Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandskraft von Verwaltungsakten. Verfassungsmäßigkeit des AFGHStruktG
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Übergangsregelung in AFGHStruktG Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 steht den Beziehern laufender Unterhaltsgeldleistungen weiterhin nur der ihnen am 1975-12-31 zustehende Leistungssatz zu, allerdings (nur) solange, bis er von einem höheren Unterhaltsgeldsatz nach später geltenden Rechtsvorschriften "überholt" wird.
2. Eine Dynamisierung des am 1975-12-31 zustehenden Unterhaltsgeld-Leistungssatzes gemäß AFG § 112a findet nach diesem Zeitpunkt nicht statt.
3. Unterhaltsgeld nach AFG § 44 Abs 2 nimmt auch nach der Änderung des AFG durch das AFGHStruktG an der Dynamisierung gemäß AFG § 112a teil.
4. AFG § 151 Abs 1 findet auch bei Änderungen von Voraussetzungen des Leistungsanspruchs durch gesetzliche Regelung Anwendung.
5. Eine Leistungsklage nach SGG § 54 Abs 4 ist unzulässig, wenn das Klagebegehren mit der Anfechtung eines Aufhebungsbescheides nach SGG § 54 Abs 1 vollinhaltlich erreicht wird.
Orientierungssatz
1. Der SGG § 77 sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber AFG § 151 Abs 1 eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung. Er wird ergänzt durch die Regelung in AFG § 152, wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten hier auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt ist (vgl Urteile des BSG vom 1974-08-07 7 RAr 30/73 = BSGE 38, 63, 68 und vom 1976-03-25 12/7 RAr 135/74 = BSGE 41, 260, 261).
2. Die Regelung des AFGHStruktG über die Herabsetzung des Unterhaltsgelds verstoßen nicht gegen GG Art 12 Abs 1, Art 14 Abs 1, Art 20 Abs 1 und 3.
Normenkette
AFGHStruktG Art. 1 § 2 Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 1975-12-18; AFG § 44 Abs. 2 Fassung: 1975-12-18, § 112 Fassung: 1975-12-18, § 112a Fassung: 1974-12-21, § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGG § 54 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 4 Fassung: 1953-09-03; AFG § 152 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; GG Art. 12 Abs. 1 Fassung: 1968-06-24, Art. 14 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Abs. 3 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 12.04.1978; Aktenzeichen L 12 Ar 30/77) |
SG Köln (Entscheidung vom 15.12.1976; Aktenzeichen S 9 Ar 260/76) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. April 1978 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der 1943 geborene Kläger war nach seiner Berufsausbildung als Kunstschmied und Kunstschlosser mehrere Jahre als Kundendienstmitarbeiter und Bauzeichner berufstätig. Seit dem 2. Juni 1975 nahm er an einer Maßnahme der beruflichen Umschulung zum Funkelektroniker teil. Durch Bescheid vom 6. Juni 1975 bewilligte ihm die Beklagte hierfür ua Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 2. Juni 1975 bis zum 31. Mai 1976 in Höhe von 363,60 DM und für die Zeit vom 1. Juni 1976 bis zum 31. Mai 1977 in Höhe von 401,40 DM wöchentlich. In einem weiteren Bescheid vom 26. Mai 1976 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie unter teilweiser Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 6.Juni 1975 das Uhg für die Zeit vom 1. Juni 1976 bis zum 31. Dezember 1976 auf 363,60 DM wöchentlich festsetze. Der Bemessung des Uhg liege wie bei dem früheren Bescheid ein gerundetes Arbeitsentgelt von 560,- DM wöchentlich zugrunde. Zur Begründung führte die Beklagte an, daß sich die Neuregelung auf Grund des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) ergebe. Dies habe zur Folge, daß die ihm bereits im Bescheid vom 6. Juni 1975 mitgeteilte Erhöhung des Bemessungsentgelts und damit des Leistungssatzes an Uhg ab 1. Juni 1976 nicht zum Tragen komme. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1976 zurück. Seine Klage auf Aufhebung der oa Bescheide hat das Sozialgericht (SG) Köln mit Urteil vom 15. Dezember 1976 abgewiesen.
Durch Urteil vom 12. April 1978 hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen die vom SG zugelassene Berufung des Klägers hiergegen zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der vom Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 1976 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei gemäß § 151 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) berechtigt gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 6. Juni 1975 in der vorgenommenen Weise abzuändern. Dem Kläger stehe ein höheres Uhg nämlich nicht zu. Die ursprünglich für die Zeit ab 1. Juni 1976 vorgesehene Leistung sei zwar auf Grund der im Jahre 1975 geltenden Rechtsvorschriften richtig festgesetzt worden. Durch das HStruktG-AFG seien jedoch die §§ 44 und 111 AFG geändert worden. Das Uhg betrage nunmehr nicht mehr 90 vH, sondern nur noch 80 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 AFG. Daraus ergebe sich für den Kläger entsprechend der für 1976 geltenden Leistungsverordnung ein niedrigerer Uhg-Satz, nämlich wöchentlich von 347,40 DM. Auf Grund der Übergangsregelung in Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 des HStruktG-AFG stehe dem Kläger deshalb der bisherige höhere Uhg-Satz, nämlich in Höhe von 363,60 DM weiterhin zu.
Demgegenüber könne sich der Kläger mit Rücksicht auf die Regelung in §§ 151, 152 AFG nicht auf die Bestandskraft von Verwaltungsakten und einen entsprechenden Vertrauensschutz berufen. Der § 151 AFG finde auch dann Anwendung, wenn die Grundlage für bisherige Bewilligungen durch Rechtsänderungen entfallen seien. Die in Rede stehenden Leistungseinschränkungen begegneten auch nicht verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie beinhalteten weder einen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht nach Art 14 des Grundgesetzes (GG), noch eine Verletzung des in Art 20 GG verankerten Rechts- und Sozialstaatsprinzips. Schließlich könne sich der Kläger für seinen Anspruch nicht auf einen sozialrechtlichen Schadensersatzanspruch berufen. Ein solcher Anspruch scheitere bereits daran, daß die Beklagte von der zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides vom 6. Juni 1975 gültigen Rechtslage ausgegangen sei. Die Gesetzesänderung durch das HStruktG-AFG sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen; die Beklagte habe daher nicht rechtswidrig gehandelt.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 151 AFG und des § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Er trägt dazu im wesentlichen vor: Der § 151 AFG sei im vorliegenden Falle nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift dürften Entscheidungen nur aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Darum gehe es hier aber nicht. Bei der Bewilligung des Uhg im Jahre 1975 sei die Beklagte von einer Dynamisierung der Leistung für das Jahr 1976 ausgegangen, obschon zum Zeitpunkt der Bewilligung eine entsprechende Leistungsverordnung des Gesetzgebers noch gar nicht vorgelegen habe. Derartige Rechtsverordnungen ergingen in der Regel erst zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres und seien im Zeitpunkt der Bewilligung noch gar nicht in Kraft gewesen. Verstehe man unter den Leistungsvoraussetzungen des § 151 AFG die Tatsachen oder Rechtsverhältnisse, an die eine Rechtsnorm, ein Gesetz, eine Verordnung oder autonomes Recht einen Leistungsanspruch knüpfe, so werde deutlich, daß es nicht um Voraussetzungen einer Anspruchsnorm geht, sondern um die Existenz einer derartigen Norm. Deshalb finde § 151 AFG keine Anwendung. Infolgedessen können nur auf die von Forsthoff entwickelten Vorstellungen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte zurückgegriffen werden. Danach sei zwar die Behörde nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gehalten, gesetzmäßige und rechtmäßige Zustände zu schaffen und unter Umständen fehlerhafte Verwaltungsakte zu beseitigen. Dieser Grundsatz finde seine Schranke jedoch im Vertrauensschutz des durch einen begünstigenden Verwaltungsakt Betroffenen. Der Kläger sei vor Beginn der Maßnahme Bauzeichner gewesen. Er sei verheiratet und Vater eines minderjährigen Kindes; seine Ehefrau gehe einer beruflichen Tätigkeit nicht nach. Im März 1975 habe der Kläger mit seiner Familie ein frei finanziertes Einfamilienhaus bezogen. Dadurch seien seine gesamten ersparten Eigenmittel aufgebraucht. Der Bau des Hauses sei mit Hilfe von Darlehen finanziert worden, zu deren Zins- und Abtragszahlungen der Kläger monatlich 650,- DM aufwenden müsse. Er habe sich deshalb vor Beginn der Bildungsmaßnahme genau überlegen müssen, ob er wegen seiner finanziellen Situation die Maßnahme auf sich nehmen und eine Reduzierung seiner Arbeitsvergütung als Bauzeichner in Kauf nehmen könnte. Sein Entschluß zur Durchführung der Maßnahme sei letztlich durch die Höhe der im Bewilligungsbescheid vom 6. Juni 1975 für die Gesamtdauer der Umschulung festgesetzten Leistungssätze bestimmt worden. Da dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der für ihn günstigen Entscheidung nicht einmal bekannt gewesen sei, habe er auf deren Bestand vertrauen dürfen. Durch ihre Beseitigung greife die Beklagte in die Rechtsposition, die sich der Kläger im Vertrauen auf diese geschaffen habe, ein. Dieser Konflikt sei zugunsten des Vertrauensschutzes des Klägers zu lösen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15. Dezember 1976 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 1976 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich in erster Linie auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend führt sie aus: Die im Bescheid vom 6. Juni 1975 bewilligte Leistung sei auf Grund der AFG-Leistungsverordnung vom 2. Januar 1975 (BGBl I 113) errechnet worden und hätte ab 1. Juni 1976 auf Grund der Dynamisierung nach § 112 a AFG wöchentlich 404,40 DM betragen müssen. Erst auf Grund der Neuregelungen der §§ 44, 111 AFG durch das HStruktG-AFG, die am 1. Januar 1976 in Kraft getreten sind, habe sie eine Neubemessung, wie geschehen, vornehmen müssen. Diese Regelungen hätten nach § 151 AFG Berücksichtigung finden müssen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend die Entscheidung des SG bestätigt, daß die vom Kläger angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 1976 (§ 95 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Darin hat die Beklagte ihren Bescheid vom 6. Juni 1975 insoweit (teilweise) aufgehoben, als sie dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1976 Uhg in Höhe von mehr als 363,60 DM (nämlich 401,40 DM) zuerkannt hatte. Der Kläger wendet sich hiergegen in verfahrensrechtlich zulässiger Weise allein mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG; denn die begehrte Aufhebung der angefochtenen Bescheide hätte ohne weiteres zur Folge, daß der Bewilligungsbescheid vom 6. Juni 1975 in seiner ursprünglichen Fassung vollinhaltlich wiederhergestellt würde und die Beklagte daraus zur Leistung des Uhg in Höhe von 401,40 DM auch für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1976 verpflichtet wäre. Da es dem Kläger nur hierum geht, bestand für eine Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG kein Raum (vgl BSG SozR Nr 7 zu § 123 SGG). Das Aufhebungsbegehren des Klägers ist jedoch nicht begründet, denn die Beklagte war zu der erfolgten Abänderung (teilweisen Aufhebung) ihres Bewilligungsbescheides vom 6. Juni 1975 gemäß § 151 Abs 1 AFG berechtigt. Nach dieser Vorschrift werden Entscheidungen der Beklagten, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
Bei Erlaß des Bescheides vom 6. Juni 1975 haben die Voraussetzungen für die Bewilligung von Uhg in Höhe von 401,40 DM ab 1. Juni 1976 allerdings vorgelegen. Bei dem vom Kläger ab 2. Juni 1975 besuchten Lehrgang mit dem Ziel der Ausbildung zum Funkelektroniker handelte es sich für ihn um eine Maßnahme der beruflichen Umschulung iS von § 47 Abs 1 AFG; denn seine Teilnahme hieran sollte ihm den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit als die von ihm zuvor erlernte und ausgeübte Tätigkeit (Kunstschmied, Kunstschlosser, Kundendienstmitarbeiter, Bauzeichner) ermöglichen. Aus den der Entscheidung des LSG zugrundeliegenden Feststellungen ergibt sich, daß die Voraussetzungen für eine Förderung der Teilnahme des Klägers hieran gegeben waren, insbesondere nach § 44 AFG idF von Art 27 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656).
Nach dieser Vorschrift (§ 44 AFG idF des EG-EStRG) war die Beklagte insbesondere dazu berechtigt, dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 1976 ein höheres wöchentliches Uhg, nämlich in Höhe von 401,40 DM zu bewilligen; denn auch nach der Neuregelung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG war das Uhg von Leistungsbeziehern nach Maßgabe des § 112 a AFG anzuheben. § 112 a AFG wurde durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (AnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) in das AFG eingefügt. Damit sollte eine regelmäßige Anpassung des Arbeitslosengeldes (Alg) an die Lohnentwicklung gewährleistet sein (Dynamisierung). Seine Anwendung auch für das Uhg wurde dadurch verdeutlicht, daß das AnglG die Aufnahme des § 112 a AFG in die Reihe der in § 44 Abs 2 AFG bezeichneten Bezugsvorschriften vorsah, die für das Uhg gelten sollten. Dafür entfiel gleichzeitig die zuvor in § 44 Abs 2 AFG selbst vorgesehene Regelung über die Erhöhung des Uhg in bestimmten zeitlichen Abständen. Die Neufassung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG, die zunächst für den streitigen Anspruch des Klägers maßgebend ist, enthält zwar nicht mehr den ausdrücklichen Hinweis auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 112 a AFG. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß das Uhg seitdem von der Dynamisierung gemäß § 112 a AFG ausgeschlossen ist. Allerdings enthält die Begründung des Regierungsentwurfs eines EG-EStRG zu der Änderung des § 44 Abs 2 AFG Ausführungen, die zu der Annahme verleiten könnten, der Gesetzgeber habe eine Staffelung des Uhg je nach der Dauer der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme vollständig aufgeben wollen (vgl BT-Drucksache 7/2722 S 32 - Begründung zu Nr 1, Buchst a, Ziff 2). Dort heißt es nämlich: "Die geltende Regelung über die unterschiedliche Höhe des Unterhaltsgeldes je nach der Dauer des Leistungsbezuges sollte einen Anreiz für die Teilnahme an länger dauernden Maßnahmen schaffen. Wie jedoch die Praxis zeigt, spielt die gestaffelte Dauer bei der Entscheidung über die Teilnahme an einer kurzfristigen oder langfristigen Maßnahme keine beachtenswerte Rolle. Sie sollte auch nicht von der Höhe des zu zahlenden Unterhaltsgeldes, sondern allein davon abhängen, welche Maßnahme für den Teilnehmer am besten geeignet ist."
Das entspricht jedoch nicht der Rechtslage. Die oa Regierungsbegründung läßt Zweifel daran aufkommen, von welcher "geltenden Regelung" sie ausgegangen ist. Ihre Formulierung deutet darauf hin, daß sie den Gesetzestext des § 44 Abs 2 Satz 2 AFG idF des Ersten Änderungsgesetzes zum AFG vom 22. Dezember 1969 (BGBl I 2360) vor Augen hatte; denn dort war die Staffelung des Uhg der Höhe nach je nach Dauer der Maßnahmeteilnahme eingeführt worden; sie galt bis zum Inkrafttreten des AnglG. Daß die oa Begründung nicht die Einfügung des § 112 a AFG in § 44 Abs 2 Satz 2 AFG durch das AnglG gemeint haben kann, ergibt sich auch aus der Formulierung in der oa Begründung, die Praxis habe gezeigt, daß die gestaffelte Dauer für die Entscheidung über die Teilnahme an einer kurzfristigen oder langfristigen Maßnahme keine beachtenswerte Rolle gespielt habe. Die Einfügung des § 112 a in § 44 Abs 2 Satz 2 AFG durch das AnglG war erst am 1. Oktober 1974 erfolgt (§ 45 Abs 1 AnglG). Seine Herausnahme aus dem Text des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG erfolgte bereits am 1. Januar 1975 (Art 50 EG-EStRG). In dieser kurzen Zeit und erst recht bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung des unter dem 31. Oktober 1974 ausgefertigten Regierungsentwurfs des EG-EStRG - längstens also innerhalb eines Monats - konnte "die Praxis" aber nicht einen Anhalt dafür hergeben, daß die eben erst ausdrücklich eingeführte Anwendung des § 112 a AFG auf das Uhg keine "beachtenswerte" Rolle spielte. Infolgedessen kann dieser Begründung nicht der Sinn beigelegt werden, die Neufassung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG habe die Anwendbarkeit des § 112 a AFG auf das Uhg ausschließen sollen.
Seine Weitergeltung für das Uhg ergibt sich im übrigen aus § 44 Abs 7 AFG. Danach gelten die Vorschriften des Vierten Abschnitts über das Alg entsprechend, soweit die Besonderheiten des Uhg nicht entgegenstehen. Hinsichtlich der schon geschilderten Zweckbestimmung des § 112 a AFG enthält das Uhg insoweit aber keine Besonderheiten gegenüber dem Alg; denn es ist wie jenes zur Unterhaltssicherung bestimmt und rechtfertigt deshalb ebenfalls seine Anpassung an die Lohnentwicklung. Im übrigen verweist § 44 Abs 2 AFG idF des EG-EStRG als Bemessungsmaßstab auf das Arbeitsentgelt iS von § 112 AFG. Dieses wiederum ist im gegebenen Falle jedoch auch ein nach § 112 a AFG erhöhtes Arbeitsentgelt. Die Beklagte ist deshalb zu Recht von Anfang an davon ausgegangen, daß das Uhg auch nach der Gesetzesänderung durch das EG-EStRG (weiterhin) nach § 112 a AFG zu dynamisieren ist (vgl Runderlaß der Beklagten Nr 76/75.4.1.2.8 vom 19. Dezember 1974 - Dienstblatt der Beklagten, Ausgabe A, Nr 10/1975 vom 20. Februar 1975). Ihre Praxis entspricht offensichtlich der Auffassung des für den Regierungsentwurf eines EG-EStRG federführenden Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. In den von ihm erlassenen AFG-Leistungsverordnungen 1977 (vom 17. Dezember 1976 - BGBl I 3590), 1978 (vom 19. Dezember 1977 - BGBl I 2772) und 1979 (vom 20. Dezember 1978 - BGBl I 2037) legt er zu Grunde (jeweils in § 2), daß § 112 a AFG auf das Uhg anwendbar ist.
Die im Bewilligungsbescheid vom 6. Juni 1975 zugesagte Erhöhung des wöchentlichen Uhg-Satzes von 363,60 DM auf 401,40 DM ab 1. Juni 1976 entspricht demgemäß der im Juni 1975 geltenden Rechtslage (§§ 44 Abs 2, 112, 112 a AFG idF des EG-EStRG, AFG-Leistungsverordnung 1975 vom 2. Januar 1975 - BGBl I 113).
Diese Rechtslage änderte sich jedoch durch die Regelungen des HStruktG-AFG mit Wirkung ab 1. Januar 1976. Das Uhg beträgt seitdem nicht mehr 90 vH, sondern nur noch 80 vH, in bestimmten Fällen 58 vH, des um pauschalierte gesetzliche Abzüge verminderten Arbeitsentgelts iS von § 112 AFG. Daraus würde sich für den Kläger ab 1. Januar 1976 ein niedrigerer Uhg-Wochensatz ergeben, den das LSG zutreffend mit 347,40 DM berechnet hat (§§ 44 Abs 2, 111, 112 AFG iVm der AFG-Leistungsverordnung 1976 vom 2. Januar 1976 - BGBl I 17).
Die Beklagte mußte diese Rechtsänderung nach § 151 Abs 1 AFG berücksichtigen; denn zu den Voraussetzungen für Leistungen in diesem Sinne gehören alle Umstände, die den Anspruch darauf berühren. Es sind dies im Grunde genommen stets nur rechtliche Voraussetzungen; denn auch tatsächliche Veränderungen der für die Leistungsgewährung maßgeblichen Umstände wirken sich auf den Leistungsanspruch nur aus, wenn sie von Rechts wegen hierauf Einfluß haben. Umfaßt der Begriff der Leistungsvoraussetzungen in § 151 Abs 1 AFG sonach alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach (vgl Schönefelder-Kranz-Wanka, Kommentar zum AFG, RdNr 7 zu § 151; Hennig-Kühl-Heuer, Kommentar zum AFG, Anm 6 zu § 151), so ist hier auch der Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen als Folge gesetzlicher Änderungen grundsätzlich zu beachten (in diesem Sinne schon BSG SozR 4460 § 24 AFuU Nr 2; SozR 4100 § 151 Nr 3). Das entspricht im übrigen der Rechtsprechung zu anderen vergleichbaren Regelungen (vgl zB BSG 10, 202, 203 zu § 62 BVG; BSGE 28, 227, 228 zu § 622 RVO).
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf die Bestandskraft von Verwaltungsakten nach § 77 SGG oder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Der § 77 SGG sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber § 151 Abs 1 AFG eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung. Er wird ergänzt durch die Regelungen in § 152 AFG, wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandkraft von Verwaltungsakten hier auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt ist (vgl BSGE 38, 63, 68 = SozR 4100 § 151 Nr 1 und BSGE 41, 260, 261 = SozR 4100 § 151 Nr 3). Der Kläger irrt auch, wenn er meint, § 151 Abs 1 AFG sei deshalb nicht anwendbar, weil die Bewilligung des dynamisierten Uhg ab 1. Juni 1976 im Bescheid vom 6. Juni 1975 auf der damals noch nicht existenten AFG-Leistungsverordnung 1976 beruhte. Die Bewilligung geht vielmehr, wie schon dargelegt, auf die Regelung in § 112 a AFG zurück.
Im übrigen hat der Gesetzgeber dem Vertrauensschutz des Klägers bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß er ihm in der Übergangsbestimmung des Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG den Bestand des ihm vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG am 1. Januar 1976 zustehenden Uhg-Wochensatzes sicherte. Nach dieser Vorschrift ist der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1975 (weiterhin) maßgebend, wenn der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 für einen bereits im Uhg-Leistungsbezug stehenden Antragsteller niedriger wäre, als der diesem Antragsteller am 31. Dezember 1975 zustehende Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1975. Das bedeutet für den Kläger: Das LSG hat zutreffend errechnet, daß dem Kläger nach der Leistungsverordnung 1976 nur ein Uhg-Wochensatz in Höhe von 347,40 DM zugestanden hätte, der sich auch bei Dynamisierung gemäß § 112 a AFG am 1.Juni 1976 nicht über den 1975 bewilligten Satz von 363,60 DM hinaus erhöht hätte.
Dem Kläger steht vom 1. Juni bis 31. Dezember 1976 auch nicht deshalb ein höherer Uhg-Wochensatz zu, weil das ihm im Bescheid vom 6. Juni 1975 bewilligte Uhg vom 1.Juni 1976 an gemäß § 112 a AFG auf der Grundlage der Leistungsverordnung 1975 zu erhöhen (dynamisieren) wäre; denn die Leistungsverordnung 1975 galt nach ihrem § 1 nur für das Jahr 1975. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art 1 § 2 HStruktG-AFG. Der Senat versteht diese Übergangsvorschrift dahin, daß sie den Ende 1975 bereits im Leistungsbezug stehenden Uhg-Bezieher vor einer durch eine gesetzliche Änderung im HStruktG-AFG erfolgten Herabsetzung seines Uhg schützen sollte. Dies kommt im Wortlaut der genannten Übergangsregelung zum Ausdruck. Nach Art 1 § 2 Abs 1 HStruktG-AFG ist § 44 Abs 2 idF des HStruktG-AFG auf Bezieher laufender Leistungen bei Inkrafttreten des HStruktG-AFG anzuwenden. Daraus folgt, daß auch in solchen Fällen der Berechnung des Uhg grundsätzlich höchstens 80 vH des maßgeblichen Arbeitsentgelts (§ 112 AFG) zugrunde liegen soll. Diese Absicht wird durch die Regelung in Art 1 § 2 Abs 3 Nr 1 HStruktG-AFG bestätigt, wenn dort auf die erst mit der Leistungsverordnung 1976 eingeführten Leistungsgruppen A und C verwiesen wird; im übrigen liegt dieser Leistungsverordnung bereits das auf 80 vH herabgesetzte Arbeitsentgelt iS von § 112 AFG zugrunde. Der insoweit errechnete Leistungssatz könnte zwar nach § 112 a AFG dynamisiert werden. Sollte sich dabei allerdings kein gegenüber dem am 31. Dezember 1975 zustehenden Uhg besserer Satz ergeben, greift die Regelung aus Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG ein. Sie bestimmt die Weitergeltung des "alten" Leistungssatzes aus der Leistungsverordnung 1975, wenn der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 niedriger ist. Als grundsätzlich eng auszulegende Ausnahmeregelung gegenüber dem Prinzip der Geltung des neuen Rechts auch für laufende Leistungsfälle kann damit nur jene Leistung gemeint sein, die dem Leistungsbezieher am 31. Dezember 1975 zustand und nicht eine andere (höhere), die ihm nach dem früheren Rechtszustand für 1976 zugestanden hätte. Auch dies findet zusätzlich im Wortlaut des Art 1 § 2 Abs 3 Satz 1 HStruktG-AFG eine Stütze; danach soll die Festschreibung des bisherigen Leistungssatzes "bis zum Ende der Teilnahme an dieser Maßnahme" gelten. Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Leistungssatzes aus der Leistungsverordnung 1975 nach § 112 a AFG im Jahre 1976 konnte sinnvoller Weise dabei nicht beabsichtigt sein; denn da jener Leistungssatz auf einem um wenigstens 10 vH höheren Arbeitsentgelt basierte als der ab 1. Januar 1976 in Betracht kommende Leistungssatz, könnte sich praktisch in keinem Fall ein höheres Uhg nach der Leistungsverordnung 1976 ergeben, wenn der geschützte Leistungssatz iS von Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG (nämlich der nach der Leistungsverordnung 1975) auch noch 1976 gemäß § 112 a AFG zu dynamisieren wäre. Insofern hätte sich der Vergleich mit dem Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 erübrigt.
Der Senat entnimmt dem Inhalt von Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG deshalb, daß den am 31. Dezember 1975 im Leistungsbezug stehenden Uhg-Beziehern der ihnen an diesem Tage zustehende Leistungssatz solange zustehen sollte, bis er nach jeweils geltendem Recht von einem besseren Leistungssatz "überholt" werden würde. Trotz der Beschränkung im Wortlaut der genannten Regelung auf den Vergleich mit dem Leistungssatz der Leistungsverordnung 1976 ist der Senat der Auffassung, daß diese Wirkung auch für Zeiten nach dem 31. Dezember 1976, dem Ende der Geltungsdauer der Leistungsverordnung 1976 (§ 1), bestehen bleibt, dh, daß dem genannten Leistungsbezieher ein günstigerer Leistungssatz aus der Leistungsverordnung 1975 auch dann (und solange) noch verbleibt, wenn sich etwa aus der Leistungsverordnung 1977 oder 1978 für ihn ein demgegenüber niedrigerer Leistungssatz ergeben würde. Das entspricht jedenfalls dem schon dargestellten Sinne der Übergangsregelung in Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG. Dem stehen die Übergangsregelungen in § 2 der Leistungsverordnungen 1977 und 1978 nicht entgegen, da sie sich nur auf Teilnehmer beschränken, deren Maßnahmen im Jahre 1976 bzw 1977 begonnen haben. Im übrigen bestimmt Art 1 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG, wie schon erwähnt, daß der günstigere Leistungssatz aus der Leistungsverordnung 1975 bis zum Ende der Teilnahme an der laufenden Maßnahme gelten soll. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Verordnungsgeber späterer Leistungsverordnungen diese gesetzliche Bestimmung von einem bestimmten Zeitpunkt an hat außer Kraft setzen wollen; er hätte es mangels Ermächtigung auch nicht gekonnt.
Die Regelungen des HStruktG-AFG über die Herabsetzung des Uhg verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Zwar kann der Anspruch auf Uhg als ein vermögenswertes subjektiv-öffentliches Recht angesehen werden, das Merkmale des Eigentumsbegriffs iS von § 14 GG aufweist, weil es aus Beitragsmitteln der Versicherten finanziert wird (vgl BVerfGE 11, 221, 226; 14, 288, 293; 22, 241, 253; 29, 22, 33 f; 31, 185, 189 ff). Dem braucht es nicht entgegenzustehen, daß Personen, die Uhg beziehen, nicht immer schon zuvor Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet haben, sondern dies erst zukünftig tun (vgl § 42 AFG idF vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG und §§ 36, 42 Abs 4 AFG nF). Ansprüche gegen die Arbeitslosenversicherung beruhen nämlich nicht auf dem Prinzip der individuellen Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen (BSGE 43, 255, 266 = SozR 4100 § 80 Nr 1 mwN). Wird aber durch die Sozialversicherung ein Sozialausgleich dadurch geschaffen, daß lediglich die Verhältnismäßigkeit zwischen Leistungen und Gegenleistungen unter den in dem jeweiligen Zweig der Sozialversicherung insgesamt Versicherten erforderlich ist, so rechtfertigt diese Global-Äquivalenz (vgl BVerfGE 11, 105, 114, 117; 17, 1, 9; 22, 241, 253; BSGE 6, 213, 227; 13, 247, 250; 23, 59; Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit 1975, 161, 165; Meydam, Soziale Sicherheit 1975, 292, 295) den Schutz des Art 14 GG für den einzelnen Anspruch.
Die Einbeziehung des Uhg-Anspruchs in den Schutzbereich des Art 14 GG bedeutet jedoch nicht, daß der Gesetzgeber nicht befugt wäre, in gewissem Umfange in eine dem Anspruchsberechtigten daraus erwachsende Position einzugreifen. In Art 14 Abs 1 Satz 2 GG ist die Inhaltsbestimmung des Eigentums ausdrücklich dem einfachen Gesetzgeber aufgegeben. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentumsrechts ist infolgedessen auf den Kernbereich der erworbenen öffentlich-rechtlichen Rechtsposition beschränkt, weil ein starres Festhalten an die jeweils durch Gesetz oder Satzung festgelegten Beträge oder Leistungen die einfache Gesetzgebung weitgehend blockieren und eine Anpassung des Rechts an die Veränderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse verhindern würde (vgl Wannagat, Bundesarbeitsblatt 1974, S 261, 264 mit Hinweis auf BSGE 14, 133, 137 und 15, 71, 75; BSGE 9, 127, 128). Eingriffe sind deshalb zulässig. Es muß lediglich abgewogen werden, ob die Einschränkung des Grundrechts zur Erreichung des vom Gemeinwohl gedeckten Zieles geeignet und notwendig und nicht übermäßig belastend und deshalb unzumutbar ist (BVerfGE 21, 150, 155; Maunz/Herzog/Düring/Scholz, Kommentar zum GG, Art 14 RdNr 38). Weiterhin ist innerhalb der Eigentumsgarantie der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden (BVerfGE 26, 215, 222; Meydam aaO S 295).
Der Uhg-Anspruch des Klägers wird auf Grund der Neuregelung durch das HStruktG-AFG nicht in seinem Kernbereich berührt; denn nach der Übergangsregelung des Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG verändert sich die Leistungshöhe nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht zu Ungunsten des Klägers. Es wird lediglich eine zu erwartende Erhöhung nicht vorgenommen. Durch die Beibehaltung der gleichen Leistungshöhe wie zuvor wird der Kläger allenfalls geringfügig in seiner Lebensführung beeinträchtigt. Die Neuregelung des Uhg durch das HStruktG-AFG sollte einer defizitären Entwicklung der Arbeitslosenversicherung entgegenwirken, die auf Dauer zu einer Überbeanspruchung der Kreditmärkte durch die öffentliche Hand geführt hätte (s. zur allgemeinen Zielsetzung des Entwurfs zum HStruktG-AFG BT-Drucksache 7/4127 S 1). Weiterhin sollte die Höhe des Uhg an die aktuellen arbeitsmarktpolitischen Erfordernisse und Zielsetzungen angepaßt werden (s. Begründung zu Art 20 des Regierungsentwurfs, BT-Drucksache 7/4127 S 47 f).
Im Verhältnis zu dieser für das Gemeinwohl außerordentlich wichtigen Zielsetzung der gesetzgeberischen Neuregelung liegt in der nur geringfügigen Beeinträchtigung der Rechtsposition des Klägers keine unzumutbare Belastung (BVerfGE 31, 229, 242). Art 14 GG ist deshalb mit der Änderung des § 44 Abs 2 AFG durch das HStruktG-AFG nicht verletzt worden.
Diese Neuregelung steht ferner nicht in Widerspruch zum Rechts- und Sozialstaatsprinzip iS von Art 20 GG. Aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen auch für Gesetze mit unechter Rückwirkung, also für Normen, die zwar unmittelbar nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, damit aber zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im Ganzen entwerten (BVerfGE 36, 73, 82). Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier; denn der Uhg-Bewilligungsbescheid vom 6. Juni 1975 enthielt die verschiedenen Leistungshöhen bereits für die gesamte Dauer der Bildungsmaßnahme, so daß sich der Kläger bereits bei Beginn der Maßnahme auf ein bestimmtes Maß der Förderung einstellen konnte. Wenn er ab 1. Juni 1976 die Leistungen nicht in der bereits bewilligten Höhe erhält, verringert sich der Gesamtförderungsbetrag.
Eine solche unechte Rückwirkung ist aber nur dann verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingreift und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des Einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigt (BVerfGE 36, 73, 82). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Ein Vertrauen des Klägers darin, daß sich die gesetzliche Regelung der Höhe des Uhg nach Beginn der Bildungsmaßnahme nicht ändern würde, hätte nur dann entstehen können, wenn es sich bei der Uhg-Regelung um eine bereits seit langem bestehende und unverändert gebliebene Förderungsart handeln würde. Das Uhg ist jedoch erst durch das 7. Änderungsgesetz zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 10. März 1967 (BGBl I 266) in das Recht der Arbeitsförderung eingeführt worden. Seit dem Inkrafttreten des AFG ist es sowohl in der Berechnungsweise als auch in der Höhe mehrfach abgeändert worden (vgl die Darstellung bei Hennig/Kühl/Heuer, aaO Anm 1 zu § 44). Ein Vertrauen in einen unveränderten, stetig gleichbleibenden Fortbestand der vor dem Inkrafttreten des HStruktG-AFG bestehenden Ausgestaltung des Uhg konnte beim Kläger somit nicht entstehen. Es liegt infolgedessen keine Beeinträchtigung des Prinzips der Rechtssicherheit in der Form des Vertrauensschutzes vor.
Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Es darf jedoch nicht dahin ausgelegt werden, daß mit seiner Hilfe jede Einzelregelung, deren Anwendung in bestimmten Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führt, modifiziert werden könnte (vgl BVerfGE 26, 44, 61 f; 34, 118, 136; 36, 73, 84). Die Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips obliegt vielmehr im wesentlichen dem Gesetzgeber (BVerfGE 1, 97, 105; 8, 274, 329; 36, 73, 84). Im HStruktG-AFG hat der Gesetzgeber den Uhg-Leistungssatz um rd 10 vH gesenkt. Da er neben diesem Schritt für laufende Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen eine besitzstandswahrende Übergangsregelung geschaffen hat, sind sozialstaatliche Grundsätze auf jeden Fall gewahrt.
Schließlich kann in der Neuregelung des § 44 Abs 2 durch das HStruktG-AFG nicht eine Verletzung des Grundrechts auf freie Berufswahl iS von Art 12 GG erblickt werden. Art 12 Abs 1 GG kommt als Maßstabsnorm in der Regel nur für solche Bestimmungen in Betracht, die sich gerade auf die berufliche Tätigkeit beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Dies ist bei den Vorschriften, die die Höhe des Uhg regeln, nicht der Fall, da durch diese weder die Berufsausübung noch die Zulassung zu einem Beruf geregelt wird. Allerdings sind auch Vorschriften, die das Berufsrecht nicht unmittelbar regeln, am Maßstab des Art 12 Abs 1 GG verfassungsrechtlich zu prüfen, wenn sie es berühren können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der nach Art 12 Abs 1 GG geschützte Freiheitsraum durch Vorschriften berührt wird, die in Folge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Freiheit der Berufswahl mittelbar zu beeinträchtigen (BVerfGE 13, 181, 185 f; 22, 380, 383). Die vom HStruktG-AFG vorgenommene Herabsenkung des Uhg-Leistungssatzes ist jedoch wegen ihrer in dieser Hinsicht geringfügigen Wirkung nicht geeignet, eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme zu vereiteln, so daß die Freiheit der Berufswahl durch eine solche Maßnahme nicht beeinträchtigt wird. Da der Kläger das Uhg ohnehin in gleicher Höhe wie zu Beginn des Jahres 1976 weiter erhält, ist sein Grundrecht aus Art 12 GG auf keinen Fall verletzt.
Nach allem hat das LSG die von der Beklagten für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1976 vorgenommene Herabsetzung ihrer früheren Uhg-Bewilligung auf wöchentlich 363,60 DM zu Recht bestätigt. Die Revision muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen