Leitsatz (redaktionell)

Für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich gemäß BVG § 30 Abs 3 und 4 ist es nicht erforderlich, daß der Schwerbeschädigte wegen seiner anerkannten Schädigungsfolge einen Berufswechsel vorgenommen hat.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 Fassung: 1966-12-28, Abs. 4 Fassung: 1966-12-28

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1969 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Gründe

Bei dem Kläger ist als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) durch Bescheid vom 7. Mai 1951 der "Verlust des linken Beines nach Absetzung im mittleren Oberschenkeldrittel" anerkannt. Er bezog deshalb eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v. H. Auf seinen Antrag vom Jahre 1963 auf Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins und auf Gewährung von Berufsschadensausgleich wurde die MdE durch Bescheid vom 16. Mai 1966 auf 80 v. H. erhöht. Die Versorgungsbehörde lehnte jedoch mit den Bescheiden vom 20. Juni und 21. Juni 1966 eine weitere Erhöhung der MdE und die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ab. Der Widerspruch gegen diese Bescheide war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 1966).

Mit der Klage hat der Kläger die Erhöhung der MdE auf 90 v. H. und die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach der Besoldungsgruppe A 14 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) vom 1. Januar 1964 an begehrt. Nach seiner Behauptung hatte er nach der Rückkehr aus dem Kriege einige Semester Rechtswissenschaft studiert, dann aber dieses Studium wieder aufgegeben. Seit 1954 ist er als selbständiger Werbefotograf tätig; für diesen Beruf hat er eine Berufsausbildung nicht abgeschlossen. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 5. September 1967 die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger nur noch begehrt, ihm einen Berufsschadensausgleich auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu gewähren.

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 4. November 1969 die Berufung gegen das Urteil des SG Köln zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dem Kläger könne deshalb kein Berufsschadensausgleich gewährt werden, weil durch die Schädigungsfolgen kein Berufswechsel eingetreten sei, der Kläger vielmehr jetzt denjenigen Beruf ausübe, den er auch ohne die Schädigungsfolge ausüben würde. Dieser Sachverhalt schließe einen Einkommensverlust im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG aus; nach dieser Vorschrift seien zur Ermittlung des Einkommensverlustes zwei Berufsgruppen gegenüberzustellen, nämlich diejenige, in der der Beschädigte auf Grund seiner Schädigungsfolge jetzt tätig sei, und diejenige, in der er ohne seine Schädigungsfolge tätig gewesen wäre. Es sei zwar anzunehmen, daß der Kläger in seinem Beruf deshalb ein geringeres Einkommen habe, weil er erhöhte Unkosten habe und manche Aufträge nicht annehmen könne. Er habe aber die Berufsgruppe nicht gewechselt, so daß ein etwaiger Einkommensverlust nicht berücksichtigt werden könne. Dieser müsse mit Hilfe des § 30 Abs. 2 Buchst. b und c BVG ausgeglichen werden.

Die Voraussetzungen des § 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG brauchten daher nicht geprüft zu werden. Aber auch die Anwendung der DVO würde nicht dazu führen, dem Kläger einen Berufsschadensausgleich zu gewähren. Wenn bei einer Tätigkeit in der maßgeblichen, nach der DVO zu berücksichtigenden Berufsgruppe eine tatsächlich erlangte höhere Besoldungsgruppe als die vom Gesetzgeber pauschalierend normierte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen sei (siehe BSG, Urteil vom 17. Oktober 1967, 9 RV 112/67), so müsse auch außer Betracht bleiben, daß diese normierte Besoldungsgruppe nicht erreicht worden ist.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 18. November 1969 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1969, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 16. Dezember 1969, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 18. Februar 1970 mit Schriftsatz vom 22. Januar 1970, eingegangen beim BSG am 23. Januar 1970, begründet.

Er beantragt,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1969 und des SG Köln vom 5. September 1967 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 1966 und den Widerspruchsbescheid vom 18. August 1966 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

In seiner Revisionsbegründung rügt der Kläger eine Verletzung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG durch das LSG. Er führt hierzu insbesondere aus, das LSG habe zu Unrecht aus § 30 Abs. 4 BVG gefolgert, daß sich die gegenwärtige Berufstätigkeit von der gegenüberzustellenden Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, nach welcher das Durchschnittseinkommen berechnet werde, unterscheiden müsse. Nach dieser Auffassung könnten die Schwerbeschädigten, die weiterhin in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf tätig seien, keinen Berufsschadensausgleich erhalten, obwohl sie wegen ihrer anerkannten Schädigungsfolgen einen Einkommensverlust tatsächlich hätten. Diese Auffassung widerspreche aber dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BVG, nach welchem es für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich allein darauf ankomme, daß der Schwerbeschädigte durch die anerkannten Schädigungsfolgen einen Einkommensverlust erleide, und der nicht voraussetze, daß ein Berufswechsel stattgefunden habe. Es sei durchaus denkbar, daß der Schwerbeschädigte durch die Schädigungsfolgen gehindert sei, das entsprechende Durchschnittseinkommen gerade in dem Beruf zu erreichen, den er in jedem Falle ergriffen hätte und trotz seiner Schädigungsfolge auch tatsächlich ergriffen habe. Zur Darstellung des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf seine Revisionsbegründung vom 22. Januar 1970 verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. November 1969 als unbegründet zurückzuweisen.

Er bringt vor, daß die vom LSG in dem angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung zutreffend sei.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Beklagten wird auf seine Revisionserwiderung vom 18. März 1970 Bezug genommen.

Die durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist somit zulässig. Die Revision ist auch begründet.

Der Ansicht des LSG, die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs setze voraus, daß der Schwerbeschädigte nach der Schädigung einer anderen Berufsgruppe angehöre als derjenigen, der er ohne die Schädigung angehört hätte, kann nicht gefolgt werden.

Der Anspruch des Klägers, der einen Berufsschadensausgleich für die Zeit vom 1. Januar 1964 an als laufende Leistung begehrt, richtet sich zunächst nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG i. d. F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85 - 2. NOG -) und für die Zeit vom 1. Januar 1967 an nach der gleichen Vorschrift i. d. F. des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 20. Januar 1967 (BGBl I 141 - 3. NOG -). Nach § 30 Abs. 3 BVG i. d. F. des 2. NOG erhält nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in bestimmter Höhe, wer als Schwerbeschädigter durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,- DM hat. Nach § 30 Abs. 3 BVG i. d. F. des 3. NOG erhalten Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in näher bestimmter Höhe. Dieser Einkommensverlust ist gem. § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG - die Vorschrift hat nach dem 2. und 3. NOG eine gleichlautende Fassung - der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte.

Der § 30 Abs. 3 BVG als Anspruchsgrundlage für den Berufsschadensausgleich setzt trotz seiner unterschiedlichen Fassung im 2. und 3. NOG dennoch gleichermaßen voraus, daß der Schwerbeschädigte einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat, der durch die Schädigung verursacht worden ist; das bedeutet also, daß zwischen dem wirtschaftlichen Schaden und der Schädigung ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muß (siehe dazu BSG 29, 208, 210; Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juli 1969 - 10 RV 711/67; Urteil des 9. Senats des BSG vom 17. März 1970 - 9 RV 88/69 und Urteil des erkennenden Senats vom 2. Juni 1970 - 10 RV 186/67). Das Erfordernis dieses ursächlichen Zusammenhangs geht aus den Worten "durch die Art der Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ..." (§ 30 Abs. 3 i. d. F. des 2. NOG) bzw. "... deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist" (§ 30 Abs. 3 i. d. F. des 3. NOG) hervor. Nach der im Recht der Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm besteht dieser ursächliche Zusammenhang im Rechtssinne dann, wenn die Schädigungsfolgen für den wirtschaftlichen Schaden, der nach § 30 Abs. 3 BVG in einem Einkommensverlust besteht, eine wesentliche Bedingung sind. Der Kausalzusammenhang zwischen Schädigungsfolge und Einkommensverlust ist für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich erforderlich, aber auch genügend (BSG aaO). Der durch die Schädigungsfolgen verursachte wirtschaftliche Schaden muß in der Zeit bestehen, für die der Berufsschadensausgleich begehrt wird (siehe dazu Urteil des erkennenden Senats vom 16. September 1970 - 10 RV 627/68). Wenn das LSG also die Auffassung vertreten hat, daß dem Kläger nur dann ein Berufsschadensausgleich zusteht, sofern ein Einkommensverlust - also ein wirtschaftlicher Schaden - ermittelt werden kann, der durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursacht worden ist, so hat es insoweit den § 30 Abs. 3 BVG nicht verletzt. Dagegen kann dem LSG nicht gefolgt werden, wenn es meint, daß ein Einkommensverlust i. S. des § 30 Abs. 4 BVG dann nicht vorliege, wenn der Schwerbeschädigte nach der Schädigung derselben Berufsgruppe angehört, der er auch ohne die Schädigung angehört hätte, m. a. W., wenn der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen keinen Berufswechsel vorgenommen hat, er vielmehr auch nach der Schädigung den Beruf ausübt, den er schon vor Eintritt seiner Schädigung angestrebt hatte. Insoweit verkennt das LSG Wortlaut und Zweck des § 30 Abs. 4 BVG. Dem Wortlaut dieser Vorschrift ist nichts dafür zu entnehmen, daß der für den Berufsschadensausgleich erforderliche Einkommensverlust nur in dem Unterschiedsbetrag besteht, der sich aus der Gegenüberstellung des Einkommens zweier verschiedener Berufsgruppen ergibt, nämlich derjenigen Berufsgruppe, die der Beschädigte vor der Schädigung angestrebt oder der er angehört hat, und derjenigen, der er nach der Schädigung angehört. In § 30 Abs. 4 BVG wird der Einkommensverlust nur dahingehend gesetzlich definiert, daß er in dem Unterschiedsbetrag "zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit ... und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe besteht, der der Beschädigte ohne die Schädigung ... wahrscheinlich angehört hätte". Wenn in dieser Vorschrift dem "derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit" zur Ermittlung des Einkommensverlustes das höhere Durchschnittseinkommen der "Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung ... angehört hätte", gegenübergestellt wird, so gibt dieser Wortlaut des § 30 Abs. 4 BVG keinerlei Anhalt für die Annahme, daß die "gegenwärtige Tätigkeit" in einen Gegensatz zu der "Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung angehört hätte", gestellt sei und daß die "gegenwärtige Tätigkeit" vom Beschädigten in einer anderen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe ausgeübt werden müsse als derjenigen, in welcher der Beschädigte eine Tätigkeit "ohne die Schädigung wahrscheinlich ausgeübt hätte". Die "gegenwärtige Tätigkeit" kann vielmehr - da das Gesetz selbst insoweit keine einschränkenden Zusätze macht - auch in derjenigen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe ausgeübt werden, der der Beschädigte ohne die Schädigung angehört hätte.

Auch aus dem Zweck des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ist nicht zu erkennen, daß - wie das LSG meint - ein Einkommensverlust nur dann ermittelt werden kann, wenn der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen einer anderen Berufsgruppe angehört hätte, als derjenigen, der er nach der Schädigung angehört. Der § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG enthält die Legaldefinition des Begriffes "Einkommensverlust" i. S. des § 30 Abs. 3 BVG und bezweckt, die für die Ermittlung des Einkommensverlustes erforderlichen Berechnungsfaktoren im allgemeinen festzulegen; durch die Bezugnahme auf das "höhere Durchschnittseinkommen" in Verbindung mit den nachfolgenden Sätzen ist ferner klargestellt, daß dieser Berechnungsfaktor - im Gegensatz zu dem Faktor des Bruttoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit - nicht individuell, sondern generalisiert zu ermitteln ist. Damit wird aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß das Gesetz den Berufsschadensausgleich nur auf die Fälle eingeschränkt sehen will, in denen der Schwerbeschädigte ohne die Schädigungsfolgen einer anderen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe angehört hätte als derjenigen, der er tatsächlich angehört, m. a. W., daß ein Berufsschadensausgleich ausgeschlossen sein soll, wenn der Schwerbeschädigte keinen Berufswechsel wegen der Schädigungsfolgen hat vornehmen müssen (s. dazu auch BSG in SozR BVG § 30 Nr. 43). Diese Auffassung wird auch durch § 2 Satz 2 der DVO vom 30. Juli 1964 und § 2 Abs. 3 der DVO vom 28. Februar 1968 bestätigt, wonach die verschiedenen Berufsgruppen der DVOen zur Bemessung des Durchschnittseinkommens auch dann maßgebend sind, "wenn der Beschädigte die nach diesen Vorschriften in Betracht kommende Tätigkeit ausübt". Auch nach dieser Vorschrift kann somit die Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte jetzt angehört, mit derjenigen übereinstimmen, der der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen angehört hätte. Es ist somit für die Berechnung des Einkommensverlustes nach § 30 Abs. 4 BVG i. V. m. den hierzu erlassenen DVOen in der jeweils gültigen Fassung keineswegs erforderlich, daß der Beschädigte in seiner gegenwärtigen Tätigkeit einer anderen Berufs- oder Wirtschaftsgruppe angehört, als er ohne die Schädigungsfolgen angehört hätte.

Das LSG hat somit den § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG verletzt, so daß die Revision begründet ist. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Der Senat konnte in der Sache selbst jedoch noch nicht abschließend entscheiden, weil es an ausreichenden Feststellungen hierfür fehlt. Zwar hat das LSG festgestellt, daß der Kläger selbständig tätig ist, so daß sich das Durchschnittseinkommen gemäß § 30 Abs. 4 BVG i. V. m. § 2 Buchst. c der DVO 1964 und § 2 Abs. 1 Buchst. c der DVO 1968 nach § 5 der DVOen 1964 und 1968 bemißt. Jedoch hat das LSG keine für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) darüber getroffen, in welche der in § 5 der DVOen näher bezeichneten Besoldungsstufen der Kläger einzuordnen ist. Ferner fehlt es an einer Feststellung des LSG darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger in seinem Beruf durch die Schädigungsfolgen einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Das LSG hat insoweit nur ausgeführt, daß es sicherlich zutreffe, daß der Kläger in seinem Beruf als selbständiger Werbefotograf wegen seiner Wehrdienstbeschädigung erhöhte Unkosten habe, manche Auftragsangebote nicht annehmen könne und deshalb im Ergebnis ein geringeres Einkommen habe, als er ohne seine Wehrdienstbeschädigung haben würde. Diese allgemeinen Bemerkungen reichen jedoch nicht aus für eine Feststellung darüber, welchen wirtschaftlichen Schaden der Kläger tatsächlich durch die anerkannten Schädigungsfolgen in seinem Beruf erleidet. Wenn das LSG im übrigen meint, die Anwendung des § 5 der DVOen zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG sei aus rechtlichen Erwägungen ausgeschlossen, so kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Das LSG hat gemeint, daß dann, wenn bei einer Tätigkeit in der maßgeblichen, nach der DVO zu berücksichtigenden Berufsgruppe eine tatsächlich erlangte höhere Besoldungsgruppe als die vom Gesetzgeber pauschalierend normierte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen sei (siehe BSG, Urteil vom 17. Oktober 1967, 9 RV 112/67), es auch außer Betracht bleiben müsse, daß diese normierte Besoldungsgruppe nicht erreicht worden sei. Die vom LSG zitierten und auch andere Entscheidungen des BSG (s. dazu auch BSG 27, 69; 119; 178 ff und Urteil des erkennenden Senats vom 14. November 1968 - 10 RV 477/66 -), in denen von einer pauschalierten Abgeltung des durch die Schädigung verursachten wirtschaftlichen Schadens gesprochen worden ist, sind jedoch in dem Sinne zu verstehen, daß eine individuelle Differenzierung innerhalb des Rahmens des im Einzelfall ermittelten Durchschnittseinkommens gemäß § 30 Abs. 4 BVG unzulässig ist. Damit wird nur zum Ausdruck gebracht, daß die Festsetzung des "höheren Durchschnittseinkommens" i. S. des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG nicht individuell, sondern nach den in den DVOen zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG bestimmten pauschalierten Sätzen erfolgen kann. Daraus folgt, daß - wie etwa bei den im öffentlichen Dienst oder selbständig Tätigen - eine innerhalb einer nach der DVO pauschalierten Gruppe wahrscheinlich erreichte höhere Besoldungsgruppe bei der Festsetzung des Durchschnittseinkommens außer Betracht bleiben muß. Hat der Schwerbeschädigte jedoch wegen seiner Schädigungsfolgen jene pauschalierte Besoldungsgruppe im öffentlichen Dienst nicht erreichen oder als Selbständiger das für ihn nach § 5 der DVO zu bemessende Einkommen nicht erlangen können, so ist sein tatsächliches niedrigeres Einkommen insofern von Bedeutung, als aus der Differenz zu dem höheren pauschalierten Einkommen die Berechnung des maßgebenden Einkommensverlustes erfolgen muß. Daher ist - entgegen der Auffassung des LSG - im vorliegenden Fall die Anwendung des § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in der jeweils gültigen Fassung nicht ausgeschlossen.

Da - wie oben ausgeführt - der Senat mangels ausreichender Feststellungen in der Sache selbst noch nicht abschließend entscheiden konnte, mußte sie an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670436

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