 das 65. Lebensjahr vollendet, sodass der Versicherungsfall des Alters eingetreten war. Ferner hatte sie jedenfalls mehr als drei Monate vor Juni 1995, als sie den Antrag stellte, die allgemeine Wartezeit erfüllt. Dies ist gemäß §§ 50 Abs 1 Nr 1, 51 Abs 1 SGB VI stets der Fall, wenn jemand mindestens fünf Jahre an Beitragszeiten iS von § 55 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder nach speziellen Regelungen erworben hat. Das LSG hat keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 55 SGB VI getroffen. Seine Auffassung, die bei der Klägerin vorliegenden Beschäftigungszeiten hätten für die Erfüllung der Wartezeit keine Bedeutung, ist mit Bundesrecht unvereinbar.
Gemäß § 16 FRG steht eine nach vollendetem 16. Lebensjahr vor der Vertreibung in Polen (außerhalb des Anwendungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze) verrichtete Beschäftigung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, für die Beiträge entrichtet sind, gleich, wenn sie nicht mit einer Beitragszeit zusammen fällt. Wenn also anrechenbare Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG vorliegen, begründen sie für den Begünstigten den Status, als hätte er in dieser Zeit eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung entsprechender Qualität in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt und als seien für diese Beiträge zur Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland entrichtet worden. Inhaber von Beschäftigungszeiten sind somit Versicherte im Sinne des materiell-rechtlichen Rentenversicherungsrechts und haben auf die Wartezeit anrechenbare gleichgestellte Beitragszeiten erlangt.
Zwar hat das LSG auch zu den tatsächlichen Voraussetzungen des § 16 FRG keine Feststellungen getroffen. Die Beklagte hat jedoch – wie vom LSG erwähnt – anerkannt (im Schreiben vom 3. September 1999), dass die Arbeitszeiten der Klägerin vom 1. August 1932 bis zum 31. August 1939 glaubhaft gemachte Beschäftigungszeiten gemäß § 16 FRG sind. Dies verlautbart für jedes der betroffenen Kalenderjahre feststellende Verwaltungsakte darüber, dass für die genannten sieben Jahre und einen Monat jeweils der Tatbestand einer Beschäftigungszeit iS von § 16 FRG erfüllt ist. Da aus dem Urteil des LSG kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, diese festgestellten Daten könnten nicht anrechenbar sein, hat die Klägerin also die allgemeine Wartezeit erfüllt. Damit ist ihr (Stamm-)Recht auf RAR jedenfalls mehr als drei Monate vor Beginn des Antragsmonats (Juni 1995) entstanden.
c) Vor diesem Hintergrund ist es im Blick nur auf die Voraussetzung der Erfüllung der Wartezeit und damit des Erwerbs des Rechts auf RAR nicht erheblich, dass die Klägerin auch israelische Versicherungszeiten erworben hat, die gemäß Art 20 Abs 1 DISVA für den Erwerb des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen sind. Ebenso wenig kommt es in diesem Zusammenhang auf die vom LSG in tatsächlicher Hinsicht nicht geprüfte Frage an, ob die ns-verfolgte Klägerin – was auf der Hand liegt – die Tatbestände von Verfolgungsersatzzeiten erfüllt hat, die gemäß § 51 Abs 4 SGB VI gleichfalls auf die Wartezeit anzurechnen sind.
d) Der Entstehung und dem Bestand des Stammrechts auf RAR steht der Auslandswohnsitz der Klägerin nicht entgegen. Vielmehr greifen insoweit Art 3 Abs 1 und Art 4 Abs 1 DISVA ein. Die Gleichstellung der Staatsangehörigen Deutschlands und Israels (Art 3 DISVA) und die Gleichstellung der Staatsgebiete für die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen, die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen (Art 4 Abs 1 DISVA) bewirken für das Rentenversicherungsrecht, dass in Deutschland rentenversicherte Staatsangehörige Israels, die in Israel wohnen, in den genannten Hinsichten so zu behandeln sind, als hielten sie sich gewöhnlich in Deutschland auf.
Entgegen der Ansicht des LSG stehen dem weder Nr 3 Buchst a 2. Spiegelstrich SP/DISVA noch die §§ 110 ff, 272 SGB VI entgegen. Denn diese Vorschriften betreffen von vornherein nicht das Stammrecht auf Rente, sondern nur die grundsätzlich zu Beginn eines jeden Monats (und für diesen als Bezugszeit) aus dem Stammrecht als dessen Rechtsfrüchte entstehenden einzelnen Zahlungsansprüche.
aa) Dies folgt für Nr 3 Buchst 1 2. Spiegelstrich SP/DISVA augenfällig schon daraus, dass die Gebietsgleichstellung nur nicht für diejenigen deutschen Rechtsvorschriften gelten soll, welche Leistungen aus Versicherungszeiten ermöglichen, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt sind, also ua Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG. Das subjektive (Grund-)Recht auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht und besteht nicht als Summe von Rechten auf Geldbeträge, die sich durch die Anwendung der Rentenformel auf einzelne “Versicherungszeiten” (heute: rentenrechtliche Zeiten) ergeben; dies ist seit 1992 schon wegen der Gesamtleistungsbewertung für beitragslose Zeiten unmöglich. Vielmehr sind die rangstellenwerterhöhenden Auswirkungen einzelner erworbener rentenrechtlicher Zeiten nur wertsteigernde Elemente für den einen Geldwert des Rechts auf Rente, der (grundsätzlich) als Monatsbetrag der Rente iS von § 64 SGB VI ausgewiesen wird. Nr 3 Buchst 1 2. Spiegelstrich SP/DISVA kann (und konnte sich schon zu Zeiten des AVG) nur darauf beziehen, dass trotz der grundsätzlichen Gebietsgleichstellung bei Wohnsitz in Israel diejenigen Wertanteile des Rechts auf Rente, die nicht nach Bundesrecht erworben worden sind, nach Vertragsrecht (aber vorbehaltlich einer günstigeren innerstaatlichen Regelung), nicht in die Zahlungsansprüche einfließen. Nur insoweit wird die Gebietsgleichstellung durchbrochen. Der die Entstehung von einzelnen Zahlungsansprüchen ganz oder teilweise hindernde bundesrechtliche materiell-rechtliche Einwand des Auslandswohnsitzes greift dann in diesem Umfang (ungehindert vom DISVA) durch. Das bedeutet, dass die Höhe eines jeden monatlichen Zahlungsanspruchs um den rechnerischen Wertanteil der Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt sind, unter dem Monatsbetrag des Stammrechts auf Rente liegt. Dieses selbst bleibt aber unverändert bestehen und ist Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Leistungsverhaltens des Versicherungsträgers.
bb) Auch die in den §§ 110 ff, 272 SGB VI verlautbarten Rechtsnormen betreffen nur die monatlichen Einzelansprüche, nicht das Stammrecht. Sie legen ausdrücklich zu Grunde, dass der Versicherte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, Berechtigter bleibt, jedoch die Leistungen nur nach Maßgabe dieser Vorschriften erhält. Sie setzen den Fortbestand der Rechtsinhaberschaft voraus, schließen aber für die Dauer des gewöhnlichen Auslandsaufenthalts einige im Inland erhebliche Vorleistungen, die in der “Summe der Entgeltpunkte”, also dem Rangwert des Berechtigten, für den Geldwert des Stammrechts bestimmend sind, für die einzelnen Zahlungsansprüche aus. In dem Umfang, in dem das Stammrecht auf solchen Rangwerten beruht, bleibt die Höhe der Zahlungsansprüche hinter dem “Monatsbetrag der Rente” zurück, ggf entsteht kein Zahlungsanspruch. Bei gewöhnlichem Auslandsaufenthalt entstehen daher keine monatlichen Zahlungsansprüche, es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 113 SGB VI, ggf zusätzlich die des § 114 SGB VI, ggf zusätzlich die des § 272 SGB VI vorlägen. Diese Texte gestalten somit einen Gegeneinwand aus, der ggf den Einwand des Auslandswohnsitzes ganz oder teilweise verdrängt. Diese Vorschriften haben also schlechthin nichts mit der Entstehung und dem Bestand eines Stammrechts auf Rente zu tun.
2. Für den Geldwert des Stammrechts der Klägerin, also den in § 64 SGB VI umschriebenen Monatsbetrag der Rente, ist – entgegen dem LSG – erheblich, welche als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste die Klägerin nach den Anlagen zum SGB VI erlangt hat, ob Ersatzzeiten anzurechnen sind und ob (nachgewiesene oder glaubhaft gemachte) Beitragszeiten nach § 15 FRG vorliegen, die – auch bezüglich ihres uU höheren Rangstellenwertes – die für gleiche Zeiträume festgestellten Beschäftigungszeiten verdrängen können. Da jeder Inhaber eines Stammrechts auf Rente das Recht auf richtige Feststellung dieses Rechts und seines Geldwertes hat, sind die Klagen zum Teil begründet (dazu unter 6.).
3. Ob für die Klägerin aus ihrem Stammrecht auf RAR monatliche Einzelansprüche entstehen (ggf in welcher Höhe), solange sie außerhalb des Geltungsbereichs des SGB VI und in Israel wohnt, hängt davon ab, ob und inwieweit entweder die innerstaatlichen Regelungen über den Gegeneinwand der ausreichenden Inlandszeiten, der in den §§ 113, 114 und 272 SGB VI ausgestaltet ist, oder die zwischenstaatlichen Regelungen über das besondere Nachentrichtungsrecht nach Nr 11 SP/DISVA zu ihren Gunsten eingreifen.
a) Das LSG hat ersichtlich vorausgesetzt, ohne dazu Feststellungen getroffen zu haben, dass die Klägerin Bundesgebiets-Beitragszeiten iS von § 113 Abs 1 Satz 2 SGB VI nicht erlangt hat. Dies wird das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht im Blick auf die – zwar fern liegende, aber nicht auszuschließende – Möglichkeit zu überprüfen haben, dass die Klägerin, als sie von Polen über Deutschland und Frankreich nach Palästina zog, einen Beitrag iS von § 247 Abs 3 Satz 1 SGB VI geleistet haben könnte. Dies würde ggf auch zur Berücksichtigung von Werten aus Ersatzzeiten ausreichen. Darüber hinaus könnten gemäß § 272 Abs 1 SGB VI auch Beitragszeiten nach § 15 FRG für die Höhe der einzelnen Zahlungsansprüche maßgeblich werden, wenn die weitere Sachaufklärung dazu führen sollte, dass die Klägerin damals im streitigen Zeitraum von Juni 1934 bis September 1939 Tatbestände iS dieser Vorschrift erfüllt hat.
Liegen keine Bundesgebiets-Beitragszeiten iS von § 113 Abs 1 SGB VI vor, greift der anspruchshindernde Einwand des Auslandswohnsitzes allein nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts mangels Gegeneinwandes durch.
b) Unter diesen Voraussetzungen kann die Klägerin einen Gegeneinwand nur erlangen, wenn sie Beiträge wirksam nachentrichtet.
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass in einer solchen Fallgestaltung der Versicherte die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage mit dem Ziel erheben kann, den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGG), also eines – unbedingten, dh selbst nicht unter einem Vorbehalt stehenden – Endurteils zu erstreiten, in dem der Rentenversicherungsträger zur Gewährung (Zahlung) der Rente unter der Bedingung verurteilt wird, dass die im Einzelfall für die Entstehung oder Höhe des Zahlungsanspruchs noch erforderlichen Beiträge wirksam und anrechenbar nachentrichtet werden (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 3).
bb) Dieses Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin hat das LSG im Ansatz zutreffend an Nr 11 SP/DISVA gemessen. Danach können ua die israelischen Staatsbürger, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges (damaliges) Heimatgebiet erstreckt hat,
- dem DSK angehört haben
- das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten und
- sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten
und die Vertreibungsgebiete (§ 1 Abs 2 Nr 3 BVFG) verlassen haben, auf Antrag freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nach näherer Maßgabe von Nr 11 Buchst b bis d SP/DISVA entrichten. Voraussetzung für dieses besondere Nachentrichtungsrecht ist, dass für sie durch die Anwendung des § 17a FRG erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind. Gegebenenfalls gilt die für die Ermittlung der Höhe der monatlichen Zahlungsansprüche das in der Bundesrepublik Deutschland (also ohne das Beitrittsgebiet) am 1. Juli 1990 geltende Rentenversicherungsrecht einschließlich des damaligen “Auslandsrentenrechts”; dazu sind die weiteren Maßgaben von Nr 11 Buchst e bis g SP/DISVA zu beachten, ebenso wie die Art 2 und 3 des Zusatzabkommens zum DISVA vom 12. Februar 1995 (BGBl 1996 II 299).
Ob die Klägerin iS von Nr 11 Buchst a SP/DISVA durch die Anwendung des § 17a FRG Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG erlangt hat und ob dies “erstmals” durch die Anwendung dieses Paragraphen geschehen ist, sodass ein Nachentrichtungsrecht entstanden wäre, kann das BSG bezüglich der streitigen Beitragszeiten nach § 15 FRG mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden (dazu sogleich unter 4.).
4. Das LSG wird nach Maßgabe der folgenden Ausführungen die tatsächlichen Voraussetzungen von Fremdbeitragszeiten, Ersatzzeiten und eines Nachentrichtungsrechts aus Nr 11 SP/DISVA klären müssen (§ 170 Abs 5 SGG):
a) Auf Grund der Bindungswirkung (§ 77 SGG) des bestandskräftig gewordenen Anerkenntnisses der Beklagten, die Klägerin habe im genannten Umfang Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG erlangt, steht – wie das LSG insoweit richtig erkannt hat – noch nicht fest, dass dies durch Anwendung des § 17a FRG erfolgt ist. Bundesrechtswidrig ist allerdings die Auffassung des LSG, § 17a FRG vermittle keine Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG, weil daraus nach § 272 SGB VI keine Rentenleistung ins Ausland erbracht werde. Der Erwerb von rentenrechtlichen Zeiten und Rangstellenwerten hieraus hängt niemals davon ab, ob aus einem auf Grund der rentenrechtlichen Zeiten uU erlangten subjektiven Recht auf Rente Zahlungsansprüche wegen eines Auslandswohnsitzes ganz oder teilweise nicht entstehen.
Aus dem bindenden Anerkenntnis glaubhaft gemachter Beschäftigungszeiten folgt aber auch nicht, dass zeitgleich keine Beitragszeiten nach § 15 FRG erworben worden sein können. Denn die Beschäftigungszeiten des § 16 FRG haben nicht nur ergänzende, sondern auch auffangende Bedeutung für solche Vertriebenen, die in einem System iS des § 15 Abs 2 FRG zurückgelegte Zeiten weder beweisen noch glaubhaft machen können, wenn wenigstens eine Beschäftigung glaubhaft ist, die in der Bundesrepublik Deutschland zur Rentenversicherungspflicht geführt hätte.
Deshalb muss das LSG tatsächliche Feststellungen dazu treffen, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 17a FRG erfüllt, sodass dieses Gesetz samt seiner §§ 15 und 16 auf sie anwendbar ist. Das LSG hat hierzu bereits festgestellt, dass die Klägerin 1909 geboren ist, sodass sie am 1. September 1939 älter als sechzehn Jahre war. Das LSG selbst hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob sie damals dem DSK angehörte. Es hat lediglich mitgeteilt, die Beklagte habe vor dem SG auf Grund der zwischenzeitlich eingesehenen Entschädigungsakte die Zugehörigkeit der Klägerin zum DSK festgestellt. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Rechtsfolge, welche die Beklagte mit Bindungswirkung für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit feststellen könnte, sondern der Sache nach um die Äußerung einer Ansicht über das Vorliegen einer von Amts wegen gerichtlich zu überprüfenden Tatbestandsvoraussetzung des § 17a FRG. Das LSG hätte sich also nicht darauf beschränken dürfen, die Ansicht der BfA mitzuteilen, sondern es hätte nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien selbst überprüfen und feststellen müssen, ob die Klägerin vor dem 1. September 1939 (hierauf stellt Nr 11 SP/DISVA ab) oder bei Verlassen des Vertreibungsgebietes die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie im täglichen Leben überwiegend gebraucht hat. Dies ist unterblieben und wird nachzuholen sein. Auch zu § 17a Satz 1 Buchst a Nr 3 FRG fehlen Feststellungen. Es ist nicht geklärt, ob die Klägerin sich zum deutschen Volkstum bekannt hatte, oder ob dies nur deshalb unterblieben ist, weil sie dem Judentum zugehörte. Hierauf ist das LSG nicht eingegangen. In diesem Zusammenhang wird es aber zu beachten haben, dass § 17a FRG eine die §§ 1 FRG und 20 WGSVG ergänzende Auffangregelung ist, die ua solche Personen nicht ausschließt, die anerkannte Vertriebene iS von § 1 FRG oder vertriebene Verfolgte iS von § 20 WGSVG sind. Der Sinn des § 17a Satz 1 Buchst a Nr 3 FRG ist nicht, diejenigen auszuschließen, die sich trotz ihrer Zugehörigkeit zum Judentum zum deutschen Volkstum bekannt hatten; ausgeschlossen sollen diejenigen werden, die sich aus anderen Gründen als ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten. Ausreichend festgestellt ist hingegen, dass die Klägerin Polen und damit ein Vertreibungsgebiet nach § 1 Abs 2 Nr 3 BVFG verlassen hat.
b) Das besondere zwischenstaatliche Nachentrichtungsrecht der Nr 11 SP/DISVA setzt weitergehend voraus, dass die durch die Anwendung des § 17a FRG erlangten Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG “erstmals” durch die Anwendung dieser Vorschrift dem Begünstigten zugewachsen sind.
aa) Für die Anwendbarkeit des FRG gibt es mehrere unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Hintergrund der Ausschlussklausel der Nr 11 SP/DISVA ist, dass für in Israel wohnende vertriebene verfolgte israelische Staatsbürger (entsprechend für die USA) nicht nur Rechte zur freiwilligen Beitragszahlung und Beitragsnachentrichtung nach §§ 8 ff WGSVG bestanden, sondern zwischenstaatlich mehrfach besondere Nachentrichtungsrechte und außerordentliche Nachentrichtungsrechte geschaffen und wiedereröffnet worden waren (vgl zuletzt §§ 21, 22 WGSVG). Diese waren im Zeitpunkt des Abschlusses des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995, durch welches das Sondernachentrichtungsrecht der Nr 11 SP zum DISVA geschaffen wurde, abgelaufen. Gemäß der Ergänzungs- und Auffangfunktion des § 17a FRG, der zum 1. Juli 1990 in Kraft getreten war, sollten die daraus erstmals Begünstigten, die also allein auf Grund dieser Ausdehnung des Geltungsbereichs des FRG zu Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 FRG gekommen waren, bei Wohnsitz in Israel auch die Möglichkeit erhalten, durch den Erwerb von “Bundesgebiets”-Beitragszeiten den anteiligen Wert aus diesen FRG-Zeiten monatlich beanspruchen zu können. Wer aber früher schon einmal trotz Auslandswohnsitzes ein besonderes Nachentrichtungsrecht hatte, jetzt aber auch nach § 17a FRG unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fiel, sollte nicht ungerechtfertigt gegenüber denjenigen bevorzugt werden, die von dem neuen § 17a FRG nicht erfasst wurden.
bb) Vor diesem Hintergrund wird das LSG zu klären haben, ob das FRG bereits vor dem 1. Juli 1990 nach § 1 FRG oder nach § 20 WGSVG auf die Klägerin anwendbar war. Bezüglich der – im Falle der Klägerin wohl fern liegenden – Voraussetzungen des § 1 FRG enthält das Urteil des LSG keine Feststellung. Bezüglich § 20 WGSVG hat das Berufungsgericht es dahingestellt sein lassen, ob das Nachentrichtungsrecht der Klägerin nicht schon daran scheitert, dass für sie Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG – wenn überhaupt – “bereits über § 20 WGSVG (dessen Voraussetzungen erfüllt waren) zu berücksichtigen gewesen wären.” Damit hat das LSG zum einen erklärt, dass es sich keine abschließende Auffassung dazu gebildet hat, ob § 20 WGSVG hier anwendbar ist; dies wird durch den Hinweis am Ende der Entscheidungsgründe bestätigt, dass offen bleiben konnte, ob dem Beweisantrag der Klägerin nicht schon entgegengestanden habe, dass die Berufung bereits aus den eingangs der Entscheidungsgründe angeführten rechtlichen Erwägungen hätte keinen Erfolg haben können. Zum anderen ist die Mitteilung: “dessen Voraussetzungen erfüllt waren” keine Feststellung von Tatsachen. Ob dieser Schluss von Tatsachen auf die Erfüllung des rechtlichen Tatbestandes zutreffend ist, kann das Revisionsgericht nicht überprüfen, weil nicht mitgeteilt wurde, auf welche tatsächlichen Gegebenheiten er sich stützt. Das LSG teilt zwar mit, dass die Klägerin Verfolgte iS des Bundesentschädigungsgesetzes ist. Ob sie aber dem DSK beim Verlassen des Vertreibungsgebietes angehört hat, ist nicht durch Feststellung der hierfür maßgeblichen Haupttatsachen geklärt. In diesem Zusammenhang wird das LSG beachten müssen, dass Nr 11 Buchst a SP/DISVA – anders als § 17a Satz 1 Buchst a Nr 2 Halbs 2 FRG – die Zugehörigkeit zum DSK allein auf den Zeitpunkt der Erstreckung der NS-Herrschaft bezieht. Ferner wird das LSG vor dem Hintergrund der Angaben der Klägerin zu den Gründen für das Verlassen Polens auch die Zusammenhangsfrage des § 20 Abs 2 WGSVG nicht ungeklärt lassen dürfen.
5. Bei der weiteren Sachbehandlung wird das LSG ggf auch Folgendes zu beachten haben (§ 170 Abs 5 SGG):
a) Bei der Prüfung, ob und ggf in welchem Umfang die Klägerin Beitragszeiten nach § 15 FRG an Stelle der festgestellten glaubhaft gemachten Beschäftigungszeiten erworben hat, wird das LSG zu beachten haben, dass zunächst zu klären ist, ob der Tatbestand der Beitragszeit nachgewiesen ist. Zur Klärung, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung in Polen zurückgelegt hat, sind gemäß § 103 Halbsatz 1 SGG grundsätzlich alle zugänglichen Beweismittel auszuschöpfen. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung kann sie nicht ersetzen. Da das LSG selbst die Feststellung getroffen hat, dass die Möglichkeit nicht auszuschließen sei, dass weitere Unterlagen in den polnischen Archiven aufgefunden werden, ist es prozessrechtlich geboten, von dieser Beweismöglichkeit von Amts wegen Gebrauch zu machen. Es ist zu klären, ob und ggf welche Versicherungsunterlagen der polnische Träger über die Klägerin und insbesondere im Blick auf den streitigen Zeitraum hat. Falls solche nicht oder nur lückenhaft vorhanden sind, ist zu klären, ob das Archiv vollständig oder der Fehlbestand bekannt oder aus anderen Gründen ausgeschlossen ist, dass im Falle der Klägerin früher einmal vorhandene Versicherungsunterlagen verloren gegangen sind.
b) Das LSG wird – soweit Versicherungsunterlagen der Klägerin in Polen nicht auffindbar sind – festzustellen haben, in welchen Zeiten innerhalb des streitigen Zeitraums (Juni 1934 bis einschließlich September 1939) die Klägerin welche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. Soweit dies nicht im Sinne des Vollbeweises möglich ist, reicht auch der Beweisgrad der Glaubhaftmachung (§ 4 FRG). Nach dieser Vorschrift sollen vor der Beweiswürdigung sämtliche erreichbaren Beweismittel ausgeschöpft werden. Soweit das LSG festgestellt hat, die Klägerin sei als Gerichtsapplikantin beim Bezirksgericht entweder Beamtin im Vorbereitungsdienst gewesen oder habe doch einen beamtenähnlichen Status innegehabt, wird es feststellen müssen, nach welchen polnischen Rechtsvorschriften, die damals gegolten haben, die Frage zu beurteilen ist, ob eine Gerichtsapplikantin Beamtin im Vorbereitungsdienst im Sinne der vom LSG zitierten Vorschrift des Art 5 Nr 3 der Verordnung vom 24. November 1927 war. Das LSG wird hierfür und für seine Ausführungen zur Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit nach polnischem Sozialversicherungsrecht zur damaligen Zeit jeweils die vollständigen Rechtsquellen und deren Fundstellen so genau bestimmen müssen, dass es ggf einer revisionsgerichtlichen Prüfung zugänglich ist, ob es das ausländische Recht im Rahmen der Tatsachenfeststellung – soweit einschlägig – vollständig und widerspruchsfrei beachtet hat. Dazu wird es auch zu bedenken haben, dass in den mitteleuropäischen Rechtsordnungen es grundsätzlich einen Unterschied macht, ob es sich um eine (positive oder negative) Tatbestandsvoraussetzung rechtsbegründender Natur oder um einen rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Einwand und ob es sich bei einem Tatbestand um die Grundnorm oder um eine Ausnahmeregelung handelt. Je nachdem kann bei Anwendung des Bundesrechts auf diese Tatsachen die bundesrechtliche Beweislast wechseln. Soweit das LSG erneut zu prüfen haben wird, ob die Klägerin sich für bestimmte Zeiträume von der polnischen Versicherungspflicht hat befreien lassen, wird es je nach der Antwort des polnischen Versicherungsträgers zu bedenken haben, dass Spekulationen über mögliche Motive für ein Verhalten nur unter Verstoß gegen die so genannten Denkgesetze den Trugschluss auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache ermöglichen.
6. Bei seiner abschließenden Entscheidung wird das LSG ferner beachten müssen, dass die Klägerin wie jeder Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, der ein Stammrecht auf Rente gegen die BfA hat, von dieser beanspruchen kann, dass sein Recht und dessen Geldwert (grundsätzlich der Monatsbetrag iS von § 64 SGB VI) zutreffend festgestellt wird. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden jedoch entschieden, der Klägerin stehe kein Recht auf Altersrente zu; dies ist schon nach dem bisherigen Stand des Verfahrens rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem (Grund-)Recht auf RAR. Zugleich hat die Beklagte damit zu Unrecht abgelehnt, den richtigen Geldwert des Rechts auf RAR der Klägerin seit Beginn des Monats der Antragstellung festzustellen. Insoweit dürfte die in der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage enthaltene Verpflichtungsklage Erfolg haben. Gleichwohl hat der Senat auch in diesem Umfang den Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen, weil dies iS von § 170 Abs 2 Satz 2 SGG tunlich ist. Denn der Rechtsstreit wird im Schwerpunkt um die Frage geführt, ob der anspruchshindernde Einwand des Auslandswohnsitzes in Israel das Entstehen von Zahlungsansprüchen aus dem Stammrecht der Klägerin ganz oder teilweise hindert, oder ob er – in vollem Umfang oder anteilig – durch den Gegeneinwand der hinreichenden Inlandszeiten oder durch eine wirksame Sondernachentrichtung nach Nr 11 SP/DISVA verdrängt wird.
7. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden und dabei zu beachten haben, dass die Klagen schon nach derzeitigem Sachstand zu einem nicht unerheblichen Anteil begründet sind.
Fundstellen