Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 26. Oktober 1994 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe des dem Kläger ab 1. Januar 1993 zustehenden Altersübergangsgeldes (Alüg).
Der im Juli 1937 geborene Kläger war von 1961 bis 30. September 1992 in Thüringen als Berufskraftfahrer tätig und verdiente im Jahre 1992 bis September monatlich 2.010,00 DM brutto. Vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1992 arbeitete er – ebenfalls in Thüringen, aber bei einem anderen Arbeitgeber – als Vertriebsbeauftragter und erzielte monatlich 4.700,00 DM brutto.
Auf eine Arbeitslosmeldung zum 1. Januar 1993 wurde dem Kläger Alüg in zunächst vorläufiger Höhe von 244,20 DM wöchentlich gewährt (Bescheid vom 26. Januar 1993); der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid wurde als unzulässig verworfen, weil die Bewilligung nur vorläufigen Charakter habe (erster Widerspruchsbescheid vom 26. März 1993). Vor Erlaß des Widerspruchsbescheides war dem Kläger bereits Alüg in endgültiger Höhe von 295,80 DM wöchentlich nach einem Bemessungsentgelt von 620,00 DM, errechnet aus dem Verdienst des gesamten Jahres 1992, und unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe C bewilligt worden (Bescheid vom 16. Februar 1993). Der gegen diesen Bescheid am 8. April 1993 eingereichte (zweite) Widerspruch wurde wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig verworfen (zweiter Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1993). Nach Klageerhebung am 13. April 1993 ergingen weitere Bescheide (vom 5. Juli 1993, 3. Januar 1994, 4. Juli 1994, 16. Januar 1995, 30. Juni 1995 und 21. September 1995).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 1993 Alüg nach dem höheren Verdienst der letzten drei Beschäftigungsmonate zu gewähren (Urteil vom 13. Januar 1994), nachdem der Kläger zuvor die Klage gegen den zweiten Widerspruchsbescheid (vom 3. Juni 1993) zurückgenommen hatte. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage unter Aufhebung des SG-Urteils abgewiesen (Urteil vom 26. Oktober 1994). Es hat seine Entscheidung damit begründet, daß das für die Leistungshöhe maßgebliche Bemessungsentgelt zu Recht aus dem Verdienst des gesamten Jahres 1992 ermittelt und das Alüg unter Berücksichtigung der Folgebescheide vom 5. Juli 1993, 3. Januar 1994 und 4. Juli 1994 richtig berechnet worden sei. Bemessungszeitraum seien entgegen den üblichen beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen der letzten drei Monate (mit 60 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt) die der letzten zwölf Monate (mit 240 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt) der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt habe (§ 112 Abs 2 Satz 4 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫). Das Arbeitsentgelt sei nämlich im letzten Jahr vor dem Ende des Bemessungszeitraums außergewöhnlich gestiegen. Ohne Bedeutung sei, daß dies aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels geschehen sei. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG lägen nicht vor.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 249e Abs 3 Nr 2 AFG iVm § 112 Abs 2 Sätze 4 und 5 AFG alter Fassung (aF). Er ist der Ansicht, das Bemessungsentgelt sei lediglich dem Verdienst der Monate Oktober bis Dezember 1992 zu entnehmen; hieraus resultiere ein Bemessungsentgelt in Höhe von 1.080,00 DM. Die Regelung über die Erweiterung des Bemessungszeitraums auf zwölf Monate sei nur einschlägig, wenn die außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts innerhalb desselben Betriebes erfolgt sei. Die vom LSG vertretene Rechtsansicht verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Bescheid vom 16. Februar 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1993 und die Bescheide vom 5. Juli 1993 und 3. Januar 1994 abgeändert werden, und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juli 1994 zur Zahlung eines höheren Alüg ab 1. Januar 1993 nach einem Ausgangsbemessungsentgelt von 1.080,00 DM zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Urteil des LSG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 1993, der den vorläufigen Bescheid vom 26. Januar 1993 in vollem Umfang ersetzt hat, in der Gestalt des (ersten) Widerspruchsbescheides vom 26. März 1993. Daß dieser Widerspruchsbescheid auf den gemäß § 86 Abs 1 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheid vom 16. Februar 1993 zu Unrecht nicht eingegangen ist, ändert hieran nichts; hierdurch wurde der Widerspruchsbescheid lediglich rechtswidrig (Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand Mai 1994, § 86 Anm 1; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 86 RdNr 3). Gegenstand des Revisionsverfahrens sind aber auch die Folgebescheide (§ 96 SGG) vom 5. Juli 1993, 3. Januar 1994 und 4. Juli 1994, wobei letzterer erst vom Berufungsverfahren erfaßt wurde (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 96 Abs 1 SGG).
Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die nach der Entscheidung des LSG ergangenen Bescheide (vgl hierzu: BSGE 59, 137, 141 = SozR 2200 § 368a Nr 13) vom 16. Januar 1995, 30. Juni 1995 und 21. September 1995 (§ 171 Abs 2 SGG). Nicht gerügt (zu dieser Voraussetzung: BSGE 65, 272, 275 = SozR 4100 § 78 Nr 8; BSG SozR 1500 § 53 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 44 Nr 11) ist, daß das LSG keine Entscheidung über eventuelle Folgebescheide – vom 10. November 1993 (Anrechnung von Nebeneinkommen für die Zeit vom 19. Juli 1993 bis 3. Oktober 1993) und vom 7. April 1993 (Anrechnung von Nebeneinkommen für die Zeit vom 29. März bis 4. April 1993) – getroffen hat. Ob und mit welchem Ergebnis der Senat diese Bescheide gleichwohl von Amts wegen zu beachten bzw zu überprüfen hätte, kann hier dahinstehen, da die Sache ohnedies an das LSG zurückzuverweisen ist. Dabei wird das LSG alle Folgebescheide, selbst die erst nach dem aufgehobenen LSG-Urteil ergangenen, zu beachten haben (BSGE 9, 78 f; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 17). In der Sache wehrt sich der Kläger gegen die Ablehnung eines höheren Alüg, als von der Beklagten bewilligt worden ist, mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG).
Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensverstöße stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere ist es unschädlich, daß die Beklagte im ersten Widerspruchsbescheid (vom 26. März 1993) den bereits zuvor ergangenen Folgebescheid vom 16. Februar 1993 nicht beachtet hat. Es bedurfte insoweit keines weiteren Widerspruchsbescheids vor Klageerhebung (Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 86 Anm 1; im Ergebnis auch BSG SozR 1500 § 86 Nr 1 für den Fall des Folgebescheides zwischen Erlaß des Widerspruchsbescheides und Klageerhebung). Andererseits ist es für die Zulässigkeit der Klage rechtlich ohne Bedeutung, daß ein zusätzliches Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist, obwohl der Bescheid auch mit der Klage angefochten war. Selbst die Klagerücknahme bezüglich des zu diesem Bescheid ergangenen zweiten Widerspruchsbescheids (vom 3. Juni 1993) stellt kein prozessuales Hindernis für eine Sachentscheidung über den Bescheid vom 16. Februar 1993 dar. Ohnedies wurde der gesonderte Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16. Februar 1993 im Ergebnis zu Recht, wenn auch mit falscher Begründung, als unzulässig verworfen, weil er nicht mehr mit Widerspruch, sondern nur noch mit der Klage gegen den ersten Widerspruchsbescheid (vom 26. März 1993) anfechtbar war (vgl zur Stellung und Kompetenz der Widerspruchsbehörde nach Klageerhebung allgemein: BSGE 75, 241, 245 f = SozR 3-5850 § 1 Nr 1).
Der Anspruch des Klägers auf höheres Alüg richtet sich nach § 249e AFG (idF, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen ≪AFGuaÄndG≫ vom 18. Dezember 1992 – BGBl I 2044 – erfahren hat) iVm der 2. Verordnung (VO) zum Alüg vom 26. Juni 1992 – BGBl I 1177 – (vgl § 249e Abs 8 AFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung), § 111 Abs 2 (idF des AFGuaÄndG) sowie § 112 Abs 1 bis 4 und Abs 7 AFG (ebenfalls idF dieses Gesetzes). Ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines höheren Alüg unter Berücksichtigung dieser Normen vom LSG zu Recht verneint worden sind, läßt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht nachvollziehen.
Die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung von Alüg (§ 249e Abs 1 und 2 AFG) sind jedenfalls erfüllt; dies gilt auch für die Voraussetzung des „Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis bis zum 31. Dezember 1992”. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift genügt ein Ausscheiden mit dem letzten Tag dieser Frist (Niesel, AFG, 1995, § 249e RdNr 6; Gagel, AFG, Stand Dezember 1994, §§ 249e/249f RdNr 8). Ob der Ausschlußtatbestand des § 249e Abs 7 AFG vorliegt, kann vom Senat nicht sicher beurteilt werden. Danach besteht Anspruch auf Alüg nicht, wenn bei Antragstellung für die bisherige berufliche Tätigkeit des Antragstellers in der Region ein deutlicher Mangel an Arbeitskräften besteht und der Antragsteller eine solche Beschäftigung ausüben kann. Tatsächliche Feststellungen durch das LSG hierzu sind indes nur erforderlich, wenn die gesetzlichen Regelungen über die Höhe des zu zahlenden Alüg einen höheren als den von der Beklagten bewilligten Betrag zulassen. Dann wäre nämlich eine höhere Leistung abzulehnen, wenn Alüg eigentlich wegen der Erfüllung der Voraussetzungen des § 249e Abs 7 AFG überhaupt nicht zu zahlen wäre.
Für die Höhe des Alüg sind, soweit keine abweichenden Regelungen getroffen sind, gemäß § 249e Abs 3 Satz 1 AFG die Vorschriften über das Arbeitslosengeld (Alg) entsprechend anzuwenden. Abweichend vom Alg beträgt die Höhe des Alüg unabhängig vom Familienstatus immer 65 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 AFG (§ 249e Abs 3 Nr 2 AFG). Die Höhe des Alüg bestimmt sich mithin anhand der VO über die Leistungssätze ua des Alüg (AFG-LeistungsVO) für das jeweilige Kalenderjahr (§ 249e Abs 3 Satz 1 AFG iVm § 111 Abs 2 Satz 1 AFG) mittels zweier Kriterien:
- des innerhalb des Bemessungszeitraums erzielten, zu dynamisierenden (§§ 112a, 249c Abs 13 AFG) Entgelts (Bemessungsentgelt),
- der Steuerklasse, die wegen der Höhe der gewöhnlich anfallenden (in der AFG-LeistungsVO pauschaliert und typisiert berücksichtigten) gesetzlichen Abzüge die Einteilung in verschiedene Leistungsgruppen bedingt (§ 111 Abs 2 iVm § 113 AFG).
Keine Feststellungen enthält das LSG-Urteil zur Steuerklasse des Klägers; mit der Leistungsgruppe C hat die Beklagte jedoch die dem Kläger günstigste Variante (Lohnsteuerklasse III) gewählt. Nähere Feststellungen zur Steuerklasse sind aus diesem Grunde nur dann erforderlich, wenn ein höheres Bemessungsentgelt höheres Alüg rechtfertigen würde.
Die tatsächlichen Feststellungen des LSG ermöglichen in diesem Punkt keine exakte Überprüfung. Diese ist nicht im Hinblick darauf entbehrlich, daß der Kläger beim SG die Klage gegen den zweiten Widerspruchsbescheid (vom 3. Juni 1993, der den Bewilligungsbescheid vom 16. Februar 1993 betraf) zurückgenommen hat. Durch die Klagerücknahme ist nämlich der Bescheid vom 16. Februar 1993, gegen den vor Erlaß des zweiten Widerspruchsbescheids bereits Klage erhoben war, nicht bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden; da der bezeichnete zweite Widerspruchsbescheid den gesonderten Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 16. Februar 1993 als unzulässig verworfen hat, bedarf es keiner Entscheidung, wie sich eine Zurückweisung des Widerspruchs aus materiell-rechtlichen Gründen auf das vorliegende Verfahren ausgewirkt hätte.
Bemessungsentgelt ist das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat (§ 112 Abs 1 AFG), wobei bestimmte im Gesetz näher bezeichnete Zuschläge, Entgelte und Zuwendungen außer Betracht bleiben. Der Bemessungszeitraum umfaßt die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat (§ 112 Abs 2 Satz 1 AFG). Enthalten die Lohnabrechnungszeiträume weniger als 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, so verlängert sich der Bemessungszeitraum um weitere Lohnabrechnungszeiträume, bis 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt erreicht sind (§ 112 Abs 2 Satz 3 AFG). Ist indes das Arbeitsentgelt im letzten Jahr vor dem Ende des Bemessungszeitraums außergewöhnlich gestiegen, so treten an die Stelle der genannten drei Monate zwölf Monate und an die Stelle der genannten 60 Tage 240 Tage (§ 112 Abs 2 Satz 4 AFG). Eine außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt über die betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung hinaus gestiegen und das durchschnittlich in der Woche erzielte Arbeitsentgelt im Regelbemessungszeitraum um mehr als ein Drittel höher ist als das im gesamten 12-Monats-Zeitraum (§ 112 Abs 2 Satz 5 AFG). Erforderlich ist insoweit also ein Vergleich zwischen dem im Regelbemessungszeitraum und dem im erweiterten Bemessungszeitraum erzielten Entgelt.
