Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeit. Erwerbsunfähigkeit. qualitativer Wert der bisherigen Berufstätigkeit. Tarifvertrag. Verweisung eines Facharbeiters. Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit
Orientierungssatz
1. Die Zugehörigkeit des bisherigen Berufs des Versicherten zur Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Facharbeiters darf nur dann unterstellt und damit nachprüfbare Feststellungen zum qualitativen Wert der bisherigen Berufstätigkeit nicht getroffen werden, wenn der Versicherte mangels einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit oder trotz einer Einschränkung seines gesundheitlichen Leistungsvermögens seine bisherige Berufstätigkeit weiterhin ausüben kann und deswegen eine Entscheidung über seine etwaige Verweisbarkeit auf andere Tätigkeiten nicht getroffen zu werden braucht. Wenn er jedoch seinen bisherigen Beruf aus den in § 1246 Abs 2 S 1, § 1247 Abs 2 S 1 RVO genannten gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und sich damit die Frage seiner Verweisbarkeit auf andere Tätigkeiten stellt, so kann als Grundlage für die Entscheidung dieser Frage eine Feststellung des qualitativen Wertes seines bisherigen Berufes nicht unterbleiben.
2. Für die Breite der dem Versicherten zumutbaren Verweisbarkeit sind maßgebende Feststellungen zum qualitativen Wert seines bisherigen Berufes unabweisbar. Diese Feststellungen sind in erster Linie durch Ermittlung und unter Heranziehung des für den bisherigen Beruf des Versicherten seine tarifliche Einstufung maßgebenden Tarifvertrages zu treffen.
3. Zur Entscheidung über die berufliche Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit bedarf es insbesondere unter Heranziehung der maßgeblichen Tarifverträge einer Feststellung des qualitativen Wertes sowohl des bisherigen Berufes als auch der Verweisungstätigkeiten selbst.
Normenkette
RVO § 1246 Abs 2 S 1 Fassung: 1957-02-23, § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23, § 1247 Abs 2 S 1 Fassung: 1957-02-23
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 17.09.1982; Aktenzeichen L 3 J 100/80) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.03.1980; Aktenzeichen S 21 J 203/78) |
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit.
Der am 19. April 1930 geborene Kläger nahm im Jahre 1944 eine Kellnerlehre auf. Er konnte sie wegen der Kriegs- und Nachkriegsereignisse nicht abschließen. Ab 1946 übte er verschiedene Hilfsarbeitertätigkeiten aus. Seit 1956 war er mit längeren Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und Krankheiten wiederum als Kellner beschäftigt. Seit Mai 1975 ist er nicht mehr berufstätig.
Seinen Antrag vom 2. Dezember 1977 auf Gewährung einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit oder wegen Berufsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Mai 1978 ab. Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. März 1980). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat nach weiterer Sachaufklärung ua durch Beiziehung eines in einem anderen Rechtsstreit erstatteten Gutachtens des Hoteliers G vom 9. April 1980 und der Niederschrift vom 19. Mai 1980 über eine ergänzende Aussage des Sachverständigen die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 17. September 1982) und zur Begründung ausgeführt:
Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch auch nur berufsunfähig. Es sei angesichts seines Berufsweges zweifelhaft, könne aber letztlich dahinstehen, ob er die Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Kellners besitze und als solcher der Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen sei. Selbst in diesem Falle sei sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben noch nicht so weit herabgesunken, daß er nicht Tätigkeiten verrichten könne, auf die er sich auch als Facharbeiter verweisen lassen müsse. Nach der Beurteilung seines Leistungsvermögens durch die ärztlichen Sachverständigen sei er an der Ausübung leichter bis mittelschwerer Arbeiten nicht gehindert, soweit er dabei nicht überwiegend stehen, schwer heben oder tragen, sich ständig bücken müsse oder diese Arbeiten mit Zwangshaltungen verbunden seien. Dieser Beurteilung sei zu folgen, auch wenn den im Evangelischen Krankenhaus Gelsenkirchen erstatteten Gutachten Untersuchungen im Oktober 1981 zugrunde gelegen hätten. Eine seither eingetretene maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei nicht ersichtlich. Mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr als Kellner arbeiten, weil diese Tätigkeit überwiegend mit Gehen und Stehen verbunden sei. In Betracht komme jedoch noch ein Einsatz als Kassierer in einem Selbstbedienungsrestaurant oder in einem Restaurant mit Restaurantkassierer. Dabei seien Rechnungen zu erstellen und zu kassieren. Diese Arbeit könne von einem Kellner nach kurzer Einarbeitungszeit durchgeführt werden. Infrage komme außerdem ein Einsatz als Bonkontrolleur. Dabei sei nachzuprüfen, ob die von der Kellnerkasse ausgeworfenen Bons korrekt seien. Es handele sich um eine am Schreibtisch in geschlossenen Räumen zu verrichtende Tätigkeit. Denkbar sei schließlich ein Einsatz des Klägers als Nachtportier eines mittleren Hotels. Dabei seien Schlüssel herauszugeben, Telefonate und Berichte zu erstatten und Getränke zu servieren. Auch diese Arbeit sei leicht und nicht mit überwiegendem Stehen, Tragen oder heben schwerer Lasten oder ständigem Bücken verbunden. Insoweit stütze sich die Entscheidung auf das Gutachten des Hoteliers G vom 9. April 1980 und dessen Vernehmung am 19. Mai 1980. Es gebe auch Stellen als Nachtportier, Restaurantkassierer und Bonkontrolleur, selbst wenn letztere zunehmend durch EDV-Einrichtungen ersetzt würden. Ob der Kläger in einen geeigneten Arbeitsplatz vermittelt werden könne, sei nicht zu prüfen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der §§ 1246, 1247 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Das angefochtene Urteil sei hinsichtlich der Prüfung seiner (des Klägers) Verweisbarkeit auf andere Berufe rechtsfehlerhaft. Hierbei sei von dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes auszugehen. Das LSG habe hierzu eindeutige Feststellungen nicht getroffen und lediglich unterstellt, daß er (Kläger) als Facharbeiter anzusehen sei. Im übrigen seien die vom LSG in Betracht gezogenen Verweisungstätigkeiten des Kassierers in einem Selbstbedienungsrestaurant oder in einem Restaurant mit Restaurantkassierer, des Bonkontrolleurs oder des Nachtportiers in qualitativer Hinsicht mit seinem (Klägers) bisherigen Beruf nicht vergleichbar. Sie erforderten als rein mechanische Tätigkeiten weniger Einfühlungsvermögen und persönliches Engagement und führten deswegen nicht nur zu einer geringeren Bezahlung, sondern auch zu einer geringeren persönlichen Befriedigung des in den Verweisungstätigkeiten Beschäftigten. Überdies sei dessen Persönlichkeit weniger ausschlaggebend und er leichter austauschbar. Das LSG habe außerdem unterlassen, den qualitativen Wert der Verweisungstätigkeiten mit demjenigen der (unterstellten) früheren Berufstätigkeit zu vergleichen, und sich lediglich mit der Frage beschäftigt, ob er (Kläger) diese Tätigkeiten aufgrund seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten ausüben könne. Insbesondere habe das LSG keine Feststellungen zur tariflichen Einstufung der Verweisungstätigkeiten getroffen. Zwar könne deren qualitativer Wert auch auf andere Weise ermittelt werden. Das Gutachten des Hoteliers G sei jedoch insofern unergiebig und sage über die Zumutbarkeit der Verweisung nichts aus.
Der Kläger beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1982 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26. März 1980 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. Mai 1978 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte regt unter Hinweis auf die Begründung des Beschlusses über die Zulassung der Revision vom 19. Mai 1983 eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG an.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) erteilt.
Entscheidungsgründe
Die durch nachträgliche Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet.
Der Kläger erhebt Anspruch auf eine Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit. Rechtsgrundlagen eines solchen Anspruchs sind §§ 1246, 1247 RVO. Danach erhält Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw wegen Erwerbsunfähigkeit der Versicherte, der berufsunfähig bzw erwerbsunfähig ist (§ 1246 Abs 1, § 1247 Abs 1 RVO). Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaß alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 1246 Abs 2 Sätze 1 und 2 RVO). Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (§ 1247 Abs 2 Satz 1 RVO).
