Leitsatz (amtlich)
In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung ist die Berufung bei einem Streit über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse (SGG § 148 Nr 3), von dem weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhängt, nach SGG § 150 Nr 3 auch dann zulässig, wenn das Sozialgericht die Gesundheitsstörung nicht mehr als feststellbar erachtet hat.
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ohne Belang, ob das SG die Gesundheitsstörung "nicht als feststellbar" oder "nicht mehr als feststellbar" (bzw als "abgeklungen", "ausgeheilt" oder in ähnlicher Weise) bezeichnet hat; für eine über den Wortlaut hinausgehende einschränkende Auslegung ist kein innerer Grund ersichtlich.
Es besteht kein Grund, bei der Auslegung des SGG § 150 Nr 3 von den Grundsätzen des RVG in der grundsätzlichen Entscheidung vom 1939-03-10 (RVGE 13, 241) abzuweichen.
Normenkette
SGG § 148 Nr. 3 Fassung: 1958-06-25, § 150 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig vom 24. Oktober 1957 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger bezog auf Grund des Bescheides vom 24. August 1950 nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 wegen
"1. Amputationsstumpf im oberen Drittel des rechten Vorderarmes,
2. Beschwerden nach Gehirnerschütterung"
eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) um 60 v. H. Dem Bescheid war eine ärztliche Untersuchung vorausgegangen. Mit Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 6. Juni 1951 übernahm das Versorgungsamt (VersorgA.) Heide ohne ärztliche Nachuntersuchung die Leidensbezeichnung und die Höhe der MdE. Dieser Bescheid blieb unangefochten.
Im Januar 1953 hat der Kläger beantragt, ihm wegen einer Verschlechterung seines Befindens, die "auf seine Hirnverletzung und sein Herzleiden als Kriegsfolgen" zurückzuführen sei, eine höhere Rente zu gewähren. Auf Grund des Ergebnisses einer daraufhin durchgeführten Nachuntersuchung hat das VersorgA. mit einem auf § 62 Abs. 1 BVG gestützten Bescheid "von Amts wegen und auf den Antrag vom 13.1.1953" die Versorgungsbezüge des Klägers neu festgestellt und ab 1. Dezember 1953 nur noch Beschäftigtenrente nach einer MdE. um 50 v. H. wegen "Verlust des rechten Vorderarmes" gewährt, weil eine wesentliche Besserung insofern eingetreten sei, als am Nervensystem keine objektiven organischen Ausfallerscheinungen nachweisbar und auch keine Zeichen für eine traumatische Hirnleistungsschwäche vorhanden seien. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch (Einspruch alten Rechts) des Klägers hat das Landesversorgungsamt (LVersorgA.) unter Änderung der Bezeichnung der anerkannten Schädigungsfolgen in "Verlust des rechten Unterarmes" durch Widerspruchsbescheid zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und beantragt, ihm ab 1. Januar 1953 Rente nach einer MdE. um 70 v. H. zu gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen, es seien auch jetzt noch objektive Ausfallerscheinungen nach seinem im Jahre 1941 erlittenen Schädeltrauma vorhanden, er leide nach wie vor an schweren Hirnkopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und nervöser Reizbarkeit. Das Sozialgericht (SG.) Schleswig hat mit Urteil vom 1. November 1955 die Klage abgewiesen und ausgeführt, es habe sich nicht davon überzeugen können, daß bei dem Kläger noch Beschwerden nach Gehirnerschütterung oder nach einer schweren Hirnschädigung vorlägen; nach allgemeingültigen wissenschaftlichen Erfahrungen seien die Folgen der Gehirnerschütterung mit Sicherheit nach zwei bis drei Jahren abgeklungen gewesen. Das SG. hat die Rechtsmittelbelehrung mit dem Satz eingeleitet: "Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zulässig".
Das Landessozialgericht (LSG.) hat die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Klägers mit Urteil vom 24. Oktober 1957 als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Berufung sei unstatthaft, weil der Streit nur um den Grad der MdE. und die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse gehe, ohne daß von seinem Ausgang die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente abhänge. Die Berufung sei auch nicht ausnahmsweise nach § 150 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Weder habe das SG. die Berufung ausdrücklich zugelassen, noch habe der Kläger einen wesentlichen Mangel des Verfahrens gerügt, noch sei der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG streitig. Das SG. habe auch nicht eine Gesundheitsstörung als nicht feststellbar erachtet, sondern sich ebenso wie der angefochtene Bescheid nur mit der Höhe der durch die bereits festgestellten Schädigungsfolgen bedingten MdE. befaßt. Die Vorschrift des § 150 Nr. 3 SGG, nach der die Berufung ungeachtet der §§ 144 bis 149 zulässig ist, wenn das SG. eine Gesundheitsstörung nicht als feststellbar erachtet hat, betreffe ganz offensichtlich nur die erstmalige Prüfung, ob eine Versorgungsansprüche auslösende Gesundheitsstörung vorhanden ist. Es sei der Sinn dieser Vorschrift, die sehr schwierige Entscheidung über den Ursachenzusammenhang auf jeden Fall einer Nachprüfung durch das LSG. zu unterziehen, falls es begehrt werde. Dieses Interesse an einer Nachprüfung durch die zweite Tatsacheninstanz bestehe aber dann nicht, wenn nur noch zu entscheiden sei, ob und in welchem Umfang noch Beschwerden nach einer bereits festgestellten Gesundheitsstörung vorhanden sind.
Das LSG. hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat Revision eingelegt und beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger rügt eine Verletzung der §§ 148 Nr. 3 und 150 Nr. 3 SGG. Er ist der Ansicht, das Urteil des SG. betreffe nicht die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 148 Nr. 3 SGG. Zwar habe die Versorgungsbehörde den angefochtenen Bescheid auf § 62 Abs. 1 BVG gestützt, tatsächlich sei aber seit dem Umanerkennungsbescheid vom 6. Juni 1951 keine Änderung der Verhältnisse nachgewiesen, so daß als Rechtsgrundlage des Neufeststellungsbescheides nur § 86 Abs. 3 BVG in Betracht komme. Die Berufung sei daher nach § 148 Nr. 3 SGG nicht ausgeschlossen gewesen. Selbst wenn aber die Ausschlußvorschrift des § 148 Nr. 3 SGG Platz greife, sei die Berufung nach der zweiten Alternative des § 150 Nr. 3 SGG zulässig, weil das SG. das Vorliegen einer echten Hirnschädigung verneint und Folgen der Gehirnerschütterung nicht mehr als feststellbar erachtet habe. Die einschränkende Auslegung des § 150 Nr. 3 SGG durch das LSG. sei weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe dem Versorgungsberechtigten nicht nur für die oft sehr schwierige Frage des ursächlichen Zusammenhangs, sondern auch für die nicht minder bedeutsame und oft ebenso diffizile Frage, ob eine Gesundheitsstörung überhaupt vorhanden ist oder ob sie noch vorliegt, den Weg in die zweite Tatsacheninstanz eröffnen wollen. Das LSG. hätte daher die Berufung nicht als unzulässig verwerfen dürfen, sondern über das Rechtsmittel sachlich entscheiden müssen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG) und daher zulässig; sie ist auch begründet.
Der Kläger wendet sich mit der Revision gegen die Rechtsansicht des LSG., die gegen das Urteil des SG. eingelegte Berufung sei ausgeschlossen und damit unzulässig gewesen. Nach § 158 Abs. 1 SGG ist eine Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt worden ist. Hiermit sind die Fälle, in denen die Berufung als unzulässig verworfen werden kann, abschließend aufgezählt. Eine Verletzung dieser verfahrensrechtlichen Norm liegt dann vor, wenn die Berufung als unzulässig verworfen worden ist, obwohl die Voraussetzungen, unter denen eine derartige Verwerfung stattfinden kann und muß, nicht erfüllt waren und das Berufungsgericht eine Sachentscheidung hätte treffen müssen (BSG. 1 S. 284; BSG. in SozR. SGG § 162 Bl. Da 3 Nr. 21 und § 215 Bl. Da 4 Nr. 17). Das LSG. durfte mithin, da der Kläger die Berufung form- und fristgerecht eingelegt hat, dieses Rechtsmittel nur dann als unzulässig verwerfen, wenn es nach den §§ 144 ff. SGG in der Fassung vor dem Zweiten Gesetz zur Änderung des SGG vom 25. Juni 1958 (BGBl. I S. 409) - a. F. - (vgl. BSG. 8 S. 135; BSG. in SozR. SGG § 143 Bl. Da 2 Nr. 3), die eine erschöpfende Aufzählung der Berufungsausschließungsgründe enthalten, nicht statthaft war. Das ist nicht der Fall.
Die Ansicht des Klägers, die Berufung sei schon deshalb statthaft gewesen, weil keiner der in den §§ 144 bis 149 SGG genannten Ausschließungsgründe vorgelegen habe, trifft allerdings nicht zu. In Übereinstimmung mit dem LSG. ist vielmehr davon auszugehen, daß die Berufung gegen das Urteil des SG. grundsätzlich nach § 148 Nr. 3 SGG a. F. ausgeschlossen war. Nach dieser Vorschrift können in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (KOV) Urteile mit der Berufung nicht angefochten werden, wenn sie den Grad der MdE. oder die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betreffen, soweit nicht die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente davon abhängt. Dem Urteil des SG. vom 1. November 1955 liegt der Bescheid des VersorgA. vom 19. Oktober 1953 zugrunde, durch den der auf § 62 Abs. 1 BVG gestützte Antrag des Klägers vom 13. Januar 1953 auf Gewährung einer höheren Rente wegen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen abgelehnt und außerdem von Amts wegen unter Hinweis auf § 62 Abs. 1 BVG mit der Begründung, es sei eine wesentliche Besserung nachgewiesen, die bisher nach einer MdE. um 60 v. H. gewährte Beschädigtenrente auf eine solche nach einer MdE. um 50 v. H. herabgesetzt worden ist. Das SG. hat die auf Aufhebung dieses Bescheides und Gewährung von Rente nach einer MdE. um 70 v. H. wegen der anerkannten Schädigungsfolgen gerichtete Klage abgewiesen. Damit hat es sowohl die Ablehnung des Neufeststellungsantrages des Klägers durch die Versorgungsbehörde als auch die vom VersorgA. von Amts wegen vorgenommene Rentenherabsetzung als rechtmäßig bestätigt. Soweit es sich um den Verschlimmerungsantrag des Klägers handelt, betrifft das Urteil die - ablehnende (negative) - Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 148 Nr. 3 SGG a. F. Ob das auch der Fall ist, soweit das SG. über die Rechtmäßigkeit der Herabsetzung der Rente nach einer MdE. von bisher 60 v. H. auf 50 v. H. entschieden hat, oder ob das Urteil insoweit, wie der Kläger meint, in Wirklichkeit eine "Neufeststellung" nach § 86 Abs. 3 BVG, d. h. unabhängig von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG, zum Gegenstand hat, kann dahingestellt bleiben; denn für die Frage der Statthaftigkeit der Berufung ist es im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, auf welcher dieser beiden Vorschriften die streitige Herabsetzung der Rente beruht. Zwar ist die "Neufeststellung" der Rente gemäß § 86 Abs. 3 BVG als ein Teil der Entscheidung über die Umanerkennung begrifflich eine Erstfeststellung der Bezüge nach dem BVG. Die Berufung ist jedoch entgegen der Ansicht des Klägers auch bei der ersten Feststellung einer Rente nach dem BVG grundsätzlich nach § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen, wenn das Urteil des SG. einen Streit über den Grad der MdE. betrifft und davon weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhängt (vgl. BSG. in SozR. SGG § 145 Bl. Da 3 Nr. 4 für die erste Feststellung der Dauerrente nach § 1585 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Das ist hier der Fall, da streitig war, ob die MdE. für die Beschädigtenrente des Klägers 50, 60 oder 70 v. H. beträgt.
Das Berufungsgericht hat auch zutreffend entschieden, daß die danach auf Grund des § 148 Nr. 3 SGG a. F. an sich unstatthafte Berufung nicht ausnahmsweise nach § 150 Nr. 1 SGG zulässig war. Das SG. hat von der Möglichkeit, die Berufung nach dieser Vorschrift zuzulassen, keinen Gebrauch gemacht. Der in der Rechtsmittelbelehrung enthaltene Satz: "Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zulässig" enthält nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG. 2 S. 121; BSG. in SozR. SGG § 150 Bl. Da 3 Nr. 10 und Bl. Da 6 Nr. 16) keine Zulassung der Berufung. Die Zulassung muß vielmehr im Urteil so eindeutig zum Ausdruck gebracht sein, daß kein Zweifel daran bestehen kann, daß das SG. eine seiner Ansicht nach auf Grund der §§ 144 bis 149 SGG an sich unstatthafte Berufung trotzdem wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder wegen Abweichens von einem Urteil des übergeordneten LSG. zulassen will. Das ist nicht geschehen. An die Nichtzulassung der Berufung war das LSG. gebunden (BSG. in SozR. SGG § 150 Bl. Da 2 Nr. 8 und Nr. 9, Bl. Da 3 Nr. 10, ständige Rechtsprechung). Der Kläger hat im Berufungsverfahren auch keine Verfahrensrüge erhoben, die nach § 150 Nr. 2 SGG zur Zulässigkeit der gemäß § 148 Nr. 3 SGG a. F. an sich unstatthaften Berufung hätte führen können.
Der Kläger rügt jedoch mit Recht eine Verletzung des § 150 Nr. 3 SGG durch das LSG. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung ungeachtet der §§ 144 bis 149 SGG zulässig, wenn der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung oder des Todes mit einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des BVG streitig ist oder das SG. eine Gesundheitsstörung nicht als feststellbar erachtet hat.
Ein Streit über den ursächlichen Zusammenhang im Sinne des § 150 Nr. 3 SGG hat nicht vorgelegen. Der Kläger hat zwar in seinem Neufeststellungsantrag vom 13. Januar 1953 ausgeführt, daß er die Verschlechterung seines Befindens "auf seine Hirnverletzung und sein Herzleiden als Kriegsfolgen" zurückführe, er hat sich jedoch im Verfahren vor dem SG. darauf beschränkt, eine höhere Rente wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen zu begehren, und hat seinen bereits durch den bindend gewordenen Bescheid vom 24. August 1950 abgelehnten Antrag auf Anerkennung eines Herzleidens als Schädigungsfolge nicht weiter verfolgt. Dementsprechend hat auch das SG. nicht über den ursächlichen Zusammenhang des Herzleidens mit einer Schädigung im Sinne des BVG entschieden. Der Kläger hält jedoch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung nach § 150 Nr. 3 SGG deshalb für gegeben, weil das SG. in Übereinstimmung mit der Versorgungsbehörde die anerkannte Gesundheitsstörung "Beschwerden nach Gehirnerschütterung" als abgeklungen bezeichnet und damit als nicht feststellbar im Sinne des § 150 Nr. 3 SGG erachtet habe. Demgegenüber ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Ausnahmevorschrift des § 150 Nr. 3 SGG nach seinem Sinn und Zweck nur in den Fällen Anwendung finden könne, in denen erstmals festzustellen sei, ob eine anspruchsbegründende Gesundheitsstörung vorhanden ist, nicht aber auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall nur streitig sei, ob und in welchem Umfang eine bereits anerkannte Gesundheitsstörung noch vorliegt.
Der Senat vermag der vom LSG. vertretenen Auffassung nicht zu folgen, da sie weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes gerecht wird. § 150 SGG schreibt vor, daß die Berufung "ungeachtet der §§ 144 bis 149" zulässig ist, wenn einer der unter Nr. 1 bis 3 aufgezählten Tatbestände vorliegt. Damit ist eine unmittelbare Verbindung zu den vorhergehenden Berufungsausschlußvorschriften hergestellt, die eine isolierte Betrachtung und Auslegung des § 150 SGG verbietet. Aus § 150 Nr. 3 SGG in Verbindung mit § 148 Nr. 3 SGG a. F. folgt daher, daß in Angelegenheiten der KOV die Berufung auch - und stets - dann zulässig ist, wenn das SG. bei einem Streit über den Grad der MdE. oder die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse, von dem weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente abhängt, eine Gesundheitsstörung nicht als feststellbar erachtet hat. Dabei ist es ohne Belang, ob das SG. die Gesundheitsstörung "nicht als feststellbar" oder "nicht mehr als feststellbar" (bzw. als "abgeklungen", "ausgeheilt" oder in ähnlicher Weise) bezeichnet hat; denn es ist kein innerer Grund ersichtlich, der über den Wortlaut hinaus eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift dahin, daß etwa die Berufung bei einer Gradstreitigkeit oder bei einer Neufeststellung nur dann zulässig sei, wenn die Änderung auf eine erstmals geltend gemachte Gesundheitsstörung gestützt und diese nicht als feststellbar erachtet wird, rechtfertigen könnte. Für die Ansicht des LSG. daß der Gesetzgeber die Berufungsmöglichkeit nach der zweiten Alternative des § 150 Nr. 3 SGG nur deshalb vorgesehen habe, weil in den Fällen, in denen das SG. bei der erstmaligen Geltendmachung einer Gesundheitsstörung diese als nicht feststellbar erachtet hat, bei einer anderen Beurteilung durch das Berufungsgericht möglicherweise ein Streit über den ursächlichen Zusammenhang entstehen könne und die sehr schwierige Frage des Ursachenzusammenhanges auf jeden Fall einer Prüfung durch das LSG. habe unterzogen werden sollen, ergeben sich weder aus dem Gesetz selbst noch aus seiner Entstehungsgeschichte ausreichende Anhaltspunkte. Die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über Zulässigkeit und Ausschluß der Berufung in Angelegenheiten der KOV sind den entsprechenden Vorschriften des - mehrfach geänderten - Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen (VerfG) vom 10. Januar 1922 (RGBl. S. 59) nachgebildet. Nach § 90 Abs. 2 Nr. 1 VerfG in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. November 1934 (RGBl. I S. 1113) entschieden über die Berufung die Versorgungsgerichte endgültig, "wenn es sich in dem Verfahren um den Grad der MdE. oder um die Neufeststellung der Rente ... wegen Veränderung der Verhältnisse handelt". Dagegen entschied das Reichsversorgungsgericht (RVGer.) über die Berufung, "wenn die Verwaltungsbehörde die Gesundheitsstörung als nicht feststellbar erachtet oder in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 die Gesundheitsstörung oder den Tod nicht als Folge einer Dienstbeschädigung anerkannt hat" (§ 90 Abs. 3 VerfG). Diese Vorschrift ist allerdings vom RVGer. in der Grundsätzlichen Entscheidung vom 1. August 1935 (RVGer. Bd. 11 S. 274) dahin ausgelegt worden, daß mit "nicht feststellbaren" Gesundheitsstörungen offenbar solche Gesundheitsstörungen nicht gemeint seien, "deren Vorhandensein und ursächlicher Zusammenhang mit einer Dienstbeschädigung bereits in einem früheren Verfahren festgestellt war, hinsichtlich deren mithin ein Streit nur noch über die Änderung der für die Rentenfeststellung oder Ablehnung maßgebend gewesenen Verhältnisse entstehen kann". Das RVGer. hat also - ebenso wie das LSG. in dem angefochtenen Urteil - unterschieden zwischen den Begriffen "nicht feststellbar" in den Fällen, in denen es sich um die erstmalige Geltendmachung einer Gesundheitsstörung als Dienstbeschädigungsfolge handelt, und "nicht mehr feststellbar" in denjenigen Fällen, in denen der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Dienstbeschädigung bereits in einem früheren Verfahren festgestellt worden war und diese Gesundheitsstörung ausgeheilt, also nicht mehr feststellbar ist. Inwieweit diese Entscheidung nach der seinerzeit geltenden Gesetzesfassung gerechtfertigt war, mag dahinstehen. Sie ist jedenfalls durch die Neufassung des § 90 VerfG durch das Gesetz zur Änderung des Reichsversorgungsgesetzes (RVG) und des VerfG vom 27. September 1938 (RGBl. I S. 1217) überholt worden. § 90 Abs. 2 und 3 VerfG lauteten nunmehr:
"(2) Über die Berufung entscheiden die Versorgungsgerichte endgültig, wenn es sich lediglich um Heilbehandlung, um den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit, um die Neufeststellung der Rente (Reichsversorgungsgesetz §§ 24 bis 30 a) wegen Veränderung der Verhältnisse oder um Berufungen gegen Berichtigungsbescheide (§ 65 Abs. 2) handelt, die lediglich diese Streitgegenstände betreffen.
(3) Im übrigen entscheidet über die Berufung das Reichsversorgungsgericht es entscheidet ferner über die Berufung, wenn die Verwaltungsbehörde bei Streitigkeiten über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit oder die Neufeststellung der Rente oder bei Ansprüchen auf Heilbehandlung, Hausgeld, Sterbegeld, Elternrente oder Witwenrente die Gesundheitsstörung oder den Tod nicht als Folge einer Dienstbeschädigung anerkannt oder die Gesundheitsstörung nicht als feststellbar erachtet hat."
Durch diese Gesetzesänderung ist, wie daraufhin das RVGer. in der Grundsätzlichen Entscheidung vom 10. März 1939 (RVGer. Bd. 13 S. 241) ausgeführt hat, der in der Entscheidung RVGer. Bd. 11 S. 274 betonte Unterschied zwischen einer "nicht feststellbaren" und einer "nicht mehr feststellbaren" Gesundheitsstörung und die sich daraus ergebende unterschiedliche Zuständigkeit fortgefallen. Das RVGer. war fortan bei Gradstreitigkeiten und bei Streitigkeiten über die Neufeststellung der Rente auch dann allein zuständig für die Entscheidung über die Berufung, wenn die Verwaltungsbehörde ein Leiden als nicht mehr feststellbar oder in ähnlicher Weise bezeichnet hatte. Die Regelung in den §§ 148 Nr. 3 und 150 Nr. 3 SGG entspricht, soweit sie hier in Betracht kommt, inhaltlich den früheren, den Instanzenzug unterschiedlich regelnden Vorschriften des § 90 Abs. 2 und 3 VerfG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des RVG und des VerfG vom 27. September 1938. Es besteht daher kein Anlaß, bei der Auslegung des § 150 Nr. 3 SGG von den vom RVGer. in der Entscheidung Bd. 13 S. 241 entwickelten Grundsätzen abzuweichen, zumal der Gesetzgeber des Sozialgerichtsgesetzes insoweit ersichtlich an die frühere Regelung hat anknüpfen wollen.
Der Senat vermag auch die vom LSG. vertretene Ansicht, daß es sich bei einem Streit darüber, ob eine bereits als Schädigungsfolge anerkannte Gesundheitsstörung noch vorhanden ist, nur um eine im Vergleich zu einem Streit über den Ursachenzusammenhang minder wichtige Angelegenheit handele, die die Zulässigkeit der Berufung nicht rechtfertige, nicht zu teilen; denn von der Entscheidung, ob eine Gesundheitsstörung abgeklungen ist, hängt in der Regel nicht nur die Höhe der Rente, sondern vor allem auch der Anspruch auf Heilbehandlung (§§ 10 ff. BVG) ab. Im Hinblick darauf ist es für den Betroffenen im Ergebnis gleichermaßen nachteilig, ob das SG. den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG verneint, ob es eine Gesundheitsstörung schon bei der ersten Geltendmachung als nicht feststellbar bezeichnet oder ob es eine bereits vorher anerkannte Gesundheitsstörung als nicht mehr feststellbar erachtet hat. Aus diesem Grunde erscheint es auch rechtspolitisch nicht vertretbar, in den beiden ersten Fällen die Berufungsmöglichkeit zuzubilligen, im letzten Falle aber sie zu versagen. Das LSG. verkennt offenbar auch, daß Zulässigkeit und Ausschluß der Berufung im Sozialgerichtsgesetz grundsätzlich nach Ansprüchen und deren Bedeutung für den Beschädigten, nicht aber nach dem Schwierigkeitsgrad der Entscheidungen geregelt sind. Dieses Prinzip ist, soweit es sich um die KOV handelt, besonders deutlich aus der in § 148 Nr. 3 SGG getroffenen Regelung erkennbar.
Da hiernach die Berufung des Klägers nach der zweiten Alternative des § 150 Nr. 3 SGG zulässig war, hat das LSG. dieses Rechtsmittel zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Revision ist somit begründet; denn das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensmangel. In der Sache selbst konnte der Senat nicht entscheiden, weil das LSG. seiner Rechtsansicht entsprechend keine Feststellungen getroffen hat, die eine Prüfung ermöglichen, ob und in welchem Umfang die Neufeststellung der Rente des Klägers sachlich gerechtfertigt ist. Das angefochtene Urteil war daher nach § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG. zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen