Leitsatz (redaktionell)

Die in DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 3 Abs 5 nach Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehene Kürzung des als Durchschnittseinkommen zugrundezulegenden Betrages steht in Einklang sowohl mit BVG § 40a als auch mit der Ermächtigung nach BVG § 30 Abs 5 aF ( BVG § 30 Abs 7 nF).

 

Normenkette

BVG § 40a Fassung: 1964-02-21, § 30 Abs. 5 Fassung: 1960-06-27, Abs. 7 Fassung: 1964-02-21; BVG§30Abs3u4DV § 3 Abs. 5 Fassung: 1961-07-30

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 1967 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin erhält vom 1. Januar 1964 an einen Schadensausgleich gemäß § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dabei wurde als Durchschnittseinkommen gemäß § 3 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG (DVO) vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) das um 25 v. H. gekürzte Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) angesetzt. Widerspruch, Klage und Berufung, die nur gegen die gemäß § 3 Abs. 5 DVO vorgenommene Kürzung des Vergleichseinkommens um 25 v. H. gerichtet waren, hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 10. Februar 1967 ausgeführt, die Regelung in § 3 Abs. 5 DVO werde durch die Ermächtigung in § 40 a Abs. 4 BVG iVm § 30 Abs. 7 BVG gedeckt, wonach nicht nur die Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Einkommensverlustes, sondern auch die Art und Weise ihrer Heranziehung bestimmt werden könne. Eine solche Regelung enthalte die Vorschrift des § 3 Abs. 5 DVO, die somit in Einklang mit der gesetzlichen Ermächtigung stehe und auch bei der Feststellung des Schadensausgleichs der Witwe anzuwenden sei. Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es die Anwendung des § 3 Abs. 5 DVO auch im vorliegenden Fall als eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehen hat.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17. März 1967, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 20. März 1967, Revision eingelegt.

Sie beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 5. Oktober 1965 sowie der Bescheide vom 13. Juli und 20. August 1965 den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin vom 1. Januar 1964 an Schadensausgleich durch Einstufung ihres Ehemannes in das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 zuzüglich des Ortszuschlages nach Stufe 2 und Ortsklasse A des BBesG ohne Kürzung um 25. v. H. zu gewähren.

In der Begründung rügt sie eine unrichtige Anwendung des § 40 a Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 4 BVG iVm § 30 Abs. 4 Satz 2, Abs. 7 Buchst. a BVG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) und der §§ 11, 5, 4, 2, 3 Abs. 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964. Sie ist der Auffassung, die in § 3 Abs. 5 DVO vorgeschriebene Kürzung widerspreche den Bestimmungen des BVG und werde auch durch die Ermächtigung in § 30 Abs. 7 Buchst. a BVG nicht gedeckt. Nach § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG sei immer nur vom Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe auszugehen, der der Ehemann bis zu seinem Tode angehört habe oder ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte. Auch nach dem gemäß § 40 a Abs. 2 Satz 3 BVG entsprechend anwendbaren § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG seien die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes und die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes maßgebend. In diesen Vergleichsgrundlagen sei aber nicht von Renten, Ruhegeldern oder Ruhegehältern die Rede, die im allgemeinen nach Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt würden. Die Bestimmungen des BVG ließen daher eine Kürzung des Vergleichseinkommens um 25 v. H. nicht zu. Diese sei auch weder nach § 40 a Abs. 1 Satz 1 BVG noch nach der Natur der Sache berechtigt. Die Nachteile bei der Ermittlung des fiktiven Einkommens würden durch eine Kürzung des Durchschnittseinkommens nach Vollendung des 65. Lebensjahres noch vergrößert. Die dann eintretende Minderung der Einkünfte werde heute vielfach durch Einkünfte aus zusätzlicher Arbeit ausgeglichen. Die Regelung in § 3 Abs. 5 DVO werde auch nicht durch die Ermächtigung in § 30 Abs. 7 Buchst. a BVG gedeckt. Buchstabe a) dieser Vorschrift erlaube nur, die als Vergleichsgrundlage heranzuziehenden Tarifverträge und Besoldungsordnungen zu bezeichnen und das Verfahren ihrer Heranziehung zu regeln; Buchst. c lasse nähere Bestimmungen nur für die Ermittlung des derzeitigen tatsächlichen Einkommens zu.

Der Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt worden; sie ist daher zulässig ( §§ 164 , 166 SGG ). Die Revision ist aber nicht begründet. Die Vorschriften der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in der hier anwendbaren Fassung vom 30. Juli 1964 gelten gemäß § 40 a Abs. 4 BVG iVm § 30 Abs. 7 BVG auch für die Feststellung des Schadensausgleichs der Witwe. Nach diesen Vorschriften ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen zur Ermittlung des Einkommensverlustes zu treffen, nachdem sich nicht nur der Berufsschadensausgleich des Beschädigten nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG , sondern auch der Schadensausgleich der Witwe nach § 40 a BVG richtet. In § 11 der auf § 30 Abs. 7 BVG und auch auf § 40 a Abs. 4 BVG gestützten DVO ist demgemäß ausdrücklich bestimmt, daß auch auf die Ermittlung des für die Berechnung des Schadensausgleichs der Witwe gemäß § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG maßgebenden Durchschnittseinkommens die §§ 2 bis 7 DVO entsprechend anzuwenden sind. Bei der Festsetzung des Durchschnittseinkommens des Ehemannes in der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der dieser ohne die Schädigung wahrscheinlich angehört hätte, sind sonach auch die in § 3 Abs. 5 und § 4 Abs. 5 DVO vorgeschriebenen Kürzungen zu berücksichtigen (vgl. BSG in SozR § 4 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG Nr. 1).

Nach § 3 Abs. 5 der genannten DVO sind bei Beschädigten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, als Durchschnittseinkommen 75 v. H. der nach den vorhergehenden Absätzen dieser Vorschrift ermittelten Beträge anzusetzen. Wie der erkennende Senat bereits früher entschieden hat (vgl. BSG in SozR § 3 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG Nr. 1), steht diese nach Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehene Kürzung des als Durchschnittseinkommen zugrunde zu legenden Betrages in Einklang sowohl mit § 40 a BVG als auch mit der Ermächtigung nach § 30 Abs. 5 BVG aF, jetzt § 30 Abs. 7 BVG nF. Diese Kürzung ergibt sich schon aus dem Gesetz selbst. Nach § 40 a Abs. 1 BVG ist dem Einkommen der Witwe als Vergleichseinkommen das Einkommen des Ehemannes gegenüberzustellen, das dieser ohne die Schädigung erzielt hätte, wenn er noch lebte. Spätestens nach Vollendung des 65. Lebensjahres scheiden aber Arbeitnehmer der privaten Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes regelmäßig aus ihrer Beschäftigung aus und erhalten danach geringere Bezüge in Form von Altersruhegeldern oder Ruhegehältern. Das der Berechnung des Schadensausgleichs zugrunde zu legende Durchschnittseinkommen kann dann auch nur noch in den nach Vollendung dieses Lebensalters in Betracht kommenden Bezügen bestehen. Dies bedeutet, daß bei der Einstufung in die vergleichsweise heranzuziehenden Besoldungsgruppen des BBesG auch die Kürzungen berücksichtigt werden müssen, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres eintreten und im günstigsten Falle 25 v. H. betragen. Die Kürzung nach § 3 Abs. 5 DVO trägt insofern den Grundsätzen des Schadensausgleichs Rechnung, als der Ehemann nach Vollendung des 65. Lebensjahres ohne die Schädigung im allgemeinen nur noch ein Einkommen in Höhe von 75 v. H. des sonst ermittelten Betrages hätte, auch wenn in einzelnen Fällen ein höheres oder geringeres Einkommen als dieses denkbar wäre. Da aber das Vergleichseinkommen für die Ermittlung des Schadens der Witwe gemäß § 40 a BVG überhaupt nur auf einer theoretischen Annahme beruht, deren Richtigkeit nicht nachprüfbar ist, kann das Einkommen des Ehemannes allein schon nach § 40 a Abs. 1 BVG entsprechend der auch im Leben regelmäßig eintretenden Entwicklung nach Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit 75 v. H. des Einkommens der in der gleichen Berufsgruppe noch aktiv tätigen Personen festgesetzt werden. Der § 3 Abs. 5 DVO und ebenso § 4 Abs. 5 DVO enthalten mithin nur Regelungen, die sich auch schon aus dem Wortlaut und dem Grundgedanken des Gesetzes sowie aus der Natur der Sache ergeben. Dem steht auch der Hinweis auf § 40 a Abs. 2 BVG iVm § 30 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVG nicht entgegen. Diese Vorschriften dienen nur der Feststellung des Einkommensverlustes im Sinne des § 40 a Abs. 1 BVG , der in dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Einkommen der Witwe und dem angenommenen Einkommen besteht, das ihr Ehemann ohne die Schädigung wahrscheinlich erzielt hätte, berührt aber nicht den in § 40 a Abs. 1 BVG ausgesprochenen Grundsatz, der nur eine Berücksichtigung des Einkommens zuläßt, das ohne die Schädigung voraussichtlich erzielt worden wäre und nach Vollendung des 65. Lebensjahres im allgemeinen nur noch aus geringeren Bezügen in Form von Ruhegeldern oder Ruhegehältern bestanden hätte. Dient § 40 a Abs. 2 BVG aber nur der näheren Feststellung des vergleichbaren Einkommens, so genügt dazu auch der allgemeine Hinweis auf das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppen und der jeweiligen beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen, die auch ohne ausdrückliche Erwähnung Anhaltspunkte für die Berechnung der in jedem Falle geringeren Altersbezüge bieten und deren Nichterwähnung jedenfalls nicht den Schluß zuläßt, daß gesetzlich auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres als Vergleichseinkommen des Ehemannes nur die vollen tariflichen oder beamtenrechtlichen Vergütungen der in Betracht kommenden Berufs- oder Besoldungsgruppe zugrunde gelegt werden dürften.

Die durch § 3 Abs. 5 DVO vorgeschriebene Kürzung steht auch in Einklang mit der Ermächtigung des § 30 Abs. 7 BVG nF (früher § 30 Abs. 5 BVG ). Nach dessen Buchstaben a) kann bestimmt werden, "welche Vergleichsgrundlage" zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist. Diese weder der Höhe noch der Sache nach eingeschränkte Möglichkeit läßt schon entsprechend ihrem Wortlaut die Festsetzung des vergleichbaren Einkommens des Ehemannes nach Vollendung des 65. Lebensjahres auf 75 v. H. der vollen Bezüge zu. Diese Möglichkeit erfährt auch keine Einschränkung durch die ebenfalls in § 30 Abs. 7 Buchst. a BVG stehenden Worte "in welcher Weise sie (d. h. die Vergleichsgrundlage) zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist", die nach Meinung der Klägerin nur Bestimmungen über das Verfahren zur Ermittlung des Einkommens erlaubten. Eine Ermächtigung nur für Verfahrensvorschriften wäre überflüssig, und die wenig sinnvolle Einführung von solchen Vorschriften in das materielle Recht des BVG dürfte vom Gesetzgeber auch kaum beabsichtigt gewesen sein. Die Ermächtigung zu Bestimmungen über die Festsetzung der miteinander zu vergleichenden Einkommen schließt auch das Recht zu einer Regelung darüber ein, wie das Einkommen des Ehemannes anzusetzen ist, wenn dieser das 65. Lebensjahr vollendet hätte. Unter diesen Umständen besteht für den Senat kein Anlaß, von seiner in der angezogenen Entscheidung geäußerten Auffassung über die Gültigkeit der in § 3 Abs. 5 und in § 4 Abs. 5 DVO vorgeschriebenen Kürzung abzuweichen. Die Revision hat im wesentlichen auch nur die gleichen Einwendungen wie in jenem Falle wiederholt, aber keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die zu einer anderen Beurteilung zwingen könnten.

Gegen die Einstufung ihres Ehemannes nach Besoldungsgruppe A 12 des BBesG hat die Klägerin Einwendungen nicht erhoben. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres ihres Ehemannes haben als Durchschnittseinkommen nur 75% des nach der genannten Besoldungsgruppe zustehenden Gehaltes zugrunde gelegt werden dürfen. Das LSG hat somit § 40 a BVG iVm § 30 Abs. 3 und 4 BVG sowie die Vorschriften der dazu erlassenen DVO, insbesondere § 3 Abs. 5, richtig angewandt. Die Revision ist daher nicht begründet und war zurückzuweisen ( § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG ).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG .

 

Fundstellen

Haufe-Index 2284914

RegNr, 14301

Die Praxis, 181 (red. Leitsatz 1 und Gründe)

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