Leitsatz (redaktionell)
Für den Anspruch auf Witwenaltersgeld nach GAL 1961 § 27 Abs 5 Buchst a iVm § 3 Buchst a genügt nur, daß die materiellen Voraussetzungen des Altersruhegeldes vorliegen.
Normenkette
GALNReglG § 27 Abs. 5 Buchst. a Fassung: 1961-07-03; GALNReglG 1961 § 27 Abs. 5 Buchst. a Fassung: 1961-07-03; GALNReglG § 3 Buchst. a Fassung: 1961-07-03; GALNReglG 1961 § 3 Buchst. a Fassung: 1961-07-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. Mai 1966 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die verwitwete Klägerin ist am 16. Oktober 1914 geboren; ihr am 12. September 1890 geborener Ehemann bewirtschaftete zunächst allein und dann zusammen mit der Klägerin vom Jahre 1926 an ein landwirtschaftliches Unternehmen von 13, 16 ha und entrichtete in der Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. Januar 1963 Beiträge zur beklagten Alterskasse. Am 21. Februar 1963 übergab er zusammen mit der Klägerin das Unternehmen an die Tochter M mit Wirkung vom 1. Januar 1963; die Übergeber behielten sich den Nießbrauch an 2,177 ha Wald vor. Der Ehemann ist am 27. Februar 1963 verstorben, ohne selbst einen Antrag auf Altersgeld gestellt zu haben.
Durch Bescheid vom 6. Juni 1963 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Witwenaltersgeld mit der Begründung ab, die Klägerin könne kein Altersgeld als Witwe eines landwirtschaftlichen Unternehmers erhalten, weil sie das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen diesen Bescheid abgewiesen, da der Ehemann der Klägerin keinen Anspruch auf Altersgeld gehabt habe und infolgedessen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 5 Buchst. a i. V. m. § 3 Buchst. a des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 3. Juli 1961 (BGBl I S. 845) - GAL 1961 - nicht gegeben seien. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Witwenaltersgeld seit dem 1. März 1963 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Ein Anspruch nach § 27 Abs. 5 Buchst. b GAL 1961 sei nicht gegeben, da die Klägerin das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Dagegen seien die Voraussetzungen des Buchst. a dieser Vorschrift erfüllt. Denn der verstorbene Ehemann habe Anspruch auf Altersgeld gehabt. Dabei werde nicht verlangt, daß er einen Antrag gestellt oder bereits Altersgeld bezogen habe, es genüge vielmehr, daß die materiellen Voraussetzungen dieses Anspruchs gegeben seien. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt.
Sie trägt vor: Die Worte "Anspruch auf Altersgeld hatte" in § 3 Abs. 1 Buchst. a GAL 1961 verlangten und bedeuteten, daß der verstorbene Ehegatte bereits Altersgeld bezogen habe. Denn es könne nicht außer Acht gelassen werden, daß der Antrag eine gewisse Konkretisierung des Anspruchs auf Altersgeld enthalte und daß seine Stellung ein wesentliches Moment für die Altersgeldgewährung darstelle. Der Antrag habe auch Bedeutung für den Beginn des Altersgeldes. Damit werde er zu einer wesentlichen Anspruchsvoraussetzung; zumindest müsse er als eine verbindende und zugleich vermittelnde Stellung zwischen den formellen und den materiellen Anspruchsvoraussetzungen angesehen werden. Um den Anspruch entstehen zu lassen, müsse somit mindestens der Antrag hinzutreten, um dem Antragsteller eine Rechtsposition zu gewähren, die es ihm erlaube, seinen Anspruch durchzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 3. Mai 1966 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 24. September 1964 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Nach § 27 Abs. 5 GAL 1961 erhalten Witwen landwirtschaftlicher Unternehmer Altersgeld, wenn sie selbst nicht landwirtschaftliche Unternehmer im Sinne des Abs. 1 sind und wenn a) die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a erfüllt sind oder b) die Witwe das 60. Lebensjahr vollendet hat. Da die am 16. Oktober 1914 geborene Klägerin das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann sie Witwenaltersgeld nur erhalten, wenn die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a erfüllt sind, wenn also der verstorbene Ehegatte Anspruch auf Altersgeld hatte und die Ehe vor Vollendung seines 65. Lebensjahres geschlossen war (die letztgenannte Voraussetzung ist gegeben, weil der 1890 geborene Ehemann der Klägerin bei der Eheschließung im Jahre 1942 noch keine 65 Jahre alt war). Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Verstorbene "Anspruch auf Altersgeld hatte". Er hatte noch keinen Antrag gestellt, auch bei seinem Tod noch kein Altersgeld bezogen. Dies ist aber entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, daß die materiellen Voraussetzungen für das Altersgeld in der Person des Verstorbenen erfüllt waren. Dies ergibt sich auch aus der vom LSG zitierten Entstehungsgeschichte; hiernach ist die ursprüngliche Fassung des § 3 a "wenn der Verstorbene Altersgeld bezogen hat" während der Beratungen durch die Worte ersetzt worden "Anspruch auf Altersgeld hatte". Dies stellt eindeutig eine Änderung gegenüber der ursprünglichen Fassung dar. Es genügt also, wenn alle materiellen Voraussetzungen auf Altersgeld gegeben waren.
Dazu gehört aber nicht der Antrag. Denn dieser ist keine materielle Voraussetzung des Altersgeldanspruchs, sondern hat lediglich formelle Bedeutung. Ein Antrag ist nur dann materielle Voraussetzung eines Anspruchs, wenn er bei den betreffenden Leistungen ausdrücklich als Voraussetzung aufgeführt ist, z. B. wenn es heißt: "Auf Antrag" oder "Antrag gestellt hat". Als materielle Voraussetzung wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Antrag bei dem Arbeitslosengeld angesehen (§§ 74, 75, 85 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -; vgl. BSG 20, 48), beim vorgezogenen Altersgeld nach § 1248 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO - (vgl. BSG 13, 79), in der Kriegsopferversorgung (KOV) bei § 1 Abs. 1 und 5 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - (vgl. BSG 2, 290, 292 und BSG 7, 119 und 190), schließlich bei der Altersinvalidenrente des § 1265 RVO aF (BSG 3, 24). Dagegen wird, wenn in den betreffenden materiellen Vorschriften nicht von einem Antrag die Rede ist, dem Antrag nur eine formal-rechtliche Bedeutung beigemessen, z. B. bei der Invaliden- und Hinterbliebenenrente (BSG 12, 293, 294), beim Wiederaufleben der Witwenrente nach § 1291 RVO (BSG 16, 202) und bei der Krankenversicherung (BSG 19, 23).
Bei den materiellen Voraussetzungen der §§ 27 und 3 GAL 1961 ist der Antrag nicht erwähnt, er ist nur in § 22 aufgeführt, und zwar unter den Verfahrensvorschriften. An diesem Rechtszustand hat sich auch durch die Neufassung der Altershilfe durch das GAL 1965 nichts geändert (vgl. § 34 Abs. 5 i. V. m. § 3 Abs. 1 Buchst. a). Dies rechtfertigt den Schluß, daß der verstorbene Ehemann der Klägerin Anspruch auf Altersgeld hatte, selbst wenn er vor seinem Tod keinen Antrag mehr gestellt hatte. Aus dem Urteil des Senats vom 28. Juni 1963 - 7 RLw 31/62 - ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Denn es hat sich mit dem Fall des § 3 Buchst. b GAL 1961 befaßt und nur nebenbei erwähnt, daß die Voraussetzungen in Buchst. a nicht vorgelegen haben.
Diesem Ergebnis steht auch nicht § 6 Abs. 2 GAL entgegen. Hiernach wird das Altersgeld vom Beginn des Monats an gewährt, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Antrag innerhalb von 3 Monaten nach diesem Zeitpunkt gestellt wird, anderenfalls vom Beginn des Monats an, in dem der Antrag gestellt wird. Hier wird nur der Beginn der Rente des Unternehmers selbst geregelt.
Die Revision muß daher mit der Kostenfolge aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes zurückgewiesen werden.
Fundstellen