Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.11.1991) |
SG Mainz (Urteil vom 20.02.1991) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. November 1991 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20. Februar 1991 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der Klägerin Krankengeld über den 10. Oktober 1988 hinaus bis zum Beginn ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente am 1. Oktober 1989 zusteht.
Die 1936 geborene Klägerin, die keinen bestimmten Beruf erlernt hat, ist wegen eines seit dem 18. Lebensjahr bestehenden cerebralen Anfallsleidens bei hirnorganischem Psychosyndrom als Schwerbehinderte anerkannt mit einem GdB von 80 % und den Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) sowie B (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel). Den leidensgerechten Arbeitsplatz, den die Klägerin als Metallhilfsarbeiterin seit mehr als 20 Jahren in Idar-Oberstein innehatte, verlor sie im Zuge des am 31. März 1988 eröffneten Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers. Ihr Arbeitsverhältnis endete am 30. September 1988. Bereits ab 18. April 1988 war die Klägerin arbeitsunfähig krank geschrieben worden und erhielt Lohnfortzahlung bis 13. Mai 1988. Danach zahlte die Beklagte auf der Grundlage vertrauensärztlicher Gutachten vom 3. Mai 1988 und 26. September 1988 Krankengeld ab 14. Mai 1988 und stellte die Zahlung ab 11. Oktober 1988 mit der Begründung ein, daß wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden könne. Da die Klägerin noch leidensgerechte Tätigkeiten ausführen könne, sei eine Verweisung auf solche zumutbar. Es sei allein Aufgabe der Arbeitsverwaltung, für sie einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden (Bescheid vom 7. März 1989; Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 1989). Nach Klageerhebung gegen diese Bescheide meldete sich die Klägerin beim Arbeitsamt arbeitsuchend und bezog für die Zeit vom 11. Oktober 1988 bis zum 12. Mai 1990 Arbeitslosengeld.
Ein im Mai 1988 gestellter Antrag auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente hatte zunächst keinen Erfolg. Nachdem ein Gutachter im Verlauf des Rentenstreitverfahrens (- S 4 J 302/88 –) im September 1989 festgestellt hatte, daß die Klägerin Arbeiten von wirtschaftlichem Wert seit Rentenantragstellung, mit Wahrscheinlichkeit auch bereits seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr verrichten könne, und die Klägerin geltend gemacht hatte, daß es sich bei ihrer Arbeit in Idar-Oberstein um einen Schonarbeitsplatz gehandelt habe, der nur etwa 100 m von ihrer Wohnung entfernt gewesen sei, erklärte sich die Landesversicherungsanstalt (LVA) im gerichtlichen Vergleich vom 27. März 1990 bereit, ab September 1989 (Begutachtung) Erwerbsunfähigkeit anzuerkennen und ab 1. Oktober 1989 Renten wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. März 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1989, mit der die Klägerin die Weiterzahlung des Krankengeldes für die Zeit vom 11. Oktober 1988 bis 30. September 1989 geltend gemacht hatte, weil und soweit das Krankengeld höher als das Arbeitslosengeld gewesen sei, hatte in erster Instanz Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Mainz vom 20. Februar 1991). Auf die Berufung der Beklagten ist das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen worden (Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 28. November 1991). Zur Begründung ist ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Klägerin in der streitigen Zeit arbeitsunfähig oder erwerbsunfähig gewesen sei. Es stehe nämlich fest, daß die Klägerin in dieser Zeit Arbeitslosengeld erhalten habe. Während des Bezugs dieser Leistung habe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 183 Abs 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF, § 49 Nr 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) der Krankengeldanspruch geruht, und zwar auch insoweit, als das Krankengeld höher als das Arbeitslosengeld gewesen wäre. Dabei sei es für das Ruhen des Krankengeldanspruchs unerheblich, aus welchen Gründen sich der Versicherte trotz ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und Arbeitslosengeld statt Krankengeld beansprucht habe. Beide Ansprüche nebeneinander hätten jedoch nicht verfolgt werden können.
Mit der – vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassen – Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 183 Abs 6 RVO aF bzw des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V. Die Annahme des LSG, daß der Krankengeldanspruch in voller Höhe durch das Arbeitslosengeld verdrängt werde, stehe in Divergenz zur Rechtsprechung des BSG, wonach der Anspruch auf Krankengeld wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (oder Arbeitslosenhilfe) nur dann ruhe, wenn der Arbeitslose während des Bezugs der AFG-Leistungen infolge Krankheit arbeitsunfähig werde und deshalb nach § 105b des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) Anspruch auf Fortzahlung der AFG-Leistungen bis zur Dauer von sechs Wochen habe. Diese Einschränkung ergebe sich aus dem Zusammenhang mit § 118 Abs 1 Nr 2 AFG, der gerade das Ruhen des Arbeitslosengeldes bei Zuerkennung von Krankengeld anordne. Nach dieser einschränkenden Auslegung des § 183 Abs 6 RVO aF habe sie, die Klägerin, aber kein Arbeitslosengeld bezogen, weil § 105b AFG entgegen der Auffassung des LSG voraussetze, daß der Arbeitslose während des Bezugs von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig werde. Ihre Arbeitsunfähigkeit sei lange vor der Arbeitslosmeldung eingetreten, so daß sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern ausschließlich auf Krankengeld gehabt habe. Da sie insoweit zu Unrecht Arbeitslosengeld erhalten habe, stehe ihr für den streitigen Zeitraum Krankengeld bzw im Wege der Verrechnung der Differenzbetrag zwischen dem höheren Krankengeld und dem bezogenen Arbeitslosengeld zu. Die vorgenannte Rechtslage bestehe auch nach dem 1. Januar 1989 unverändert fort. Auch § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V sei in gleicher Weise einschränkend auszulegen. Andernfalls hätte es einer Klarstellung durch den Gesetzgeber bedurft. Im übrigen sei ihre Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nicht infolge zulässiger Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt entfallen; denn dort seien gleichartige Arbeitsplätze, die den Bedingungen ihres früheren behindertengerechten Arbeitsplatzes entsprochen hätten, nicht in nennenswerter Zahl vorhanden gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. November 1991 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20. Februar 1991 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und meint, das LSG sei zwar insofern zu einer unrichtigen Anwendung der §§ 183 Abs 6 RVO, 49 Abs 1 Nr 3 SGB V gekommen, als die Klägerin kein Arbeitslosengeld iS der – vom BSG vorgenommenen – einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift bezogen habe; denn der dort erhebliche Anspruch auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld nach § 105b AFG setze den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld voraus. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Auf dieser Verletzung beruhe indessen das angefochtene Urteil nicht. Denn die Klägerin sei nicht arbeitsunfähig iS der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen, weil sie ihre zuletzt ausgeübte Arbeit weiter habe verrichten können und ihre Erwerbsfähigkeit ausschließlich wegen des Verlustes ihres langjährig innegehabten leidensgerechten Arbeitsplatzes verloren habe. Dies allein habe keine Arbeitsunfähigkeit begründet. Die Klägerin müsse sich vielmehr auch auf Tätigkeiten verweisen lassen, die ihrer letzten Arbeit ähnlich seien und die auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zumindest theoretisch vorhanden seien. Das sei nach den Feststellungen des LSG der Fall gewesen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 11. Oktober 1988 bis 30. September 1989, jedoch nur in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem bereits gezahlten Arbeitslosengeld und dem höheren Krankengeld. Nur insoweit hat die Klägerin Krankengeld beansprucht und ist die Beklagte zur Krankengeldgewährung verurteilt worden, wie sich aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ergibt. Soweit die Klägerin Arbeitslosengeld bezogen hat, gilt ihr Anspruch auf Krankengeld nach § 107 Abs 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) als erfüllt, weil insoweit ein Erstattungsanspruch der Arbeitsverwaltung gegen die zur Leistung verpflichtete Beklagte besteht.
Entgegen der Annahme des LSG hat der Krankengeldanspruch der Klägerin nicht in vollem Umfang geruht. Zwar bestimmte § 183 Abs 6 RVO (idF durch Art 4 § 1 Nr 1 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes ≪AFKG≫ vom 22. Dezember 1981, BGBl I, 1497) ebenso wie der mit Wirkung ab 1. Januar 1989 an seine Stelle getretene, wortgleiche § 49 Nr 3 SGB V (idF durch das Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dezember 1988, BGBl I, 2477), daß der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange der Versicherte Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Schlechtwettergeld bezieht oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit ruht, und zwar auch insoweit, als das Krankengeld höher ist als eine dieser Leistungen. Von dieser Regelung, die mit Wirkung ab 1. Januar 1990 – nunmehr als § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V – dahingehend geändert wurde, daß der sog Krankengeld-Spitzbetrag dem Versicherten verbleibt, und die nach der Übergangsregelung in § 49 Abs 2 Satz 1 SGB V auch auf noch rechtshängige Krankengeldansprüche für Zeiten vor dem 1. Januar 1990 anzuwenden ist (Art 4 Nr 5 des Rentenreformgesetzes ≪RRG≫ 1992 vom 18. Dezember 1989, BGBl I 2261), wird jedoch der vorliegende Fall schon deshalb nicht erfaßt, weil sie voraussetzt, daß der Arbeitslose während des Bezuges des Arbeitslosengeldes infolge Krankheit arbeitsunfähig wird. Nur soweit und solange der Arbeitslose aus diesem Grund nach § 105b AFG Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitslosengeldes für die Dauer von 6 Wochen hat, ruht der Anspruch auf Krankengeld. Diese einschränkende Auslegung des § 183 Abs 6 RVO aF ergibt sich, wie der 3. Senat des BSG in seinem Urteil vom 10. März 1987 (BSGE 61, 193 = SozR 2200 § 183 Nr 52) im einzelnen dargelegt hat, und wovon auch die Beklagte ausgeht, aus der Gesetzesentwicklung im Zusammenhang mit der Ruhensregelung des § 118 Abs 1 Nr 2 AFG, die bestimmt, daß der Anspruch auf Arbeitlosengeld während der Zeit ruht, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt ist. Sie gilt aber wegen der insoweit unveränderten Rechtslage auch für § 49 SGB V (idF des GRG und des RRG 1992), denn mit § 49 (Abs 1) Nr 3 SGB V hat der Gesetzgeber die bisherige Regelung des § 183 Abs 6 RVO vollinhaltlich in das SGB V übernommen (vgl BT-Drucks 11/2237, S 181 zu § 48 des Entwurfs des GRG; so auch Balzer in: SGB für die Praxis, Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V § 49 Rz 17; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V § 49 Rz 29; vgl auch Höfler in: KassKomm, SGB V § 49 Rz 7). In diesem Sinne hat aber die Klägerin kein Arbeitslosengeld bezogen; denn der nach dieser Regelung allein erhebliche Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitslosengeldes nach § 105b AFG setzt voraus, daß der Arbeitslose während des Bezugs von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig geworden ist. Das traf aber bei der Klägerin nicht zu, denn ihre Arbeitsunfähigkeit war lange vor der Arbeitslosmeldung eingetreten.
Das LSG hat unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) festgestellt, daß die Klägerin seit 18. April 1988 in ihrem bisherigen Beruf arbeitsunfähig war. Nach dem vom LSG herangezogenen vertrauensärztlichen Gutachten vom 3. Mai 1988 war die Klägerin zunächst wegen des cerebralen Anfallsleidens sowie wegen eines depressiven Syndroms, Coxarthrose links, LWS-Syndroms und Gonarthrose links bis auf weiteres als arbeitsunfähig beurteilt worden. In einem weiteren vertrauensärztlichen Gutachten vom 26. September 1988 war der Vorbefund vom 3. Mai 1988 bestätigt und die Klägerin nach wie vor in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als arbeitsunfähig beurteilt worden; es sei davon auszugehen, daß bei dem Beschwerdekomplex der Klägerin ein Dauerzustand eingetreten sei. Die Klägerin war danach – wovon auch das LSG ausgegangen ist – bereits seit ihrer Krankschreibung am 18. April 1988 fortlaufend – auch über den 10. Oktober 1988 hinaus – nicht mehr imstande, ihre zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit weiter zu verrichten.
Dem kann die Beklagte jetzt nicht entgegenhalten, daß die Klägerin ihre Erwerbsfähigkeit – bei unveränderter Fortdauer ihres körperlichen Zustandes – allein wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes eingebüßt habe und folglich überhaupt nicht arbeitsunfähig gewesen sei (Hinweis auf BSGE 19, 178). Dies ist – wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG getroffenen und auch insoweit unangegriffenen Feststellungen ergibt – schon deshalb nicht zutreffend, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst am 30. September 1988 (nach Freistellung von der Arbeit zum 15. Mai 1988) geendet hat, ihre Arbeitsunfähigkeit mithin lange Zeit vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nämlich am 18. April 1988, und damit noch während der faktischen Beschäftigung, begonnen hat. Im übrigen beruht ihre Arbeitsunfähigkeit nicht nur auf dem langjährig bestehenden Anfallsleiden, sondern auf weiteren Beschwerden und Krankheitszuständen, die im Frühjahr 1988 zusätzlich aufgetreten sind. Deshalb kann keine Rede davon sein, daß sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zu der Zeit, als sie noch erwerbstätig war, nicht verändert bzw verschlimmert habe und der Verlust ihrer Erwerbsfähigkeit allein auf dem Verlust ihres Arbeitsplatzes beruhe. Davon, daß die Klägerin jedenfalls bis Ende September 1988 arbeitsunfähig war, dh die in ihrem bis dahin bestehenden Arbeitsverhältnis geschuldete Arbeit nicht mehr verrichten konnte, ist im übrigen auch die Beklagte selbst ausgegangen; denn ansonsten hätte sie Krankengeld nicht bis dahin gewähren dürfen bzw gewährt.
Der Krankengeldanspruch für die streitige Zeit vom 11. Oktober 1988 bis 30. September 1989 scheitert entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daran, daß die Klägerin nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 30. September 1988 infolge zulässiger Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wieder als arbeitsfähig hätte beurteilt werden dürfen. Zwar hat das BSG entschieden, daß Arbeitsunfähigkeit jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann nicht (mehr) vorliegt, wenn der Versicherte andere Tätigkeiten verrichten kann, die seiner bisherigen Erwerbstätigkeit nach Art und Entgelt entsprechen (BSGE 61, 66 = SozR 2200 § 182 Nr 104). Auch bei Versicherten, die zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt haben und bei denen eine „Verweisung” nicht nur in den engen Grenzen eines Ausbildungsberufs zulässig ist, endet aber die Arbeitsunfähigkeit nicht schon mit der (für das Rentenrecht maßgeblichen) Feststellung, daß der Versicherte andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch verrichten kann. Da sich der Begriff der Arbeitsunfähigkeit von dem rentenversicherungsrechtlichen Begriff der Berufsunfähigkeit gerade dadurch unterscheidet, daß bei der Arbeitsunfähigkeit entscheidender Maßstab die Unfähigkeit des Versicherten zur Ausübung der zuletzt verrichteten Erwerbstätigkeit ist, kann der Versicherte im Bereich der Krankenversicherung nur auf „ähnlich geartete” Tätigkeiten verwiesen werden, die den Bedingungen des bisherigen Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnisses im wesentlichen entsprechen. Der 3. Senat des BSG hat deshalb den Begriff der „ähnlichen Tätigkeiten” durch „gleichgeartete Tätigkeiten” ersetzt, um deutlich zu machen, daß – jedenfalls in der ersten Blockfrist – der Kreis der in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten grundsätzlich sehr eng ist (BSGE 57, 227, 229). Für die Frage der Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit der Verweisungstätigkeit ist dabei nicht allein entscheidend, ob diese nach den erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten und nach ihrer Entlohnung der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit entspricht. Es kommt vielmehr auch und gerade auf die Art der zu verrichtenden Arbeiten an, insbesondere, welches Maß an körperlichen oder nervlichen Belastungen mit ihnen verbunden sind und inwieweit die Lebensweise des Versicherten durch sie mitbeeinflußt wird (vgl BSG 61, 66, 72). Insoweit durfte aber im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Klägerin – wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt – in den 20 Jahren ihrer Erwerbstätigkeit einen leidensgerechten, dh der Art und Schwere ihres Anfallsleidens angepaßten, Arbeitsplatz innehatte, der nur etwa 100 m von ihrer Wohnung entfernt lag und daher von der Klägerin trotz ihrer erheblichen Beeinträchtigungen in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erreicht werden konnte. Daß Tätigkeiten mit den entsprechenden Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden und für die Versicherte zumutbar erreichbar waren – wie in der Rechtsprechung gefordert –, ist weder von der Beklagten selbst behauptet noch vom LSG festgestellt worden. Dieses ist vielmehr davon ausgegangen, daß so gut wie keine Aussicht bestand, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen für die Klägerin geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Dann aber durfte die Weitergewährung des Krankengeldes ab 11. Oktober 1988 nicht versagt bzw – was nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides näherliegt, hier aber offenbleiben kann – das Krankengeld ab diesem Zeitpunkt nicht entzogen „eingestellt”) und die Klägerin an das Arbeitsamt verwiesen werden. Der Klägerin steht vielmehr über diesen Zeitpunkt hinaus das Krankengeld bis zum Beginn ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente zu, was zur Folge hat, daß ein gleichzeitig bestehender Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 118 Abs 1 Nr 2 AFG geruht hat. Da bezüglich des erbrachten Arbeitslosengeldes ein Erstattungsanspruch der Arbeitsverwaltung gegen die Beklagte besteht (§ 103 Abs 1 SGB X), gilt der Anspruch der Klägerin gegen die zur Leistung verpflichtete Beklagte in Höhe des Arbeitslosengeldes als erfüllt. Ihr steht daher der Differenzbetrag zwischen dem Arbeitslosengeld und dem höheren Krankengeld für die streitige Zeit zu.
Nach allem mußte die Revision der Klägerin Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen