Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Zuschusses zum Vorruhestandsgeld
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Nachzahlung einer rückwirkend (tarifvertraglich) vereinbarten Lohnerhöhung während des Bemessungszeitraums für die Höhe des Zuschusses zum Vorruhestandsgeld zu berücksichtigen ist.
Normenkette
VRG § 3 Abs 2 S 1; VRG § 3 Abs 2 S 2; AFG § 112 Abs 2 S 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Höhe von Zuschüssen zu Vorruhestandsleistungen.
Bei der Klägerin, einem Unternehmen der Textilindustrie, waren zum 31. Juli 1986 die Arbeitnehmer L. und S. aufgrund des Vorruhestands-Tarifvertrages der baden-württembergischen Textilindustrie vom 15. Juni 1984 ausgeschieden. Für die Entlohnung der beiden Arbeitnehmer galt der jeweilige Gehalts-Tarifvertrag der baden-württembergischen Textilindustrie. Am 3. Juni 1986 vereinbarten die Tarifvertragsparteien eine Gehaltserhöhung mit Wirkung vom 1. Mai 1986. Davor hatte L. ein Gehalt von 3.568,-- DM monatlich brutto und S. ein solches von 3.533,-- DM. Das erhöhte Gehalt wurde den Arbeitnehmern erst ab Juni 1986 zuzüglich der Nachzahlung für Mai 1986 ausgezahlt, und zwar für L. 3.864,-- DM und für S. 3.829,-- DM. Für Juli 1986 erhielt L. 3.716,-- DM und S. 3.681,-- DM.
Am 13. August 1986, als die Gehälter bis einschließlich Juli 1986 abgerechnet waren, beantragte die Klägerin die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses. Mit Bescheid vom 29. September 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 1986 erkannte die Beklagte an, daß hinsichtlich des maßgeblichen Bruttoarbeitsentgelts bei L. von monatlich 2.351,26 DM und bei S. von monatlich 2.328,51 DM auszugehen sei. Die für Mai 1986 nachgezahlte rückwirkende Gehaltserhöhung sei eine einmalige Zuwendung und könne deshalb bei der Bemessung des Zuschusses nicht berücksichtigt werden. Der Zuschuß betrage 34 vH der Aufwendungen für das dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer gewährte Vorruhestandsgeld (Vog), jedoch berechnet aus 65 vH des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts.
Das Sozialgericht (SG) hat unter Zulassung der Berufung mit Urteil vom 20. August 1987 die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, bei der Bemessung des Zuschusses für L. ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.367,30 DM und für S. ein solches von 2.344,55 DM zugrunde zu legen. Dabei hat es jeweils die tarifliche Gehaltserhöhung in vollem Umfang berücksichtigt.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat sein Urteil vom 17. Mai 1988 im wesentlichen wie folgt begründet:
Streitig sei lediglich die Höhe der Zuschüsse nach dem Vorruhestandsgesetz (VRG). Diese bestünden gemäß § 3 VRG aus einem festen Prozentsatz des in den letzten abgerechneten, insgesamt sechs Monate umfassenden Lohnabrechnungszeiträumen durchschnittlich erzielten Bruttoarbeitsentgelts. Arbeitsentgelt sei gemäß § 3 Abs 2 Satz 2 VRG, § 112 Abs 2 Satz 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - (in der vor dem 1. Januar 1988 geltenden Fassung) das im Bemessungszeitraum erzielte Monatsgehalt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden (40) der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entspreche. Das sei hier der Fall. Einmalige und wiederkehrende Zuwendungen hätten gemäß § 112 Abs 2 Satz 3 AFG bei der Berechnung des Arbeitsentgelts außer Betracht zu bleiben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge mithin davon ab, ob die im Juni 1986 für Mai ausgezahlte Lohnerhöhung zu den einmaligen Zuwendungen gehöre. Der Gesetzeswortlaut gebe hierfür praktisch nichts her. Die von ihr angeführten Entscheidungen könnten die Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht eindeutig stützen.
Aus der bisherigen Rechtsprechung folge, daß ein nach Ablauf des Bemessungszeitraums erzieltes Arbeitsentgelt nicht zu berücksichtigen sei. Der vom SG gezogene Gegenschluß, daß dann für innerhalb des Bemessungszeitraumes erzielte Lohnerhöhungen das Gegenteil gelte, sei nicht zwingend, aber wenigstens plausibel. Zudem sei darauf hinzuweisen, daß nach § 3 Abs 2 Satz 1 VRG die Höhe der Zuschüsse nicht von dem Durchschnitt der in den einzelnen Lohnabrechnungszeiträumen erarbeiteten Entgelte, sondern von einem einheitlichen, im Bemessungszeitraum insgesamt durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelt abhänge. Es könne dabei im Rahmen von § 3 Abs 2 Satz 1 VRG nicht darauf ankommen, welche Lohnabrechnungszeiträume eine innerhalb des Bemessungszeitraums vereinbarte und ausbezahlte Lohnerhöhung zufällig gerade enthielten. Die im Juni ausbezahlte Lohnerhöhung gehöre daher zu dem nach § 3 VRG zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt und nicht zu den nach § 112 Abs 2 Satz 3 AFG außer Betracht bleibenden Zuwendungen.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 3 Abs 2 VRG iVm § 112 Abs 2 AFG (in der vor dem 1. Januar 1988 geltenden Fassung). Sie ist der Ansicht, bei einmaligen oder wiederkehrenden Zuwendungen handele es sich um Arbeitsentgelt, das nicht für die Arbeit in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu zahlen sei. Hierzu gehörten auch rückwirkende Lohnerhöhungen, soweit die im Nachzahlungsbetrag enthaltenen Arbeitsentgelte für die Zeit vor Abschluß des Tarifvertrages bestimmt seien. Nach dem Willen des Gesetzgebers habe für die Bemessung iS des § 112 Abs 2 AFG nur noch das laufende Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden sollen, mit dem der Arbeitnehmer bei jeder Lohnabrechnung rechnen könne, soweit es im Bemessungszeitraum erzielt worden sei. Die Lohnerhöhung für Mai 1986 gehöre aber gerade nicht zu dem normalerweise und regelmäßig, dh monatlich laufend ausgezahlten Arbeitsentgelt. Die Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG stelle nämlich ausschließlich auf die Art des regelmäßigen laufenden Zuflusses der Leistung ab. Hieraus ergebe sich, daß rückwirkende Lohnerhöhungen bei der Bemessung des Bruttoarbeitsentgelts iS des § 3 VRG frühestens von dem Lohnabrechnungszeitraum an berücksichtigt werden könnten, in dem sie vereinbart worden seien. Dieser Grundsatz, der für das Beitragsrecht und auch für das Leistungsrecht sowohl im Bereich der Krankenversicherung als auch für die Gewährung von Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld gelte, sei durch die näher bezeichnete Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bereits wiederholt bestätigt worden. Da hier die prozentuale Erhöhung des Arbeitsentgelts am 3. Juni 1986 vereinbart worden sei, müsse die Lohnerhöhung für Mai 1986 bei der Bemessung des Zuschusses zu den Vorruhestandsleistungen des Arbeitgebers außer Betracht bleiben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Mai 1988 und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. August 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Beklagte sei zu Unrecht der Auffassung, daß auch rückwirkende Lohnerhöhungen zu den einmaligen oder wiederkehrenden Zuwendungen gehörten, soweit die in dem Nachzahlungsbetrag enthaltenen Arbeitsentgelte für die Zeit vor Abschluß des Tarifvertrages bestimmt seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die bei einer zulässigen Revision von Amts wegen zu berücksichtigen sind, liegen nicht vor. Richtige Klageart ist hier die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 29. September 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 1986. Mit ihnen hat die Beklagte bei der Festsetzung des für den Zuschuß maßgeblichen Arbeitsentgelts die bei L. und S. ab 1. Mai 1986 wirksam gewordenen Gehaltserhöhungen im Lohnabrechnungszeitraum Mai 1986 außer Betracht gelassen und erst ab 1. Juni 1986 berücksichtigt, weil der entsprechende Gehaltstarifvertrag erst am 3. Juni 1986 abgeschlossen wurde. Ob die Beklagte damit bereits die Gewährung der Leistung abgelehnt hat, soweit sie den zuerkannten Umfang übersteigt, oder ob sie gemäß § 11 Abs 3 VRG iVm §§ 1, 6 Abs 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über das Verfahren bei der Gewährung von Zuschüssen zu den Vorruhestandsleistungen des Arbeitgebers vom 18. Juni 1984 (ANBA S 1193) lediglich einen negativen Anerkennungsbescheid erteilen und damit in der Sache insoweit noch keine abschließende Entscheidung treffen wollte, kann dahinstehen. Zwar wäre im letzteren Falle an sich die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG die richtige Klageart. Gleichwohl war hier von Anfang an die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG gegeben. Die Klägerin hat nämlich schon während des Vorverfahrens einen Leistungsantrag gestellt. Der Senat hat bereits für das zweigestufte Verfahren beim Kurzarbeitergeld nach § 72 AFG und beim Mehrkostenzuschuß gemäß § 81 Abs 2 AFG entschieden, daß in dem Widerspruch gegen einen negativen Anerkennungsbescheid ein Leistungsantrag zu erblicken ist, wenn, wie das hier der Fall ist, ein dahin gerichteter Wille des Widersprechenden unverkennbar ist. Insoweit wird auf die zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteile des Senats vom 16. August 1989 - 7 RAr 24/88 - und 20. September 1989 - 7 RAr 110/87 - Bezug genommen. Die Verfahrenslage ist für Ansprüche auf Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen strukturell gleichartig geregelt.
Die Revision kann keinen Erfolg haben, weil die Beklagte bei der Bemessung des Zuschusses zum jeweiligen Vog auch die an L. und S. für den Monat Mai tarifvertraglich vereinbarten Gehaltserhöhungen, die ihnen im Juni 1986 ausgezahlt worden sind, zu berücksichtigen hat.
Nach § 1 Abs 1 VRG gewährt die BA Arbeitgebern Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet haben. Für den Anspruch auf den Zuschuß sind in § 2 VRG eine Reihe weiterer Voraussetzungen aufgestellt, wie die ua tarifvertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers, dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer bis zum 65. Lebensjahr bzw bis zum Erhalt bestimmter Rentenleistungen Vog in Höhe von mindestens 65 vH des Bruttoarbeitsentgelts iS von § 3 Abs 2 VRG zu zahlen, bestimmte beitragspflichtige Beschäftigungszeiten des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Wiederbesetzung des frei gewordenen Arbeitsplatzes mit einem anderen Arbeitnehmer bestimmter Art. Im Bescheid vom 29. September 1986 hat die Beklagte anerkannt, daß alle den Grund des Klageanspruchs betreffenden Voraussetzungen erfüllt sind. Sie hat darüber hinaus anerkannt, daß hinsichtlich der maßgeblichen Bemessungsgrundlage, von der aus der 35 bzw 34 vH betragende Zuschuß zu berechnen ist, bei L. von 2.351,26 DM und bei S. von 2.328,51 DM monatlich auszugehen sei, wobei es sich - entgegen dem im Bescheid verwendeten Begriff - nicht um Bruttoarbeitsentgelte handelt, sondern um 65 vH der Bruttoarbeitsentgelte, die L. und S. in den sechs Monaten des Bemessungszeitraums durchschnittlich erzielt haben sollen. Daraus folgt die bindende Anerkennung seitens der Beklagten, daß die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung des Zuschusses dem Grunde nach und jedenfalls nach den vorstehend aufgeführten Bemessungsgrundlagen besitzt. Die Klägerin begehrt lediglich eine höhere Leistung mit dem Hinweis, daß für die Bemessung des Zuschusses auch die tarifvertraglich vereinbarte Gehaltserhöhung für den Monat Mai 1986 zu berücksichtigen sei. Dieses Anliegen ist berechtigt. Rechtsgründe anderer Art, die dem Leistungsbegehren im Wege stünden, sind nicht ersichtlich.
