Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfügbarkeit eines ausländischen Arbeitslosen. hier spanischer Staatsangehöriger
Orientierungssatz
1. Härte iS des ArbErlaubV § 2 Abs 5 Fassung: 1970-04-23.
2. Das ArbA darf für einen im ganzen Bundesgebiet verfügbaren Antragsteller die Arbeitserlaubnis nicht ablehnen, ohne im Rahmen seiner allgemeinen Pflichten nach AFG §§ 14 und 15 zu klären, ob der Antragsteller die Arbeitserlaubnis nur für einen bestimmten Arbeitsamtsbezirk oder räumlich unbeschränkt begehrt (vgl BSG vom 1978-05-30 7 RAr 4/77 = SozR 4100 § 103 Nr 14).
3. Die Verfügbarkeit setzt nicht stets das Vorhandensein einer Arbeitserlaubnis voraus. Vielmehr steht nach der Rechtsprechung des BSG erst dann fest, daß ein ausländischer Arbeitnehmer keine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben darf, wenn ihm der nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt verschlossen ist (vgl BSG vom 1977-01-27 12 RAr 83/76 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSG vom 1977-11-22 7 RAr 5/77 = SozR 4100 § 103 Nr 10). So lange es im Geltungsbereich des AFG überhaupt noch einen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in dem danach in Betracht kommenden Berufsbereich gibt, besteht die Möglichkeit einer Vermittlung. Um dies festzustellen, müssen die Vermittlungsbemühungen der BA (nicht eingerechnet Unterbrechungen durch Krankheit, Urlaub uä) mindestens ein Jahr betragen haben.
Normenkette
ArbErlaubV § 2 Abs. 5 Fassung: 1970-04-23; AFG § 19 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 103 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25, § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25; NiederlVtr ESP Art. 10 Abs. 3 Fassung: 1970-04-23, Abs. 4 Fassung: 1970-04-23, Abs. 5 Fassung: 1970-04-23; AFG § 134 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 29.11.1976; Aktenzeichen L 1 Ar 262/76) |
SG Kassel (Entscheidung vom 24.02.1976; Aktenzeichen S 5 Ar 23/75) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. November 1976 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Soweit der Kläger die Erteilung einer Arbeitserlaubnis begehrt, wird die Revision als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der im Jahr 1952 geborene, ledige Kläger, der spanischer Staatsangehöriger ist, arbeitete seit dem 3. September 1971 in der Bundesrepublik Deutschland. Am 31. Dezember 1972 endete das Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger war danach bis zum 29. März 1974 wegen einer chronischen Niereninsuffizienz arbeitsunfähig. Nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 20. Mai 1974 ist er nur noch zu leichten Arbeiten im Sitzen in geschlossenen und ausreichend erwärmten Räumen einsatzfähig, zum Beispiel als Kontrolleur, Prüfer, Sortierer. Der Kläger wohnt bei seinen Eltern in K.. Für die Zeit vom 1. April bis zum 26. Oktober 1974 bezog er Arbeitslosengeld (Alg). Einen Antrag, ihm im Anschluß an diese Leistung Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu gewähren, lehnte das Arbeitsamt (AA) mit Bescheid vom 2. Dezember 1974 ab. Den Widerspruch wies das AA am 17. Januar 1975 zurück mit der Begründung, dem Kläger könne aus arbeitsmarktpolitischen Gründen keine Arbeitserlaubnis (AE) erteilt werden.
Das Sozialgericht (SG) hat am 24. Februar 1976 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 28. Oktober 1974 Alhi in gesetzlichem Umfange zu zahlen. Mit der Berufung machte die Beklagte geltend, während der Zeit des Bezuges von Alg seien eingehende Vermittlungsbemühungen durchgeführt worden. Im Bezirk des AA K. seien seit Oktober 1974 ständig etwa 200 deutsche und ihnen gleichgestellte ausländische Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet gewesen, die für eine Vermittlung als Kontrolleur, Prüfer oder Sortierer in Betracht gekommen seien. Deshalb habe der Kläger nach der Lage des Arbeitsmarktes keine AE erhalten können.
Das Landessozialgericht (LSG) hat am 29. November 1976 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis der Anspruchsberechtigten nach §§ 134 ff des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), weil er keine AE besitze. Für spanische Staatsangehörige sei das Erfordernis der AE nicht durch zwischenstaatliche Vereinbarungen aufgehoben. Die AE sei dem Kläger für die Zeit ab 28. Oktober 1974 mit Recht versagt worden. Hinsichtlich der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes komme es hauptsächlich auf den Bezirk des AA Kassel an, wo der Kläger in der streitigen Zeit bei seinen Eltern gewohnt habe. Für den durch Krankheit minderleistungsfähigen Kläger habe kein offener Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Andererseits hätten dem Kläger seit Oktober 1974 ständig etwa 200 deutsche und bevorrechtigte nichtdeutsche Arbeitsuchende, für welche nur Arbeitstellen der Art in Betracht kamen wie für den Kläger (Arbeiten als Kontrolleur, Prüfer, Sortierer uä) gegenübergestanden. Soweit nach § 19 AFG die Verhältnisse des einzelnen Falles zu berücksichtigen seien, kämen im allgemeinen für den Arbeitnehmer Gründe sozialer Art in Betracht, zB Zusammenführung von Familienangehörigen. Derartige Gründen hätten jedoch beim ledigen Kläger nicht bestanden. Es sei nicht zu beanstanden, daß die Beklagte die Minderleistungsfähigkeit des Klägers durch die Nierenerkrankung nicht als Härte iS des § 2 Abs 5 Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer (AEVO) vom 2. März 1971 (BGBl I 152) bewertet habe, denn diese Minderleistungsfähigkeit stehe in keinem inneren Zusammenhang mit der Aufnahme und Ausübung der Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, die ungünstige Lage des Arbeitsmarktes sei Grund für den Anspruch auf Alhi; sie könne es deshalb nicht rechtfertigen, die AE zu versagen und dadurch mittelbar die Alhi wieder auszuschließen. Schon deshalb könne der Anspruch auf Alhi nicht von der Erteilung der AE abhängen. Spanier seien darüber hinaus nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung vom 20. April 1966 (BGBl II 1967 1945) wie deutsche Staatsangehörige zu behandeln und hätten deshalb wie diese Anspruch auf Alhi.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. November 1976 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Alhi seit dem 28. Oktober 1974 bei gleichzeitiger Erteilung einer AE zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie erkennt an, daß durch die fehlende AE die Verfügbarkeit des Klägers für die Zeit bis zum 28. April 1975 nicht ausgeschlossen sei. Danach sei der Arbeitsmarkt iS der Rechtsprechung des erkennenden Senats verschlossen. Das AA habe bereits zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung des Klägers die ersten konkreten Vermittlungsbemühungen unternommen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch. Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.
II.
Die Revision des Klägers ist hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Alhi zulässig und iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kann nicht abschließend entschieden werden, ob und für welche Zeit dem Kläger die begehrte Alhi zusteht. Soweit der Kläger die Erteilung einer AE begehrt, ist die Revision unzulässig.
Der Anspruch auf Alhi setzt nach § 134 Abs 1 Nr 1 iVm § 103 AFG ua voraus, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Dazu gehört, daß er eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben darf (§ 134 Abs 2 iVm § 103 Abs 1 Nr 1 AFG). Der ausländische Arbeitnehmer bedarf zur Ausübung einer Beschäftigung einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist (§ 19 Abs 1 AFG). Die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften und § 17 Abs 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 (BGBl I 269) bleiben unberührt (§ 19 Abs 2 AFG).
Der Kläger ist spanischer Staatsangehöriger. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden hat, ist die AE nach § 19 AFG für spanische Staatsangehörige auch unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung nicht entbehrlich (BSG SozR 4100 § 103 Nr 10 mwN).
Das LSG hat im angefochtenen Urteil dargelegt, dem Kläger sei die AE für die Zeit ab 28. Oktober 1974 zu Recht versagt worden; der Bescheid vom 2. Dezember 1974 habe zwei Verfügungssätze enthalten, nämlich die Ablehnung der Alhi und die Ablehnung der AE. Ob diese Auslegung des Bescheides zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat das SG nur zur Gewährung von Alhi verurteilt, und der Kläger hat dagegen keine Rechtsmittel eingelegt und nicht die Erteilung der AE beantragt. Somit besitzt der Kläger keine AE. Dies ist aber für seinen Anspruch auf Alhi nicht entscheidend. Das Erfordernis des § 103 Abs 1 Nr 1 AFG, daß der Arbeitslose eine Beschäftigung ausüben darf, ist schon dann erfüllt, wenn der ausländische Arbeitnehmer die Erlaubnis unabhängig vom Antrag beanspruchen kann. Davon ist das BSG in seiner Rechtsprechung zur Gewährung von Alhi an ausländische Arbeitnehmer ohne AE stets ausgegangen (vgl insbesondere SozR 4100 § 19 Nr 2).
Die Erteilung einer AE konnte der Kläger nicht nach der Bestimmung des Art 10 Abs 3 oder Abs 5 des deutsch-spanischen Niederlassungsvertrages vom 23. April 1970 (BGBl II 1972, 1041) verlangen. Der Kläger ist nicht mindestens fünf Jahre ununterbrochen als Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt gewesen noch kann er hier einen ununterbrochenen ordnungsgemäßen Aufenthalt von mindestens acht Jahren nachweisen. Nach Art 10 Abs 5 des Vertrages verkürzt sich die erforderliche Aufenthaltsdauer von acht Jahren auf fünf Jahre für die Ehegatten und die minderjährigen Kinder von Arbeitnehmern, die in der Bundesrepublik eine AE besitzen. Der Kläger ist aber jedenfalls schon am 28. Oktober 1974 sowohl nach deutschem wie nach spanischem Recht nicht mehr minderjährig gewesen. Nach Art 320 des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuchs (abgedruckt bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Band VI) tritt in Spanien die Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres ein. Durch die Erreichung der Volljährigkeit wird die Entlassung aus der elterlichen Gewalt bewirkt (Art 314 aaO). Die Volljährigkeit nach deutschem Recht ist bis zum 31. Dezember 1974 mit der Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs eingetreten, ab 1. Januar 1975 mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs (§ 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs idF des Gesetzes vom 31. Juli 1974 (BGBl I 1713).
Nach Art 10 Abs 4 des Niederlassungsvertrages kann die in Abs 3 genannte AE auf Antrag auch vor Ablauf der genannten Fristen erteilt werden, wenn die Anwendung der Gesetze und Verwaltungsvorschriften des Aufenthaltslandes über ausländische Arbeitnehmer und die Anwendung der Bestimmung des Abs 3 eine besondere Härte für den Antragsteller bedeuten. Wie sich aus Art 10 Abs 5 des Vertrages ergibt, kann die Härte iS des Abs 4 allerdings nicht allein in dem Umstand bestehen, daß der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland bei seinen Eltern wohnen kann. Das LSG hat bindend festgestellt, daß Gründe sozialer Art, zB Zusammenführung von Familienangehörigen, beim Kläger nicht bestanden haben. Damit ist auch eine besondere Härte ausgeschlossen, die etwa vorliegen könnte, wenn der Kläger wegen seines Nierenleidens bei seinen Eltern wohnen müßte - er hat dies selbst nicht behauptet -. Die Beklagte hat indessen vorgebracht, der Kläger sei nicht überörtlich zu vermitteln, weil bei ihm eine ständige Behandlung in der Dialysestation des Nephrologischen Zentrums in H. M. nötig sei. Wenn der Kläger deshalb auf eine Arbeitsvermittlung gerade im Umkreis von H. M. angewiesen sein sollte und die Aufnahme einer Arbeit in Spanien besonders erschwert wäre, dann würde allerdings die Anwendung der Vorschrift des § 19 AFG und der AEVO sowie auch des Art 10 Abs 3 des Niederlassungsvertrages, soweit diese Bestimmungen die Erteilung der AE nicht erlauben, für den Kläger eine besondere Härte darstellen. Insoweit wird das LSG noch Ermittlungen anzustellen haben.
Sofern und soweit sich aus Art 10 Abs 4 des Niederlassungsvertrages der Anspruch des Klägers auf eine AE und damit auf Alhi nicht ergibt, bedarf es weiterer Feststellungen des LSG. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erteilung einer AE nach § 2 Nr 1 AEVO hält das LSG mit Recht nicht für gegeben, da der Kläger nicht in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der AE ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der Verordnung ausgeübt hat. Nach § 2 Abs 5 AEVO kann die AE nach Abs 1 unabhängig von den Voraussetzungen der Absätze 1 und 3 erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Das LSG ist der Auffassung, dafür kämen nur solche Härtefälle in Betracht, die mit der Aufnahme oder Ausübung der unselbständigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland in innerem Zusammenhang stehen. Demgegenüber ist klarzustellen, daß das Erfordernis eines solchen Zusammenhanges nicht für das Merkmal der besonderen Verhältnisse gilt; zu den besonderen Verhältnissen können auch Krankheiten gehören, die schon vor der Aufnahme einer Beschäftigung in der Bundesrepublik bestanden haben. Die Härte iS des § 2 Abs 5 AEVO muß sich allerdings aus der Versagung der AE ergeben. Deshalb genügt der Umstand allein, daß der Kläger nierenkrank ist, nicht für die Annahme einer Härte iS des § 2 Abs 5 AEVO. Eine solche Härte würde es aber darstellen, wenn der Kläger deshalb zwangsläufig an den Umkreis von H. M. gebunden wäre und insbesondere nicht zur Arbeit nach Spanien zurückkehren könnte (zum Verhältnis der Anspruchsgrundlagen nach § 2 Abs 1 und 5 zueinander und zu deren Rechtsnatur vgl BSG SozR 4100 § 19 Nr 3).
Der Anspruch des Klägers nach § 19 AFG iVm § 1 AEVO auf Erteilung einer AE für den Bezirk des AA K. scheitert an der vom LSG festgestellten ungünstigen Lage des Arbeitsmarktes. Wenn aber der Kläger ohne räumliche Einschränkung auch für Vermittlungen außerhalb des Arbeitsamtsbezirkes K. verfügbar gewesen sein sollte, könnte die AE nicht allein wegen der Verhältnisse in diesem Arbeitsamtsbezirk abgelehnt werden. Der Senat hat bereits entschieden, daß das AA für einen im ganzen Bundesgebiet verfügbaren Antragsteller die AE nicht ablehnen darf, ohne im Rahmen seiner allgemeinen Pflichten nach §§ 14 und 15 AFG zu klären, ob der Antragsteller die AE nur für einen bestimmten Arbeitsamtsbezirk oder räumlich unbeschränkt begehrt (Urteil vom 30. Mai 1978 - 7 RAr 4/77 -). Für den Anspruch auf Alhi ohne ausdrücklichen Antrag auf Erteilung der AE muß entsprechendes gelten. Es kommt somit darauf an, ob der Kläger sich nur für Beschäftigungen in K. oder auch für Beschäftigungen allgemein im Geltungsbereich des AFG bereit erklärt hat und dazu in der Lage war. Sollte das der Fall gewesen sein, dann ist auch die Lage des Arbeitsmarktes außerhalb des Bezirkes des AA Kassel zu prüfen.
Selbst wenn der Kläger nach den weiteren Feststellungen des LSG eine AE nicht beanspruchen konnte, rechtfertigt dies nicht schon die Versagung der Alhi. Die Verfügbarkeit setzt nicht stets das Vorhandensein einer AE voraus. Vielmehr steht nach der Rechtsprechung des BSG erst dann fest, daß ein ausländischer Arbeitnehmer keine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben darf, wenn ihm der nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt verschlossen ist (BSG SozR 4100 § 19 Nr 2; BSG SozR 4100 § 103 Nr 10). Beim Kläger ist der Arbeitsmarkt weiter eingeschränkt auf die Beschäftigungen, die er nach seinem Gesundheitszustand ausüben kann. So lange es im Geltungsbereich des AFG überhaupt noch einen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in dem danach in Betracht kommenden Berufsbereich gibt, besteht die Möglichkeit einer Vermittlung. Um dies festzustellen, müssen die Vermittlungsbemühungen der Bundesanstalt für Arbeit (nicht eingerechnet Unterbrechungen durch Krankheit, Urlaub uä) mindestens ein Jahr betragen haben (BSG aaO). Während dieses Jahres müssen, wie das BSG ausgeführt hat, Vermittlungsbemühungen zumindest in dem Sinne unternommen werden, daß bei freiwerdenden Stellen die für den ausländischen Arbeitsuchenden in Betracht kommen, geprüft wird, ob er dorthin vermittelt und ob ihm hierfür eine AE erteilt werden kann. Falls der Kläger keine AE beanspruchen konnte, wird das LSG feststellen müssen, ob und wann die genannte Jahresfrist zu laufen begonnen, und ob die Beklagte ausreichende Vermittlungsbemühungen unternommen hat.