Bei der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, ist von seinem "bisherigen Beruf" auszugehen. Kann der Versicherte auch nach Eintritt der angeblich Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bedingenden Umstände seine bisherige Berufstätigkeit weiterhin ausüben, so schließt allein dies die Annahme von Berufs- und Erwerbsunfähigkeit aus. Für eine Verweisung auf andere Tätigkeiten und für eine Erörterung ihrer beruflichen Zumutbarkeit besteht dann kein Anlaß mehr. Selbst wenn aber eine solche Verweisung in Betracht kommt, bedarf es der Feststellung des "bisherigen Berufes" des Versicherten. Er ist sowohl im Rahmen des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO für die Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, auf die der Versicherte unter Verneinung von Berufsunfähigkeit zumutbar verwiesen werden darf, als auch im Rahmen des § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO für die Frage, ob die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebenden äußersten Grenzen der Verweisbarkeit gewahrt sind, von entscheidender Bedeutung. Dabei bestimmt sich der Kreis der zumutbaren Tätigkeiten hauptsächlich nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes des Versicherten im Betrieb. Dieser qualitative Wert spiegelt sich relativ zuverlässig in der tariflichen Einstufung der jeweiligen Tätigkeit wider. Sie ist daher ein gewichtiges - wenn auch keineswegs das einzige - Hilfsmittel zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zugleich zur Bestimmung des Kreises der nach § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO beruflich zumutbaren Verweisungstätigkeiten. Dabei lassen sich in der Arbeitswelt auf der Grundlage der tariflichen Bewertung mehrere Gruppen von Arbeiterberufen auffinden, welche durch verschiedene "Leitberufe" - nämlich diejenigen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters - charakterisiert werden. Grundsätzlich darf der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe verwiesen werden, soweit sie ihn weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch bezüglich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern. Darüber hinaus darf ein Facharbeiter auf ungelernte Tätigkeiten, die sich durch besondere Qualifikationsmerkmale deutlich aus dem Kreis der sonstigen einfachen Arbeiten herausheben, jedenfalls dann verwiesen werden, wenn sie wegen ihrer Qualität - nicht aber wegen etwaiger Nachteile oder Erschwernisse - tariflich wie sonstige Ausbildungsberufe eingestuft sind und von daher ihre Gleichstellung mit der qualitativen Wertigkeit eines sonstigen Ausbildungsberufes gerechtfertigt ist. Eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO liegt hingegen erst dann vor, wenn es keine Tätigkeiten gibt, die dem Versicherten nach seinen Kräften und Fähigkeiten, nach sozialen Gesichtspunkten und nach der Höhe des Entgelts zumutbar sind (vgl zu alledem Urteile des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1246 Nr 86 S 267f und Nr 90 S 283f mwN).
Auf der Grundlage dieser rechtlichen Kriterien kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Vor der abschließenden Entscheidung über den vom Kläger erhobenen Rentenanspruch bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.
Das LSG ist davon ausgegangen, daß bisheriger Beruf des Klägers derjenige des Kellners ist. Das ist, soweit damit die Merkmale der bisherigen Tätigkeit des Klägers umschrieben werden, nicht zu beanstanden. Es hat weiter festgestellt, daß der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen die überwiegend mit Gehen und Stehen verbundene Tätigkeit eines Kellners nicht mehr ausüben könne. Diese Feststellung ist mangels dagegen erhobener Revisionsrügen für den Senat bindend (§ 163 SGG).
Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß das LSG die Zugehörigkeit des bisherigen Berufes des Klägers zur Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Facharbeiters lediglich unterstellt und damit nachprüfbare Feststellungen zum qualitativen Wert der bisherigen Berufstätigkeit nicht getroffen habe. Davon darf nur abgesehen werden, wenn der Versicherte mangels einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit oder trotz einer Einschränkung seines gesundheitlichen Leistungsvermögens seine bisherige Berufstätigkeit weiterhin ausüben kann und deswegen eine Entscheidung über seine etwaige Verweisbarkeit auf andere Tätigkeiten nicht getroffen zu werden braucht. Wenn er jedoch seinen bisherigen Beruf aus den in § 1246 Abs 2 Satz 1, § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO genannten gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und sich damit die Frage seiner Verweisbarkeit auf andere Tätigkeiten stellt, so kann als Grundlage für die Entscheidung dieser Frage eine Feststellung des qualitativen Wertes seines bisherigen Berufes nicht unterbleiben. Allerdings übersieht der Senat nicht, daß im vorliegenden Fall die Unterstellung des LSG, der bisherige Beruf des Klägers gehöre zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters, dem Kläger nicht unbedingt nachteilig zu sein braucht. Indes kann nicht außer Betracht bleiben, daß neben den Interessen des Versicherten auch diejenigen des in Anspruch genommenen Versicherungsträgers zu berücksichtigen und jedenfalls von daher die für die Breite der dem Versicherten zumutbaren Verweisbarkeit maßgebenden Feststellungen zum qualitativen Wert seines bisherigen Berufes unabweisbar sind.
Diese Feststellungen sind in erster Linie durch Ermittlung und unter Heranziehung des für den bisherigen Beruf des Klägers und seine tarifliche Einstufung maßgebenden Tarifvertrages zu treffen (vgl dazu die Hinweise in den Arbeitgeberauskünften vom 20. Februar 1979 und 26. November 1980, Bl 25 R und 122 R der SG-Akten, sowie im Gutachten des Hoteliers G vom 9. April 1980, Bl 244 der SG-Akten). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß der Kläger selbst als seinen bisherigen Beruf wiederholt den des "Oberkellners" angegeben hat (vgl Bl 4, 41, 102 der SG-Akten). Das LSG ist dem bisher nicht nachgegangen. Damit steht einmal nicht fest, ob der Kläger tatsächlich als Oberkellner tätig gewesen ist. Zum anderen ist weder zu erkennen noch aber auch auszuschließen, daß im Vergleich zur Tätigkeit des Kellners diejenige des Oberkellners tariflich höher eingestuft und wegen dieser höheren qualitativen Wertigkeit auch für die Breite der dem Kläger zumutbaren Verweisbarkeit auf andere Tätigkeiten bestimmend ist. Auch hierzu bedarf es ergänzender Feststellungen. Sie liegen auf tatsächlichem Gebiet und können daher vom Senat nicht getroffen werden. Das LSG wird sie nachzuholen haben. Schon aus diesem Grunde ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Dies ist aus einem weiteren Grunde geboten. Das LSG hat den Kläger, die Zugehörigkeit seines bisherigen Berufes zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters unterstellt, als auf die Tätigkeiten eines Kassierers in einem Selbstbedienungsrestaurant oder in einem Restaurant mit Restaurantkassierer, eines Bonkontrolleurs oder eines Nachtportiers in einem mittleren Hotel verweisbar angesehen. Es hat dabei jedoch ebenso wie zur Qualität des bisherigen Berufes des Klägers auch hinsichtlich des qualitativen Wertes der in Betracht gezogenen Verweisungstätigkeiten keine Feststellungen getroffen. Vielmehr hat es insoweit lediglich festgestellt, daß es sich um leichte Tätigkeiten handele, welche der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen nach kurzer Einarbeitungszeit ausüben könne. Gegen diese Feststellungen hat die Revision zulässige und begründete Rügen nicht vorgebracht (§ 163 SGG). Sie allein tragen jedoch die Entscheidung des LSG über die Verweisbarkeit des Klägers auf andere Tätigkeiten nicht. Vielmehr lassen sie allein den Schluß zu, daß die Verweisungstätigkeiten den "Kräften und Fähigkeiten" des Klägers entsprechen. Hingegen besagen sie nichts zu der Frage, ob die Verweisungstätigkeiten nach den in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO genannten Kriterien dem Kläger auch beruflich zumutbar sind. Zur Entscheidung über die berufliche Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit bedarf es insbesondere unter Heranziehung der maßgeblichen Tarifverträge einer Feststellung des qualitativen Wertes sowohl des bisherigen Berufes als auch der Verweisungstätigkeiten selbst. Auch zu letzterem enthält das angefochtene Urteil weder ausdrücklich noch durch die Bezugnahme auf das in einem anderen Rechtsstreit erstattete Gutachten des Hoteliers G vom 9. April 1980 und auf die Niederschrift über seine Vernehmung am 19. Mai 1980 Feststellungen. Der Sachverständige hat seinerzeit lediglich Angaben zur Dauer der täglichen Arbeitszeit und zur betragsmäßigen Höhe der Entlohnung in den Verweisungstätigkeiten gemacht. Hingegen ist seinen Erklärungen nichts über die tarifliche Einstufung dieser Tätigkeiten und damit über ihre für die qualitative Bewertung maßgebende Einordnung in das Gefüge des einschlägigen Tarifvertrages zu entnehmen. Auch hierzu müssen die bisher unterbliebenen tatsächlichen Feststellungen vom LSG noch nachgeholt werden.
Für die demnach erforderliche neue Entscheidung des LSG hält der Senat unter Berücksichtigung dessen, daß nach den Angaben des Hoteliers G die Position des Kassierers in einem Restaurant mit Restaurantkassierer nur noch vereinzelt vorhanden sei und die Bonkontrolleure zunehmend durch EDV-Einrichtungen ersetzt würden, folgenden rechtlichen Hinweis für angebracht: Von der Frage, ob und gegebenenfalls welche Verweisungstätigkeiten für den Versicherten in Betracht kommen, ist die Frage zu trennen, ob für diese Verweisungstätigkeiten in ausreichendem Umfange Arbeitsplätze vorhanden sind, der Arbeitsmarkt also dem Versicherten offen steht. Letztere Frage braucht bei Vollzeittätigkeiten, jedenfalls wenn diese von Tarifverträgen erfaßt werden, im Einzelfall regelmäßig nicht geprüft zu werden. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise ua dann, wenn die Tätigkeiten nicht in Tarifverträgen erfaßt sind oder in der Wirklichkeit der Arbeitswelt nur vereinzelt vorkommen. Unter diesen Voraussetzungen ist auch bei Vollzeitarbeitskräften zu prüfen, ob für sie Arbeitsplätze in ausreichendem Umfange vorhanden sind (vgl BSG SozR 2200 § 1247 Nr 33 S 68; § 1246 Nr 90 S 286 mwN). Dies wird das LSG zu beachten haben, falls es unter Berücksichtigung der für eine abschließende Sachentscheidung erforderlichen ergänzenden tatsächlichen Feststellungen den Kläger abermals als auf die Tätigkeiten des Kassierers in einem Restaurant mit Restaurantkassierer oder des Bonkontrolleurs verweisbar erachten sollte.
Das LSG wird in seinem erneuten Urteil auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde und des Revisionsverfahrens entscheiden.
Fundstellen