Nach § 3 Abs 1 VRG beträgt der Zuschuß zu den Vorruhestandsleistungen 35 vH und im Falle des § 3 Abs 6 RVG 34 vH der Aufwendungen für das den ausgeschiedenen Arbeitnehmern in Höhe von 65 vH des Bruttoarbeitsentgelts gezahlte Vog. Bruttoarbeitsentgelt iS des Abs 1 ist gemäß § 3 Abs 2 VRG das Arbeitsentgelt, das der ausgeschiedene Arbeitnehmer vor Beginn der Vorruhestandsleistung in den letzten abgerechneten, insgesamt sechs Monate umfassenden Lohnabrechnungszeiträumen durchschnittlich erzielt hat, soweit es im jeweiligen Monat die Beitragsbemessungsgrenze des § 175 Abs 1 Nr 1 AFG nicht überschreitet. § 112 Abs 2, 4, 5 Nr 3 und Abs 7 AFG in der vor dem 1. Januar 1988 geltenden Fassung ist entsprechend anzuwenden.
Die letzten abgerechneten, insgesamt sechs Monate umfassenden Lohnabrechnungszeiträume sind nach den getroffenen Feststellungen des LSG die Monate Februar bis Juli 1986. Die Arbeitsentgelte, die L. und S. in diesen Monaten erzielt haben, überschritten mit höchstens 3.864,-- DM bzw 3.829,-- DM die Bemessungsgrenze des § 175 Abs 1 Nr 1 AFG nicht; denn nach § 3 Nr 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1986 vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2557) betragen die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten 67.200,-- DM jährlich oder 5.600,-- DM monatlich. Insgesamt haben L. und S. in dem hier maßgeblichen Bemessungszeitraum 21.852,-- DM bzw 21.642,-- DM erzielt, woraus sich durchschnittliche monatliche Bruttoarbeitsentgelte von 3.642,-- DM bzw 3.607,-- DM ergeben. Die in Höhe von 35 bzw 34 vH zu gewährenden Zuschüsse wären hiernach von 2.367,30 DM bzw 2.344,55 DM zu berechnen, wie das SG entschieden hat. Denn der Zuschuß richtet sich nicht unmittelbar nach dem Bruttoarbeitsentgelt, sondern nach dem in Höhe von 65 vH des Bruttoarbeitsentgelts gezahlten Vog (§ 3 Abs 1 Nr 1 VRG). Hiernach haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden, wenn es sich bei der Nachzahlung für den Monat Mai um anrechenbares Arbeitsentgelt handelt. Das ist der Fall.
Wie sich aus § 3 Abs 2 VRG ergibt, ist für die Berechnung des Zuschusses grundsätzlich das in den Lohnabrechnungszeiträumen der letzten sechs Monate durchschnittlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt maßgeblich. Dazu ist zunächst die Summe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze im jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum, in den letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen vor Beginn der Vorruhestandsleistungen zu ermitteln. Ist das Arbeitsentgelt, wie hier, nach Monaten bemessen und entspricht die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zugleich der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit, ist der Durchschnittsbetrag des Arbeitsentgelts der letzten sechs Monate das nach § 3 Abs 2 VRG maßgebliche Bruttoarbeitsentgelt. Zu diesem Bruttoarbeitsentgelt gehören auch die im Juni 1986 ausgezahlten Nachzahlungen für den Monat Mai. Beide Monate liegen im maßgeblichen Bemessungszeitraum, der sechs Monate umfaßt. Die Nachzahlungen sind Arbeitsentgelt, was keiner weiteren Begründung bedarf. Sie wurden auch wie die Entgelte der übrigen Monate des Bemessungszeitraums rechtzeitig abgerechnet.
Bereits aus der Fassung des § 3 Abs 2 Satz 1 VRG wird deutlich, daß es für die Berücksichtigung eines Arbeitsentgelts als Grundlage für die Bemessung des Zuschusses zum VRG nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt innerhalb des maßgeblichen Bemessungszeitraums es ausbezahlt worden ist. Maßgebend ist nämlich, was in den "letzten abgerechneten, insgesamt sechs Monate umfassenden Lohnabrechnungszeiträumen durchschnittlich erzielt" wurde, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des § 175 Abs 1 Nr 1 AFG nicht überschreitet. Abgestellt wird mithin auf das gesamte Arbeitsentgelt des ausgeschiedenen Arbeitnehmers für die letzten sechs Monate, das in dieser Zeit verdient und rechtzeitig abgerechnet wurde, soweit es berücksichtigungsfähig ist.
Neben den - wie schon erwähnt - nicht berücksichtigungsfähigen Teilen des Arbeitsentgelts oberhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen bleiben gemäß der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG einmalige und wiederkehrende Zuwendungen außer Betracht. Mit der Fassung, die § 112 Abs 2 AFG durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) erhielt, hat der Gesetzgeber die Berücksichtigung von Zuwendungen - sei es, daß sie einmaliger, sei es, daß sie wiederkehrender Natur sind - gänzlich ausgeschlossen. Der Bemessung des Alg soll nunmehr ebenso wie bei der Bemessung des Kurzarbeitergeldes (Kug) und des Schlechtwettergeldes (§§ 68 Abs 3, 86 AFG idF des AFKG) nur noch dasjenige Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, mit dem der Arbeitnehmer bei jeder Gehaltsabrechnung rechnen kann (BT-Drucks 9/996 S 79).
Bei den Nachzahlungen, die L. und S. für den Monat Mai im Juni 1986 erhielten, handelt es sich um keine Zuwendungen iS von § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, stellt diese Vorschrift ausschließlich auf die Art des regelmäßigen laufenden Zuflusses ab (BSG SozR 4100 § 112 Nrn 25 und 30; BSG vom 22. März 1989 - 7 RAr 104/87 -). Bei den Zahlungen für den Monat Mai 1986 handelt es sich um monatliches Arbeitsentgelt, auf das L. und S. ab 1. Mai 1986 einen tarifvertraglichen Anspruch hatten. Das erhöhte Gehalt mußte ihnen an sich in gleichbleibenden Raten von diesem Monat an gezahlt werden. Daß dies jedoch nicht möglich war, weil der Tarifvertrag erst am 3. Juni 1986 vereinbart worden ist, ändert nichts daran, daß es sich um regelmäßig laufendes Arbeitsentgelt gehandelt hat. Die Nachzahlung der regelmäßigen tariflichen Lohnerhöhung von 148,-- DM monatlich berücksichtigt nur den Zustand, wie er tarifrechtlich ab 1. Mai 1986 und für die folgenden Monate galt. An der Art der Zahlung als laufendes Arbeitsentgelt hat sich indes nichts geändert. Auch die im Juni 1986 erfolgte Nachzahlung für den Monat Mai war daher laufendes Arbeitsentgelt, und zwar insbesondere deshalb, weil mit ihr ein neuer laufender Gehaltsanspruch befriedigt wurde, der den Arbeitnehmern L. und S. während der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses als regelmäßiges laufendes monatliches Gehalt zustand. Ob dies auch gilt, wenn die Tarifvertragsparteien für die Zeit vor dem 1. Juni 1986 eine pauschale Zahlung vereinbart hätten, kann dahingestellt bleiben. Hier ist das Arbeitsentgelt ab Mai 1986 in monatlich gleichem Umfang erhöht worden; es wurde zusammen mit dem Gesamtgehalt des Bemessungszeitraums rechtzeitig abgerechnet. Damit steht fest, daß dieses Arbeitsentgelt bei der Bemessung des Zuschusses zu berücksichtigen ist.
Diese Auffassung steht nicht im Gegensatz zu den feststehenden Grundsätzen des Sozialversicherungsrechts, wonach aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Zügigkeit der Abwicklung von Ansprüchen rückwirkende Lohnveränderungen frühestens von dem Zeitpunkt an berücksichtigt werden können, in denen sie vereinbart worden sind (BSG SozR 4100 § 112 Nr 3). Dieses Ziel wird für Leistungen nach dem AFG regelmäßig dadurch erreicht, daß der Gesetzgeber auf vor der Entstehung des Leistungsanspruchs abgerechnete Lohnabrechnungszeiträume abstellt; das gilt auch für die Zuschüsse zum Vog (§ 3 VRG). Als den Arbeitnehmern hier die Nachzahlungen für den Monat Mai überwiesen wurden, waren die Ansprüche auf Vog bzw auf die Zuschüsse noch nicht entstanden. Die Nachzahlungen konnten folglich ohne weiteres in die Berechnung des Vog bzw der Zuschüsse einbezogen werden. Dem Zweck des Gesetzes, klare Verhältnisse für die Berechnung der Leistungen zu sichern, damit eine rasche Feststellung der zu gewährenden Leistungen ermöglicht wird, ist damit genügt.
Dem steht die Entscheidung des BSG vom 31. August 1976 - 12/7 RAr 57/74 - (SozR 4100 § 112 Nr 1), auf die sich die Beklagte beruft, nicht entgegen. Hiernach haben tarifliche Lohnerhöhungen, die rückwirkend nach Eintritt der Arbeitslosigkeit beschlossen worden sind, für die Berechnung des Alg - hier des Zuschusses - keine Bedeutung. Im vorliegenden Fall war es gerade anders; hier ist die rückwirkende Lohnerhöhung bereits beschlossen worden, als die Arbeitnehmer L. und S. noch nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren. Sie wurden somit noch während des Laufs des Bemessungszeitraums relevant für die Einkommensverhältnisse der begünstigten Arbeitnehmer, bestimmten diese also rechtlich und tatsächlich noch vor ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Damit entfällt die Begründung, die das BSG zu der oa Entscheidung veranlaßt hat. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte deshalb auf diese Entscheidung für ihre unzutreffende Auffassung, die Lohnerhöhung für Mai 1986 könnte nicht als laufend gezahltes Arbeitsentgelt angesehen werden.
Auch die sonst noch von der Beklagten angeführten Entscheidungen vermögen ihre Rechtsauffassung nicht zu stützen. Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, daß der Grundsatz, daß Lohnerhöhungen erst mit der sie begründenden Vereinbarung zu berücksichtigen seien, im Beitragsrecht entwickelt worden ist. Auf das Leistungsrecht wurde er nur übertragen, wenn die eine Lohnerhöhung begründende Vereinbarung nach dem maßgeblichen Bemessungszeitraum beschlossen oder in Lohnzahlungen umgesetzt worden war, so daß sie am letzten Tage vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis noch nicht abgerechnet sein konnten (RVA AN 1930, 48 mwN; BSGE, 12, 55; 28, 231; BSG SozR 4100 § 112 Nr 5). Im Ergebnis zutreffend ist daher das LSG davon ausgegangen, daß gesetzmäßig abgerechnete Lohnerhöhungen, die innerhalb des Bemessungszeitraums erfolgen und dem Arbeitnehmer zugeflossen sind, als Arbeitsentgelt berücksichtigt werden müssen. Es handelt sich insoweit um eine regelmäßige laufende Vergütung. Hierunter fällt auch die L. und S. im Juni 1986 gewährte Nachzahlung.
Da keine Hinweise bestehen, daß das LSG bei seiner Entscheidung zu Ungunsten der Beklagten von einem unrichtigen Bemessungsentgelt ausgegangen ist, muß die Revision der Beklagten zurückgewiesen werden. Die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, den Zuschuß abweichend von § 3 Abs 1 VRG auf 34 vH festzusetzen, braucht nicht geprüft zu werden. Die Klägerin hat bereits aufgrund der derzeitigen Prozeßlage ihr Klageziel erreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen