Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. Unfallrente. Feststellung

 

Orientierungssatz

Eine Feststellung iS von § 17 Abs 6 SVFAG liegt nur vor, wenn der Versicherungsträger, der Leistungen für einen nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr erreichbaren Versicherungsträger übernahm, auch nach außen hin zum Ausdruck gebracht hat, daß er damit eine Eigenverpflichtung zur Leistungsgewährung anerkennen will (vgl BSG 1959-10-29 2 RU 229/56 = SozR Nr 13 zu § 17 FRG).

 

Normenkette

SVFAG § 17 Abs. 6

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 06.04.1960)

 

Tenor

Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. April 1960 wird mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Der Kläger, der am 10. Januar 1891 geboren ist, beansprucht von der Beklagten vom 1. April 1956 an Rente für die Folgen eines Unfalls vom 23. November 1927.

Die damalige Reichsbahndirektion Breslau hatte durch Bescheid vom 10. Dezember 1931 für die Folgen des Unfalls eine Rente, vom 7. Januar 1929 an in Höhe von 66 2/3 v. H. der Vollrente, festgestellt. Über den Unfallhergang und seine Auswirkungen ist in diesem Bescheid ausgeführt:

Beim Arbeiten an einem Apolographen läutete der Fernsprecher. Sie hoben mit der linken Hand den Hörer ab und waren im Begriff, mit der rechten Hand die erforderlichen Aufschreibungen zu machen. Hierbei berührten Sie mit der rechten feuchten Hand eine Metallplatte der Adrema Druckmaschine. Im gleichen Augenblick erlitten Sie einen elektrischen Schlag, anscheinend infolge Kurzschlusses der Maschine. Nachdem Sie sich erholt hatten, setzten Sie Ihre Arbeit fort. Erst am 3.9.1928 stellten Sie die Arbeit ein und haben in der Folgezeit wegen Ihres Herz- und Nervenleidens nur noch mit kürzeren Unterbrechungen gearbeitet.

Der Kläger war vom 8. März 1945 an in Brombach Landkreis Pfarrkirchen/Niederbayern polizeilich gemeldet und ist am 1. März 1951 nach Bamberg verzogen.

Mit Schreiben vom 1. Februar 1946 wandte sich der Kläger von Brombach aus an die damalige Abwicklungsstelle der ehemaligen Reichsbahndirektion Breslau in Peine und teilte ihr mit, daß er die Rente letztmalig am 1. Januar 1946 erhalten habe. Die Abwicklungsstelle antwortete ihm, daß die Rentenakten verlorengegangen seien, und forderten ihn auf, sich an die Reichsbahn-Versicherungsanstalt in Rosenheim zu wenden. Die "Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde Bezirk Rosenheim" wies, nachdem der Kläger sich an sie gewendet hatte, die Rente in der bisherigen Höhe von 72,50 RM vom 1. Februar 1946 an wieder zur Zahlung an und teilte dies dem Kläger durch Schreiben vom 26. Februar 1946 mit.

Die Bezirksleitung Rosenheim der Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde veranlaßte eine Nachuntersuchung des Klägers in der II. Medizinischen Universitätsklinik in München, die hierüber ein Gutachten vom 27. Oktober 1947 (Priv.-Doz. Dr. Z, Assistenzarzt Dr. L) erstattete. Diese Gutachter kommen zu dem Ergebnis, es handele sich um eine Hypertonie von 170/100, die sich höchst wahrscheinlich als Folgezustand sklerotischer Veränderungen an den Gefäßen im Sinne einer Alterssklerose entwickelt habe. An körperliche Arbeiten, auch nur leichten bis mittleren Grades könne sich Herz- und Kreislaufsystem nicht mehr vollständig adaptieren, so daß eine bereits ausgesprochene muskuläre Insuffizienz von Seiten des Herzens bestehe. Die sonstige Untersuchung habe von Seiten der inneren Organe keinen Anhaltspunkt für wesentliche Veränderungen ergeben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird auf 66 2/3 v. H. geschätzt. Die Unfallakten enthalten unter dem 6. November 1947 folgende "Feststellung":

Bei den Unfallfolgen des Arbeitsunfalles vom 23.11.1927 handelt es sich nach dem Gutachten der med. Universitätsklinik München vom 27.10.47 um eine bereits ausgesprochene muskuläre Insuffizienz von Seiten des Herzens.

Bei der Art der Verletzungsfolgen und der Länge der mit dem Unfall verstrichenen Zeit ist mit einer Besserung nicht mehr zu rechnen. EM = 66 2/3 %. Da es sich um einen Dauerzustand handelt, wird von weiteren Nachuntersuchungen abgesehen und die Unfallrente von monatlich 72,50 RM an Goertz weitergewährt.

Nach dem Inkrafttreten des bayerischen Flüchtlingsrentengesetzes (FlüRG) vom 3. Dezember 1947 (GVBl 1947, 215) überprüfte die Bezirksleitung Rosenheim den Rentenanspruch nochmals. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist in einem "Aktenvermerk" vom 18. Januar 1949 festgehalten, der folgenden Wortlaut hat

1. Abschrift des Flüchtlingsausweises oder Bescheinigung des zuständigen Kreisbeauftragten befinden sich in den Akten (Bl. 28).

2. Der Jahresarbeitsverdienst ist aktenkundig (Bl. 14).

3. Die medizinischen Voraussetzungen haben sich nicht geändert (Bl. 25).

4. Von einer Neufeststellung der Rente nach § 3 der 1. Durchführungsverordnung wird abgesehen, weil die Rente bereits von einem deutschen Versicherungsträger festgestellt oder nach deutschem Recht bereits übernommen worden ist. Eine schriftliche Mitteilung an den Berechtigten über die Weiterzahlung der bisherigen Rente ist bereits am 26.2.46 erfolgt (Bl. 8).

Ein berufungsfähiger Feststellungsbescheid ist nicht mehr notwendig (Verwaltungsbestimmung zur 1. Durchführungsverordnung zum Flüchtlingsrentengesetz II A Ziff. 11).

Am 18. November 1949 teilte die Bezirksleitung Rosenheim, die nunmehr die Bezeichnung Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde führte, dem Kläger mit, daß ihm vom 1. Juni 1949 an auf Grund des Gesetzes über Verbesserungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu seiner bisherigen Rente von monatlich 72,50 DM ein Zuschlag von 29,10 DM gewährt werde. Der hierfür verwendete Vordruck enthält im übrigen nur noch den Satz: "Für den Fall, daß Sie von der Reichsbahn-Versicherungsanstalt eine Gesamtversorgung beziehen, werden Sie von dort noch eine Mitteilung erhalten, wenn sich die bisher von der Reichsbahn-Versicherungsanstalt gezahlten Beträge ermäßigen." Nachdem der Kläger nach Bamberg übergesiedelt war, wurde die Rentenzahlung von der Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde Bezirksleitung Nürnberg übernommen. Diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 1952 mit, daß er nach dem Gesetz über Zulagen und Mindestleistungen in der Unfallversicherung vom 29. April 1952 zu seiner Rente eine Zulage erhalte. Die Monatsrente betrage demnach vom 1. Oktober 1952 an 127,10 DM. Auch der für diese Mitteilung verwendete Vordruck enthält nur den auf die Leistungen der Bundesbahn-Versicherungsanstalt hinweisenden Satz.

Mit Schreiben vom 2. November 1953 teilte die Bezirksleitung Nürnberg der Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde dem Kläger mit, nach dem Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) vom 7. August 1953 gehe seine Betreuung jetzt auf die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAFU) über. Diese wies zunächst die Rente formlos zur Weiterzahlung an und veranlaßte erst im November 1955 eine Nachuntersuchung durch die Städtische Nervenklinik in Bamberg, die ein Gutachten vom 21. Januar 1956 (Priv.-Doz. Ober-Med. Rat Dr. B, Assistent Dr. G) erstattete. Diese Gutachter kommen zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang der jetzt vorhandenen gesundheitlichen Störungen mit dem vor 28 Jahren erlittenen Unfall könne nicht wahrscheinlich gemacht werden. Auch die Erregungsrückbildungsstörungen im EKG könnten nicht als Unfallfolgen aufgefaßt werden, denn das EKG sei bei der Untersuchung in der II. Medizinischen Universitätsklinik in München im Jahre 1947 ohne krankhaften Befund gewesen. Schon damals sei die Hypertonie als Folgezustand sklerotischer Veränderungen an den Gefäßen angesehen worden. Die Diagnose lautet Arteriesklerose erheblichen Grades mit eindeutiger Bevorzugung der cerebralen Gefäße und mit Bluthochdruck, allgemeine Körperschwäche. Die MdE wird auf 80 v. H. geschätzt.

Die beklagte BAFU lehnte durch Bescheid vom 6. März 1956 den Anspruch auf Entschädigung aus Anlaß des Unfalls vom 23. November 1927 mit der Begründung ab, daß eine "Erwerbseinbuße" meßbaren Grades durch Unfallfolgen nicht mehr vorliege, gleichzeitig teilte sie dem Kläger in einem besonderen Schreiben mit, daß die ihm bisher im Wege der vorläufigen Fürsorge ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs gewährten Leistungen mit Ablauf des Monats März 1956 wegfielen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben, mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger über den 31. März 1956 hinaus Unfallrente nach einer MdE von mindestens 66 2/3 v. H. weiter zu gewähren. Das SG hat die Beklagte durch Urteil vom 27. November 1956 antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger sei von der Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde in Rosenheim nicht nur eine vorläufige Fürsorge gewährt worden, am 6. November 1947 sei aktenkundig festgestellt worden, daß dem Kläger die Unfallrente weiter zu gewähren sei. Dieser Vermerk sei einer rechtskräftigen Feststellung der gewährten Leistungen gleichzustellen.

Gegen dieses Urteil hat die BAFU Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Diese Berufung hat das LSG durch Urteil vom 6. April 1960 zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Zur Begründung hat das LSG u. a. ausgeführt, der nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des FAG vom 7. August 1953 zuständige Versicherungsträger könne die Unfallrente auf Grund des FAG neu feststellen und sei nicht an Bescheide aus der Zeit vor dem 8. Mai 1945 gebunden (BSG 9, 273; 10, 218). Eine Bindung bestehe lediglich nach § 17 Abs. 6 FAG. Es könne zweifelhaft sein, ob die Feststellung vom 6. November 1947 die Beklagte binde. Diese Wirkung komme aber jedenfalls der Verfügung vom 18. Januar 1949 zu, weil sie genügend bestimmt sei und die Übernahme der eingegangenen Verpflichtung unzweifelhaft erkennen lasse. In Verbindung mit der Feststellung vom 6. November 1947 sei das Erfordernis der Bestimmtheit gegeben. Es fehle jeder Anhalt, daß die Leistungen nur mit Vorbehalt gewährt werden sollten. Dem stehe auch nicht entgegen, daß kein förmlicher Bescheid mit Rechtsmittelbelehrung erteilt worden sei, denn die Bundesbahn-Ausführungsbehörde habe ihn nach den geltenden Verwaltungsbestimmungen für entbehrlich gehalten. Es könne dem Verletzten nicht angelastet werden, wenn der Versicherungsträger von einer landesrechtlichen Ermächtigung (Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge 1948 S. 172) Gebrauch mache. Nach den Bescheiden vom 18. November 1949 und 14. August 1952 müßten auch die Bedenken hinsichtlich der Form als ausgeräumt gelten, denn diese Bescheide hätten in förmlichen Mitteilungen ohne Einschränkungen und unter Benennung der Rentenhöhe und Wiederholung der Anerkennung der bisherigen Leistungen Verbesserungen und Zulagen gewährt und den Verpflichtungswillen zugunsten des Klägers unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht. Daß die Feststellung vom 14. August 1952 in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des FAG und der Verkündung liege, sei ohne Bedeutung (BSG 9, 372). Es habe sich um eine echte Versicherungsleistung auf Grund anerkannter Leistungsansprüche und um keine bloße Fürsorge gehandelt. Die Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde sei zur Durchführung des Feststellungsverfahrens nach dem FlüRG als zuständiger Versicherungsträger verpflichtet gewesen. Die für sie verbindlich gewordene Rentengewährung sei auch eine rechtskräftige Feststellung im Sinne des FAG. Die Beklagte hätte deshalb die Rente nicht auf Grund des FAG, sondern nur nach § 608 der Reichsversicherungsordnung (RVO) neu feststellen dürfen. Der Nachweis, daß gegenüber den Feststellungen von 1947, 1949 und 1952 eine Änderung im objektiven Verletzungszustand eingetreten sei, sei nicht geführt. Da die Feststellung der Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde rechtskräftig geworden sei, könne außer Betracht bleiben, ob sie nach den Gutachten zutreffend gewesen sei.

Der Beklagten ist das Urteil des LSG am 11. Juli 1960 zugegangen. Sie hat am 27. Juli 1960 Revision eingelegt mit dem Antrag,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des SG Bayreuth die Klage abzuweisen,

hilfsweise beantragt sie,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Am 8. August 1960 hat die Beklagte die Revision begründet. Sie weist u. a. darauf hin, daß die "Feststellung" vom 6. November 1947 lediglich eine faksimilierte Unterschrift trage, daß der Aktenvermerk vom 18. Januar 1949 dem Kläger nicht bekanntgegeben worden sei und daß die Mitteilung über die Zulage vom 14. August 1952 nicht einmal mit einem Handzeichen unterzeichnet sei. Außerdem ist sie der Auffassung, daß Feststellungen nach dem FlüRG keine bindende Wirkung im Sinne des § 17 Abs. 6 FAG haben könnten, weil diese Gesetze lediglich den Zweck gehabt hätten, einem sozialen Notstand im Wege der vorläufigen Fürsorge abzuhelfen, bis eines Tages wieder geregelte Verhältnisse auch auf dem Gebiete der Sozialversicherung in Deutschland eingetreten sein würden.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II

Die in der gesetzlichen Form und Frist eingelegte und begründete Revision ist durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) statthaft und somit zulässig. Sie hatte auch Erfolg.

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist die beklagte BAFU für die Gewährung von Leistungen nach dem FAG zuständig, da nach der Art der Beschäftigung im Zeitpunkt des Unfalls der Unfall in den Bereich der Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde fallen würde (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 FAG). An der Zuständigkeit der BAFU ist auch durch das Inkrafttreten des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 nichts geändert worden (vgl Art. 1 § 9 FANG). Diese Zuständigkeit wird auch von der Beklagten nicht bestritten.

Wie auch der erkennende Senat bereits mehrfach mit ausführlicher Begründung entschieden hat, ist der nach dem FAG zuständig gewordene Versicherungsträger grundsätzlich berechtigt, die Ansprüche unabhängig von bindenden Feststellungen durch den früher zuständig gewesenen Versicherungsträger nachzuprüfen und neu festzustellen (vgl. z. B. BSG 9, 273; 10, 222). Das hat auch das LSG nicht verkannt. Eine Ausnahme hiervon besteht - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nach § 17 Abs. 6 FAG nur, wenn ein Versicherungsträger im Geltungsbereich des FAG nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches vor dem Inkrafttreten des FAG oder auch vor seiner Verkündung (vgl. hierzu die vom LSG angeführte Entscheidung BSG 9, 273) eine Leistung "rechtskräftig festgestellt" hatte.

Das LSG hat in diesem Zusammenhang offen gelassen, welche Bedeutung der als "Feststellung" bezeichnete Aktenvermerk vom 6. November 1947 hatte. Es ist der Auffassung, daß jedenfalls der "Aktenvermerk" vom 18. Januar 1949 die Wirkung habe, daß durch ihn i. V. m. der "Feststellung" vom 6. November 1947 die Leistung "rechtskräftig" festgestellt worden sei.

Der vorliegende Fall bietet keine Veranlassung, die Frage näher zu prüfen, welche Formerfordernisse an eine "Feststellung" im Sinne von § 17 Abs. 6 SuFAg zu stellen sind. Eine solche Feststellung liegt jedenfalls, wie der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen hat, nur vor, wenn der Versicherungsträger, der Leistungen für einen nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr erreichbaren Versicherungsträger übernahm, auch nach außen hin zum Ausdruck gebracht hat, daß er damit eine Eigenverpflichtung zur Leistungsgewährung anerkennen wollte (vgl. SozR FRG Nr. 13 zu § 17; BSG 10, 272). Es kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung es haben würde, wenn die Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde in Rosenheim auf Grund der Nr. 11 der Verwaltungsbestimmungen zur 1. Durchführungsverordnung zum FlüRG (Amtsbl. des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge 1948, S. 172) dem Kläger anstelle eines förmlichen Bescheids lediglich eine Mitteilung des Inhalts zugeschickt hätte, daß er nunmehr die bisher gezahlte Rente auf Grund des bayer. FlüRG weiter erhalte. Denn im vorliegenden Fall hat die Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde eine solche Mitteilung nicht an den Kläger geschickt, sondern, wie sich aus dem Aktenvermerk vom 18. Januar 1949 ergibt, die Mitteilung vom 26. Februar 1946 für ausreichend gehalten. Die Erwägungen auf Grund deren die Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde im November 1947 und dann nochmals im Januar 1949 die Weiterzahlung der Rente für gerechtfertigt gehalten hat, sind also niemals nach außen hin, d. h. dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht worden. Der Aktenvermerk vom 18. Januar 1949 konnte deshalb ebenso wie der frühere Aktenvermerk vom 6. November 1947 nicht eine Rechtskraftwirkung oder sonstige Bindungswirkung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde zur Folge haben. Beide Vermerke enthalten nur die Beurkundung eines internen Vorganges, der nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht zur Folge hatte, daß der Anspruch des Klägers auf Leistungen gegenüber der Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde in Rosenheim im Sinne des § 17 Abs. 6 FAG "rechtskräftig" festgestellt war.

Das LSG hat allerdings wohl auch nicht verkannt, daß die durch die beiden Aktenvermerke beurkundeten internen Erschließungen nach außen hin nicht kundgemacht worden sind. Es meint jedoch, daß dieser Mangel durch die "förmlichen Mitteilungen" der Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde, Bezirksleitungen Rosenheim und Nürnberg, vom 18. November 1949 und 14. August 1952 geheilt worden sei. Dieser Auffassung hat sich der erkennende Senat nicht angeschlossen. Die beiden Mitteilungen betreffen lediglich den Zuschlag nach dem UVVG und die Zulage nach dem UZG. Sie nehmen zwar auf die bisher gezahlte Rente Bezug, enthalten jedoch keine Ausführungen, mit denen nach außen hin mehr als bisher darüber zum Ausdruck gebracht wird, ob die Bundesbahn-Unfallversicherungsbehörde eine Eigenverpflichtung verbindlich anerkennen wollte. Deshalb können sie nach der Auffassung des erkennenden Senats nur im Zusammenhang mit der Mitteilung vom 26. Februar 1946 ausgelegt werden.

Hiernach ergibt sich aus den Feststellungen des LSG nicht, daß beim Inkrafttreten des FAG ein Anspruch des Klägers auf Leistungen bereits "rechtskräftig" festgestellt war, so daß die Beklagte nach § 17 Abs. 6 FAG die festgestellte Leistung als Leistung im Sinne des FAG ohne Nachprüfung hätte übernehmen müssen.

Eine abschließende Entscheidung des erkennenden Senats hierüber ist jedoch nicht möglich, weil das LSG keine Feststellungen darüber getroffen hat, welchen Wortlaut die Mitteilung hatte, die dem Kläger unter dem 26. Februar 1946 von der damaligen Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde, Bezirksleitung Rosenheim, über die Weiterzahlung seiner Rente durch diese Stelle zugegangen ist. Dem erkennenden Senat ist zwar aus einer anderen Sache (2 RU 24/59, Urt. vom 30. Januar 1962) bekannt, daß die Reichsbahn-Unfallversicherungsbehörde in Rosenheim in einem ähnlichen Falle dem Rentenberechtigten am 7. März 1947 ausdrücklich mitgeteilt hatte, die Rente werde "ohne rechtliche Verpflichtung nur verlagsweise für Rechnung des an sich verpflichteten Versicherungsträgers" gezahlt. Im vorliegenden Fall ist jedoch für die Mitteilung vom 26. Februar 1946 offensichtlich ein Formblatt verwendet worden, und der in den Akten (Bl. 8) befindliche Durchschlag enthält nur die in dieses Formblatt mit Schreibmaschine eingefügten Worte und Zahlen, so daß der eigentliche Wortlaut der Mitteilung aus den Akten nicht ersichtlich ist.

Das Urteil des LSG muß infolgedessen schon deshalb aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden, damit diese Lücke in den tatsächlichen Feststellungen geschlossen werden kann. Sollte sich ergeben, daß auch im vorliegenden Fall die Mitteilung vom 26. Februar 1946 einen ausdrücklichen Vorbehalt enthielt oder jedenfalls ihrem Wortlaut nach nicht als bindende Übernahme einer Verpflichtung im Sinne des § 17 Abs. 6 FAG ausgelegt werden kann, so war die Beklagte berechtigt, die Ansprüche des Klägers auf Grund des FAG unabhängig von früheren Feststellungen zu prüfen und neu festzustellen, ohne daß die Voraussetzungen des § 608 RVO aF gegeben sein mußten. Hieran ist auch durch das Inkrafttreten des FANG nichts geändert worden, da wie der Senat im Urteil vom 1. Juli 1960 (BSG 12, 273) mit näherer Begründung dargelegt hat, Art. 6 § 2 FANG eine Besitzstandsklausel enthält, die über § 17 Abs. 6 FAG nicht hinausgeht. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379726

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?