Die Beklagte räumt ein, daß nach der erwähnten Rechtsprechung der Arbeitsmarkt für den Kläger bis zum 28. April 1975 nicht verschlossen war. Für die Wahl dieses Datums ist ein Grund nicht erkennbar, zumal nach einem Vermerk in den Leistungsakten vom 22. Mai 1974 bis zu diesem Tage noch keine Vermittlungsbemühungen durchgeführt waren, sondern erst eingeleitet werden sollten. Weiter führt die Beklagte aus, die erste konkrete Vermittlungsbemühung sei vorliegend bereits zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung erfolgt. Für diese Behauptung findet sich in den Feststellungen des LSG und in den in Bezug genommenen Leistungsakten kein Anhaltspunkt; der Vermerk vom 22. Mai 1974 spricht dagegen. Der Senat hat bereits betont, daß für die Feststellung, der Arbeitsmarkt sei verschlossen, nicht etwa ein einmaliger Vermittlungsversuch ausreicht, daß vielmehr eine nachhaltige, fortgesetzte Tätigkeit der Beklagten erforderlich ist (BSG SozR 4100 § 103 Nr 10). Eine solche fortgesetzte Tätigkeit hält die Beklagte trotz dieser Rechtsprechung im Hinblick auf die Lage des Arbeitsmarktes für überflüssig, obwohl auch in dem vom Senat im zuletzt genannten Urteil entschiedenen Fall auf dem für den Ausländer in Betracht kommenden Arbeitsmarkt die Zahl der offenen Arbeitsstellen durch die Zahl der Arbeitsgesuche von deutschen Arbeitnehmern wesentlich überschritten wurde. Nach der Rechtsprechung des Senats kann kein Zweifel bestehen, daß auch bei beachtlicher Arbeitslosigkeit auf dem für den ausländischen Arbeitnehmer in Betracht kommender Arbeitsmarkt die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes nicht ohne konkrete Vermittlungsbemühungen für den einzelnen Arbeitslosen festgestellt werden kann. Der Senat hat im Urteil vom 21. März 1978 - 7 RAr 48/78 - (= SozR 4100 § 19 Nr 6) nochmals seine Rechtsauffassung erläutert und Mißverständnisse ausgeräumt. Er hat insbesondere ausgeführt, es sei nicht angängig, die Ablehnung des Alhi-Anspruchs eines ausländischen Arbeitslosen auf eine globale Betrachtung des Arbeitsmarktes zu stützen. Zu einem Vermittlungsversuch gehöre es, daß der Vermittler im Einzelfall nachweisbar prüft, ob und welche Möglichkeiten zur Vermittlung oder beruflichen Bildung gegeben sind. Es genügt, wenn er dabei zB wegen des Vorrangs deutscher Arbeitsloser zu einer negativen Entscheidung für den ausländischen Arbeitslosen kommt und ihm deshalb eine offene Stelle gar nicht erst anbietet. Die Beklagte konnte aber solche Ausführungen nicht dahin mißverstehen, daß deshalb die Prüfung im Einzelfall überhaupt entbehrlich wäre. An seiner Rechtsprechung hält der Senat fest, er hat ihr nichts hinzuzufügen.
Daraus ergibt sich hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Alhi die Notwendigkeit der Zurückverweisung der Sache an das LSG, das gegebenenfalls weiter klären muß, wie lange der Kläger arbeitslos war und ob die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi erfüllt gewesen sind.
Der Kläger begehrt neben der Gewährung der Alhi auch die Erteilung einer AE. Ein solcher Anspruch hat zumindest im Verfahren vor dem LSG nicht zum Streitgegenstand gehört. Es handelt sich um eine Klageänderung, die gem § 168 SGG in der Revisionsinstanz nicht zulässig ist. Deshalb ist die Revision insoweit als unzulässig zu verwerfen.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG mit zu entscheiden haben.
Fundstellen