Orientierungssatz

Zuordnung von Bauarbeiten im Hochbau zum Rohbau oder Ausbau iS von § 1 Nr 1 FöSatzV.

1. Für die Zuordnung von Bauarbeiten im Hochbau zum Rohbau oder Ausbau iS von § 1 Nr 1 FöSatzV ist darauf abzustellen, ob die jeweiligen Bauarbeiten Schutzvorkehrungen gegen Witterungseinflüsse erfordern, wie sie in der Regel bei Außenarbeiten erforderlich sind oder ob Schutzvorkehrungen ausreichen, wie sie in der Regel Bauarbeiten im Inneren eines Bauwerkes verlangen (vgl BSG 12.4.1984 7 RAr 26/83 = SozR 4250 § 1 Nr 1).

2. § 9 der Gebührenordnung für Architekten vom 13.10.1950 ist für die Zuordnung der Bauarbeiten zum Roh- oder Ausbau nicht maßgebend. Die dort getroffene Definition kann allenfalls ein Anhalt dafür sein, daß die dort aufgeführten Arbeiten Rohbauarbeiten sein können.

 

Normenkette

AFG § 78 Abs 1 Fassung: 1972-05-19, § 78 Abs 2 Fassung: 1972-05-19, § 79 Abs 3 Fassung: 1972-05-19; FöSatzV § 1 Nr 1 Fassung: 1973-07-16; ArchGebO § 9

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 03.02.1983; Aktenzeichen L9 Al 213/80)

SG Landshut (Entscheidung vom 28.10.1980; Aktenzeichen S 6 Al 128/79)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Mehrkostenzuschusses (MKZ).

Die klagenden Firmen sind Bauunternehmen die sich in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu der Arbeitsgemeinschaft Kreiskrankenhaus L. (hier als Klägerin bezeichnet) zusammengeschlossen haben. Die Klägerin beantragte am 2. Dezember 1976 die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ für folgende auf dieser Baustelle durchzuführenden Arbeiten: nichttragende Innenwände, Fenstersohlbänke, Bewegungsbad, Ausschalarbeiten und Baureinigung.

Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 30. Dezember 1976 an, daß die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ erfüllt seien. Der Förderungssatz je geleistete Arbeitsstunde betrage für die Maurer-, Schal-, Beton- und Armierungsarbeiten 1,-- DM und für die Erstellung der Stützmauer 2,50 DM. Dem widersprach die Klägerin und beantragte für alle Arbeiten einen Förderungssatz von 2,50 DM, da diese insgesamt Rohbauarbeiten seien. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1979).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verpflichtet, die Maurer-, Schal-, Beton- und Armierungsarbeiten mit dem Förderungssatz für Rohbauarbeiten zu fördern, und die Berufung zugelassen (Urteil vom 28. Oktober 1980). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:

Nach § 1 der Verordnung über die Förderungssätze für den Mehrkostenzuschuß der produktiven Winterbauförderung (Förderungssätze-VO) vom 16. Juli 1973 (BGBl I S 841) betrage der Förderungssatz für den MKZ je Arbeitsstunde im Hochbau für den Rohbau 2,50 DM und für den Ausbau 1,-- DM. Die Höhe des Förderungssatzes hänge allein davon ab, welchem der dort genannten Begriffe die jeweilige Arbeit zuzuordnen sei. Die Begriffe Roh- und Ausbau seien weder im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) noch in der Förderungssätze-VO definiert. Sie seien deshalb, da es sich um bautechnische Begriffe handele, auch in diesem Sinne zu verstehen. Die Gebührenordnung für Architekten vom 13. Oktober 1950 (BAnz 216) -GOA- enthalte in den Absätzen 1 und 2 des § 9 eine Definition der Begriffe, wobei im einzelnen die Arbeiten aufgeführt würden, die dem Rohbau bzw dem Ausbau zuzurechnen seien. Die Maurerarbeiten gehörten danach zu den Rohbauarbeiten. Die Aufhebung der GOA durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vom 17. September 1976 (BGBl I S 2805) habe an dem bautechnischen Verständnis dieser Begriffe nichts geändert. Da es allein auf diese Zuordnung ankomme, habe die Beklagte den erhöhten Förderungssatz für Rohbauarbeiten auch für die Erstellung der nichttragenden Innenwände, der Fenstersohlbänke und des Bewegungsbades sowie für die Ausschalarbeiten und die Baureinigung zu gewähren.

Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 1 Nr 1 der Förderungssätze-VO idF vom 16. Juli 1973 iVm § 79 Abs 3 AFG und führt dazu aus: Eine allgemeingültige Regelung, welche Arbeiten im Hochbau dem Rohbau und welche dem Ausbau zuzurechnen seien, gebe es nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch werde unter dem Rohbau der Teil eines in Ausführung befindlichen Bauwerks, der das statisch-konstruktive Gefüge, die Schornsteine, Brandwände, Treppen und die Dachkonstruktion umfasse, verstanden. Mit dem Begriff Ausbau bezeichne man alle Arbeiten an einem Bauwerk, die nach Beendigung der Rohbauarbeiten erforderlich seien, zB Putz-, Schreiner-, Glaser-, Fliesen- und Malerarbeiten, Installationen und Heizungsanlagen. Folge man diesem Sprachgebrauch, so komme man zu dem Ergebnis, daß die Arbeiten, die dem Ausbau dienten, weitaus überwiegend im Inneren des fertigen Rohbaues verrichtet würden. Sie seien damit nicht so witterungsabhängig wie Rohbauarbeiten, die von der Natur der Sache her den Witterungsverhältnissen ungeschützt ausgesetzt seien. In der Regel verlangten Ausbauarbeiten an Schutzvorkehrungen das Abdichten von Fenstern, Türen und anderen vergleichbaren Öffnungen, das Abdecken des Materials oder seine Lagerung im Inneren des Bauwerks und die Beheizung der betreffenden Räumlichkeiten. Rohbauarbeiten bedürften dagegen sowohl an technischem Umfang als auch an finanziellem Aufwand der aufwendigsten Winterbauinvestitionen (zB Winterbauschutzhallen, aufwendige Heizeinrichtungen, besondere Vorrichtungen zur Beschickung der die Arbeitsplätze eingrenzenden Winterbauschutzhalle). Nach diesen Kriterien müsse sich daher die Zuordnung der jeweiligen Arbeiten richten. Hierfür spreche auch die gegenüber dem Rohbau weitaus geringere Höhe des MKZ für den Ausbau.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. Februar 1983 und das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Oktober 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie ist der Auffassung, die Beklagte folgere zu Unrecht aus der Feststellung des LSG, in der Förderungssätze-VO würden die Begriffe Rohbau und Ausbau nicht definiert, daß diese Begriffe deshalb auslegungsbedürftig seien. Die bautechnischen Begriffe Rohbau und Ausbau würden vielmehr in § 9 GOA eindeutig bestimmt. Ihre Anwendung auch im Rahmen der Förderungssätze-VO sei aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zweckmäßig, tauglich und zur Erhaltung des Rechtsfriedens förderlich. Die Folgerung der Beklagten, wonach schon die Verwendung dieser Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch das Ergebnis zulasse, die Arbeiten, die dem Ausbau dienten, würden weitaus überwiegend im Inneren des fertigen Rohbaues verrichtet, sei jedenfalls hinsichtlich der hier in Betracht kommenden Arbeiten nicht überzeugend.

Zunächst falle auf, daß die hier maßgeblichen Maurerarbeiten in der beispielhaften Aufzählung derjenigen Arbeiten, die üblicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch als Ausbauarbeiten bezeichnet würden, gerade nicht aufgeführt seien.

Wenn die Beklagte in Anlehnung an die Brockhaus-Enzyklopädie meine, Arbeiten am statisch-konstruktiven Gefüge eines Bauwerkes zählten zu den Rohbauarbeiten, dann überzeuge dies auch nicht. Zu diesen Arbeiten gehörten beispielsweise tragende und aussteifende Wände sowie tragende Pfeiler und Stützen. Diese Bauteile würden ebenso wie Treppen vielfach erst zu einer Zeit erstellt, zu der die Gebäudeaußenwände, die Decken und Böden bereits gefertigt seien sowie die Dachkonstruktion aufgebracht sei. Diese müßten dann entsprechend der Ansicht der Beklagten als Ausbauarbeiten verstanden werden.

Darüber hinaus sei auch nach der Auffassung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 12. April 1984 (7 RAr 26/83) davon auszugehen, daß das nachträgliche Einbringen von Zwischenwänden den Rohbauarbeiten zuzuordnen sei. Diese Fertigungsmethode erfordere einen höheren Mehraufwand als dies im normalen Bauablauf unter Vollschutz der Fall sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG läßt sich nicht entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ in Höhe von 2,50 DM je Arbeitsstunde für die hier geltend gemachten Arbeiten vorliegen. Die Rechtsauffassung des LSG, für die Zuordnung der Bauarbeiten zum Roh- oder Ausbau seien die Definitionen des § 9 GOA maßgebend, ist nicht zutreffend. Vielmehr ist entscheidend, welche Schutzvorkehrungen diese Bauarbeiten erfordern. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. April 1984 (7 RAr 26/83) entschieden und sich hierbei von folgenden Überlegungen leiten lassen:

Gemäß § 78 Abs 1 AFG werden Arbeitgebern des Baugewerbes Zuschüsse zu den sonstigen witterungsbedingten Mehrkosten der Bauarbeiten gewährt, die sie in der Förderungszeit durchgeführt haben (Mehrkostenzuschuß). Der MKZ bemißt sich nach der Zahl der in der Förderungszeit von den Arbeitern geleisteten Arbeitsstunden und dem Förderungssatz (§ 79 Abs 2 AFG). Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung setzt durch Rechtsverordnung die Förderungssätze fest. Diese sollen mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel der in der Regel für die geförderten Arbeiten entstehenden Mehrkosten betragen (§ 79 Abs 3 AFG). Nach § 1 Nr 1 der hier maßgeblichen VO über die Förderungssätze für den Mehrkostenzuschuß der Produktiven Winterbauförderung vom 16. Juli 1973 - Förderungssätze-VO - (BGBl I S 841) betrug der Förderungssatz im Hochbau für den Rohbau 2,50 DM und für den Ausbau 1,-- DM je Arbeitsstunde. Welche Arbeiten dem Rohbau und welche dem Ausbau zuzuordnen sind, ist der VO nicht zu entnehmen. Dies gilt auch für die Änderungs-VO vom 15. Juni 1981 (BGBl I S 531), mit der die hier in Betracht kommenden Förderungssätze mit Wirkung vom 1. November 1981 für den Ausbau auf 2,-- DM und für den Rohbau auf 7,-- DM festgesetzt wurden und für die Änderungs-VO vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S 1661), nach der die Förderungssätze 1,30 DM für den Ausbau und 4,55 DM für den Rohbau betragen. Da auch in den Vorschriften des AFG keine Bestimmungen enthalten sind, die festlegen, welche Arbeiten zum Rohbau gehören, bietet es sich an, nach anderen Bestimmungen zu suchen, die eine solche Zuordnung enthalten.

Dies war soweit ersichtlich allein § 9 der Anlage zur Verordnung PR Nr 66/50 über die Gebühren für Architekten (GOA) vom 13. Oktober 1950 (BAnz Nr 216 vom 8. November 1950). Hiernach zählen Maurerarbeiten und Betonarbeiten zu den Rohbauarbeiten im Sinne dieser VO. Die letztere Einschränkung zeigt bereits, daß der Verordnungsgeber damit nicht einen allgemein gültigen Begriff übernommen hat oder definieren wollte. Vielmehr sollte diese Bestimmung der Feststellung dienen, in welche Bauklasse ein Bauwerk einzuordnen war. Nach der Bauklasse wiederum richtete sich die Berechnung der Gebühren gemäß §§ 7 und 10 GOA. Die in § 9 GOA getroffene Definition kann daher nicht als allgemein gültige Bestimmung der Arbeiten gelten, die zum Rohbau gehören. Sie kann allenfalls ein Anhalt dafür sein, daß die dort aufgeführten Arbeiten Rohbauarbeiten sein können. Daß sie es ausschließlich sind, kann hieraus nicht gefolgert werden. Dagegen spricht auch, daß § 96 Abs 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 1970 idF vom 15. Juli 1976 (GV NW S 264) bestimmt, daß die Rohbauabnahme vorzunehmen ist, sobald die tragenden Teile, Schornsteine, Brandwände und die Dachkonstruktion vollendet sind. Mit dem Innenausbau und der Putzarbeit darf erst nach der Rohbauabnahme oder der Teilabnahme begonnen werden. Im wesentlichen gleichlautende Bestimmungen enthalten zB auch Art 79 Abs 2 der Bayerischen Bauordnung idF der Bekanntmachung vom 2. Juli 1982 (GVBl S 419 ber. S 1032), § 105 der Hessischen Bauordnung vom 16. Dezember 1977 (GVBl 1978 I S 1) und § 103 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg vom 20. Juni 1972 (GVBl S 352). Dies bedeutet aber, daß andere Maurer- und Betonarbeiten, die im Inneren des Gebäudes ausgeführt werden, hiernach nicht zu den Rohbauarbeiten gehören. Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die in diesen Bestimmungen vorgenommene Eingrenzung deshalb erfolgt ist, damit eine möglichst ungehinderte Überprüfung der tragenden Konstruktionsteile des Gebäudes erfolgen kann. Auch insoweit kann also aus den vorstehend genannten Bestimmungen nicht geschlossen werden, daß zB die Erstellung einer nichttragenden Mauer keine Rohbauarbeit sein kann.

Der Verdingungsordnung für Bauleistungen ist lediglich an Hand der DIN-Normen zu entnehmen, daß Maurer- und Betonarbeiten (DIN 18330 und DIN 18331) zu den Rohbauarbeiten gerechnet werden (Schmidt in: Gemeinschaftskommentar zum AFG, § 79 Anm 11a). Hieraus ergibt sich, daß auch unter Bauleuten der Begriff der Rohbauarbeiten durchaus unterschiedliche Bedeutung haben kann und es insoweit keine allgemeingültige Definition gibt.

Daher ist die Frage, welche Arbeiten im Hochbau Rohbauarbeiten im Sinne von § 1 Nr 1 Förderungssätze-VO sind, an Hand des Gesetzeszweckes zu klären. Hierbei kann die Zuordnung bestimmter Leistungen in anderen Bestimmungen ein Anhalt dafür sein, welche Arbeiten Rohbauarbeiten und welche Ausbauarbeiten sind (Hennig/ Kühl/Heuer, AFG, ErgLfg. 21, Anm 10 zu § 79; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, Anm 12 zu § 79; Gemeinschaftskommentar zum AFG, Anm 11a zu § 79). Entscheidend ist aber bei der Auslegung die Orientierung am Gesetzeszweck. Diese geht, wie aus § 79 Abs 3 AFG folgt, dahin, daß mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel der in der Regel für die geförderten Arbeiten entstehenden Mehrkosten ausgeglichen werden sollen. Zwischen dem Umfang der Mehrkosten und damit dem Umfang der Schutzvorkehrungen, die gemäß § 78 Abs 2 AFG erforderlich sind, besteht somit ein innerer Zusammenhang. Deshalb ist bei der Beantwortung der Frage, ob es sich um Rohbauarbeiten im Sinne von § 1 Nr 1 der Förderungssätze-VO handelt oder ob diese Arbeiten unter den Ausbau fallen, darauf abzustellen, ob sie Schutzvorkehrungen gegen Witterungseinflüsse erfordern, wie sie bei Außenarbeiten in der Regel erforderlich sind, oder ob es sich um Arbeiten handelt, die Schutzvorkehrungen erfordern, wie sie in der Regel Arbeiten im Inneren eines Bauwerks verlangen.

Wenn das LSG demgegenüber meint, Rohbau und Ausbau seien bautechnische Begriffe und müßten deshalb so ausgelegt werden, wie sie in der GOA definiert sind, dann geht es zunächst von der unzutreffenden Voraussetzung aus, die GOA habe allgemeingültige Begriffe für die Rohbauarbeiten und Ausbauarbeiten festgelegt. Deshalb überzeugt auch seine Auffassung nicht, der Verordnungsgeber habe durch die Unterscheidung zwischen Rohbau- und Ausbauarbeiten Verwaltungsaufwand vermeiden wollen, der entstehen würde, wenn die Höhe des Förderungssatzes vom Umfang der Schutzvorkehrungen abhängig sei; eine solche Differenzierung widerspreche daher der Regelung der Förderungssätze-VO. Das LSG verkennt, daß sowohl der Gesetzgeber als auch der Verordnungsgeber den Umfang der Pauschalierung des MKZ in erster Linie nach der Höhe der entstehenden Mehrkosten bestimmt wissen wollten. Ausdrücklich folgt dies aus der Regelung in § 79 Abs 3 S 2 AFG. Wenn nach § 1 der Förderungssätze-VO bei der Feststellung der Förderungssätze auf die Art bestimmter Bauarbeiten abgestellt wird, wird hierbei von Erfahrungswerten ausgegangen, denen zu entnehmen ist, wie hoch die witterungsbedingten Mehrkosten im allgemeinen gerade bei diesen Arbeiten sind. Für die Frage, ob bestimmte Bauarbeiten dem Rohbau oder dem Ausbau zuzuordnen sind, ist daher die Höhe der im allgemeinen bei den jeweiligen Arbeiten entstehenden Mehrkosten maßgebend. Kriterium dafür ist der Umfang der erforderlichen Schutzvorkehrungen.

Gegen die von dem LSG gewählte Auslegung spricht weiterhin, daß für Arbeiten, die nach seiner Auffassung Ausbauarbeiten sind, jedoch Schutzvorkehrungen erfordern, wie sie Außenarbeiten erfordern, der Zuschuß nicht in der erforderlichen Höhe gezahlt werden kann. Umgekehrt müssen für Arbeiten, die hiernach nicht zum Ausbau gehören, jedoch lediglich Schutzvorkehrungen verlangen, wie sie in der Regel nur beim Ausbau erforderlich sind, Zuschüsse gewährt werden, die höher liegen als zwei Drittel der Mehrkosten.

Die Auslegung des LSG würde auch zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen, daß Bauarbeiten, die an einem Bauwerk im Inneren durchgeführt werden, nach unterschiedlichen Förderungssätzen gefördert werden, obwohl sie dieselben Schutzvorkehrungen erfordern. Wenn zB im Inneren des Gebäudes die bereits erstellten Mauern verputzt und gleichzeitig Innen- oder Trennwände gemauert werden, dann müßte für die Putzarbeiten nach der Auslegung des LSG der Förderungssatz für den Ausbau, für die Maurerarbeiten aber der Förderungssatz für den Rohbau zugrunde gelegt werden. Außerdem könnten Arbeiten, die unter Umständen einen Vollschutz gegen Witterungseinflüsse erfordern, wie zB Außenputzarbeiten, nur wie Ausbauarbeiten gefördert werden.

Zu Unrecht meint die Klägerin, auch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats müsse der MKZ deshalb bereits in der von ihr begehrten Höhe festgesetzt werden, weil das Einbringen von Zwischenwänden ohne Vollschutz höheren witterungsbedingten Mehraufwand bedinge, was Arbeitsstudien ergeben hätten. Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist, daß eine Winterbaustelle ohnedies vorhanden sei. Hierbei übersieht die Klägerin, daß Anknüpfungspunkt nicht die Höhe der tatsächlich entstandenen Mehrkosten bei den einzelnen Maurerarbeiten auf der Baustelle ist, sondern der Umfang der erforderlichen Schutzvorkehrungen. Dabei ist davon auszugehen, daß Vollschutz erheblich höhere Betriebskosten erfordert als Teilschutz oder Einzelschutz. Diese Betriebskosten, die bei allen unter Schutzvorkehrungen durchzuführenden Arbeiten anfallen, berücksichtigt die Klägerin bei ihren Überlegungen nicht. Außerdem übersieht sie, daß sich der MKZ neben dem Förderungssatz auch nach der Zahl der in der Förderungszeit von den Arbeitern geleisteten Arbeitsstunden bemißt. Für die Arbeitsstunden, die beim Bau von Zwischenwänden anfallen, ohne daß Schutzvorkehrungen erforderlich sind wie bei Außenarbeiten, wird also gleichfalls ein MKZ gewährt, wenn auch in geringerer Höhe. Abgesehen davon ist es dem Arbeitgeber überlassen, ob er den Arbeitsablauf so wählt wie von der Klägerin aufgezeigt und dafür eine höhere Zahl von Arbeitsstunden mit geringerem MKZ in Kauf nimmt oder ob er sich für einen Arbeitsablauf unter Vollschutz mit weniger Arbeitsstunden aber höherem MKZ entscheidet. Das ist auch eine Frage seiner Kalkulation.

Unerheblich ist, daß der Verordnungsgeber, obwohl ihm die unterschiedliche Auffassung in der Praxis bei der Abgrenzung der Begriffe Rohbau und Ausbau bekannt gewesen sein dürfte, auch bei der Änderung der Förderungssätze-VO durch die Verordnungen vom 15. Juni 1981 und 22. Dezember 1983 keine entsprechende Klarstellung vorgenommen hat. Hieraus kann allenfalls geschlossen werden, daß er sich unter Umständen eine Klarstellung durch die Rechtsprechung verspricht. Auch wenn die Beklagte, worauf das LSG hinweist, früher eine gegenteilige Auffassung vertreten hat als heute, dann folgt daraus nicht die Unrichtigkeit ihrer jetzigen Auffassung.

Hiernach kommt es darauf an, ob für die von der Klägerin geltend gemachten Arbeiten Schutzvorkehrungen erforderlich waren, wie sie in der Regel bei Außenarbeiten getroffen werden. Hierzu hat das LSG, von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend, keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Da es dem Revisionsgericht insoweit gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwehrt ist, Beweis zu erheben, muß die Sache gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückverwiesen werden. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660309

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