Ist – wie hier – innerhalb eines Jahres vor Ende des Bemessungszeitraums (hier vom 1. Januar bis 31. Dezember 1992) irgendeine Lohnsteigerung feststellbar, so erfordert die gesetzliche Regelung zur Feststellung, ob eine außergewöhnliche Steigerung zu bejahen ist, in einem ersten Zwischenschritt die genaue Festlegung dieser beiden Zeiträume. Ob dies uneingeschränkt auch bei einer Verdienststeigerung aufgrund eines Wechsels von einem Arbeitgeber in den neuen Bundesländern zu einem solchen in den alten Bundesländern galt, kann dahinstehen, da eine derartige Situation hier nicht vorliegt. Die Bestimmung der beiden Vergleichsbemessungszeiträume erfolgt nach der strengen Zuflußtheorie (vgl Senatsurteil vom 28. Juni 1995 – 7 RAr 102/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts (im Regelbemessungszeitraum und im erweiterten Bemessungszeitraum) ist (sodann) das im (jeweiligen) Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt (sog Lohnfaktor) mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im (jeweiligen) Bemessungszeitraum ergibt – sog Zeitfaktor – (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG). Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, gilt – zur Ermittlung des Lohnfaktors (vgl Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, Stand August 1995, § 112 RdNr 20) – als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit dreizehn vervielfacht und durch drei geteilt wird (§ 112 Abs 3 Satz 2 AFG).
Bei Anwendung des § 112 Abs 2 Satz 4 AFG ist für den zwischen dem Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungszeitraum und dem des erweiterten Bemessungszeitraums vorzunehmenden Vergleich (ersteres um mehr als ein Drittel höher als letzteres) zu beachten, daß nach der Legaldefinition des § 112 Abs 2 Satz 5 AFG eine außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts einen über die betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung hinausgehenden Anstieg voraussetzt. Dies bedeutet, daß, wie später noch näher ausgeführt wird, vor dem Vergleich zwischen dem Bemessungsentgelt des Regelbemessungszeitraums und dem des erweiterten Bemessungszeitraums betriebsübliche Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung in einem zweiten Zwischenschritt festzustellen und herauszurechnen sind (im Ergebnis ebenso Gagel, aaO, § 112 RdNr 87 ff). Nur wenn die Lohnsteigerung ausschließlich auf derartigen Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung beruht, entfällt der Vergleich und ist das Bemessungsentgelt allein dem Regelbemessungszeitraum zu entnehmen. In anderen Fällen muß eine Bereinigung der Bemessungsentgelte erfolgen. Erst wenn nach erfolgter Bereinigung der Bemessungsentgelte der Grenzwert (ein Drittel) des § 112 Abs 2 Satz 5 AFG überschritten ist, ist eine außergewöhnliche Steigerung iS der Vorschrift zu bejahen. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG ermöglichen dem Senat diesen Vergleich nicht.
Zu Recht ist das LSG jedoch davon ausgegangen, daß die Sätze 4 und 5 des § 112 Abs 2 AFG grundsätzlich auch dann anzuwenden sind, wenn die Steigerung des Arbeitsentgelts mit einem Arbeitsplatzwechsel zu einem neuen Arbeitgeber verbunden ist. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte, Systematik oder Teleologie der Vorschrift lassen eine andere Auslegung zu. Vielmehr ist es unerheblich, worauf die außergewöhnliche Steigerung beruht (Gagel, aaO, § 112 RdNr 94; Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand August 1995, § 112 RdNr 7).
Schon der Wortlaut der Vorschrift kann für die gegenteilige Ansicht des Klägers nicht nutzbar gemacht werden. Aus dem Gebrauch des Begriffs der „Steigerung” läßt sich keineswegs schließen, daß als konkretes Bezugssystem nur das beim selben Arbeitgeber erzielte Entgelt gemeint sein kann. Ebensowenig ergibt sich dies aus dem Terminus der „betriebsüblichen Anpassung”, da auch im Verdienst bei einem neuen Arbeitgeber in diesem Betrieb übliche Anpassungen dieses neuen Entgelts enthalten sein können. Systematische Gesichtspunkte sprechen eher gegen den Kläger, wenn es in Satz 6 des § 112 Abs 2 AFG heißt, Beschäftigungen zur Berufsausbildung blieben bei dem vorzunehmenden Vergleich außer Betracht. Diese Regelung legt im Gegenteil die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber ansonsten alle Fälle der Arbeitsentgeltsteigerung erfassen wollte.
Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dies. Sowohl der Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (BT-Drucks 11/800) zum 8. AFGÄndG, mit dem die Regelung in das AFG aufgenommen worden ist (Gesetz vom 14. Dezember 1987 – BGBl I 2602), als auch der fast inhaltsgleiche Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 11/890) sahen zunächst eine genauere Umschreibung der außergewöhnlichen Steigerungen vor. Es hieß darin, außergewöhnlich seien Steigerungen des Arbeitsentgelts,
- durch die das Arbeitsentgelt von Arbeitnehmern mit vergleichbaren Beschäftigungen unverhältnismäßig überschritten werde,
- die nicht den beruflichen Kenntnissen oder Fähigkeiten des Arbeitslosen entsprächen, oder 3. die auf einer nicht durch den Wegfall bisheriger Hinderungsgründe bedingten Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit beruhten.
Beide Entwürfe betonten zwar, daß durch diese Regelung mißbräuchlicher Inanspruchnahme entgegengewirkt werden solle (BT-Drucks 11/800, S 13 und 11/890, S 14, sowie jeweils S 2); in der Begründung zur Vorschrift des § 112 AFG selbst ist indes deutlich hervorgehoben, daß dies nicht das einzige Ziel war. Vielmehr sollte generell verhindert werden, daß Arbeitsentgeltsteigerungen von ungewöhnlicher Höhe, die der Arbeitslose nur kurze Zeit erhalten hat, das für die Bemessung des Alg maßgebende Arbeitsentgelt überdurchschnittlich erhöhten (BT-Drucks 11/800 und 11/890, jeweils zu Art 1 Nr 29).
Der 11. Ausschuß des Bundestags (Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung) hat dann die Gesetz gewordene Fassung des § 112 Abs 2 AFG vorgeschlagen (BT-Drucks 11/1160, S 15) und die von den Gesetzentwürfen abweichende Formulierung damit begründet, daß die neue Definition der außergewöhnlichen Arbeitsentgeltsteigerung im Interesse der Rechtssicherheit und Vereinfachung des Leistungsrechts gewählt worden sei (BT-Drucks 11/1161, S 12). Dabei ging es nicht einzig und allein um die Verhinderung von Leistungsmißbrauch, sondern vor allem und vorrangig darum, außergewöhnliche Steigerungen von ungewöhnlicher Höhe, die erst im letzten Jahr eingetreten sind und die deshalb für den Lebensstandard des Arbeitslosen noch nicht voll bestimmend waren, nur noch eingeschränkt zu berücksichtigen (BT-Drucks 11/1161, S 8). Ob die Neufassung der Vorschrift tatsächlich der Rechtssicherheit und Vereinfachung des Leistungsrechts gedient hat, ist angesichts ihrer Komplexität zweifelhaft; jedoch wäre es mit der bezeichneten Zielsetzung unvereinbar, zwischen Steigerungen des Arbeitsentgelts bei demselben Arbeitgeber und solchen anläßlich eines Arbeitsplatzwechsels bei einem neuen Arbeitgeber zu unterscheiden.
Der Vorwurf des Klägers, eine derartige Auslegung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, geht fehl. Inhaltlich rügt der Kläger damit eine unzulässige Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) liegt ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in derartigen Fällen nur vor, wenn Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen wäre (BVerfGE 72, 141, 150). Die Ungleichheit beider Sachverhalte muß so bedeutsam sein, daß ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BVerfGE 52, 256, 263; 55, 261, 269 f), ihre Nichtbeachtung also willkürlich wäre (Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl 1995, Art 3 RdNr 14). Dies kann für die Gleichsetzung von Arbeitsentgeltsteigerungen im selben Arbeitsverhältnis mit denen anläßlich eines neuen Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung des oben bezeichneten gesetzgeberischen Ziels nicht angenommen werden.
Bei der somit erforderlichen Festlegung der Vergleichszeiträume, also des Regelbemessungszeitraums (3-Monats-Zeitraum) und des erweiterten Bemessungszeitraums (12-Monats-Zeitraum), ist der Senat von den mit der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zu Abrechnung, Zufluß des Entgelts und Anzahl der Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgegangen, die sich indes nur teilweise dem Gesamtzusammenhang der Entscheidung entnehmen lassen. Danach umfaßte der Regelbemessungszeitraum die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1992, der erweiterte Bemessungszeitraum die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1992. Gleichwohl sei angemerkt, daß nicht ersichtlich ist, wie das LSG zur Feststellung gelangen konnte, der Kläger habe auch vor dem 1. Mai 1992 2.010,00 DM monatlich erhalten. Die Akten bieten Anlaß für Zweifel, ob das monatliche Entgelt in Höhe von 2.010,00 DM zugeflossen ist (vgl zu dieser Voraussetzung die Senatsurteile vom 28. Juni 1995 – 7 RAr 102/94 und 7 RAr 20/94 –, beide zur Veröffentlichung vorgesehen), da sie für die Zeit von Januar bis einschließlich April 1992 gerade keine Verdienstbescheinigung enthalten. Nicht der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt alleine, sondern dessen Zufluß ist insoweit entscheidend. Sollte der Kläger entgegen der für den Senat bindenden Feststellungen indes für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 Arbeitsentgelt nicht erhalten haben, wofür die Akten Anhaltspunkte bieten (Konkurs der früheren Arbeitgeberin), könnte dies durchaus zur Folge haben, daß auf Lohnabrechnungszeiträume des Jahres 1991 zurückgegriffen werden müßte, zu denen das LSG-Urteil lediglich die nicht näher differenzierte Feststellung enthält, für das Jahr 1991 sei dem Kläger ein beitragspflichtiger Gesamtverdienst von 24.350,00 DM brutto bescheinigt worden.
In tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar sind die rechtlichen Ausführungen des LSG zum Zeit- und Lohnfaktor (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG) des Bemessungsentgelts der beiden Bemessungszeiträume. Zu unterscheiden ist nämlich – wie hier bei Monatslohn – zwischen den (für den Lohnfaktor maßgeblichen) jeweils vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden und der jeweiligen tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (Zeitfaktor). Hierzu hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe von Januar bis Ende September 1992 ein monatliches Bruttoentgelt von 2.010,00 DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 43,75 Stunden (entsprechend dem Vergütungstarifvertrag zwischen der S. … Transport und Service GmbH und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Kreisverwaltung S. vom 13. Dezember 1990) und vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1992 ein monatliches Bruttoentgelt von 4.700,00 DM bei einer 40-Stunden-Woche erzielt. Diese Formulierung macht nicht deutlich, ob es sich um die vereinbarten oder die tariflichen Stundenzahlen bzw um beides handelt. Wäre letzteres gemeint, wäre bei Zugrundelegung eines erweiterten Bemessungszeitraums die Beklagte zu Recht von einem Ausgangsbemessungsentgelt in Höhe von (gerundet) 620,00 DM ausgegangen. Das LSG wird hierzu genauere Feststellungen zu treffen haben; dabei wird es zu beachten haben, daß die Bejahung der „Tariflichkeit” eine rechtliche Wertung darstellt und der angegebene Tarifvertrag jedenfalls keine Regelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit enthält.
Die Entscheidung des LSG ermöglicht dem Senat außerdem nicht die Prüfung, ob eine Bereinigung der Entgelte unter Abzug eventueller betriebsüblicher Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung (vgl zu diesen Begriffen Gagel, aaO, § 112 RdNr 88 ff) vorzunehmen ist. Hierzu wäre entgegen den Überlegungen des LSG kein Vergleich mit dem zu erwartenden Verdienst des Klägers bei Beibehaltung der früheren Tätigkeit erforderlich gewesen, sondern eine Untersuchung, inwieweit der Verdienst der neuen Tätigkeit auf einer beim neuen Arbeitgeber betriebsüblichen Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb des erweiterten Bemessungszeitraums beruht. Ist Bezugspunkt für die Üblichkeit der Anpassung nämlich der Betrieb, so kann Vergleichsmaßstab insoweit nicht der potentielle Verdienst in einem anderen Betrieb sein; maßgeblich müssen immer die Verhältnisse des Betriebes sein, in dem der höhere Verdienst erzielt worden ist. Mit anderen Worten: Ob der Kläger bei seinem früheren Arbeitgeber im Jahre 1992 weiterhin, wie vom LSG ermittelt, 2.010,00 DM monatlich verdient hätte, ist für die Frage, ob eine Bereinigung der Bemessungsentgelte vorzunehmen ist, rechtlich ohne Belang.
Dies kann andererseits nicht bedeuten, daß ein Arbeitnehmer, der einen höheren Verdienst bei einem neuen Arbeitgeber erzielt, anders behandelt werden darf, als ein solcher, der schon vor einer Lohnsteigerung bei diesem beschäftigt war. Wie dessen Verdienststeigerung auf Betriebsüblichkeit der Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung untersucht werden müßte, muß dies auch für jenen gelten. Die Prüfung, ob ein aktueller Verdienst auf einer solchen Anpassung beruht, kann mithin nicht wegen eines Wechsels des Bezugssystems (Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber) unterbleiben. Das LSG wird deshalb zu ermitteln haben, ob im Betrieb des neuen Arbeitgebers des Klägers im Jahre 1992 eine betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung vorgenommen worden ist, die sich (noch) auf den Verdienst der Monate Oktober bis Dezember 1992 auswirkt.
Sollte keine betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung vorgenommen worden sein, so dürfte das Bemessungsentgelt für die Höhe des Alüg, selbst bei korrekter Ermittlung des Lohn- und Zeitfaktors, nach dem erweiterten Bemessungszeitraum zu bestimmen sein; denn bei einem Vergleich zwischen dem Bemessungsentgelt des Regelbemessungszeitraums und dem des erweiterten Bemessungszeitraums dürfte der Grenzwert des § 112 Abs 2 Satz 5 AFG (ein Drittel) in jedem Fall überschritten sein. Theoretisch böte die Vorschrift auch eine klare Lösung, wenn im Betrieb des neuen Arbeitgebers vor Oktober 1992 für die dem Kläger übertragene Tätigkeit lediglich (wie beim alten Arbeitgeber) 2.010,00 DM brutto monatlich gezahlt worden wären, die dann allein aufgrund einer betriebsüblichen Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung auf 4.700.00 DM angehoben worden wäre. Bei dieser – wenig realistischen – Konstellation entfiele eine Vergleichsberechnung und wäre das Bemessungsentgelt lediglich dem Regelbemessungszeitraum (3-Monats-Zeitraum) zu entnehmen, da sich die Verdienststeigerung dann ausschließlich als betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung darstellen würde.
Die dritte Variante bereitet demgegenüber Probleme, da sie zumindest vom Wortlaut der Vorschrift nur unzureichend erfaßt wird. Denn § 112 Abs 2 Satz 5 AFG scheint keine Regelung für die Situation zu enthalten, daß eine Verdienststeigerung sowohl auf eine betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung als auch auf sonstige Gründe zurückzuführen ist. Würde man aus Vereinfachungsgründen – wie die Beklagte (vgl DBlRdErl 150/87) – einen Vergleich unbereinigter Bemessungsentgelte (des Regelbemessungszeitraums und des erweiterten Bemessungszeitraums) vornehmen, würde hieraus eine sachwidrige Ungleichbehandlung zweier Personengruppen resultieren. Ziel der Regelung ist es doch, betriebsübliche Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung dem Arbeitslosen nicht zum Nachteil gereichen zu lassen; dann kann dies aber nicht nur für diejenigen gelten, deren Lohnsteigerungen in vollem Umfang hierauf beruht, sondern muß in gleicher Weise diejenigen begünstigen, deren Lohnsteigerungen nur zum Teil hierauf zurückzuführen ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, bei typisierender Betrachtungsweise biete schon der in § 112 Abs 2 Satz 5 AFG festgelegte Grenzwert von einem Drittel hinreichende Gewähr für eine billige Entscheidung. Zum einen würde dies verkennen, daß es durchaus in Grenzbereichen zu einer Überschreitung des Grenzwerts von einem Drittel nur mit Hilfe einer zusätzlichen betriebsüblichen Anpassung des Arbeitsentgelts an die wirtschaftliche Entwicklung kommen kann (zB erhebliche betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung im letzten Teil des dem Ende des Bemessungszeitraums vorausgehenden Jahres, zusätzlich geringfügige Erhöhung aus anderen Gründen); zum anderen wäre nicht verständlich, warum der Gesetzgeber dann überhaupt zwei kumulative Voraussetzungen für die außergewöhnliche Steigerung normiert hat. Dann nämlich hätte es sich angeboten, alleine auf die Überschreitung des Grenzwerts abzustellen, um eine außergewöhnliche Steigerung anzunehmen. § 112 Abs 2 Satz 5 AFG muß vielmehr wie folgt gelesen werden: Eine außergewöhnliche Steigerung des Arbeitsentgelts liegt vor, wenn und soweit das Arbeitsentgelt über die betriebsübliche Anpassung der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung hinaus gestiegen und dabei das diese Anpassung übersteigende durchschnittlich in der Woche erzielte Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum nach Satz 1 (Regelbemessungszeitraum) um mehr als ein Drittel höher ist als das diese Anpassungen übersteigende Arbeitsentgelt im Zeitraum nach Satz 4 (erweiterter Bemessungszeitraum).
Beruhen Lohnsteigerungen sowohl auf betriebsüblichen Anpassungen der Arbeitsentgelte an die wirtschaftliche Entwicklung als auch auf sonstigen Gründen, muß also aus dem tatsächlichen Verdienst des Regelbemessungszeitraums der Betrag herausgerechnet werden, der sich (noch) als betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung darstellt (Gagel, aaO, § 112 RdNr 87 ff); ohne diese Bereinigung des Regelbemessungsentgelts würde man die Gruppe der Arbeitslosen, deren Lohnsteigerung zusätzlich auf anderen Faktoren beruht, so behandeln, als beruhte die Steigerung nur auf nicht betriebsüblichen Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung. Dies würde eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) gegenüber der Gruppe der Arbeitslosen darstellen, deren sich noch im Regelbemessungszeitraum auswirkende Lohnsteigerung ausschließlich auf einer betriebsüblichen Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung darstellt.
Aus einem reduzierten Entgelt ist somit in der für die Errechnung des Bemessungsentgelts üblichen Art und Weise ein (rechnerisches) Bemessungsentgelt für den Regelbemessungszeitraum (drei Monate) zu bilden. Diesem (rechnerischen) Bemessungsentgelt ist sodann ein – ebenfalls nur rechnerisches – Bemessungsentgelt für den erweiterten Bemessungszeitraum (zwölf Monate) entgegenzusetzen. Auch hier sind die Verdienste um den Anteil zu bereinigen, der den betriebsüblichen Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung entspricht. Sie werden vom Gesetzgeber als gewissermaßen neutrale Bestandteile von Lohnsteigerungen behandelt. Sähe man dies anders, wäre die Gruppe der Arbeitslosen, deren Verdienststeigerung auf einer betriebsüblichen Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung und auf sonstigen Ursachen beruht, ohne sachlichen Grund bessergestellt als die Gruppe derjenigen, deren Verdienststeigerung überhaupt nicht auf betriebsüblicher Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung beruht. Bereinigt man nämlich bei der Bestimmung des rechnerischen Bemessungsentgelts für den Regelbemessungszeitraum die Verdienste um die betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung, so würde das Unterlassen einer Bereinigung bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts aus dem erweiterten Bemessungszeitraum zu einer begünstigenden Verschiebung des Grenzwertes führen; der Grenzwert von einem Drittel wäre später erreicht.
Wäre also vorliegend im Betrieb des letzten Arbeitgebers des Klägers im Jahre 1992 eine betriebsübliche Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt, auf der sein Verdienst der Monate Oktober bis Dezember 1992 noch (teilweise) beruht, so müßte das LSG zunächst aus dem Verdienst von 4.700,00 DM brutto monatlich diesen Anteil herausrechnen, um dann das um diesen Anteil verminderte Arbeitsentgelt sowohl für das rechnerische Bemessungsentgelt des Regelbemessungszeitraums als auch für das rechnerische Bemessungsentgelt des erweiterten Bemessungszeitraums zugrunde zu legen. Ergibt diese Vergleichsberechnung, daß das bereinigte (rechnerische) Bemessungsentgelt des Regelbemessungszeitraums das bereinigte (rechnerische) Bemessungsentgelt des erweiterten Bemessungszeitraums um mehr als ein Drittel übersteigt, ist das (reale) Bemessungsentgelt über Lohn- und Zeitfaktor aus dem erweiterten Bemessungszeitraum, andernfalls aus dem Regelbemessungszeitraum, zu errechnen; hierbei muß wieder auf die tatsächlichen, nicht die bereinigten, Verdienste zurückgegriffen werden.
Das LSG wird danach ggf die Voraussetzungen des § 112 Abs 7 AFG (Härtefallregelung) genauer zu prüfen haben (vgl hierzu insbesondere Senatsurteil vom 9. Februar 1995 – 7 RAr 2/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Hierbei wird es darauf zu achten haben, daß das aus dem maßgeblichen Bemessungszeitraum (drei Monate oder zwölf Monate) ermittelte Bemessungsentgelt mit dem wöchentlichen Durchschnittsverdienst der überwiegend ausgeübten Tätigkeit zu vergleichen ist (BSG SozR 4100 § 112 Nr 47 mwN; SozR 3-4100 § 112 Nr 17; BSG SozR 3-4100 § 44 Nr 11; BSG, Urteil vom 14. September 1995 – 7 RAr 80/94 –, unveröffentlicht). Die Ausführungen des LSG im angefochtenen Urteil, der Kläger habe in den Jahren vor 1992 überwiegend weniger verdient und nur im Jahre 1991 einen etwa gleichhohen Verdienst erzielt wie 1992, lassen eine korrekte Überprüfung im bezeichneten Sinne nicht zu.
Steht das Anfangs-Bemessungsentgelt fest, müssen, davon ausgehend, unter Berücksichtigung des § 242o AFG Dynamisierungen vorgenommen und hieran die Rechtmäßigkeit der Folgebescheide gemessen werden (§§ 112a, 249c Abs 13 AFG), die im übrigen nicht zu beanstanden sind, soweit es den Dynamisierungsfaktor (vgl: ab 1. Juli 1993 BGBl I 739; ab 1. Juli 1994 BGBl I 1007; ab 1. Juli 1995 BGBl I 688) und den Leistungssatz (unter Zugrundelegung eines Ausgangs-Bemessungsentgelts von 620,00 DM) nach der jeweiligen AFG-LeistungsVO betrifft. Das LSG wird schließlich darüber, ob durch das Inkrafttreten neuer Leistungsverordnungen der Alüg-Zahlbetrag herabgesetzt werden durfte bzw darf (vgl hierzu: Senatsurteil vom 28. Juni 1995 – 7 RAr 102/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; Senatsurteil vom 3. August 1995 – 7 RAr 28/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen