Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Bescheid für mehrere Leiden eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit bindend festgestellt worden und tritt ein neues Leiden hinzu, so kann das Gericht nicht prüfen, ob die Minderung der Erwerbsfähigkeit für die anerkannten Leiden noch gerechtfertigt ist, solange der begünstigende Verwaltungsakt über die Feststellung der alten Leiden nicht nach BVG § 62 oder KOV-VfG § 41 abgeändert ist. Die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit unter Einbeziehung des neuen Leidens ist darum nur auf der Grundlage der für die alten Leiden zugebilligten Minderung der Erwerbsfähigkeit zu ermitteln.
Normenkette
BVG § 30 Fassung: 1956-06-06, § 62 Fassung: 1950-02-20; KOVVfG § 41 Fassung: 1955-05-02
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 31 . Juli 1957 wird zurückgewiesen .
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten .
Von Rechts wegen .
Gründe
Der Kläger ist als Teilnehmer des zweiten Weltkrieges mehrfach verwundet worden . Er bezog nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr . 27 für "Narben an der linken oberen Wangenseite und am linken Unterschenkel , Teilausschneidung des Magens nach Magengeschwür" sowie "Magenschleimhautentzündung" Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v . H . Der Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 26 . Juni 1952 übernahm die bisherige Leidensbezeichnung und die Höhe der MdE . Er lehnte gleichzeitig einen Rentenerhöhungsantrag wegen Verschlimmerung der Narben an den Beinen ab . Am 9 . Juli 1952 beantragte der Kläger , auch ein Nieren- und Blasenleiden , das er sich in den Jahren 1941/42 in Rußland zugezogen habe , als Schädigungsfolge anzuerkennen und eine entsprechend höhere Rente zu gewähren; außerdem legte er in einem am 12 . Juli 1952 eingegangenen weiteren Schreiben vom 10 . Juli 1952 Einspruch gegen den Bescheid vom 26 . Juni 1952 ein mit der Begründung , die anerkannten Schädigungsfolgen seien bei der Feststellung der MdE zu gering bewertet worden . Ferner wies er in diesem Schreiben darauf hin , daß er "im übrigen" einen Antrag auf Anerkennung des Nieren- und Blasenleidens gestellt habe . Die Versorgungsverwaltung lehnte den Antrag vom 9 . Juli 1952 mit Bescheid vom 19 . September 1952 ab . Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein . Beide Einsprüche wurden durch Bescheid vom 13 . Februar 1953 zurückgewiesen .
Der Kläger hat Berufung an das damalige Oberversicherungsamt K ... eingelegt und Anerkennung des Blasenleidens beantragt . Das Sozialgericht (SG) Köln , auf das die Berufung nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage übergegangen war , hat die Klage durch Urteil vom 21 . März 1955 abgewiesen: Es bestehe kein Anhalt für eine Erkrankung des Harnsystems; das geklagte Harnträufeln sei auf die Psycholabilität des Klägers zurückzuführen . Gegen dieses Urteil hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Berufung mit dem Antrag eingelegt , Prostatitis als weitere Dienstbeschädigung anzuerkennen und ihm ab 1 . Juli 1952 Rente nach einer MdE um 60 v . H . zu gewähren . Der Beklagte hat u . a . geltend gemacht , daß die letzte internistische Untersuchung des Klägers bereits fünf Jahre zurückliege; deshalb sei der Kläger durch das bereits anerkannte Magenleiden möglicherweise nicht mehr um 50 v . H . in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert , so daß selbst bei Anerkennung des Blasenleidens ein höherer Grad der MdE nicht anzunehmen sei . Er hat hilfsweise beantragt , ein Gutachten über die Gesamt-MdE des Klägers einzuholen . Das LSG hat den Beklagten durch Urteil vom 31 . Juli 1957 unter entsprechender Aufhebung der früheren Entscheidungen für verpflichtet erklärt , "Vorsteherdrüsenentzündung" als Dienstbeschädigung anzuerkennen und dem Kläger ab 1 . Juli 1952 Rente nach einer MdE von nunmehr 60 v . H . zu zahlen: Das Prostatitis-Leiden des Klägers sei nach den eingeholten ärztlichen Gutachten wahrscheinlich auf den Wehrdienst zurückzuführen und daher als Schädigungsfolge anzuerkennen; die MdE wegen dieses Leidens allein betrage 15 v . H ., die Gesamt-MdE sei mit 60 v . H . zu bewerten . Ein Gutachten über den jetzt bestehenden Grad der Gesamt-MdE einzuholen , sei nicht zulässig , da der Umanerkennungsbescheid vom 26 . Juni 1952 bindend geworden sei und diese Bindung sich auch auf den Grad der MdE erstrecke . Deshalb sei eine Einbeziehung des früheren Bescheides in dieses Verfahren nicht zulässig . Das Gericht sei auch nicht befugt , bindend gewordene Bescheide der Versorgungsverwaltung von sich aus wegen Änderung der Verhältnisse aufzuheben . Dies vermöge nur die Versorgungsverwaltung selbst durch Erteilung eines entsprechenden Bescheides nach § 62 BVG . Ein anderes Verfahren verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung . Das LSG hat die Revision zugelassen .
Gegen dieses am 21 . Januar 1958 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 10 . Februar 1958 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt . Er hat beantragt ,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Nordrhein-Westfalen zurückzuweisen .
In der - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - am 21 . April 1958 beim BSG eingegangenen Revisionsbegründung rügt der Beklagte Verletzung des § 30 BVG sowie des § 103 SGG . Das LSG sei bei der Frage , wie bei der Festsetzung der Gesamt-MdE die MdE für die bisher anerkannten Schädigungsfolgen zu berücksichtigen sei , von einer falschen Rechtsauffassung ausgegangen . Durch den Grundsatz der Gewaltentrennung sei das Gericht nicht gehindert gewesen , eine inzwischen etwa eingetretene Besserung des früher anerkannten Leidenszustandes zu berücksichtigen und sie seiner Beurteilung der Gesamt-MdE zugrunde zu legen . Soweit die Gesamt-MdE unter 50 v . H . geblieben wäre , hätte das Gericht sie allerdings außer Betracht lassen müssen . Die Rechtsauffassung des LSG führe dazu , daß eine vor Erlaß des Urteils eingetretene Besserung für alle Zukunft unberücksichtigt bleiben müsse , da die Versorgungsverwaltung einer späteren Neufeststellung die zur Zeit des Urteils bestehenden Verhältnisse zugrunde zu legen habe . Das Berufungsgericht habe aber auch verkannt , daß selbst dann , wenn keine wesentliche Änderung festzustellen sei , bei der nunmehr notwendigen Bildung einer Gesamt-MdE eine ärztliche Beurteilung der Schädigungsfolgen in ihrer Gesamtheit erforderlich gewesen sei . Es habe die Gesamt-MdE nicht ohne ärztliche Hilfe bilden dürfen , weil eine Gesamt-MdE nicht durch ein Zusammenzählen der durch die einzelnen Schädigungsfolgen verursachten MdE gebildet werden dürfe . Das LSG habe daher dem Antrag des Beklagten entsprechen und ein Gutachten über den gesamten Leidenszustand des Klägers einholen müssen .
Der Kläger beantragt ,
die Revision zurückzuweisen .
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend . Der Beklagte habe jederzeit die Möglichkeit gehabt , durch eine Neufeststellung nach § 62 BVG einer etwaigen Besserung des früheren Leidenszustandes Rechnung zu tragen . Für ein selbständiges Tätigwerden des Gerichts bleibe daher insoweit kein Raum . Im übrigen sei auch nicht zu beanstanden , daß das Gericht die Gesamt-MdE ohne Hinzuziehung eines ärztlichen Gutachtens festgestellt habe .
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs . 1 Nr . 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG) . Sie ist daher zulässig; sie ist aber nicht begründet .
Das LSG hat in der mündlichen Verhandlung vom 31 . Juli 1957 , auf die das angefochtene Urteil ergangen ist , durch einen Landessozialgerichtsrat als Vorsitzenden , zwei Sozialgerichtsräte als weitere Berufsrichter und die ehrenamtlichen Beisitzer entschieden . Die Frage , ob das Gericht im Hinblick auf die Entscheidungen des BSG 9 , 137 ff und 11 , 22 ff vorschriftsmäßig besetzt gewesen ist , ist von der Revision nicht aufgeworfen worden . Das BSG kann sie nicht von Amts wegen prüfen , wie der Senat in dem Urteil vom 28 . Juli 1961 - 8 RV 145/59 - näher begründet hat . Der 9 . Senat hält die in dem Urteil BSG 11 , 22 vertretene gegenteilige Auflassung nicht mehr aufrecht . Demgemäß kam es auf die Frage einer unrichtigen Besetzung des LSG nicht an .
Das LSG hat das Prostatitis-Leiden des Klägers als Wehrdienstbeschädigung anerkannt . Die dieser Feststellung zugrunde liegenden Tatsachen sind von der Revision nicht angegriffen worden und daher für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG) .
Die Revision rügt die Verletzung des § 30 BVG und des § 103 SGG , weil das Berufungsgericht eine um 10 v . H . erhöhte MdE für das Prostatitis-Leiden zugebilligt habe , ohne zu prüfen , ob der Gesundheitszustand des Klägers insgesamt eine Rente nach einer MdE von 60 v . H . rechtfertige . Das Berufungsgericht habe durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens ermitteln müssen , ob auf Grund der anerkannten Leiden noch eine MdE von 50 v . H . bestehe . Es habe durch diese Unterlassung den Grundsatz der Einheitlichkeit des Rentenanspruchs nicht beachtet und gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen . Diese Rügen gehen fehl . Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Rentenanspruchs , der seine Hauptbedeutung für die Frage der Beachtung der Fristen hat , trägt dem Gedanken Rechnung , daß die Erwerbsfähigkeit , für deren Minderung Rente gewährt wird , nur einheitlich als Ganzes beurteilt werden kann . Der Grad der MdE entspricht , wenn mehrere Leiden anerkannt werden , nicht der Summe der MdE , die jedes Leiden für sich betrachtet ergeben würde . Das Zusammenwirken der einzelnen Schädigungsfolgen auf den Gesundheitszustand ergibt erst den Umfang der Gesundheitsstörung . Darum ist , wie schon das Reichsversorgungsgericht (RVG) in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat , weder getrennt für jedes der mehreren anerkannten Leiden eine MdE festzustellen , noch eine Gesamtrente zu bilden , die mechanisch durch Addition der durch die einzelnen Leiden verursachten MdE ermittelt wird (so schon RVG 1 , 185 , 186/87; 7 , 164 , 168 f; 8 , 229 , 234) .
Insoweit geht auch das BVG von dem Grundsatz eines einheitlichen Anspruchs auf Versorgungsrente aus; denn nach § 1 Abs . 1 BVG wird wegen der gesundheitlichen Folgen der Schädigung Versorgung gewährt . Nach § 30 Abs . 1 BVG bemißt sich die MdE nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben . Demgemäß werden nach den §§ 31 , 32 BVG Grundrente und Ausgleichsrente gezahlt , deren Höhe sich nach der in Hundertsätzen ausgedrückten MdE richtet . Das Gesetz setzt damit voraus , daß bei der Feststellung des Versorgungsanspruchs die MdE nur einheitlich beurteilt werden kann; der Rentenanspruch ist in bezug auf den gesamten Leidenszustand zu prüfen (BSG 11 , 26 , 28) . Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Rentenanspruchs liegt dem BVG auch insoweit zugrunde , als durch rechtzeitige Stellung des Antrages auf Versorgung , soweit Ausnahmen nicht besonders bestimmt sind , grundsätzlich 1 die Frist für alle Leiden gewahrt ist , die Schädigungsfolgen sind (BSG 8 , 125 , 129) . Aus dem materiellen Recht und dem Verfahrensrecht der Kriegsopferversorgung ist jedoch nicht zu entnehmen , daß , wenn mehrere Leiden anerkannt sind und ein neues Leiden hinzutritt , wegen der bereits anerkannten Leiden , die nicht im Streit stehen , bei der Bildung der Gesamt-MdE nur die zur Zeit der Entscheidung gerechtfertigte MdE zugrunde gelegt werden könnte , daß somit der für diese Leiden früher - bindend - anerkannte Grad der MdE außer Betracht bleiben müßte . Sind in einem solchen Falle die bereits anerkannten Leiden und die hierfür zuerkannte MdE unstreitig , so bleibt es hierbei . Denn die MdE kann insoweit nur bei einer Neufeststellung dieser Versorgungsbezüge gemäß § 62 BVG oder nur im Rahmen des § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) geändert werden . Hat also die Versorgungsbehörde im Verfahren auf Anerkennung des neuen Leidens hinsichtlich der alten Leiden weder einen Bescheid nach § 62 BVG noch einen Berichtigungsbescheid nach § 41 VerwVG erlassen , so muß sie für die anerkannten Leiden von der früher festgestellten MdE ausgehen . An diese Beurteilung ist auch das Gericht gebunden . Das folgt , soweit der Bescheid über die alten Leiden unanfechtbar geworden ist , aus der formellen und materiellen Bindungswirkung des Verwaltungsakts und aus der Selbstbindung der Behörde an den von ihr erlassenen begünstigenden Verwaltungsakt . Das LSG ist davon ausgegangen , daß der Umanerkennungsbescheid vom 26 . Juni 1952 bindend geworden sei . Es ist zu dieser Feststellung gelangt , weil es in der Eingabe des Klägers vom 9 . Juli 1952 , obgleich sie innerhalb der Rechtsmittelfrist eingegangen war , nicht eine teilweise Anfechtung des Bescheides vom 26 . Juni 1952 , sondern einen "Neuantrag" erblickt hat . Darum hat es den Umanerkennungsbescheid vom 26 . Juni 1952 als bindend angesehen und nur die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Bescheids des Beschwerdeausschusses vom 13 . Februar 1953 geprüft , soweit durch diesen das Nieren- und Blasenleiden nicht anerkannt und der Einspruch gegen den Bescheid vom 19 . September 1952 zurückgewiesen worden war . Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden . Das LSG hat insbesondere zutreffend ausgeführt , daß der Kläger den Bescheid vom 26 . Juni 1952 nicht etwa durch die Geltendmachung des Nieren- und Blasenleidens angefochten habe . Wer ein Rechtsmittel gegen einen Bescheid einlegt , wendet sich gegen dessen Inhalt und erstrebt seine Änderung oder Aufhebung . Mit dem Rechtsmittel übt der Betroffene eine verfahrensrechtliche Befugnis zur Durchsetzung eines materiellen Anspruchs aus , also ein Kannrecht , dessen Geltendmachung darum auch den Willen zur Ausübung der verfahrensrechtlichen Befugnis erfordert . Darum ist die bloße "Gegenvorstellung" (Remonstration) nicht die Wahrnehmung eines Rechtsmittels . Dieses muß den Willen des Betroffenen erkennen lassen , daß die angefochtene Entscheidung erneut überprüft werden soll (Forsthoff , Lehrbuch des Verwaltungsrechts , 7 . Aufl . § 26 S . 483/84) . Sind in einem Bescheid mehrere Leiden mit einer bestimmten MdE festgestellt worden und wird innerhalb der Rechtsmittelfrist ein neues Leiden geltend gemacht , so wendet der Betroffene sich damit nicht notwendig gegen die sich in dem Bescheid enthaltene Feststellung; sein Begehren kann auch so zu verstehen sein , daß die Behörde nur zu einer Prüfung des Anspruchs in einer neuen Richtung und in einem neuen Verfahren veranlaßt und hiervon der Bescheid in seinem Bestand nicht berührt werden soll . In einem solchen Falle mangelt es schon an dem Willen der Geltendmachung und damit der Einlegung eines Rechtsmittels . So aber ist hier das Verhalten des Klägers zu beurteilen . Sein Schreiben vom 10 . Juli 1952 läßt deutlich erkennen , daß er den Bescheid vom 26 . Juni 1952 nur insoweit anfechten wolle , als darin die von ihm geltend gemachten Schädigungsfolgen am linken Ober- und Unterschenkel nicht mit einer erhöhten MdE festgestellt worden waren . Dagegen wollte er "im übrigen" nur daran erinnern , daß wegen des Nieren- und Blasenleidens noch ein Antrag vorliege , über den somit gesondert zu entscheiden sei . Da der Kläger seinen Anspruch auf Erhöhung der Rente wegen der Schädigungsfolgen am linken Ober- und Unterschenkel im gerichtlichen Verfahren nicht mehr weiterverfolgt hatte , mußte das LSG- davon ausgehen , daß der Bescheid vom 26 . Juni 1952 bindend geworden war . Es hatte ihn bei der Feststellung der MdE für das Prostatitis-Leiden zugrunde zu legen , denn er war nicht rechtswirksam durch einen neuen Verwaltungsakt abgeändert worden , der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens hätte werden können . Streitgegenstand war somit nur das Prostatitis-Leiden , für das der Kläger eine auf dieses leiden beschränkte erhöhte MdE beansprucht hatte . Darum ist auch die Auffassung des Beklagten unzutreffend , eine vor Erlaß des Urteils bereits eingetretene Besserung des anerkannten Magenleidens müsse , wenn die Rechtsauffassung des LSG zutreffe , für alle Zukunft unberücksichtigt bleiben , weil die Versorgungsverwaltung einer späteren Neufeststellung die zur Zeit des Urteils bestehenden Verhältnisse zugrunde zu legen habe . Diese Auffassung verkennt , daß in dem Rechtsstreit , nicht über die alten Schädigungsfolgen und die dafür festgestellte MdE entschieden worden ist und darum die Rechtskraft des Urteils diesen Anspruch auch nicht berührt . Nur die Anerkennung des Prostatitis-Leidens und die dafür eingesetzte Erhöhung der MdE um 10 v . H . kann in Rechtskraft erwachsen .
Das LSG war hiernach weder berechtigt noch verpflichtet festzustellen , inwieweit der Kläger durch die anerkannten Leiden noch in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt war . Es konnte ohne Verletzung der ihm nach § 103 SGG obliegenden Aufklärungspflicht den Antrag des Beklagten ablehnen , einen Gutachter über die sich aus den anerkannten Leiden ergebende MdE zu hören . Es hatte wegen der Bindungswirkung des über die anerkannten Leiden erlassenen Verwaltungsaktes von einer MdE von 50 v . H . auszugehen und auf dieser Grundlage eine Gesamt-MdE unter Einbeziehung des zusätzlich anerkannten Prostatitis-Leidens zu ermitteln . Das LSG hat seine Aufklärungspflicht nach § 103 SGG auch nicht dadurch verletzt , daß es den Antrag abgelehnt hat , zur Ermittlung der Gesamt-MdE auf der Grundlage der mit 50 v . H . ermittelten anerkannten Leiden einen Sachverständigen hinzuzuziehen; denn es konnte dem Gutachten des Facharztes für Urologie Dr . ... vom 14 . Mai 1957 die durch das Prostatitis-Leiden hervorgerufenen Beschwerden entnehmen . Wegen der früher anerkannten Leiden lagen ihm die in den Verwaltungsakten erstatteten ärztlichen Stellungnahmen vor . Damit waren die Fragen , die eine ärztliche Sachkunde erforderten , geklärt . Gutachten können für die Beurteilung der Gesamt-MdE nur einen Anhalt bieten , denn insoweit kommt es auf Erwägungen an , die nicht in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung beruhen (BSG 6 , 267 , 268) . Das LSG war somit in der Lage , aus eigener Erfahrung die Gesamt-MdE zu bestimmen , ohne die gesetzlichen Grenzen seines Rechts der freien Beweiswürdigung zu überschreiten . Es hat die MdE auch nicht mechanisch durch Hinzuzählen der für das Blasenleiden ermittelten MdE festgestellt . Es ist dem Sachverständigen Dr . B ... gefolgt , der angenommen hatte , daß durch das Prostatitis-Leiden die Erwerbsfähigkeit des Klägers um höchstens 15 v . H . gemindert sei , hat aber gleichwohl die zusätzliche MdE nur mit 10 v . H . bemessen . Es hat also die Grundsätze über die Ermittlung einer Gesamt-MdE im Rahmen seines Ermessens beachtet .
Die Revision ist hiernach unbegründet . Daher war sie zurückzuweisen (§ 170 Abs . 1 Satz 1 SGG) .
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .
Fundstellen