Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.03.1986) |
SG Stuttgart (Urteil vom 28.03.1985) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 1986 aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat. In diesem Umfange wird auch das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. März 1985 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1984 und der Bescheid der Beklagten vom 26. November 1984 werden insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Beklagte vom Kläger verlangen kann, Herausgabe und Vertrieb eines Künstlerkatalogs zu unterlassen.
Der Kläger bot unter dem Absender “A.… R.…, Musikproduktionen, Gastspieldirektion” in zwei. an Künstler und Musikkapellen gerichteten Schreiben vom Dezember 1983 und Januar 1984 “engagierten Musikern und Künstlern” die Gelegenheit, im “Künstler-Katalog 84” mitzuwirken und sich zu präsentieren. Weiter heißt es in den Schreiben, der Katalog solle im Sommer bzw Frühjahr 1984 erscheinen, in Baden-Württemberg bzw im Großraum S.… an ca 10.000 bzw 8.500 Interessenten verschickt und außerdem im Buchhandel in Baden-Württemberg angeboten werden. Beigefügt war beiden Schreiben jeweils ein “Anzeigen-Bestellformular”, das eine Vielzahl von Rubriken für verschiedene Arten von darstellenden Künstlern, Musikern und Musikkapellen enthielt und vom jeweiligen Interessenten durch Ankreuzen der entsprechenden Rubrik auszufüllen war. Außerdem lagen mehrere Muster mit Anzeigen verschiedener Künstler an, in denen überwiegend der Hinweis enthalten war “zu erreichen über A.… R.…, Tel.…” oder nur diese Telefonnummer, die die des Klägers ist.
Mit der Begründung, hierdurch werde der Tatbestand unerlaubter Arbeitsvermittlung erfüllt, forderte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 20. Januar 1984 unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung auf, Herausgabe und Vertrieb des Künstlerkatalogs zu unterlassen, da dieser eine Bewerberliste sei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 1984).
Nach der Klageerhebung erschien im Oktober 1984 der “Künstler-Katalog 84/85”; dieser umfaßt nach den Feststellungen des LSG mindestens 82 Seiten, kostet 19,50 D und wird auf dem Titelblatt als “die aktuelle Information für den Veranstalter” und “Deutschlands größter Werbeträger für den gesamten Veranstaltungsmarkt” bezeichnet. Zum überwiegenden Teil besteht der Katalog aus Anzeigen von Künstlern und Künstlergruppen jeglicher Art, wobei er inhaltlich nach Sachgebieten und Darbietungsarten und innerhalb dieser nach Postleitzahlen gegliedert ist. Daneben enthält er in geringem Umfang Werbeanzeigen von Firmen, die Erzeugnisse anbieten, die bei Veranstaltungen benötigt werden, sowie einige wenige Anzeigen von Künstlerdiensten. Die Ausgestaltung der Anzeigen der inserierenden Künstler ist unterschiedlich. Zum Teil werden neben ihren Namen und den Anschriften ihre Telefonnummern oder die ihrer Agenten angegeben, zum Teil findet sich außer ihren Namen nur die Telefonnummer des Klägers, die gelegentlich mit dem Zusatz “A.… Gastspiele, Showprogramme, Veranstaltungsservice international” versehen ist. Mehrfach enthalten die Anzeigen einen Textbeitrag, der den Künstler oder die Gruppe näher vorstellt. Nach einem den Besprechungsexemplaren für die Presse beigefügten Einführungsschreiben, dem auch das Vorwort des Künstlerkatalogs ähnelt, wendet sich dieser vornehmlich an Künstler ohne Agentur, um ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, durch Inserate im Künstlerkatalog mehr Engagements zu bekommen und die Zielgruppe der potentiellen Veranstalter direkt anzusprechen.
Mit Bescheid vom 26. November 1984 setzte die Beklagte gegen den Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000, – DM fest, da er die Unterlassungsverfügung nicht befolgt habe und drohte ihm für jeden weiteren Verstoß ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.500, – DM an.
Das Sozialgericht hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 28. März 1985). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) den Bescheid vom 20. Januar 1984 insoweit aufgehoben, als dem Kläger mehr als ein Zwangsgeld angedroht wurde und den Bescheid vom 26. November 1984 insoweit, als gegen ihn ein höheres Zwangsgeld als 1.000, – DM festgesetzt und mehr als ein weiteres Zwangsgeld angedroht worden ist. Im übrigen hat es mit seinem Urteil vom 25. März 1986 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Die Beklagte sei berechtigt gewesen, dem Kläger die beabsichtigte Herausgabe und den Vertrieb des Künstlerkatalogs zu untersagen, da dies den Tatbestand der unerlaubten Arbeitsvermittlung erfülle und hiermit gegen das Vermittlungsmonopol der Beklagten verstoßen werde. Auf diesem beruhe das Recht der Beklagten, auch gegen drohende Verstöße vorzugehen, da allein sie Arbeitsvermittlung betreiben dürfe. Hiergegen habe der Kläger verstoßen, da es sich bei dem Künstlerkatalog um eine Liste über Stellengesuche iS des § 13 Abs 2 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) handele, deren Herausgabe und Vertrieb nach der Formulierung des Gesetzes Arbeitsvermittlung sei. Der Begriff “Liste” im Sinne dieser Bestimmung sei unter Berücksichtigung der sozial- und wirtschaftspolitischen Gründe, die den Gesetzgeber zur Schaffung des Vermittlungsmonopols veranlaßt hätten, weit auszulegen. Hierunter falle jede verkörperte Mitteilung von mehreren Stellenangeboten oder -gesuchen, ungeachtet ihrer jeweiligen Gestaltung und unabhängig davon, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei und wer sie veranlaßt habe. Entscheidend komme es darauf an, ob mit der Liste die Zusammenführung von Arbeitsuchenden mit potentiellen Arbeitgebern zum Zwecke der Begründung von Arbeitsverhältnissen angestrebt werde, was hier bejaht werden müsse. Der Katalog bestehe zum überwiegenden Teil aus Anzeigen verschiedenster Künstler und Künstlergruppen um entgeltliche Betätigung, die zumindest teilweise, was ausreichend sei, den Charakter von Stellengesuchen iS des § 13 Abs 2 Satz 1 AFG besäßen und diesem sein Gepräge gäben. Dem stehe nicht entgegen, daß im Katalog ua in geringem Umfang auch Anzeigen von Künstlervermittlern, Gastspieldirektionen und von Warenproduzenten enthalten seien. Für die Bewertung des Künstlerkatalogs als Stellengesuchsliste sei ausreichend, daß zumindest von einem Teil der Künstler bei Zustandekommen von Engagements Arbeitsverträge abgeschlossen würden.
Die gesetzliche Regelung des § 13 Abs 2 Satz 1 AFG sei nicht verfassungswidrig. Sie verstoße weder gegen Art 12 Abs 1 noch gegen Art 5 Abs 1 Satz 2 und 3 des Grundgesetzes (GG), was näher ausgeführt wird.
Auf die Ausnahmeregelung des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG, wonach die Aufnahme von Stellenangeboten und Stellengesuchen in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und ähnlichen periodisch erseheinenden Druckschriften durch die Regel des § 13 Abs 2 Satz 1 nicht eingeschränkt werde, könne sich der Kläger nicht berufen. Der Künstlerkatalog könne zwar eine periodisch erscheinende Druckschrift sein. Ihm fehle jedoch die Ähnlichkeit mit einer Zeitung oder einer Zeitschrift oder einem Fachblatt. Dies erfordere, daß die Druckschrift allgemein oder fachbezogen eine unbestimmte Vielzahl von Personen über Tatsachen und Meinungen unterrichte. Sie dürfe sich inhaltlich nicht, wie es bei dem Künstlerkatalog der Fall sei, in der Wiedergabe von Anzeigen erschöpfen.
Mit den angefochtenen Bescheiden habe die Beklagte jeweils nur ein Zwangsgeld androhen und dieses in dem Bescheid vom 26. November 1984 entsprechend der Androhung in dem Bescheid vom 20. Januar 1984 nur in Höhe von 1.000, -- DM festsetzen dürfen. Insoweit seien die Bescheide rechtmäßig. Soweit sie den Kläger mehr belasteten, müßten sie aufgehoben werden.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers mit der er eine Verletzung von § 13 Abs 2 Satz 1 und 2 AFG sowie von Art 5 Abs 1 Satz 2 und 3 GG rügt; er trägt hierzu im wesentlichen folgendes vor:
Der Tatbestand der unerlaubten Arbeitsvermittlung sei nicht erfüllt, da die von ihm ausgeübte Tätigkeit im “Vorhof der Arbeitsvermittlung” angesiedelt sei. Das Vermittlungsmonopol der Beklagten werde nicht tangiert, denn seine Tätigkeit sei nicht auf das Zusammenführen von Künstlern und potentiellen Veranstaltern zum Zweck der Begründung von Arbeitsverhältnissen ausgerichtet, da diese in der Regel aufgrund freier Dienstverträge tätig würden und somit nicht als Arbeitnehmer anzusehen seien. Das LSG habe verkannt, daß es für die Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft am Merkmal der persönlichen Abhängigkeit fehle, da die Künstler keinem wie auch immer definierten Weisungsrecht des Veranstalters unterworfen seien.
Entgegen der Auffassung des LSG sei der Künstlerkatalog keine Liste iS des § 13 Abs 2 Satz 1 AFG. Vielmehr handele es sich um eine ähnliche periodisch erscheinende Druckschrift iS des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG; der Künstlerkatalog erscheine in halbjährigem Turnus. Das LSG habe verkannt, daß sich der Kläger auf das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art 5 Abs 1 Satz 2 GG berufen könne. Da Stellenanzeigen Nachrichten- und Informationscharakter hätten, falle auch der Künstlerkatalog unter den Pressebegriff. Dieser könne wegen des Zensurverbots nicht vom Inhalt, sondern nur von der Herstellungs- und Vervielfältigungsmethode her definiert werden. Außerdem habe der Gesetzgeber dadurch, daß er den zweiten Halbsatz des § 37 Abs 2 Satz 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) nicht in § 13 Abs 2 Satz 2 AFG übernommen habe, gezeigt, daß auch mit einem Presseerzeugnis, dessen Hauptzweck die Veröffentlichung des Stellenmarktes sei, keine unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben werde. Mit Rücksicht hierauf falle der Künstlerkatalog als ähnliche periodisch erscheinende Druckschrift unter die Ausnahmeregelung des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG. Wenn man den § 13 Abs 2 Satz 2 AFG dahin auslege, daß Presseerzeugnisse von ihm nicht ausnahmslos erfaßt werden, dann verstoße diese Bestimmung gegen Art 5 Abs 1 Satz 2 und Art 3 GG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und das Urteil des Sozialgerichts sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1984 und den Bescheid vom 26. November 1984 in vollem Umfang aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus:
Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Mehrzahl der im Künstlerkatalog inserierenden Künstler der Gruppe der Arbeitnehmer zuzurechnen, da nicht nur auf die Rechtsnatur der Beschäftigungsverhältnisse abzustellen, sondern auch die soziale Schutzbedürftigkeit des Personenkreises der Künstler mitzuberücksichtigen sei.
Die Argumentation des Klägers, die Veröffentlichung von Stellenanzeigen sei keine Arbeitsvermittlung, sondern bleibe in deren “Vorhof” stehen, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe (BVerfGE 21, 271 ff), berücksichtige nicht, daß mit Inkrafttreten des AFG eine andere Rechtslage geschaffen worden sei. Durch diese neue Regelung in § 13 Abs 2 AFG habe der Gesetzgeber im Vergleich zu § 37 Abs 2 Satz 1 AVAVG den Begriff der Arbeitsvermittlung erweitert, so daß auch die Veröffentlichung von Stellenanzeigen in Form des Künstlerkatalogs unerlaubte Arbeitsvermittlung sei. Bei diesem handele es sich nicht um ein presserechtliches Erzeugnis, da er über keinen nennenswerten redaktionellen Teil verfüge. Die wenigen Beiträge über Künstler stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den entsprechenden Anzeigen der Jeweiligen Künstler und seien daher als Teil des Bewerberangebotes anzusehen. Mithin fehle es am zeitungsähnlichen Charakter des Presseerzeugnisses, so daß sich der Kläger nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG berufen könne.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG war die Beklagte nicht befugt, die angefochtenen Bescheide zu erlassen.
Streitgegenstand ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20. Januar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1984 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und die des Bescheides vom 26. November 1984. Im Hinblick darauf, daß das Urteil des LSG, soweit es der Klage stattgegeben hat, rechtskräftig geworden ist, erstreckt sich die Überprüfung durch das Revisionsgericht nur noch darauf, ob die Beklagte berechtigt war, mit dem Bescheid vom 20. Januar 1984 den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes von 1.000,-- DM aufzufordern, die Herausgabe und den Vertrieb des Künstlerkatalogs zu unterlassen. Die Überprüfung des Bescheides vom 26. November 1984 kann aus dem gleichen Grunde nur dahin erfolgen, ob die Beklagte berechtigt war, gegen den Kläger wegen des Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot in dem Bescheid vom 20. Januar 1984 ein Zwangsgeld von 1.000,-- DM festzusetzen und für erneute Verstöße gegen dieses Gebot ein weiteres Zwangsgeld von 1.500,-- DM anzudrohen.
Das LSG hat zu Recht den Bescheid vom 26. November 1984 mit in das Verfahren einbezogen. Eines Vorverfahrens gemäß § 78 Abs 1 SGG bedurfte es insoweit nicht. Der Bescheid ist entsprechend § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Er verändert oder ersetzt zwar nicht den Bescheid vom 20. Januar 1984, wie es § 96 SGG seinem Wortlaut nach verlangt. Indes gebietet es der Zweck dieser Vorschrift, der dahin geht, alle Verwaltungsakte zu erfassen, die den Prozeßstoff beeinflussen können, sie nicht nur an Hand ihres Wortlauts auszulegen. Vielmehr ist sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (BSGE 47, 168, 170 = SozR 1500 § 96 Nr 13; BSGE 47, 242, 243 = SozR 4100 § 134 Nr 11) entsprechend anzuwenden, wenn der neue Bescheid in einem inneren Zusammenhang mit dem Streitstoff des anhängigen Verfahrens steht und durch seine Einbeziehung eine schnelle und erschöpfende Regelung des gesamten Streitverhältnisses ermöglicht wird (BSG SozR 1500 § 96 Nr 27). Außerdem soll der Betroffene vor Rechtsnachteilen geschützt werden, die dadurch entstehen können, daß er im Vertrauen auf den schon eingelegten Rechtsbehelf weitere Schritte gegen den neuen Bescheid unterläßt. Diese Erwägungen rechtfertigen es im vorliegenden Fall, § 96 SGG entsprechend anzuwenden. Der Bescheid vom 26. November 1984 steht mit dem zunächst streitbefangenen Bescheid in unlöslichem Zusammenhang.
Seine Regelung beruht auf der Androhung des Zwangsgeldes in dem Bescheid vom 20. Januar 1984. Durch die Festsetzung des Zwangsgeldes wird die Androhung realisiert. Schließlich entspricht es den Grundsätzen der Prozeßökonomie, wenn der Bescheid vom 26. November 1984 mit in das Verfahren einbezogen wird, da damit eine schnelle und erschöpfende Regelung des gesamten Streitstoffs ermöglicht wird.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Beklagte grundsätzlich berechtigt ist, Untersagungsverfügungen mit Zwangsgeldandrohung auf der Rechtsgrundlage des § 4 AFG zu erlassen. Das in dieser Vorschrift normierte verfassungsrechtlich unbedenkliche Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit (BA) gibt ihr auch die Befugnis, Zuwiderhandlungen gegen das aus ihrer Monopolstellung gleichzeitig folgende Verbot privater Arbeitsvermittlung nicht nur als Ordnungswidrigkeit gemäß § 228 AFG zu verfolgen, sondern auch ihre Fortsetzung unter Androhung von Zwangsmitteln zu untersagen, ohne daß es hierzu einer besonderen ausdrücklichen Ermächtigung im AFG bedurfte (BSG SozR 4100 § 4 Nr 2 und BSGE 43, 100, 101 = SozR 4100 § 4 Nr 3). Die Befolgung einer rechtmäßig ausgesprochenen Verpflichtung kann notfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden (BSGE 43, 100, 101 = SozR 4100 § 4 Nr 3). Hier ist die ausgesprochene Untersagung und ihre zwangsweise Durchsetzung allerdings rechtswidrig. Durch die Herausgabe und den Vertrieb des Künstlerkatalogs 1984/85 hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen keine unerlaubte Arbeitsvermittlung betrieben.
Hierbei ist zunächst entsprechend dem Regelungsinhalt der angefochtenen Bescheide zu beachten, daß dem Kläger ausschließlich vorgeworfen wird, er betreibe durch die Herausgabe und den Vertrieb des Künstlerkatalogs unerlaubte Arbeitsvermittlung gemäß § 13 Abs 2 Satz 1 AFG. Nicht zur Last gelegt wird ihm, daß er unerlaubte Arbeitsvermittlung iS von § 13 Abs 1 AFG betrieben habe, also eine Tätigkeit ausgeübt habe, die ua darauf gerichtet war, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen. Es ist daher in diesem Zusammenhang unerheblich, ob dadurch, daß in dem Künstlerkatalog auch Anzeigen von Künstlern veröffentlicht sind, die ua die Adresse des Klägers oder seine Telefonnummer enthalten, möglicherweise der Zweck verfolgt wurde, Künstler, die als Arbeitnehmer anzusehen sind, mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen.
Nach § 13 Abs 2 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) sind Arbeitsvermittlung auch die Herausgabe und der Vertrieb sowie der Aushang von Listen über Stellenangebote und Stellengesuche einschließlich der den Listen gleichzuachtenden Sonderdrucke und Auszüge aus periodischen Druckschriften sowie die Bekanntgaben von Stellenangeboten und Stellengesuchen im Ton- und Fernsehrundfunk. Ob die Auffassung des LSG zutrifft, der Künstlerkatalog sei eine Liste im Sinne dieser Vorschrift, erscheint zweifelhaft. Zweck der Vorschrift ist es, eine Umgehung der Bestimmungen über Arbeitsvermittlung durch Herausgabe, Vertrieb und Aushang von Listen des vorstehend aufgezeigten Inhalts zu verhindern und Zweifel bei der Auslegung des § 13 Abs 1 AFG auszuschließen (Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 13 Anm 61). Das spricht dafür, daß auch zum Listenbegriff des § 13 Abs 2 Satz 1 AFG der Grundbestand des Begriffs der Arbeitsvermittlung iS von § 13 Abs 1 AFG gehört, nämlich eine mit der Herstellung der Liste oder der Art und Weise ihres Vertriebs verbundene Tätigkeit, die auf das Zusammenführen von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern gerichtet ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten stünde dem nicht die Änderung des Wortlauts von § 13 Abs 2 AFG (“Arbeitsvermittlung sind auch …”) gegenüber dem des § 37 Abs 2 AVAVG (“Als Arbeitsvermittlung gilt auch …”) entgegen; denn nach den Motiven zum AFG entspricht § 13 Abs 2 AFG dem § 37 Abs 2 Sätze 1 und 2 AVAVG unter Weglassung des 2. Halbsatzes von Satz 2, weil sich die Regelung in diesem Rahmen bewährt habe (vgl BT-Drucks I/2291, S 62, Begründung zu § 11 Abs 2 des Entwurfs eines AFG). Wäre also von dem oa Verständnis des Begriffs der Liste iS von § 13 Abs 2 Satz 1 auszugehen, könnte der Künstlerkatalog nur dann als eine solche Liste angesehen werden, wenn mit ihm eine iS von § 13 Abs 1 AFG vermittlungsrelevante Tätigkeit einherginge.
Allein der mit der Veröffentlichung von Stellenanzeigen verfolgte Zweck, den Interessenten Chancen für das Auffinden von Partnern eines möglichen Arbeitsvertrages zu eröffnen oder diese Chancen zu verbessern, genügte dem allerdings nicht. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 21, 271, 282) bleibt die Veröffentlichung des Stellenmarktes im Vorhof einer Arbeitsvermittlung stehen; sie erschöpft sich in dem Hinweis auf die Gelegenheit zum Abschluß eines Arbeitsvertrages und überläßt es dem durch die Anzeige eine Arbeitsstelle suchenden Arbeitnehmer und dem durch die Anzeige eine Arbeitsstelle anbietenden Arbeitgeber, selbst den gewünschten Vertragspartner erst ausfindig zu machen. Die Anzeige ist abstrakt. Sie wendet sich an einen unbeschränkten Kreis möglicher, ihrer Person nach unbekannter Interessenten.
Ob demnach die Herausgabe und der Vertrieb des Künstlerkataloges bereits begrifflich als Arbeitsvermittlung ausscheiden (vgl Hennig/Kühl/Heuer, AFG, März 1988, § 13 Anm 8), kann indessen dahingestellt bleiben, wie auch die Frage, ob Künstler grundsätzlich als Arbeitnehmer anzusehen sind. Dem Kläger stehen nämlich die Bestimmungen des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG zur Seite, wonach die Aufnahme von Stellenangeboten und Stellengesuchen in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und ähnlichen periodisch erscheinenden Druckschriften durch § 13 Abs 2 Satz 1 AFG nicht eingeschränkt wird.
Der Künstlerkatalog ist eine Druckschrift. Er erscheint periodisch, nämlich mindestens einmal jährlich, wie das LSG festgestellt hat. Der Auffassung von Schönefelder/Kranz/Wanka (AFG, § 13 Anm 65), wonach unter diesen Begriff keine Jahrbücher fallen dürften – wovon also auch der Künstlerkatalog betroffen sein könnte – , vermag der Senat nicht zu folgen. Diese Auffassung geht davon aus, daß der Begriff der periodischen Druckschrift iS von § 13 Abs 2 Satz 1 AFG anders zu bewerten sei als der in § 13 Abs 2 Satz 2 AFG. Hierfür besteht jedoch kein Anhaltspunkt. Kriterium für die Frage, ob es sich um eine periodische Druckschrift iS von § 13 Abs 2 Satz 2 AFG handelt, ist, ob diese Druckschrift einer Zeitung oder einer Zeitschrift oder einem Fachblatt ähnelt. Das ist hier der Fall. Maßgebend ist hierfür das Erscheinungsbild, die Vertriebsweise und die Zugänglichkeit für jedermann. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ähnelt der Künstlerkatalog seinem Erscheinungsbild nach einer Zeitschrift oder einem Fachblatt. Er wird wie ein solches Druckerzeugnis vertrieben und ist auch für jedermann zugänglich. Daß der Hauptzweck des Katalogs in der Veröffentlichung von Stellenanzeigen besteht, ist unerheblich. Das nimmt ihm gerade nicht den Charakter eines Presseerzeugnisses. Zur typischen Aufgabe der Presse gehört nämlich die Verbreitung von Nachrichten. Auch eine Anzeige ist eine Nachricht, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat (BVerfGE 21, 271, 279).
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß – wie schon erwähnt – in § 13 Abs 2 AFG die Ausnahmeregelung des § 37 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 AVAVG, wonach die Einschränkung des Satzes 1 auch für Presseerzeugnisse gilt, deren Hauptzweck die Veröffentlichung von Stellenangeboten und Stellengesuchen ist, nicht übernommen wurde. Es ist nicht auszuschließen, daß dies unter dem Eindruck der vorstehend aufgezeigten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 1967 (BVerfGE 21, 271) geschehen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ausgeführt (aaO S 283), es sei nicht zu entscheiden, ob die Erwägungen, der Stellenmarkt sei keine Arbeitsvermittlung, auch für § 37 Abs 2 Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 2 AVAVG gelten. Das ändert aber nichts daran, daß nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Veröffentlichung des Stellenmarktes durch die Presse keine Arbeitsvermittlung ist. Deshalb kann an dieser Auffassung auch für das Verständnis des § 13 Abs 2 AFG nicht vorbeigegangen werden.
Letztlich folgt dem die Regelung des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG selbst. Diese Vorschrift soll nach den Motiven des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks V/2291, S 62, Begründung zu § 11 des Entwurfs eines AFG) dem § 37 Abs 2 Sätze 1 und 2 AVAVG unter Weglassung des 2. Halbsatzes des Satzes 2 entsprechen, weil sie sich in diesem Rahmen bewährt habe. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß die bisherige Regelung des § 37 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 AVAVG keine Geltung mehr haben soll. Damit ist zugleich klargestellt, daß das Fehlen eines redaktionellen Teils des Druckerzeugnisses seiner Einbeziehung in die Regelung des § 13 Abs 2 Satz 2 AFG nicht entgegensteht. Der von der Beklagten und in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Auffassung (Gagel, AFG, § 13 Anm 31; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 13 Anm 65; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, AFG, 2. Aufl, § 13 Anm 42) vermag der Senat daher nicht zu folgen. Im übrigen sieht er sich in seiner Auffassung, daß § 13 Abs 2 Satz 2 AFG den presserechtlichen Anzeigenmarkt als solchen nicht einschränkt, durch die neuere Rechtsentwicklung bestätigt. Dafür spricht die durch das Achte Gesetz zur Änderung des AFG vom 14. Dezember 1987 (BGBl I 2602) vorgenommene Änderung des § 13 Abs 2 AFG. Hiernach ist nunmehr auch die Bekanntgabe von Stellenangeboten und -gesuchen im Ton- und Fernsehrundfunk sowie durch Bildschirmtext nicht eingeschränkt, und zwar ausnahmslos nicht. Für Stellenanzeigen in der Presse gilt nichts anderes. Folgerichtig ist in den Motiven zu der oa Neuregelung ausgeführt, daß “bisher schon” Arbeitgeber und Arbeitnehmer “Stellenangebote und Stellengesuche aufgrund des § 13 Abs 2 Satz 2 in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und anderen Druckschriften erscheinen lassen” konnten (vgl BT-Drucks 11/890, Begründung Teil B zu Artikel I Nr 1 – § 13 –).
Feststellungen, daß der Künstlerkatalog – abgesehen von redaktionellen Äußerungen – etwas anderes enthält als Anzeigen, insbesondere Äußerungen, die als originäre Arbeitsvermittlung zu behandeln wären, hat das LSG nicht getroffen. Es sind dazu auch keine Hinweise ersichtlich. Ob der Kläger bei den Anzeigen, die seine Anschrift und (oder) Telefonnummer enthalten, Arbeitsvermittlung betrieben hat, ist nicht zu entscheiden. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies die Beklagte nicht berechtigen, den Künstlerkatalog insgesamt zu verbieten.
Der Revision ist daher stattzugeben. Die Berufung des Klägers mußte in vollem Umfang Erfolg haben. Die angefochtenen Bescheide waren insgesamt rechtswidrig und mußten deshalb aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 240 |
NJW 1989, 421 |
AfP 1989, 498 |