Leitsatz (amtlich)
1. Der Kreis der Tätigkeiten, die einem Arbeiter nach RVO § 1246 Abs 2 S 2 "zugemutet werden können", bestimmt sich in der Hauptsache nach dem qualitativen Wert seines "bisherigen Berufs".
2. In der Regel spiegelt die tarifliche Einstufung die Qualität des "bisherigen Berufs" wider.
3. Bei der tariflichen Bewertung ist von den "Leitberufen" des Vorarbeiters mit Leitungsfunktion, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters auszugehen.
4. "Zumutbar" iS RVO § 1246 Abs 2 S 2 sind dem Arbeiter regelmäßig die Tätigkeiten der Gruppe, die durch den nächstunteren Leitberuf charakterisiert wird (Anschluß an BSG 1977-03-30 5 RJ 98/76= BSGE 43, 243, BSG 1977-06-29 5 RJ 132/76, BSG 1977-09-22 5 RJ 96/76, BSG 1978-01-19 4 RJ 81/77).
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1957-02-23
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 04.08.1976; Aktenzeichen L 10 J 426/76) |
SG Oldenburg (Entscheidung vom 05.09.1974; Aktenzeichen S 8 J 323/74) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 4. August 1976 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Kläger berufsunfähig ist (§ 1246 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) und deshalb Versichertenrente beanspruchen kann.
Der 1928 geborene Kläger, gelernter Bäcker, wandte sich 1948 anderen, ungelernten Tätigkeiten zu und absolvierte 1956 einen einmonatigen Einführungslehrgang für Schweißer. In der Folge arbeitete er bei einer Werft als Elektroschweißer und erhielt den Tariflohn eines Facharbeiters. Im Mai 1968 erlitt er durch einen privaten Unfall eine schwere Verletzung an der rechten Hand (teils Verlust, teils Versteifung der Finger). Er arbeitete danach von September 1969 bis November 1971 als Lagerarbeiter und dann noch als Heimarbeiter. Seit Februar 1974 ist er arbeitslos.
Auf seinen bereits 1969 gestellten Rentenantrag erhielt der Kläger von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Zeit vom Dezember 1971 bis Juni 1974.
Einen weiteren Antrag des Klägers vom 10. Juli 1973 auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte dagegen mit dem Bescheid vom 5. September 1974 ab: Nach den eingeholten ärztlichen Gutachten sei der Kläger noch nicht berufsunfähig.
Während das Sozialgericht (SG) die hiergegen erhobene Klage abgewiesen hat (Urteil vom 9. Januar 1976), hat das Landessozialgericht (LSG) mit der angefochtenen Entscheidung vom 4. August 1976 die Beklagte in zweiter Instanz verurteilt, dem Kläger über den 30. Juni 1974 hinaus Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen. In der Begründung heißt es, der Kläger sei der oberen Gruppe der Arbeiterberufe (Facharbeitergruppe) im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung insbesondere des 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zuzuordnen, weil er durch auf der Werft zusätzlich erworbene Erfahrungen und Kenntnisse die beruflichen Fähigkeiten eines gelernten Schweißers erworben habe. Diesen Beruf könne der Kläger wegen seiner Handverletzung nicht mehr ausüben. Einfache Kontrolltätigkeiten seien ihm sozial nicht zumutbar, für schwierige Kontrolltätigkeiten fehlten ihm notwendige Kenntnisse. Außerdem bestehe insoweit kein für den freien Wettbewerb offener Arbeitsmarkt. Bei den vielfältigen gesundheitlichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers könnten keine wirklichkeitsnahen Beschäftigungen benannt werden, in denen der Kläger noch sozial zumutbar eingesetzt werden könnte. Er sei damit berufsunfähig. Dagegen sei der Kläger nicht erwerbsunfähig; seinen Arbeitsplatz als Lagerarbeiter habe er nur wegen eines verbotswidrigen Verhaltens verloren.
Das LSG hat in diesem Urteil die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat die Revision eingelegt. Sie bringt vor, gegen die Feststellung des LSG, daß der Kläger einem gelernten Schweißer gleichzusetzen sei, bestünden erhebliche Zweifel. Der Kläger habe nur einen Bruchteil der umfassenden Ausbildung eines Schweißers bzw Schmelzschweißers genossen. Unterstelle man aber mit dem LSG, daß der Kläger als Facharbeiter anzusehen sei, dann müsse auch davon ausgegangen werden, daß dieser durch seine langjährige Tätigkeit im Betrieb Metall- und Maschinenkenntnisse wie ein gelernter Schweißer erlangt habe. Es gehe dann nicht an, ihm diese Fähigkeiten abzuerkennen. Er müßte dann auch in der Lage sein, qualifizierte Kontrollaufgaben in der mechanisierten und automatisierten Produktion wahrzunehmen. Nach allem könne der Kläger auf qualifizierte Hilfsarbeiten verwiesen werden und sei daher nicht berufsunfähig.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Er ist der Auffassung, er habe sich im Schiffsbau Material- und Schweißerkenntnisse wie ein Facharbeiter angeeignet; damit sei aber nicht gesagt, daß er auch in der Lage wäre, qualifizierte Kontrollaufgaben in der mechanisierten und automatisierten Produktion wahrzunehmen. Mit solchen Aufgaben wäre er zweifellos überfordert.
II.
Die zulässige Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
Nach § 1246 Abs 2 Satz 1 RVO ist berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Bei der Bestimmung des "Kreises der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist", kommt es nach Satz 2 aaO entscheidend auf seinen "bisherigen Beruf" (= "bisherige Berufstätigkeit") sowie auf dessen "besondere Anforderungen", dh auf seine positiven Merkmale, insgesamt also auf den qualitativen Wert des bisherigen Berufs an. Von geringerem Gewicht ist dagegen die aaO weiter genannte Ausbildung des Versicherten; sie kennzeichnet nur den Weg, auf dem die den Beruf qualifizierenden "Kenntnisse und Fähigkeiten" (Satz 1 aaO) regelmäßig erworben werden. Deshalb ist dann, wenn ein Versicherter die für einen bestimmten Beruf vorgesehene Ausbildung nicht durchlaufen hat, dieser doch sein "bisheriger Beruf", wenn er ihn nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt hat (vgl zu alledem mit zahlreichen Nachweisen zB BSGE 41, 129 = SozR 2200 § 1246 Nr 11 und BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr 16). Bisheriger Beruf des Klägers ist, wie das LSG zutreffend angenommen hat, der des Schweißers. Den erlernten und bis 1948 auch ausgeübten Beruf eines Bäckers hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht aus Gründen, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hätte, aufgegeben und sich damit von ihm im Rechtssinne "gelöst". Einzutreten hat dagegen die gesetzliche Rentenversicherung nach § 1246 Abs 2 RVO für die aus gesundheitlichen Gründen eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), so daß die Tätigkeiten eines Lagerarbeiters und Heimarbeiters, die der Kläger erst nach dem 1968 erlittenen Unfall mit schwerer Handverletzung ausgeübt hat, rentenrechtlich keine Lösung von dem bis zum Unfall ausgeübten Beruf des Schweißers bewirken konnte (vgl zB BSGE 38, 14, 15 = SozR 2600 § 45 Nr 6).
Der Kreis der Tätigkeiten, die dem Kläger nach § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO "zugemutet werden können", auf die er also unter Verneinung von Berufsunfähigkeit noch verwiesen werden kann, bestimmt sich nach dem soeben Dargestellten hauptsächlich nach dem qualitativen Wert seines bisherigen Berufs im Betrieb. Nach der Rechtsprechung des 4. und 5. Senats des BSG (BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr 16; Urteile vom 24. Juni 1977 - 5 RJ 132/76 - und 22. September 1977 - 5 RJ 96/76 - sowie vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 -), der sich der erkennende Senat anschließt, spiegelt die tarifliche Einstufung die Wertbestimmung des Berufs durch die unmittelbar am Arbeitsleben teilnehmenden Bevölkerungskreise (Tarifpartner), also den betrieblichen Stellenwert einer bestimmten Arbeitstätigkeit relativ zuverlässig wider. Die tarifliche Einstufung ist daher ein geeignetes Hilfsmittel, die Qualität des bisherigen Berufs und damit die Breite der nach § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO "zumutbaren" Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit zu ermitteln. Dabei ist im Anschluß an die erwähnte BSG-Rechtsprechung davon auszugehen, daß sich in der Berufswelt, bezogen auf die tarifliche Bewertung, mehrere Gruppen von Arbeiterberufen auffinden lassen, die durch "Leitberufe", nämlich die des Vorarbeiters mit Leitungsfunktion, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und schließlich des Ungelernten charakterisiert werden. "Zumutbar" im Sinne von § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO sind dem Versicherten, der nach seinem bisherigen Beruf einer dieser Gruppen zuzuordnen ist, jeweils (nur) die Tätigkeiten der nächstunteren Gruppe, soweit sie "seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen" (aaO), dh ihn weder nach seinem beruflichen Wissen und Können, noch bezüglich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern.
Das LSG hat den Kläger in zutreffender Anwendung dieser Grundsätze in Ansehung seines bisherigen Berufes als Schweißer richtig in die Gruppe der Facharbeiter eingeordnet. Für diese Zuordnung genügt freilich nicht, daß der Kläger als Facharbeiter entlohnt worden ist; wie ausgeführt, kommt es vielmehr darauf an, welchen objektiven qualitativen Wert der vom Versicherten ausgeübte bisherige Beruf hatte, im Falle des Klägers also, wie dessen Tätigkeit als Elektroschweißer auf einer Werft objektiv tariflich einzustufen war. Den Feststellungen des LSG ist indessen hinreichend deutlich zu entnehmen, daß der Kläger nicht nur tatsächlich, sondern nach den positiv zu bewertenden Merkmalen seiner Schweißerarbeit in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters gehörte: Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß sich der Kläger nach Absolvierung eines Schweißer-Einführungslehrgangs in seinem Beschäftigungsbetrieb nach und nach die Fähigkeiten und Kenntnisse zunächst eines angelernten, später eines gelernten Schweißers angeeignet, auch noch weitere fachliche Prüfungen abgelegt habe und schließlich "fast alle im Schiffsbau anfallenden Schweißerarbeiten" habe ausführen können. Nach diesen Feststellungen ist unbedenklich davon auszugehen, daß der Kläger im wesentlichen die Tätigkeiten eines Schweißer-Facharbeiters vollwertig ausgeübt hat (vgl zum Ausbildungsberuf des Schmelzschweißers - Ausbildungsdauer drei Jahre - das Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe, Ausgabe 1977, Teil A, lfd Nr 217, ferner die Blätter zur Berufskunde, Bd 1 b Nr 1 - II A 106/Schmelzschweißer). An diese zumindest schlüssige Feststellung des LSG ist der erkennende Senat nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebunden. Die Beklagte hat nämlich in Bezug hierauf entgegen §§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG nicht vorgetragen, daß und gegen welche Verfahrensnorm das LSG bei dieser Feststellung verstoßen habe, und auch keine Tatsachen bezeichnet, die einen Verfahrensmangel ergäben; die von der Beklagten insoweit allein geäußerten "Zweifel" sind für das Revisionsgericht unbeachtlich. Wie ausgeführt, kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht darauf an, ob der Kläger die Regelausbildung zum Schweißer-Facharbeiter durchlaufen hat, sondern vielmehr darauf, daß er die Tätigkeit eines Facharbeiters nicht nur vorübergehend vollwertig verrichtet hat.
Unangegriffen hat das LSG weiter festgestellt, daß der Kläger infolge seiner Handverletzung seinen bisherigen Facharbeiterberuf nicht mehr ausüben kann. Er ist, wie oben dargestellt, gleichwohl nur dann berufsunfähig, wenn er nicht mehr zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden kann. Daß ihm neben anderen Tätigkeiten in der Gruppe der Facharbeiter auch die Tätigkeiten der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten - die neben dem Angelernten den wegen des qualitativen Werts der Tätigkeit tariflich etwa gleich hoch eingestuften Ungelernten erfaßt - zumutbar sind, bedarf nach den oben gemachten Ausführungen keiner weiteren Begründung. Das LSG hat in diesem Zusammenhang allein eine Verweisung des Klägers auf qualifiziertere Kontrolltätigkeiten in der mechanisierten oder automatisierten Produktion erörtert; es hat geglaubt, eine andere wirklichkeitsnahe Beschäftigung, in der der Kläger sozial zumutbar eingesetzt werden könne, nicht benennen zu können.
Bereits im letzteren kann dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden. Das LSG selbst hat nämlich festgestellt, daß der Kläger den Beruf eines Bäckers erlernt und bis 1948 auch praktisch ausgeübt habe. Es muß daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß der Kläger als gelernter Bäcker mit praktischer Berufserfahrung - gegebenenfalls nach nur kurzzeitiger Auffrischung der seinerzeit erworbenen Fachkenntnisse und Fähigkeiten - das für den Bäckerberuf erforderliche Wissen und Können hat (vgl dazu auch BSG SozR Nr 90 zu § 1246 RVO). Offen ist jedoch, ob die gesundheitlichen Kräfte des Klägers ausreichen, den ihm zweifellos zumutbaren Beruf eines Bäckers auszuüben. Das Urteil des LSG enthält hierzu keine ausreichenden Feststellungen. Es hat sich in Bezug auf das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers darauf beschränkt darzutun, daß dieser - negativ gesehen - wegen der Handverletzung seinen Schweißerberuf samt den fachlich verwandten Tätigkeiten im Schiffsbau, die den Einsatz beider Hände erfordern, nicht mehr ausüben könne und daß er - wobei nähere Darlegungen fehlen - "vielfältigen gesundheitlichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit" unterliege; im positiven Sinn hat das LSG im Rahmen der Prüfung der Erwerbsunfähigkeit des Klägers (§ 1247 Abs 2 RVO) angenommen, daß dieser für leichte Arbeiten noch durchaus in Betracht komme; ferner hat das Gericht ausdrücklich vermerkt, daß der Kläger seinen Arbeitsplatz als Lagerarbeiter "nur deshalb" verloren habe, weil er am Arbeitsplatz verbotswidrig geraucht habe. Gerade die letzte Feststellung läßt es durchaus möglich erscheinen, daß der Kläger noch ganztags leichte bis sogar mittelschwere Arbeiten, die nicht des vollen Einsatzes beider Hände bedürfen, ausüben kann. Dann aber wäre weiter zu prüfen, wieweit der Kläger etwa in einem mechanisierten oder automatisierten größeren Backwarenbetrieb - einer Brotfabrik zum Beispiel - eine überwachende, regelnde, steuernde oder kontrollierende Tätigkeit als Facharbeiter noch ausüben könnte.
Reichen aber schon aus diesen Gründen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus, um die Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers abschließend zu entscheiden, so mußte der erkennende Senat das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das LSG wird nunmehr alle erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben. Dabei wird es unter Würdigung der Gutachten der vom SG bestellten medizinischen Sachverständigen vorweg im einzelnen festzulegen haben, welche Funktionsausfälle und Behinderungen körperlicher und geistiger Art beim Kläger vorliegen und welchen beruflichen Anforderungen er im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand nicht mehr und welchen er noch genügen kann.
Soweit die Beklagte das Urteil des LSG beanstandet, als dieses die für die Ausübung einer "sozial zumutbaren" qualifizierten Kontrolltätigkeit mutmaßlich in einem metallverarbeitenden oder -bearbeitenden Betrieb erforderlichen "Material- und Maschinenkenntnisse" des Klägers verneint, kann dem der Senat nicht nähertreten, weil die Ausführungen der Beklagten keine den Anforderungen der §§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG entsprechenden und damit beachtlichen Angriffe gegen tatrichterliche Feststellungen erkennen lassen. Unabhängig davon aber wird das LSG bei seiner neuen Entscheidung verfahrensfrei festzustellen haben, wieweit der Kläger trotz langjähriger Tätigkeit als Schweißer-Facharbeiter auf einer Werft keine Materialkenntnisse erworben haben kann, die ihn zu Prüftätigkeiten befähigen. Das gleiche gilt für die Tatsachenfeststellungen im Zusammenhang mit der Auffassung des LSG, daß für qualifizierte Kontrolltätigkeiten kein dem freien Wettbewerb offener Arbeitsmarkt bestehe; insbesondere wird das Berufungsgericht darzulegen haben, wieweit es sich seiner Ansicht nach um allgemeinkundige oder gerichtskundige Tatsachen handelt, soweit es sich hierbei auf die "Natur der Sache" beruft, ferner, wieweit den Beteiligten Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu diesen nicht auf einer Beweisaufnahme beruhenden tatsächlichen Annahmen zu äußern (vgl zB BSG SozR 1500 § 62 Nr 3).
Nach der zitierten Rechtsprechung des BSG kann der Kläger nach seinem bisherigen Beruf als Schweißer-Facharbeiter zumutbar ua auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, die nach ihrer tariflichen Einstufung unter die Gruppe der sonstigen Ausbildungsberufe (Anlernberufe) fallen. Hierunter gehören ua diejenigen ungelernten Tätigkeiten, die wegen des qualitativen Werts für den Betrieb wie ein sonstiger Ausbildungsberuf (Anlernberuf) tariflich eingestuft sind. Sollte der Kläger daher nicht auf den erlernten Bäckerberuf verwiesen werden können, wird das LSG daher bei der Prüfung der Verweisungstätigkeiten nicht auf die Heranziehung von Tarifverträgen verzichten können. Dabei wird es gemäß der Rechtsprechung des BSG so zu verfahren haben, daß es zunächst in dem für den bisherigen Beruf des Klägers maßgebenden Tarifvertrag nachforscht, um dort nach Möglichkeit artverwandte Tätigkeiten aufzufinden. Das LSG wird aber auch andere Tarifverträge berücksichtigen müssen, sich hierbei aber einerseits auf die Tarifverträge desselben Tarifbezirks, unter diesen außerdem nur auf diejenigen beschränken dürfen, die wegen der großen Zahl der von ihnen erfaßten Arbeitnehmer für den Tarifbezirk repräsentativ sind (vgl insbesondere BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr 16; BSG vom 29. Juni 1977 - 5 RJ 132/76; BSG vom 22. September 1977 - 5 RJ 96/76).
Der Kostenausspruch war dem abschließenden Urteil in der Sache vorzubehalten.
Fundstellen