Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenordnungsmäßige Berichtigung zahnprothetischer Leistungen (hier: Verblendmetallkeramik anstelle von Kunststoff)
Leitsatz (redaktionell)
Die Abrechnung der Zuschüsse zum Zahnarzt stellt einen Verwaltungsakt dar; sie steht unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt der gebührenordnungsmäßigen Überprüfung.
Orientierungssatz
Bei der Verwendung von Verblendmetallkeramik anstelle von Kunststoff handelte es sich in den Jahren 1975/1976 um eine außervertragliche Leistung (ZÄErsKVtr § 8 Nr 1), die dadurch bedingten Mehrkosten sind daher nicht von der Krankenkasse zu tragen.
Normenkette
RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d Fassung: 1974-08-07, § 182c Abs. 5 Fassung: 1974-08-07; EKV-Z § 8 Nr. 1 Fassung: 1975-01-16; EKV-Z Anl 3 Fassung: 1975-01-16
Verfahrensgang
Tatbestand
Gegenstand des Streitverfahrens sind gebührenordnungsmäßige Berichtigungen von Abrechnungen zahnprothetischer Leistungen im Ersatzkassenbereich.
Der Kläger übt den Beruf eines Zahnarztes aus. Er ist Mitglied der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) und am Ersatzkassenvertrag (EKV)-Zahnärzte beteiligt. Ende 1975 und Anfang 1976 führte er bei den Beigeladenen zu 3), 4) und 5) eine zahnprothetische Versorgung in Verblend-Metall-Keramik (VMK) durch, nachdem zuvor die für diese Beigeladenen verpflichtete Barmer Ersatzkasse (BEK), die Beigeladene zu 1), in allen drei Fällen den satzungsgemäßen Zuschuß in Höhe von 75% des Honorars und der Kosten zugesagt hatte. Den Zusagen lagen die vom Kläger gefertigten Heil- und Kostenpläne zugrunde, die nur im Behandlungsfall der Beigeladenen zu 5) die Verwendung von Metallkeramik ("VMK-Krone") auswiesen. Nach der Eingliederung des Zahnersatzes machte der Kläger mit der Abrechnung für Februar 1976 sein zahnärztliches Honorar und die angefallenen Kosten bei der Beklagten geltend. Aus den beigefügten Rechnungen ergab sich, daß auch in den Behandlungsfällen der Beigeladenen zu 3) und 4) die prothetische Versorgung in VMK ausgeführt wurde. Die Beklagte schrieb dem Kläger die Honorar- und Kostenbeträge abzüglich der Anteile der Versicherten gut. Am 6. April 1976 teilte sie dem Kläger jedoch mit, daß die BEK gebührenordnungsmäßige Richtigstellung der Abrechnungen bezüglich der Material- und Laborkosten für VMK beantragt habe. Die Beklagte entsprach diesem Antrag mit Bescheid vom 16. Juni 1977; sie kürzte die Abrechnungen des Klägers um die Differenz zwischen den Material- und Laborkosten der tatsächlich ausgeführten Versorgung in VMK und den niedrigeren Kosten, die bei Verwendung von Kunststoff angefallen wären (insgesamt um DM 513,75). Sie führte an, der EKV-Zahnärzte sehe eine Vergütung für VMK nicht vor, die Kosten für diese außervertragliche Leistung hätten mit den Patienten unmittelbar vereinbart und abgerechnet werden müssen. Dieser Berichtigung entsprechend belastete sie das Konto des Klägers. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat im Behandlungsfall der Beigeladenen zu 5) die Berichtigung aufgehoben, weil die der prothetischen Behandlung vorausgegangene Festsetzung des Zuschusses durch die BEK auch die Material- und Laborkosten für die im Heil- und Kostenplan ausdrücklich angegebene "VMK-Krone" erfaßt habe und die Beklagte an diese Festsetzung gebunden sei. Im übrigen hat das SG die Klage aus folgenden Gründen abgewiesen: Der von der BEK nach § 507 iVm § 182c der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewährende und über die Beklagte abzurechnende Zuschuß zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen betrage nach § 13 Abs 4 der Versicherungsbedingungen der BEK 75% des "zwischen der Kasse und den Zahnärzten vertraglich vereinbarten Honorars sowie der Material- und Laboratoriumskosten". In die mit Wirkung vom 1. Januar 1975 vereinbarte Neuregelung der Vergütung der prothetischen Leistungen (Anlage 3 zum EKV-Zahnärzte: Gebührentarif C, Zahnärztliche Mitteilungen -ZM- 1975, 110) hätten die Vertragspartner die prothetische Versorgung in VMK ausdrücklich nicht aufgenommen (s ua Protokollnotiz vom 16. Januar 1975, ZM 1975, 116). Die Kassen seien daher nicht verpflichtet, die zusätzlichen Kosten einer solchen außervertraglichen Leistung zu übernehmen. Diese Kosten seien vielmehr Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten (s Anhang zum Heil- und Kostenplan, Anl 8a zum EKV-Zahnärzte, Muster 1 bis 3). Das gelte auch für die Material- und Laborkosten. Der Umstand, daß das Bundesschiedsamt mit Spruch vom 2. Mai 1977 (ZM 1977, 658) mit Wirkung vom 1. Juli 1977 die Verwendung von Metallkeramik in die kassenärztliche Versorgung einbezogen habe, rechtfertige für den Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis zum 30. Juni 1977 keine andere Beurteilung. Die Beklagte sei zur Richtigstellung berechtigt gewesen, denn die von den Kassen nach § 12 Abs 3 EKV-Zahnärzte nach einer kurzen Prüfungsfrist von 10 Tagen über die gesamte Zahnarztabrechnung geleistete Zahlung stelle kein endgültiges Anerkenntnis dar. Auch aus dem entsprechend anwendbaren § 4 Abs 7 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten ergebe sich, daß die Gutschrift unter dem Vorbehalt späterer Berichtigung erfolge. Der mit dieser Regelung intendierte Zweck sei es, eine Deckungsgleichheit der Entscheidungen gegenüber dem Zahnarzt und der Krankenkasse herbeizuführen. Die BEK habe mit ihrem Antrag auf Richtigstellung die Dreimonatsfrist des nach § 22 EKV-Zahnärzte ergangenen Beschlusses Nr 50 der zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und dem Verband der Angestellten- Krankenkassen (VdAK) gebildeten Arbeitsgemeinschaft eingehalten.
Das Landessozialgericht (LSG) hat sowohl die gegen die teilweise Aufhebung des Berichtigungsbescheides gerichtete Berufung der BEK als auch die gegen den klageabweisenden Teil des sozialgerichtlichen Urteils gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es ist dabei im wesentlichen der Begründung des SG gefolgt.
Gegen die Entscheidung des LSG hat nur der Kläger Revision eingelegt. Er bestreitet das Recht der Beklagten, ihre ursprüngliche Vergütungsfestsetzung, die einen bindenden Verwaltungsakt darstelle, nachträglich zu berichtigen. Ein entsprechender Berichtigungsvorbehalt könne weder dem Gesetz noch dem EKV-Zahnärzte entnommen werden. § 9 Abs 6 Satz 5 EKV-Zahnärzte erlaube nicht den Umkehrschluß, daß eine gebührenordnungsmäßige Berichtigung zulässig sei. Der Beschluß Nr 50 nach § 22 EKV-Zahnärzte regele nur die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten, er betreffe zudem nur das Verhältnis der KZÄV zur Ersatzkasse. Der HVM, der sich auf den RVO-Bereich beschränke, sei nicht analog anwendbar. Die Berichtigung und Rückforderung sei auch sachlich nicht gerechtfertigt. Streitig sei die Differenz der Material- und Laborkosten für das Verblenden in Kunststoff und in Metallkeramik. Der EKV-Zahnärzte schreibe nicht vor, daß Zahnersatz nur in bestimmten Materialien ausgeführt werden dürfe. Der über § 8 EKV-Zahnärzte heranzuziehende Gebührentarif C idF ab 1. Januar 1975 erwähne überhaupt keine bestimmten Labormaterialien, die Position 92 betreffe ausschließlich das zahnärztliche Honorar. Die Protokollnotiz vom 16. Januar 1975 habe keine normative Wirkung. Zudem sei auf dem Hintergrund des § 4 Nr 6 EKV-Zahnärzte unschwer zu erkennen, daß es in der Protokollnotiz nicht um die Zulassung der VMK, sondern um die Anhebung des ärztlichen Honorars gehe. § 4 Nr 6 EKV-Zahnärzte stelle die Wahl der therapeutischen Mittel im Rahmen des "sinnvollen Behandlungsaufwandes" frei. Die prothetische Versorgung in VMK sei unbestreitbar sinnvoll (längere Haltbarkeit). Die Vertrags- und Interessenpolitik erheblicher Teile der Zahnärzteschaft nach dem 1. Januar 1975, die die Metallkeramik als "außervertragliche Leistung" herausgestellt habe, um als Privatleistung höhere Honorare erzielen zu können, sei für die Auslegung des EKV-Zahnärzte ebensowenig geeignet wie andere vom Berufungsgericht zitierte Verlautbarungen. Für die Auslegung des normativen Teils des EKV-Zahnärzte gälten nur die Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen maßgebend seien; Analogien zur Auslegung von Verträgen (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-) seien fehl am Platze.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. November 1980 und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26. Juli 1979, soweit es die Klage abweist, sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 1978 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die Entscheidung des LSG, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Soweit das SG mit der teilweisen Klageabweisung den Berichtigungsbescheid der Beklagten bestätigt hat (in den Behandlungsfällen der Beigeladenen zu 3) und 4)), ist seine Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit es den Berichtigungsbescheid aufgehoben hat (im Behandlungsfall des Beigeladenen zu 5)), ist seine Entscheidung nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Die Zurückweisung der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der BEK ist unangefochten geblieben.
Die Vorinstanzen haben zu allen wesentlichen Rechtsfragen, von deren Beantwortung die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits abhängt, zutreffend und erschöpfend Stellung genommen. Die dagegen vom Kläger vorgebrachten Einwendungen lassen keine andere Beurteilung zu.
Zwischen den Beteiligten bestehen keine Meinungsverschiedenheiten darüber, daß die bei zahnprothetischer Versorgung auch im Ersatzkassenbereich vorgeschriebene Zuschußgewährung (§ 507 Abs 4 iVm § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d und § 182c RVO in der hier maßgeblichen Fassung des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes RehaAnglG vom 7. August 1974) in die vertragszahnärztliche Versorgung einbezogen ist (vgl für den kassenzahnärztlichen Bereich § 368 Abs 2 RVO; BSGE 37, 74 = SozR 2200 § 368g Nr 1). Diese Versorgung ist von den KZÄV und ihren am EKV-Zahnärzte beteiligten Mitgliedern sicherzustellen (§ 1 Nr 1 Satz 2, § 4 Nr 1 EKV- Zahnärzte). Der EKV-Zahnärzte regelt dementsprechend auch die Rechtsbeziehungen, die bei der zahnprothetischen Versorgung von Ersatzkassenmitgliedern zwischen den Zahnärzten, den KZÄV und den Ersatzkassen entstehen.
Für die hier fragliche Zeit - also ohne Berücksichtigung der durch den Spruch des Bundesschiedsamts vom 2. Mai 1977 mit Wirkung vom 1. Juli 1977 geänderten Rechtslage im kassenzahnärztlichen Bereich - ergibt sich weder aus dem Satzungsrecht der BEK noch aus dem EKV-Zahnärzte in der hier anzuwendenden Fassung vom 16. Januar 1975, daß der Kläger von der Beklagten auch die Mehrkosten verlangen kann, die darauf zurückzuführen sind, daß die prothetische Versorgung in VMK statt in Kunststoff ausgeführt worden ist. Die BEK hatte nach § 13 Abs 4 ihrer Versicherungsbedingungen in der damals geltenden Fassung (VB 1975) 75% des zwischen der Kasse und den Zahnärzten "vertraglich vereinbarten" Honorars sowie der Material- und Laboratoriumskosten zu übernehmen. Der Kläger konnte deshalb bei der Beklagten nur in diesem Umfange Honorar und Kosten abrechnen. Mit seiner Beteiligung am EKV-Zahnärzte hatte er die Bestimmungen dieses Vertrages in der jeweils geltenden Fassung als für ihn verbindlich anerkannt (§ 2 Nr 1 EKV-Zahnärzte). Er war daher verpflichtet, die Versorgung der Versicherten nach den Bestimmungen des Vertrages durchzuführen (§ 4 Nr 1 EKV-Zahnärzte). Vertragsleistungen waren auch damals die in den Gebührentarifen A, B, C und D - Anlagen 1, 2, 3 und 14 des Vertrages - aufgeführten Leistungen (§ 8 Nr 1 EKV-Zahnärzte). Der die prothetische Behandlung betreffende Gebührentarif C konnte für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 nicht dahin ausgelegt werden, daß auch die Verwendung von VMK vertraglich vorgesehen war.
Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, daß weder in den VB 1975 noch im Gebührentarif C die Verwendung von Kunststoff oder überhaupt die Verwendung eines bestimmten Materials ausdrücklich vorgeschrieben war. Wenn auch die hier anzuwendenden Bestimmungen - vor allem § 13 Abs 4 VB 1975, Ziffer I § 3 und Ziffer II Nr 92 Gebührentarif C - dem Wortlaut nach keine Beschränkung auf ein bestimmtes Material enthielten, ist eine solche Beschränkung doch nicht zu verneinen. Es kann auch keine Regelungslücke angenommen werden, die durch eine Auslegung iS des Klagebegehrens zu schließen wäre. Die Vorinstanzen haben vielmehr unter Berücksichtigung aller hier bedeutsamen Umstände und Gesichtspunkte richtig gefolgert, daß es sich, soweit bei der zahnprothetischen Versorgung der Beigeladenen zu 3) und 4) anstelle von Kunststoff Metallkeramik verwendet worden ist, um eine außervertragliche Leistung gehandelt hat, und daß deshalb die dadurch bedingten Mehrkosten nicht von der BEK zu tragen sind und demnach auch nicht vom Kläger bei der Beklagten abgerechnet werden können.
§ 13 Abs 4 Satz 2 VB 1975 kann nicht so verstanden werden, daß die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Krankenkasse und den Zahnärzten lediglich für das Honorar des Zahnarztes, nicht dagegen für den Material- und Laboraufwand maßgebend sein sollten. Daß in dieser Bestimmung dem Wortlaut nach nur das Honorar auf das "vertraglich vereinbarte" Maß begrenzt war, bedeutet nicht, daß der Zahnarzt bei der Auswahl des Materials keiner vertraglichen Bindung unterworfen gewesen wäre. Zu Recht haben die Vorinstanzen auf die Einheitlichkeit der Prothetikbehandlung und insbesondere darauf hingewiesen, daß der Vertragszahnarzt die Verantwortung für die gesamte zahnprothetische Behandlung trägt (vgl BSGE 25, 116, 119; 37, 74, 76). Die für seine Leistung maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen erstrecken sich auch auf die Auswahl des Materials. Dementsprechend ist auch hinsichtlich des Material- und Laboraufwands zwischen vertraglichen und außervertraglichen Leistungen zu unterscheiden. Für die hier fragliche Zeit ergeben sich die zahnprothetischen Vertragsleistungen aus dem am 16. Januar 1975 mit Wirkung vom 1. Januar 1975 neu vereinbarten Gebührentarif C, der als Anlage 3 Bestandteil des EKV-Zahnärzte ist (ZM 1975, 110 ff). Der neue Gebührentarif räumte in § 3 erstmals die Befugnis ein, Material- und Laboratoriumskosten gesondert zu berechnen. Das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung darüber, welche Materialien zu Lasten der Krankenkassen verwendet werden durften, spricht weder für ein freies Auswahlrecht des Zahnarztes noch für eine Regelungslücke. Vielmehr ist, wie die Vorinstanzen begründet dargelegt haben, der Schluß erlaubt, daß der neue Gebührentarif von der bisherigen Rechtslage ausging und an diese teilweise anknüpfte.
Die Ausführung der Zahnprothetik in Metallkeramik war bis zur Neufassung des Gebührentarifs am 16. Januar 1975 keine Vertragsleistung; sie wurde es auch nicht durch diese neue Vereinbarung. Der EKV-Zahnärzte vom 29. November 1963 sah in der ursprünglichen Fassung des Gebührentarifs C für die Eingliederung von Prothesen eine Komplexgebühr vor, die grundsätzlich alle zahnärztlichen Leistungen einschließlich der Material- und Laborkosten umfaßte und die Verwendung von "praxisüblichem und erprobtem plastischen Material" berücksichtigte. Die Komplexgebühr wurde bis zur Neufassung des Tarifs C am 16. Januar 1975 beibehalten. § 1 Gebührentarif C in der zuletzt vor dem 1. Januar 1975 geltenden Fassung bestimmte noch, daß mit den Gebühren für die einzelnen zahnprothetischen Leistungen die Material- und Laboratoriumskosten abgegolten waren (ZM 1972, 17; 1973, 371). Dementsprechend gingen die Krankenkassen und die Zahnärzte übereinstimmend davon aus, daß die mit dieser Komplexgebühr abgegoltene Vertragsleistung sich auf die Verwendung von Kunststoff beschränkte. Die Beschränkung auf dieses Material wurde durch die Vereinbarung vom 16. Januar 1975 nicht aufgehoben. Die Neuregelung bestand im wesentlichen darin, daß anstelle der Komplexgebühr Gebühren für Einzelleistungen eingeführt und diese entsprechend der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 18. März 1965 (BGBl I 123) - jedoch statt mit einem DM-Betrag mit einer Bewertungszahl - bewertet wurden. Dementsprechend wurde auch die gesonderte Berechnung von Material- und Laborkosten zugelassen (vgl § 5 Abs 2 der Gebührenordnung vom 18. März 1965). Hinsichtlich des im Rahmen der vertragszahnärztlichen Prothetikbehandlung zu verwendenden Materials wurde aber eine von der bisherigen Rechtslage abweichende Regelung nicht getroffen. Deshalb konnte weiterhin als Vertragsleistung nur die prothetische Versorgung in Kunststoff angesehen werden. Daß insbesondere die Ausführung in VMK noch keine Vertragsleistung war, bestätigt die Protokollnotiz Nr 1 nach Abschnitt II der Vereinbarung vom 16. Januar 1975. In dieser wurde die Metallkeramik bei den erst noch "zu regelnden Fragen" aufgeführt, die in einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft nach § 22 EKV-Zahnärzte behandelt werden sollten. Eine Regelung über die zahnprothetische Versorgung in Metallkeramik lag somit noch nicht vor (vgl H.W. Müller, Die Ersatzkasse 1975, 481; E. Huber, ZM 1975, 2). Die vom Kläger geltend gemachten Bedenken, die sich dagegen richten, den übereinstimmenden Willen beider Vertragspartner bei der Auslegung der Vereinbarung vom 16. Januar 1975 mitzuberücksichtigen, teilt der Senat nicht. Auch bei der Auslegung normativer Regelungen ist die Mitberücksichtigung der ursprünglichen Absichten des Normgebers zulässig.
Die Auffassung des Klägers, eine Beschränkung auf bestimmte Prothetikmaterialien sei im Ersatzkassenbereich rechtlich nicht vorgesehen, wäre zudem nicht mit dem auch hier geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot in Einklang zu bringen (§ 4 Nr 6, § 14 und § 15 Nr 2 EKV-Zahnärzte). Nach § 9 Nr 6 Satz 5 EKV-Zahnärzte unterliegen Behandlungen, für die die Krankenkasse aufgrund des Heil- und Kostenplans die Kosten übernommen oder einen Zuschuß gewährt hat, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Diese Regelung geht davon aus, daß die Behandlungsmaßnahme bereits vor ihrer Durchführung auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft worden ist. Das setzt voraus, daß sich die konkrete Behandlungsmaßnahme aus dem Heil- und Kostenplan ergibt. Wird im Heil- und Kostenplan ein bestimmtes Material nicht angegeben und dies auch von keiner Seite für erforderlich gehalten, so kann das nur bedeuten, daß insoweit die Kassenleistung nicht fraglich ist. Es muß dann im voraus feststehen, welche Materialien der Zahnarzt zu Lasten der Kasse verwenden darf. Damit wird die Therapiefreiheit des Zahnarztes nicht eingeschränkt. Hält er im Einzelfall ein teueres Mittel aus medizinischen Gründen für notwendig, so muß er vor Beginn der Behandlung die Kasse darauf hinweisen und ihre Entscheidung herbeiführen. Der Kasse muß jedenfalls die Überprüfung möglich sein, ob ein Zahnarzt, wie vorgeschrieben, darauf geachtet hat, daß der Behandlungsaufwand in einem sinnvollen Verhältnis zur Prognose und zur erreichbaren Verbesserung des Gesundheitszustandes des Patienten steht (§ 4 Nr 6 EKV-Zahnärzte), und ob die Leistungen nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend, zweckmäßig, notwendig und wirtschaftlich sind (§ 14 Satz 1 EKV-Zahnärzte). Zumindest dann, wenn im Heil- und Kostenplan ein besonderes Material nicht angegeben wird, kann die Kasse ihre Leistung auf das preisgünstigere Material beschränken, das bisher üblicherweise verwendet worden ist.
Auch die leistungsrechtliche Gleichstellung der versicherungspflichtigen Mitglieder der Ersatzkassen mit denjenigen der gesetzlichen Krankenkassen (§ 507 Abs 1 RVO) rechtfertigt in den hier umstrittenen Behandlungsfällen nicht, bei der betragsmäßigen Festsetzung des Kassenzuschusses die Verwendung von Metallkeramik zu berücksichtigen. Für die prothetische Versorgung in Metallkeramik wurde im kassenzahnärztlichen Bereich erst durch den Spruch des Bundesschiedsamts vom 2. Mai 1977 mit Geltung ab 1. Juli 1977 eine besondere gebührenrechtliche Bewertung vorgenommen. Zwar bezieht sich diese Neuregelung nur auf die zahnärztliche Tätigkeit. Aber selbst wenn sich daraus ergäbe, daß die Verwendung von Metallkeramik nun stets und ohne besondere Begründung der Notwendigkeit (vgl hierzu ZM 1977, 2) bei der Festsetzung der Kassenleistung zu berücksichtigen wäre, könnte dies erst für die Zeit ab 1. Juli 1977 gelten.
Den Vorinstanzen ist schließlich auch insoweit beizupflichten, als sie die nachträgliche Berichtigung der Zuschußabrechnung für zulässig hält. Dem steht nicht entgegen, daß mit der Abrechnung zwischen der Beklagten und dem Kläger Rechtsbeziehungen in einem Einzelfall geregelt wurden, die Abrechnung also einen Verwaltungsakt darstellt. Die Abrechnung erfolgte, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch für den Kläger erkennbar, unter dem Vorbehalt einer gebührenordnungsmäßigen Überprüfung. Der Vorbehalt ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus der Natur der Sache. Der dem Versicherten bei zahnprothetischer Behandlung zustehende Zuschuß ist eine Leistung der Krankenkasse, die auch der Höhe nach allein von der jeweiligen Krankenkasse bestimmt wird (§ 182c RVO). Die KZÄV hat keine selbständige Entscheidungsbefugnis wie zB bei der Verteilung der Gesamtvergütung nach § 368f Abs 1 Satz 2 bis 5 RVO. Sie ist lediglich bei der Abrechnung des Zuschusses zwischen Krankenkasse und Zahnarzt dazwischengeschaltet. Daraus ergibt sich zunächst, daß der Krankenkasse das Recht zustehen muß, in angemessener Frist die Berichtigung einer fehlerhaften Abrechnung zu verlangen. Von diesem Recht geht der von der Arbeitsgemeinschaft nach § 22 EKV-Zahnärzte erlassene Beschluß Nr 50 aus, wenn er eine Frist von 3 Monaten bestimmt, innerhalb der Berichtigungen von Fehlern bei der Anwendung des Gebührentarifs C, von Rechenfehlern und sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten bei abgerechneten Heil- und Kostenplänen/Liquidationen geltend zu machen sind. Dieses Recht der Kasse muß auch der Vertragszahnarzt gegen sich gelten lassen (vgl § 6 der Satzung der Beklagten idF vom 30. März 1974; § 2 EKV-Zahnärzte). Des weiteren folgt aus der besonderen rechtlichen Ausgestaltung der Zuschußgewährung, daß ein Rechtsverhältnis entsteht, an dem die Krankenkasse, die KZÄV und der behandelnde Zahnarzt beteiligt sind. Die Vorinstanzen fordern insoweit zu Recht deckungsgleiche Rechtsbeziehungen. Daß die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes stärker eingeschränkt sein kann, wenn Rechtspositionen Dritter berührt werden, entspricht allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen, wie sie ua auch in § 49 des Sozialgesetzbuches-Verwaltungsverfahren (SGB X) ihren Niederschlag gefunden haben. Danach kann der durch einen Verwaltungsakt Begünstigte keinen Vertrauensschutz beanspruchen, soweit er wegen einer schwebenden Anfechtung des Verwaltungsaktes durch einen Dritten mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes rechnen muß (vgl Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, Komm, 1981, Anm 1 zu § 49). Auch im vorliegenden Fall kann sich der Kläger nicht auf einen ihm zustehenden Vertrauensschutz berufen. Er konnte von der BEK nur einen Vergütungsbetrag erwarten, der sich bei ordnungsgemäßer Anwendung des Gebührenrechts ergab. Er mußte innerhalb der Dreimonatsfrist des Beschlusses Nr 50 mit einem Antrag auf gebührenordnungsmäßige Überprüfung des von der Beklagten festgesetzten Vergütungsbetrages rechnen. Die BEK hatte den Antrag fristgerecht gestellt. Die relativ späte Entscheidung der Beklagten über diesen Antrag war darauf zurückzuführen, daß sich die Beklagte um eine günstigere Vergütungsregelung bei der prothetischen Versorgung in Metallkeramik bemühte. Bereits mit Rundschreiben vom 3. August 1976 gab die Beklagte jedoch bekannt, daß diese Bemühungen ergebnislos gewesen seien und deshalb die Zahnärzte mit den von den Krankenkassen regressierten Beträgen für die außervertraglichen Leistungen belastet werden müßten. Die betroffenen Zahnärzte konnten deshalb nicht annehmen, daß die beantragte Berichtigung nicht mehr vorgenommen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen