Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten im wesentlichen darüber, ob die Klägerin der Beklagten Beträge, die ihr in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 28. Februar 1993 neben der Regelaltersrente als „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” gezahlt worden sind iHv 1.767, 84 DM zu erstatten hat.
Seit dem 1. Mai 1989 bezog die 1929 geborene Klägerin eine Altersrente in Höhe der Mindestrente von 300,– Mark der DDR (Bescheid vom 20. Mai 1989). Im Dezember 1991 belief sich diese Rente – einschließlich eines Sozialzuschlages in Höhe von 165,– DM – auf 602,– DM.
Durch Bescheid vom 28. November 1991 wertete die Beklagte die Rente der Klägerin mit Wirkung ab 1. Januar 1992 in eine Regelaltersrente um. Sie gewährte diese Rente (unter Berücksichtigung des Beitrages zur Krankenversicherung) in Höhe von 448, 63 DM; zuzüglich eines „Vorschusses auf den Sozialzuschlag” in Höhe von 165,– DM ergab sich ein Gesamtbetrag von 613, 63 DM. In dem Bescheid wies die Beklagte unter der Überschrift „Sozialzuschlag” auf folgendes hin:
„Für die Zahlung des Sozialzuschlages gelten ab 01.01.92 neue Regelungen. Ein Sozialzuschlag kann danach nur gezahlt werden, wenn das monatliche Gesamteinkommen des Rentenempfängers und seines Ehegatten den Betrag von 960,– DM nicht überschreitet. Der Sozialzuschlag ist dann der Unterschiedsbetrag zwischen 960,– DM und dem Einkommen.
Für das monatliche Einkommen sind Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen zu berücksichtigen.
Erwerbseinkommen sind
- Arbeitsentgelt,
- Einkommen aus selbständiger Tätigkeit,
- vergleichbares Einkommen.
Erwerbsersatzeinkommen sind
- Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Arbeitslosengeld, Konkursausfallgeld und vergleichbare Leistungen,
- Altersgeld und vorzeitiges Altersgeld der Altershilfe für Landwirte,
- Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
- Leistungen nach § 10 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes,
- Ruhegehalt sowie Unfallruhegehalt und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis.
Wird neben der Rente von dem Rentenempfänger oder seinem Ehegatten noch weiteres Einkommen bezogen, besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns diese Einkommen unverzüglich mitzuteilen.”
Den Zahlbetrag von 613, 63 DM behielt die Beklagte auch über die Anpassungsstichtage 1. Juli 1992 und 1. Januar 1993 hinaus bei.
Im September 1992 gab die Klägerin auf Befragen der Beklagten an, ihr Einkommen und das ihres Ehemannes betrügen insgesamt 1.832, 63 DM. Das Familieneinkommen setze sich – wie schon 1991 – aus dem Vorruhestandsgeld des Ehemannes und ihrer eigenen Rente nebst Sozialzuschlag zusammen.
Mit Bescheid vom 5. Februar 1993 erfolgte eine erneute Umwertung der Regelaltersrente der Klägerin. Die Beklagte bewilligte nunmehr ab 1. Januar 1992 einen monatlichen Zahlbetrag von 465, 04 DM (ab 1. Juli 1992: 499, 48 DM, ab 1. Januar 1993: 517, 93 DM). Außerdem stellte sie fest, daß die Voraussetzungen für die Zahlung eines Sozialzuschlages fehlten. Bei der Abrechnung für die Zeit bis Februar 1993 ermittelte sie eine Überzahlung iHv 1.767, 84 DM. Dieser Bescheid wurde der Klägerin am 22. Februar 1993 ausgehändigt. Dabei wurde sie mündlich angehört und ihr mitgeteilt, es sei beabsichtigt, die Erstattung der überzahlten 1.767, 84 DM geltend zu machen. Die Klägerin äußerte sich dahingehend, daß ihr eine Rückzahlung unmöglich sei und sie allenfalls Raten zahlen könne.
Mit Bescheid vom 22. März 1993 forderte die Beklagte die Erstattung eines als Vorschuß gezahlten Sozialzuschlages iHv 1.767, 84 DM, wobei sie sich zur Entgegennahme monatlicher Raten von 150,– DM bereit erklärte. Im anschließenden Widerspruchsverfahren wurde die Ratenhöhe auf 50,– DM herabgesetzt (Widerspruchsbescheid vom 4. August 1993). Im Laufe der Zeit entrichtete die Klägerin insgesamt 450,– DM an die Beklagte.
Während das Sozialgericht Halle (SG) die Klage durch Urteil vom 7. April 1994 abgewiesen hat, ist diese Entscheidung auf die Berufung der Klägerin vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) zusammen mit den angefochtenen Bescheiden aufgehoben worden. Außerdem hat das LSG die Beklagte verurteilt, die auf den Erstattungsanspruch gezahlten Raten iHv 450,– DM an die Klägerin zurückzuzahlen. Im Urteil vom 24. November 1994 wird zur Begründung ausgeführt:
Die Erstattungsforderung könne nicht auf § 42 Abs. 2 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) gestützt werden. Vorliegend würden nämlich nicht die Vorschüsse eine zustehende Leistung übersteigen, vielmehr habe nie Anspruch auf einen Vorschuß bestanden. Es fehle hierzu an der Voraussetzung, daß bei Bescheiderlaß zur Feststellung der Anspruchshöhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich gewesen sei. Die materiellen Vorschußvoraussetzungen müßten jedoch vorliegen und könnten nicht durch die bloße Bezeichnung „Vorschuß” oder durch Erlaß einer vorläufigen Regelung ersetzt werden.
Die Erstattung könne auch nicht mittels einer entsprechenden Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I begründet werden, da keine der Vorschußgewährung ähnliche Lage gegeben sei. Hierzu fehle es bereits an der Voraussetzung der Unsicherheit bezüglich des Anspruches dem Grunde nach. Der Anspruch dem Grunde nach sei nämlich der Rentenanspruch, dieser habe mit Sicherheit festgestanden. Ebensowenig könne die Beklagte eine Erstattung des geforderten Betrages nach den Grundsätzen einer Vorwegzahlung verlangen. Unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für eine solche Rückforderung mangele es an einem inhaltlich ausreichend bestimmten und verständlichen Aufhebungs- und Rückforderungsvorbehalt im ursprünglichen Bewilligungsbescheid.
Auf § 50 i.V.m. § 45 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lasse sich ebenfalls keine Rückforderung stützen, denn es fehle zumindest an der Anhörung der Klägerin zu den maßgeblichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X, die weder nach § 24 Abs. 2 SGB X entbehrlich noch innerhalb des Widerspruchsverfahrens gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nachgeholt worden sei.
Der Anspruch auf Rückzahlung des bereits durch die Klägerin gezahlten Betrages ergebe sich aus den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches, denn die Klägerin habe den Betrag von 450,– DM ohne rechtlichen Grund gezahlt.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des § 42 Abs. 1 sowie Abs. 2 SGB I.
§ 103 SGG sei verletzt, weil das LSG verkenne, daß die Klägerin zu den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X, auf den der Rückforderungsanspruch i.V.m. § 50 SGB X hilfsweise gestützt werde, angehört worden sei, denn sie habe im Schreiben vom 2. April 1993 während des Widerspruchsverfahrens wörtlich ausgeführt: „Mir ist bekannt, daß der ab 1. Januar 1991 gewährte Sozialzuschlag im Jahre 1992 bei entsprechender Sachlage in Wegfall kommen sollte.” Hätte das LSG diese Einlassung berücksichtigt, hätte es die Voraussetzung des § 50 Abs. 2 i.V.m. § 45 SGB X nicht wegen unterbliebener Anhörung verneinen können.
Im Rahmen des § 42 SGB I verneine es das LSG zu Unrecht, daß im Zeitpunkt der Bescheiderteilung vom 28. November 1991 voraussichtlich längere Zeit zur Feststellung der Anspruchshöhe erforderlich gewesen sei. Es hätte nämlich auch berücksichtigen müssen, daß zum 1. Januar 1992 ca 261.000 Bestandsrenten umzuwerten gewesen seien, während sich die zuständigen Rentenversicherungsträger noch im personellen und organisatorischen Aufbau befunden hätten. Deswegen habe sich der Gesetzgeber für einen vereinfachenden und pauschalisierenden, vorläufigen Umwertungsmodus entschieden und einen Rechtsanspruch auf Überprüfung der im Einzelfall zugrundeliegenden Daten nicht vor 1994 vorgesehen. Diesen Überlegungen folgend hätten die Träger der Rentenversicherung bei der Erteilung von Sozialzuschlägen vorläufig und bewußt auf aktuelle Erhebungen verzichtet. Auch wenn die Einholung einer Einkommensauskunft im Einzelfall nur zwei Wochen in Anspruch nehmen möge, sei sie zum damaligen Zeitpunkt wegen der Vielzahl der Fälle nicht durchführbar gewesen.
Unzulässigerweise mache das LSG überdies die Möglichkeit eines Anspruchsausschlusses zum maßgeblichen Abwägungskriterium bei der Prognoseentscheidung, obwohl dieser Gesichtspunkt nur im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei. Insoweit hätten die Versicherungsträger – sozialpolitischen Vorgaben folgend – die Gefahr eines Ausfalls von Leistungen für den betroffenen Personenkreis über die eines Entstehens von Rückforderungslagen gestellt, zumal eine Korrektur der Folgen im Rahmen des § 42 Abs. 3 SGB I möglich sei.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. April 1994 zurückzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis gegeben haben.
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Klägerin nicht zur Rückzahlung des streitigen Betrages verpflichtet ist, vielmehr die Erstattung der von ihr insoweit bereits geleisteten Raten beanspruchen kann.
Soweit das Verfahren die Rückforderung des mit Bescheid vom 28. November 1991 bewilligten „Vorschusses auf den Sozialzuschlag” betrifft, ist nur ein Erstattungsbetrag in Höhe von 1.767, 84 DM im Streit. Allerdings hat die Klägerin diesbezüglich für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 28. Februar 1993 insgesamt 2.310,– DM (14 × 165,– DM) erhalten. Davon sind bereits 542, 16 DM dadurch wieder an die Beklagte zurückgeflossen, daß diese durch Bescheid vom 5. Februar 1993 eine Verrechnung mit den für den streitigen Zeitraum zustehenden, gegenüber den Feststellungen im Bescheid vom 28. November 1991 höheren Rentenbeträgen vorgenommen hat, ohne daß dies von der Klägerin angegriffen worden ist. Diese hat sich vielmehr im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nur gegen die von der Beklagten mit Bescheid vom 22. März 1993 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1993 geforderten Erstattung des als verbliebene Überzahlung festgestellten Betrages von 1.767, 84 DM gewandt.
Der i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1993 angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. März 1993 ist rechtswidrig und daher aufzuheben (vgl. § 54 Abs. 1, § 131 Abs. 1 SGG).
Die Erstattungsforderung der Beklagten kann nicht auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützt werden. Nach dieser Bestimmung sind die (gemäß § 42 Abs. 1 SGB I gezahlten) Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. Nach Auffassung des erkennenden Senats scheidet diese Regelung schon deshalb als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten geforderte Erstattung von 1.767, 84 DM aus, weil es sich bei dem mit Bescheid vom 28. November 1991 gewährten „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” nicht um einen Vorschuß i.S. des § 42 Abs. 1 SGB I gehandelt hat. Es ist nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, daß ein Vorschuß nach Maßgabe des § 42 SGB I bewilligt werden sollte.
Maßstab für die Auslegung eines Verwaltungsaktes ist die Sicht eines verständigen Empfängers, der als Beteiligter die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 14; BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2). Da ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muß (vgl. § 33 Abs. 1 SGB X), gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde (vgl. BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 Nr. 1). Dies gilt auch, soweit Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit eines Bescheides betroffen sind (vgl. dazu BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 14). Dabei müssen an die Bestimmtheit des Verwaltungsaktes schon deshalb hohe Anforderungen gestellt werden, weil eine einstweilige Regelung i.S. von § 42 Abs. 1 SGB I mit der Erteilung einer endgültigen Feststellung ohne weiteres erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X) und eine Rückforderung der bereits geleisteten Beträge gemäß § 42 Abs. 2 SGB I ohne Vertrauensschutzprüfung (vgl. §§ 45, 48 SGB X) möglich sein soll. Je größer das Erstattungsrisiko für den Leistungsempfänger ist, desto deutlicher muß er auf die Vorläufigkeit der Bewilligung hingewiesen werden.
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß der mit Bescheid vom 28. November 1991 gewährte, als vorläufige Regelung gedachte „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” nach dem damaligen Kenntnisstand der Beklagten einem hohen Rückforderungsrisiko unterlag. Da die Beklagte – ihrer seinerzeitigen Verwaltungspraxis folgend – keinerlei Feststellungen zu den Einkommensverhältnissen, die ab 1. Januar 1992 für den Anspruch auf Sozialzuschlag bedeutsam waren (vgl. Art 40 § 2 des Renten-Überleitungsgesetzes [RÜG]), getroffen hatte, mußte sie bei der Leistungsbewilligung mit erheblichen Unsicherheiten rechnen. Namentlich bei verheirateten Rentnerinnen – wie der Klägerin – war davon auszugehen, daß durch Berücksichtigung von Einkommen des Ehemannes die nicht sehr hohe Einkommensgrenze von 960,– DM (welche die Klägerin mit ihrer eigenen Rente schon fast zur Hälfte erreichte) überschritten werden würde. Wenn sich die Beklagte gleichwohl zu einer „Vorschußbewilligung” entschloß, so hätte sie folglich deren Vorläufigkeit und damit die naheliegende Möglichkeit einer vollständigen Rückforderung besonders deutlich machen müssen.
Gemessen an diesen Kriterien reichen die in dem Bescheid vom 28. November 1991 zum Sozialzuschlag enthaltenen Angaben nicht aus, um im Hinblick auf § 42 SGB I eine hinreichende Bestimmtheit bejahen zu können. So wird darin nicht ausdrücklich auf § 42 SGB I Bezug genommen. Auch fehlt es an sonstigen eindeutigen Hinweisen darauf, daß die Bewilligung von „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” in dem Sinne vorläufig sein sollte, daß auch mit einer vollständigen Rückforderung der gezahlten Leistungen gerechnet werden mußte. Eine derartige Begrenzung der Rechtswirkung des Bescheides läßt sich unter Berücksichtigung eines laienhaften Empfängerhorizontes (zumal im Beitrittsgebiet) insbesondere nicht aus der verwendeten Bezeichnung „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” herleiten. Nach seinem allgemeinen Wortsinn wird der hauptsächlich im Arbeitsleben verwendete Begriff „Vorschuß” (im Gegensatz zum „Abschlag”) als Vorauszahlung auf eine noch nicht fällige Leistung verstanden, die dann mit der regelmäßigen Zahlung verrechnet wird (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon sowie Brockhaus Enzyklopädie, jeweils unter dem Stichwort „Vorschuß”). In der ehemaligen DDR wurde unter diesem Begriff die Erfüllung einer noch nicht entstandenen oder noch nicht fälligen Forderung verstanden, ohne daß eine Rückforderung gewollt war (vgl. Köbler/Pohl, Deutsch-Deutsches Rechtswörterbuch, unter „Vorschußleistung”). Dieser Sinn wird im Bescheid vom 28. November 1991 durch den Zusatz „auf den (neuen) Sozialzuschlag” noch betont. Die Verwendung des bestimmten Artikels („den”) legt für den Bescheidempfänger den Schluß nahe, daß er – jedenfalls dem Grunde nach (vgl. dazu auch § 42 Abs. 1 SGB I) – auch ab 1. Januar 1992 Anspruch auf Sozialzuschlag habe. Hingegen wird die Möglichkeit, daß kein Anspruch besteht, damit praktisch ausgeschlossen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bescheid vom 28. November 1991 erfolgten Hinweisen auf die Anspruchsvoraussetzungen des Sozialzuschlags. Abgesehen davon, daß das Vorruhestandsgeld des Ehemannes der Klägerin darin nicht ausdrücklich als zu berücksichtigendes Einkommen aufgeführt wird, geht daraus auch nicht mit hinreichender Klarheit hervor, daß die Klägerin mit einer vollständigen Rückforderung der gezahlten „Vorschußbeträge” rechnen müsse. Insbesondere wird nichts dazu gesagt, ob und ggf wann bei der Klägerin noch eine Einkommensüberprüfung für die Zeit ab 1. Januar 1992 stattfinden und inwiefern ein Behaltendürfen der gewährten Leistung von dem Ergebnis einer solchen Prüfung abhängen sollte.
Da der Bescheid vom 28. November 1991 nach alledem hinsichtlich einer Vorläufigkeit der Bewilligung von „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” zu unbestimmt ist, läßt sich eine Erstattungsforderung der Beklagten auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I stützen (vgl. dazu BSG SozR 3-1200 § 42 Nr. 2). Soweit für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Norm überhaupt Bedarf besteht (vgl. dazu allgemein BSGE 62, 32, 40ff. = SozR 4100 § 71 Nr. 22), setzt sie jedenfalls voraus, daß dem Leistungsempfänger klar gemacht worden ist, der „Vorschuß” werde nur unter vollem Rückforderungsvorbehalt gezahlt. Daran fehlt es hier.
Ebensowenig läßt sich die mit Bescheid vom 28. November 1991 erfolgte Bewilligung von „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” gemäß § 43 SGB X in eine sog. Vorwegzahlung umdeuten, welche die Pflicht zur vollständigen Erstattung materiell zu Unrecht erhaltener Leistungen mit sich bringen würde. Unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen Vorwegzahlungen zulässig sind (vgl. dazu BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 10; § 32 Nrn 2, 4), ist es auch dabei erforderlich, daß mit hinreichender Bestimmtheit eine einstweilige Regelung getroffen worden ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 10 S. 12). Davon kann im vorliegenden Fall nach dem Inhalt des Bescheides vom 28. November 1991 gerade nicht ausgegangen werden.
Schließlich kommt als Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten auch § 50 Abs. 1 SGB X nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Es ist bereits fraglich, ob die Beklagte einen Verwaltungsakt (vgl. § 31 SGB X) zur Aufhebung der mit Bescheid vom 28. November 1991 erfolgten Bewilligung von „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” erlassen hat. Selbst wenn der (erneute) Umwertungsbescheid vom 5. Februar 1993 in diesem Sinne ausgelegt werden könnte, kann die Beklagte ihre Rückforderung hierauf nicht stützen.
Erstens wäre eine zunächst eingetretene Bindung der Aufhebung dadurch hinfällig geworden, daß die Beklagte ihre Feststellung, ab 1. Januar 1992 bestehe kein Anspruch auf Sozialzuschlag, mit dem hier angefochtenen Verwaltungsakt (Bescheid der Beklagten vom 22. März 1993) i.S. eines sog. Zweitbescheides wiederholt und damit auch hinsichtlich einer möglicherweise erfolgten Aufhebung des Bescheides vom 28. November 1991 eine Überprüfung im Rechtsweg erneut eröffnet hat. In diesem Falle wären der Widerspruch und die anschließende Klage der Klägerin so auszulegen, daß sie auch eine Anfechtung der Aufhebung der Bewilligung von „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” umfassen.
Zweitens könnte eine Aufhebung des Bescheides vom 28. November 1991, soweit sie den „Vorschuß auf den Sozialzuschlag” betrifft, materiell keinen Bestand haben, weil sie nicht den Anforderungen des hier einschlägigen § 45 SGB X entspricht. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 dieser Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Auch wenn die Bewilligung des „Vorschusses auf den Sozialzuschlag” rechtswidrig war, weil hierauf wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens kein Anspruch bestand, war eine Rücknahme nur nach Maßgabe der Vertrauensschutzgesichtspunkte des § 45 Abs. 2 SGB X zulässig. Darüber hinaus stand die Rücknahmeentscheidung im Ermessen der Beklagten. Da der angefochtene Verwaltungsakt keinerlei Ermessensabwägung erkennen läßt (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X), ist er schon wegen Fehlens der erforderlichen Ermessensausübung als rechtswidrig aufzuheben. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin – worauf das LSG abgestellt hat – i.S. von § 24 SGB X ordnungsgemäß angehört worden ist. Damit entfällt zugleich eine Erstattungspflicht nach § 50 Abs. 1 SGB X.
Das LSG hat die Beklagte gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG zu Recht verpflichtet, an die Klägerin die auf die Rückforderungssumme bereits gezahlten Ratenbeträge in Höhe von insgesamt 450,– DM zu erstatten. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben wird, aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsaktes rückgängig zu machen ist. Davon wird auch die Rückabwicklung von Zahlungen erfaßt, die aufgrund eines Erstattungsbescheides, der später durch das Gericht aufgehoben wird, schon freiwillig erbracht worden sind (vgl. dazu Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 131 SGG Anm. 2 Buchst a).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Breith. 1997, 343 |
SozSi 1997, 236 |