Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.02.1980)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 1980 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Vertreterversammlung des Klägers die Stelle des Geschäftsführers von Besoldungsgruppe A 16 nach Besoldungsgruppe B 2 anheben durfte.

Der Beklagte hatte bereits mit Bescheiden vom 19. Juli 1971 und 16. Februar 1973 die beschlossene Anhebung der Stelle des Geschäftsführers nach B 2 beanstandet. Klage und Berufung sind damals ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts – SG– Karlsruhe vom 30. Januar 1973 – S 3 S 1461/71 – und des Landessozialgerichts –LSG– Baden-Württemberg vom 11. November 1976 – L 10 Ua 504/73).

Die Vertreterversammlung des Klägers beschloß am 17. September 1974 erneut, die Stelle des Geschäftsführers nach der Besoldungsgruppe B 2 einzustufen. Mit Bescheid vom 13. März 1975 beanstandete der Beklagte diesen Beschluß. Dabei nahm er auf seine früheren Beanstandungsbescheide Bezug und berief sich zusätzlich auf das am 28. Februar 1975 in dritter Lesung verabschiedete Zweite Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG), wonach gemäß Art. VIII § 2 Abs. 5 für die Zuordnung des Dienstpostens des Geschäftsführers des Badischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes ein Rahmen von A 14 bis A 16 des Bundesbesoldungsgesetzes gelte. Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 22. Juli 1977, LSG-Urteil vom 28. Februar 1980). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt: Der Beklagte habe die Genehmigung der Anhebung der Stelle des Geschäftsführers von Besoldungsgruppe A 16 nach Besoldungsgruppe B 2 gemäß § 25 Abs. 1 aF, § 30 Abs. 1 aF, § 690 Abs. 1 und § 700 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu Recht versagt und gemäß Art. VIII § 2 Abs. 5 2. BesVNG für die Zeit ab 1. Juli 1975 sowie gemäß Art. IV § 1 Abs. 7 des entsprechenden Anpassungsgesetzes für Baden-Württemberg für die Zeit ab 1. Juni 1977 zu Recht weiterhin verweigert. In dem Bundesgesetz sei für den Dienstposten des Geschäftsführers des Klägers ein Besoldungsrahmen von A 14 bis A 16 vorgesehen und der Landesgesetzgeber habe sich im späteren Anpassungsgesetz daran gehalten. Diese Regelung sei verfassungsgemäß und verstoße insbesondere weder gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 20 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Art. 23 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Wenn auch der Posten des Geschäftsführers des Württembergischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes höher eingestuft sei, so bedeute dies keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil dieser Unterschied durch die – auch nach der Gebietsreform noch bestehenden – Ungleichheit der beiden Versicherungsträger gerechtfertigt sei.

Der Kläger hat die vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision eingelegt.

Er rügt darin eine Verletzung der §§ 62, 103, 106, 107, 124, 128, 134 und 135 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und des § 551 Nr. 7 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Das LSG habe von dem Geschäftsführer des Württembergischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes eine telefonische Auskunft eingeholt, ohne dem Kläger das Ergebnis mitzuteilen. Außerdem habe das LSG den Schriftsatz des Klägers vom 17. März 1980 bei der Urteilsabfassung nicht berücksichtigt. Der Schriftsatz habe die Ergebnisse über Feststellungen des Jahres 1979 enthalten. Das LSG habe auch das Urteil verspätet abgesetzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht rügt der Kläger, daß das LSG die in Art. VIII des 2. BesVNG getroffenen Regelungen für eine Zeit angewendet habe, für die sie noch nicht gegolten hätten. Hiermit habe das LSG in unzulässiger Weise eine Rückwirkung des Gesetzes angenommen. Die Bestimmungen des Art. VIII des 2. BesVNG griffen auch in unzulässiger Weise in die Personalhoheit des Klägers ein, weil sie den Inhalt der Dienstordnungen vorausbestimmten; sie hätten auch dem Landesgesetzgeber keinen substantiellen Raum für eine Neuregelung mehr gelassen und überschritten deshalb die hier nur gegebene Rahmengesetzgebungs-Zuständigkeit des Bundes. Das ergebe sich schon daraus, daß Art. IV des Landesanpassungsgesetzes nur das regele, was in Art. VIII des 2. BesVNG schon gesagt sei. Der Gesetzgeber habe die Auswirkungen der Gebietsreform in Baden-Württemberg auf die Sozialversicherung nicht berücksichtigen können. Daher verstoße Art. VIII des 2. BesVNG gegen den Gleichheitssatz. Eine Ungleichbehandlung des Klägers ergebe sich auch aus einem Vergleich zu den gewerblichen Berufsgenossenschaften.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juli 1977 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 1980 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 13. März 1975 den Beschluß der Vertreterversammlung vom 17. September 1974 hinsichtlich der Zuordnung der Stelle des Geschäftsführers zur Besoldungsgruppe B 2 zu genehmigen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, die Genehmigung dahin zu erteilen, daß die Stelle des Geschäftsführers des Klägers nach B 2 eingestuft wird,

hilfsweise,

das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw des Staatsgerichtshofes des Landes Baden-Württemberg einzuholen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision konnte keinen Erfolg haben.

Die Verfahrensrügen des Klägers hinsichtlich der telefonischen Anfrage des LSG und des Schriftsatzes vom 17. März 1980 greifen nicht durch (§ 170 Abs 3 Satz 1 SGG), weil weder die telefonische Auskunft noch der Schriftsatz Tatsachen enthält, die nach der sachlich-rechtlichen Auffassung des LSG entscheidungserheblich sein konnten. Das Urteil des LSG ist auch nicht deswegen verfahrensfehlerhaft, weil es zwar bereits am 28. Februar 1980 beschlossen, aber erst am 4. Juli 1980 zugestellt worden ist. Der Senat sieht hierin keinen Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO (vgl. BSG SozR 1750 § 551 Nr. 8, 9 – = BSGE 51, 122 –, 10 – = BSGE 53, 186 – und SozR Nr. 11 zu § 551 ZPO; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht 3. September 1982 in NJW 1983 S 466).

Das Urteil des LSG ist auch in der Sache zutreffend. Das LSG hat insbesondere nicht, wie die Revision meint, in unzulässiger Weise ein noch nicht in Kraft getretenes Gesetz angewendet. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich unterschieden zwischen der im angefochtenen Bescheid versagten Genehmigung (§ 700 Abs. 2 RVO) nach altem Recht und der Tatsache, daß der Beklagte auf dieser Ablehnung beharrt hat, auch nachdem das Bundesgesetz am 1. Juli 1975 und das Landesgesetz am 1. Juni 1977 in Kraft getreten waren. Das LSG hat das so ausgedrückt, daß die Genehmigung zu Recht versagt und für die Zeit ab 1. Juli 1975 bzw 1. Juni 1977 zu Recht weiterhin verweigert worden sei. Zu der Ablehnung nach altem Recht hat das LSG allerdings keine weiteren Ausführungen gemacht; dieser bedurfte es jedoch im vorliegenden Fall nicht, weil zwischen denselben Beteiligten das LSG bereits in dem rechtskräftigen Urteil vom 11. November 1976 eingehend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG begründet hatte, warum die Stellenanhebung nicht angemessen iS § 690 Abs. 1 RVO war. Es hat zu Recht auch darin keinen die Aufhebung rechtfertigenden Fehler des angefochtenen Bescheides gesehen, daß er nicht ausdrücklich auf § 700 Abs. 2 RVO gestützt war. Den fachkundigen Beteiligten war von Anfang an klar, daß die Begründung der Genehmigungsversagung auf diese Vorschrift hinwies.

Das LSG hat auch zutreffend entschieden, daß die späteren tatsächlichen und rechtlichen Änderungen keinen Anspruch auf Genehmigung begründeten.

Dabei kann dahinstehen, ob es sich um einen Verwaltungsakt handelt, wenn der Beklagte die Genehmigung zu einem Stellenanhebungsbeschluß des Klägers verweigert, oder um eine Mitwirkung des Beklagten bei der autonomen Rechtsetzung des Klägers (vgl. BSGE 39, 72, 74 = SozR 5310 § 15 Nr. 2). Es kann auch dahinstehen, ob für die Entscheidung des vorliegenden Falles nur das Recht, das zur Zeit der Verwaltungsentscheidung bestand, anzuwenden ist (vgl. BSGE 39, 72, 74 und SozR 2200 § 690 Nr. 3) oder das Recht zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BSG SozR 2200 § 355 Nr. 1, offengelassen in BSGE 43, 1, 6 = SozR 2200 § 690 Nr. 4). Denn auch nach dem neuen Recht ist es nicht zu beanstanden, daß der Beklagte dem Kläger die Stellenanhebung nicht genehmigt hat. Dabei ist davon auszugehen, daß das Zweite Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 (BGBl I S 1173) für den Kläger als landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung kein unmittelbar geltendes Recht gesetzt hat. In Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 2 ist ausdrücklich gesagt, daß die Regelung unter Beachtung der sich anschließenden Absätze durch Landesrecht zu erfolgen habe (vgl. BSG – 8 RK 28/81 Urteil vom 14. April 1983). Für den Kläger unmittelbar geltendes Recht ist durch das Anpassungsgesetz zum Zweiten Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern und zum Beamtenversorgungsgesetz des Landes Baden-Württemberg vom 3. April 1979 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg S 134) gesetzt worden, das am 1. Juni 1977 in Kraft getreten ist (Art. 6 § 1 Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes). Mit diesem Gesetz ist der Dienstposten des Geschäftsführers des Klägers den Besoldungsgruppen A 14, A 15, A 16 zugeordnet worden (Art. IV § 1 Abs. 7). Das Land Baden-Württemberg war auf Grund des 2. BesVNG berechtigt, für die landesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung diese Bestimmung zu treffen, die sich materiell-rechtlich an die Regelung in § 690 Abs. 1 RVO anschließt. Hiernach hat die Vertreterversammlung die allgemeinen Anstellungsbedingungen und die Rechtsverhältnisse der Angestellten der Genossenschaft durch eine Dienstordnung angemessen zu regeln. Soweit bei der Genehmigung nach § 700 Abs. 2 RVO der von der Landesbehörde angewendete Maßstab auf Landesrecht beruht, das auch inhaltlich nicht mit dem Recht eines anderen Landes übereinstimmt, kann dies vom Revisionsgericht nicht überprüft werden (§ 162 SGG). Bundesrechtlich ist die Regelung für die Einstufung des Geschäftsführers des Klägers nicht zu beanstanden.

Der Bundesgesetzgeber hat durch die zuvor bezeichnete Rahmenvorschrift, an die sich der Landesgesetzgeber gehalten hat, eine Leitlinie für die Beurteilung der „angemessenen” Dienstverhältnisse (§ 690 Abs. 1 RVO) im Genehmigungsverfahren geschaffen. Diese dient dem einheitlichen Verständnis dieses unbestimmten Rechtsbegriffes. Sie verletzt weder das Selbstverwaltungsrecht des Klägers noch das grundgesetzliche Verhältnis zwischen Bundes- und Landesgesetzgebungszuständigkeit.

Dadurch ist zwar das Selbstverwaltungsrecht der Unfallversicherungsträger eingeschränkt worden. Sie dürfen nicht mehr allein beurteilen, was iS des § 690 Abs. 1 RVO angemessen ist. Das ist aber nicht zu beanstanden, weil es keinen grundgesetzlichen Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Sozialversicherungsträger gibt (vgl. Krause in Gemeinschaftskomm z SGB 4 § 29 RdNr. 37 mN; aA Bieback, VSSR 1979, 111, 123). Der Kläger kann sich auch nicht als Gemeindeunfallversicherungsverband auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) berufen. Sein Selbstverwaltungsrecht besteht nur, soweit es ihm durch die Gesetze übertragen worden ist (§ 29 Sozialgesetzbuch 4).

Nach Artikel 75 GG hat der Bund das Recht, Rahmenvorschriften zu erlassen über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen. Dieses Gesetzgebungsrecht hat er durch Art. VIII § 2 Abs. 5 des 2. BesVNG nicht überschritten. Durch Art. 75 GG ist dem Bund allerdings nur eine beschränkte Kompetenz eingeräumt, die ihn nicht berechtigt, die bezeichneten Rechtsverhältnisse erschöpfend zu regeln. Die Regelung eines Sachbereiches durch Rahmenvorschrift kann nur von geringerer Intensität sein, als sie Art. 74 GG für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung zuläßt. Wie weit der Bundesgesetzgeber beim Erlaß von Rahmenvorschriften gehen darf, richtet sich ausschließlich nach dem in Art. 75 enthaltenen Rechtsbegriff der „Rahmenvorschriften” (BVerfGE 4, 115, 127). Wie eng oder wie weit die Grenzen in einer Bundesrahmenvorschrift gemäß Art. 75 GG gezogen werden dürfen, ist bei den einzelnen Materien des Art. 75 GG unterschiedlich zu beurteilen. Das ergibt sich schon aus den verschiedenartigen Formulierungen der einzeln aufgeführten Rechtsbereiche. Während in Nr. 1 die Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst genannt werden, in Nr. 3 das Jagdwesen, der Naturschutz und die Landschaftspflege, in Nr. 4 die Bodenverteilung, die Raumordnung und der Wasserhaushalt und in Nr. 5 das Melde- und Ausweiswesen, werden in Nr. 1a die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens und in Nr. 2 die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse und des Films aufgeführt. In diesen Bereichen wird die Rahmenkompetenz des Bundes ausdrücklich nur auf die allgemeinen Grundsätze bzw die allgemeinen Rechtsverhältnisse erstreckt. Deshalb kann davon ausgegangen werden, daß in den übrigen Sachgebieten die Rahmenvorschriften über allgemeine Grundsätze hinausgehen können. Für die Rechtsverhältnisse des öffentlichen Dienstes der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung für die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, durch Art. 74a GG eingeräumt worden, der durch das 28. Änderungsgesetz zum Grundgesetz vom 18. März 1971 (BGBl I S 206) eingefügt worden ist. Daraus ist zu erkennen, daß das Grundgesetz in seiner neueren Fassung (vgl. auch 22. Änderungsgesetz zum GG vom 12. Mai 1969 – BGBl 363 –) die Besoldungsregelungen für die Landesbeamten nicht mehr als eine ureigene Angelegenheit der Länder als Dienstherren dieser Beamten ansieht, die ein besonders starkes und legitimes Interesse daran hätten, dieses Recht selbst zu ordnen (vgl. BVerfGE 4, 115, 127, 136). Da die Dienststellung und insbesondere die Vergütungen der DO-Angestellten sich weitestgehend nach Beamtenrecht richten und da der Geschäftsführer ein öffentliches Amt wahrnimmt (BSGE 39, 159, 161 = SozR 2200 § 351 Nr. 1), sind die ihn betreffenden Rahmenvorschriften (Art. 75 GG), was die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Versicherungsträgers – über das Landesrecht – angeht, im Lichte der Gesetzgebungskompetenz zu interpretieren, die dem Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74a GG) für die Rechtsverhältnisse der in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Personen zusteht. Daher ist bei der Auslegung davon auszugehen, daß ebenso wie für den Bereich der Besoldung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, der Bereich der Dienstbezüge der übrigen im öffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen keine unverzichtbare Gestaltungskompetenz der Länder erfordert. Dies hat insbesondere für Dienstordnungsangestellte zu gelten, deren Dienststellung durch Satzung oder Vertrag weitgehend den Beamtenrechtsverhältnissen angelehnt worden ist. Auf die Frage, ob oder inwieweit diese wegen der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse nach Art. 33 Abs. 4 GG in ein öffentliches Dienst- und Treueverhältnis zu überführen sind, braucht hier nicht eingegangen zu werden (vgl. dazu Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag? Godesberg 1973). Für die Vergütungen der DO-Bediensteten der Versicherungsträger darf der Bundesgesetzgeber jedenfalls auch deshalb Leitmaßstäbe rahmengesetzlich festlegen, weil er das Leistungsrecht der Unfallversicherung im einzelnen selbst regelt (Art. 74 Nr. 12 GG) und vermeiden muß, daß Versicherungsträger unter Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit (BSGE 47, 21, 23 f = SozR 2200 § 352 Nr. 3) das Entgelt auf Kosten der Beitragspflicht der Unternehmer (§§ 727 ff RVO) „unangemessen” hoch festsetzen; eine solche Belastung einzelner Unternehmergruppen könnte mit den Grundlinien der Wirtschaftspolitik, für die der Bund zuständig ist (Art. 72 Abs. 2 Nr. 3, Art. 74 Nrn 11, 17 und 21 GG), und mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar sein. Der Bundesgesetzgeber hat in Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 1 Abs. 2 S 1 u 2 des 2. BesVNG, woran sich der Landesgesetzgeber gehalten hat (Art. IV § 1 Abs. 1 S 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 S 1 u 2 des Anpassungsgesetzes), die Einstufungen des Geschäftsführers des Klägers in bestimmte Besoldungsgruppen den allgemeinen Maßstäben untergeordnet, die nach der Rechtsprechung des BSG für diese Dienstpostenbewertung schon bisher bundesrechtlich galten (BSGE 37, 272, 274ff insbes 276 ff; 39, 72, 77 f; SozR 2200 § 690 Nr. 3).

Der Bundesgesetzgeber hat den hier aufgezeigten Rahmen eingehalten. Entsprechend hat der Bundesrat darauf hingewiesen, daß das 2. BesVNG nach der auf Art. 74a GG beruhenden Konzeption seine Aufgabe nur dann erfüllen könne, wenn es die Besoldung möglichst aller Bediensteten einheitlich regelt, die Hoheitsbefugnisse ausüben, für die Beamtenrecht maßgebend ist und bundeseinheitliche Maßstäbe gefunden werden können; dies gelte im Bereich der Sozialversicherung außer für die bereits unmittelbar von dem Gesetz betroffenen Beamten der Rentenversicherungsträger gemäß Art. 33 GG grundsätzlich auch für die dienstordnungsmäßig Angestellten der übrigen Versicherungsträger und ihrer Verbände (Bundestags-Drucks 7/1906 S 130). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Personalhoheit der Körperschaften des öffentlichen Rechts in unzulässiger Weise durch das 2. BesVNG eingeschränkt worden ist, zumal hier für den Geschäftsführer mehrere Besoldungsgruppen ausgeworfen sind, demgegenüber jedoch für die Landesbeamten nach Art. 74a GG jeweils eine bestimmte Besoldungsstelle ausgebracht worden ist, ohne daß dadurch die Länderhoheit für ihre Beamten in ihrem Wesensgehalt angegriffen worden ist. Das Land Baden-Württemberg war durch das 2. BesVNG auch nicht für seine eigene Entschließung zu weit eingeschränkt. Es hat zwar, wie es im Gesetzgebungsverfahren auch wohl geplant war, den vom Bundesgesetzgeber aufgestellten Rahmen unverändert übernommen. Das Land hätte jedoch innerhalb dieses Rahmens andere Entschließungen fassen können und dabei sogar den Badischen und den Württembergischen Gemeindeunfallversicherungsverband gleichbehandeln dürfen. Für die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Gemeindeunfallversicherungsverbände bestand jedoch ein hinreichender Grund, weil sie von unterschiedlicher Größe sind. Diese Feststellungen hat das LSG getroffen. Gegen sie hat der Kläger keine begründeten Revisionsgründe vorgebracht. Insbesondere ergeben die nachgereichten Zahlen aus dem Jahrgang 1979 keinen Hinweis, daß die Größenverhältnisse sich zu Gunsten des Klägers umgekehrt hätten. Ein unmittelbarer Vergleich des Klägers mit gewerblichen Berufsgenossenschaften ist nicht möglich, da die Aufgaben dieser Berufsgenossenschaften, insbesondere im Bereich der Mittelaufbringung, anders geartet sind als bei dem Kläger.

Sollten sich jedoch die tatsächlichen Verhältnisse so ändern, daß der Kläger in den maßgeblichen Gesichtspunkten andere Gemeindeunfallversicherungsverbände nachhaltig überflügelt, so wäre der Landesgesetzgeber nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, diesen neuen Umständen Rechnung zu tragen, denn die ausgeworfenen Besoldungsgruppen für die Dienstposten der Geschäftsführer stehen unter dem Vorbehalt des Art. VIII § 1 Abs. 2 Satz 2 des 2. BesVNG und entsprechend Art. IV § 1 Abs. 2 Satz 2 des Landesbesoldungsanpassungsgesetzes Baden-Württemberg vom 3. April 1979. Insoweit haben die vom Bundesgesetzgeber und vom Landesgesetzgeber aufgeführten Besoldungsgruppen letztlich nur Modellcharakter. Hierbei kann offen bleiben, ob die Befugnis der Landesregierungen, von bundesgesetzlichen Festsetzungen im Beförderungsrecht der Beamten abzuweichen (Art. I § 26 Abs. 5 des 2. BesVNG), auch im Beförderungsrecht der DO-Angestellten zu beachten ist (vgl. dazu Ule, Zum neuen Besoldungsrecht der DO-Angestellten, VSSR 1976, 305, 315).

Auch dieser Umstand läßt erkennen, daß der vom Bundesgesetzgeber vorgegebene Besoldungsrahmen substantielle Regelungsmöglichkeiten für den Landesgesetzgeber belassen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI924042

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