Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Beschwerdeausschuß einer KÄV - anstelle der zuständigen Widerspruchsstelle - über den Widerspruch eines Kassenarztes gegen einen Honorarabstrich auf Grund des Honorarverteilungsmaßstabes der KÄV entschieden, so steht dieser Mangel des Verwaltungsverfahrens der Prüfung des Widerspruchsbescheids auf seine inhaltliche Richtigkeit im gerichtlichen Verfahren jedenfalls dann nicht entgegen, wenn dieser keine Ermessensentscheidung ist.
2. HVM KÄV SH § 8 Abs 1 in der seit 1963-01-01 gültigen Fassung, der eine schematische Honorarbegrenzung bei den Grundleistungen auch solcher Kassenärzte erlaubt, bei denen die Gefahr der übermäßigen Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit nicht gegeben ist, verstößt gegen RVO § 368f Abs 1 S 5 und § 368n Abs 4; er ist deshalb nichtig.
Leitsatz (redaktionell)
Dem Erfordernis des § 164 Abs 2 S 2 SGG genügt es, wenn sich die nach Meinung des Revisionsklägers verletzte Rechtsnorm mit hinreichender Bestimmtheit aus der Art der Revisionsbegründung ergibt.
Normenkette
SGG § 78 Fassung: 1953-09-03; RVO § 368f Abs. 1 S. 5 Fassung: 1955-08-17, § 368n Abs. 4 Fassung: 1955-08-17; SGG § 164 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 1966 aufgehoben.
Die Berufung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 28. Juni 1965 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist als praktischer Arzt in H niedergelassen und als Kassenarzt zugelassen.
Bei der Honorarabrechnung mit der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) machte der Kläger für die Behandlung von 101 RVO-Patienten im 4. Vierteljahr 1964 an Honorar für Grundleistungen 5.006,05 DM, für große Sonderleistungen 3.684,45 DM sowie an Wegegebühren 101 DM geltend. Durch Bescheid des Landesprüfungsausschusses vom 9. April 1965, den der Kläger mit dem Widerspruch anfocht, wurde die Anforderung für große Sonderleistungen wegen Unwirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise um 2.584,25 DM gekürzt. Am 23. April 1965 stellte die Abrechnungsstelle der beklagten KÄV das Honorar des Klägers fest. Dabei begrenzte sie das Honorar für die Grundleistungen im Wege der Verteilungskürzung um 2.706,29 DM auf 2.299,77 DM.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Einen ursprünglich mit dieser Klage verbundenen Schadensersatzanspruch hat er nach Abweisung durch das Sozialgericht (SG) nicht mehr weiterverfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der beklagten KÄV vom 23. April 1965 über die Verteilungskürzung bei den Grundleistungen aufzuheben.
Das SG hat den angefochtenen Kürzungsbescheid vom 23. April 1965 aufgehoben; die Berufung wurde zugelassen (Urteil vom 28. Juni 1965). Nach Auffassung des SG ist der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid schon deshalb rechtswidrig, weil er von der Abrechnungsstelle - und nicht vom Prüfungsausschuß - erlassen worden ist.
Gegen dieses Urteil hat die beklagte KÄV Berufung eingelegt. Sie hat geltend gemacht, die Auffassung des SG, die Honorarabrechnungsbescheide müßten vom Prüfungsausschuß erlassen werden, sei seit dem 1. Januar 1963, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu beschlossenen Honorarverteilungsmaßstabs (HVM), überholt. Seitdem werde eine Trennung zwischen Honorarverteilung und Honorarprüfung durchgeführt. Überdies habe für das 4. Quartal 1964 das vom SG erforderlich gehaltene Prüfungsverfahren stattgefunden und zu dem Bescheid des Landesprüfungsausschusses vom 9. April 1965 geführt, durch den die großen Sonderleistungen um 2.584,25 DM gekürzt worden seien. Auf den vom Kläger erhobenen Widerspruch habe der Beschwerdeausschuß Prof. Dr. W als Sachverständigen gehört und sodann durch Bescheid vom 20. April 1966 den Prüfabstrich an den großen Sonderleistungen um 30 % auf 1.808,95 DM herabgesetzt.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. April 1966 wolle er keine Einwendungen erheben, nachdem der Prüfabstrich um 30 % ermäßigt worden sei. Dagegen halte er an der Anfechtung des Honorarabrechnungsbescheids fest, soweit das Honorar für die Grundleistungen gekürzt worden sei. Die von der Beklagten festgesetzte Staffelung sei, nachdem in der Medizin zur Durchführung einer zweckmäßigen und wirtschaftlich sinnvollen Behandlungsweise nunmehr umfangreiche und teure Untersuchungsmethoden, insbesondere die Vornahme zahlreicher enzymatischer Untersuchungen entwickelt worden seien, nicht mehr sinnvoll. Diese neuen Untersuchungsmethoden wirkten sich nicht nur auf den Umfang der großen Sonderleistungen, sondern auch auf das Ausmaß der Grundleistungen aus.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung hin die Klage abgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 13. Juni 1966). Das LSG ist davon ausgegangen, daß der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid zu Recht von der Abrechnungsstelle der beklagten KÄV erlassen worden sei: Der Bescheid enthalte keine individuellen Prüfabstriche auf Grund einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers. Vielmehr sei in ihm nur eine Verteilungskürzung auf Grund des seit dem 1. Januar 1963 gültigen HVM der beklagten KÄV durchgeführt worden. Das sei aber eine rein rechnerische Maßnahme, die keine wertende Beurteilung erfordere, insbesondere nicht durch die Ärzte, die in den zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit berufenen Gremien tätig seien. - Der angefochtene Abrechnungsbescheid halte sich streng an den HVM. Die gegen diesen vom Kläger erhobenen Bedenken seien unbegründet. Er beruhe auf der Ermächtigung des § 368 f der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision mit dem Antrag eingelegt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der beklagten KÄV gegen das Urteil des SG vom 28. Juni 1965 zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Zur Begründung hat er sich berufen "auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 26. September 1962 - 6 RKa 15/61, 17/61 und 18/61 -, wonach ein Verfahren bei Verteilungskürzungen erforderlich ist". Innerhalb der auf seinen Antrag hin verlängerten Revisionsbegründungsfrist ist keine weitere Äußerung des Klägers eingegangen.
Die beklagte KÄV hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend, daß im vorliegenden Fall kein Vorverfahren durchzuführen sei. Nur bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 368 n Abs. 4 RVO sei ein solches in Gestalt des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuß vorgesehen. Das sei im vorliegenden Falle auch durchgeführt worden. Der Kläger wende sich in diesem Verfahren nur gegen die Honorarbegrenzung bei seinen Grundleistungen mittels der Verteilungskürzung auf Grund des § 8 HVM. Für diese sei der Prüfungsausschuß nicht zuständig. Da die Honorarverteilung keine "Angelegenheit der Krankenversicherung" i. S. des § 80 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei, komme somit ein Vorverfahren überhaupt nicht in Betracht. - Im übrigen habe im vorliegenden Falle das Vorverfahren stattgefunden. Der Landesprüfungsausschuß habe sich in seinem Bescheid vom 9. April 1965 mit der Verteilungskürzung befaßt. Der Beschwerdeausschuß habe die Verteilungskürzung in seinem Bescheid vom 20. April 1966 gebilligt.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig.
Zwar ist sie innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nur mit dem Hinweis auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. - (richtig: 25.) - September 1962 - 6 RKa 15/61, 17/61 und 18/61 - begründet worden, "wonach ein Verfahren bei Verteilungskürzungen erforderlich" sei. Bei einer sachlich-rechtlichen Rüge genügt es, wenn sich die nach Meinung des Revisionsklägers verletzte Rechtsnorm mit hinreichender Bestimmtheit aus der Art der Revisionsbegründung ergibt (BSG 8, 31, 32). Aus dem Zusammenhang mit den vom Kläger zitierten Urteilen des BSG geht hervor, daß der Kläger einen Verstoß des angefochtenen Urteils gegen § 368 n Abs. 4 RVO gerügt hat und der Meinung ist, der von ihm angefochtene Honorarabrechnungsbescheid hätte vom Prüfungsausschuß erlassen werden müssen. Damit ist den an die Revisionsbegründung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG zu stellenden Mindesterfordernissen genügt.
Die Revision ist begründet.
Wie in dem Urteil vom 16. März 1967 - 6 RKa 22/66 - näher dargelegt ist, gehört die Honorarabrechnung mit der Honorarbegrenzung mittels Verteilungskürzung nicht zu den Aufgaben der nach § 368 n Abs. 4 RVO für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise vorgesehenen Prüfungsinstanzen. Demnach hat die beklagte KÄV zu Recht den angefochtenen Honorarbescheid nicht durch den Prüfungsausschuß, sondern durch ihre Abrechnungsstelle erlassen. Zu Unrecht meint die beklagte KÄV, daß sich der Landesprüfungsausschuß in seinem Bescheid vom 9. April 1965 mit der Verteilungskürzung befaßt und diese gebilligt habe. Dieser hat die von der Abrechnungsstelle durchgeführte Verteilungskürzung ohne eigene Stellungnahme nur erwähnt.
Demnach ist mit dem LSG davon auszugehen, daß der in § 368 n Abs. 4 Satz 3 RVO für den betroffenen Arzt vorgesehene Rechtsbehelf der Anrufung des Beschwerdeausschusses im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Indessen folgt hieraus entgegen der Auffassung des LSG noch nicht, daß überhaupt kein Vorverfahren durchzuführen ist. Wie in der schon erwähnten Entscheidung 6 RKa 22/66 näher ausgeführt ist, betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine "Angelegenheit der Krankenversicherung" i. S. des § 80 Nr. 1 SGG. Demgemäß ist der angefochtene Honorarabstrich in einem Vorverfahren vor der von der Vertreterversammlung der KÄV bestimmten Widerspruchsstelle (vgl. § 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) nachzuprüfen.
Nun hat zwar der Beschwerdeausschuß, obgleich er "der Auffassung" war, "daß es sich bei der Honorarbegrenzung um eine reine Honorarverteilungsmaßnahme handelt", bei der Behandlung des vom Kläger erhobenen Einspruchs gegen den Prüfabstrich an den großen Sonderleistungen in seinem Bescheid vom 20. April 1966 auch die Verteilungskürzung bei den Grundleistungen geprüft und bestätigt, "um formellen Beanstandungen vorzubeugen". Zutreffend hatte der Beschwerdeausschuß erkannt, daß er eine ihm nicht zukommende Aufgabe an sich gezogen hatte. Der "nach näherer Bestimmung der Satzung" (§ 368 n Abs. 4 Satz 1 RVO) errichtete Beschwerdeausschuß ist nur für die ihm kraft Gesetzes übertragene Aufgabe zuständig, als Beschwerdeinstanz bei der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen tätig zu werden. Hingegen sind alle Verwaltungsakte in Angelegenheiten des Kassenarztrechts, die nicht die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 368 n Abs. 4 RVO betreffen, im Falle der Anfechtung in einem Vorverfahren vor der von der Vertreterversammlung bestimmten Widerspruchsstelle (§ 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) zu überprüfen. Diese zwingende Regelung erlaubt nicht, daß der Beschwerdeausschuß im Einzelfalle eine ihm nicht zukommende Aufgabe übernimmt. Im übrigen wäre er auch nach seiner Zweckbestimmung und seiner Zusammensetzung für die Aufgabe einer Nachprüfung der auf Grund des HVM erlassenen Verwaltungsakte mit ihren überwiegend rechtlichen Fragestellungen - Gültigkeit des HVM, insbesondere seine Verfassungsmäßigkeit - im allgemeinen wenig geeignet.
Indessen darf das fehlerhaft durchgeführte Vorverfahren in seinen Rechtswirkungen nicht so angesehen werden, als ob überhaupt kein Vorverfahren stattgefunden habe (vgl. für diesen Fall BSG vom 16. März 1967 - 6 RKa 22/66 -). Es liegt immerhin ein Widerspruchsbescheid vor, der von einem grundsätzlich mit Entscheidungsbefugnis für die beklagte KÄV ausgestatteten Organ dieser KÄV erlassen und jedenfalls nicht schlechthin nichtig ist. In einem solchen Falle darf grundsätzlich ein fehlerhaft zustandegekommener Widerspruchsbescheid nicht schon wegen dieses Mangels aufgehoben werden (BSG 24, 134, 137). Das Interesse der Beteiligten an einer beschleunigten Entscheidung in der Sache selbst erfordert, daß das mit der Sache befaßte Gericht jedenfalls dann "durchentscheidet", wenn - wie im vorliegenden Fall - reine Rechtsfragen zur Entscheidung stehen. Anders mag es sein, wenn eine Ermessensentscheidung der Verwaltung nachzuprüfen ist, bei der allerdings eine Aufhebung des fehlerhaften Verwaltungsakts zur Nachholung der Entscheidung durch die zuständige Verwaltungsstelle wegen des der Verwaltung vorbehaltenen Entscheidungsbereichs und der eingeschränkten Rechtskontrolle des Gerichts unerläßlich sein dürfte. Demnach ist der angefochtene Bescheid über die Verteilungskürzung auf seine inhaltliche Richtigkeit zu prüfen.
Dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig, weil § 8 Abs. 1 HVM in der seit dem 1. Januar 1963 gültigen Fassung, auf den er sich stützt, gegen zwingendes Recht verstößt. Der HVM beruht auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 368 f Abs. 1 Sätze 3 bis 5 RVO. Von den verschiedenen Gesichtspunkten, die hiernach bei der Festsetzung des HVM zu beachten sind (Sätze 4 und 5 aaO), kann nur die Sollvorschrift in Satz 5 - wonach der HVM zugleich sicherstellen soll, daß eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes verhütet wird - eine Honorarbegrenzung rechtfertigen. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 27. Januar 1965 (BSG 22, 218, 220) näher dargelegt hat, soll mit dem Mittel des HVM u. a. der Gefahr begegnet werden, daß dem Versicherten nicht die zweckmäßige und ausreichende, d. h. gründliche und sorgfältige ärztliche Versorgung zuteil wird, auf die er Anspruch hat. Durch entsprechende Gestaltung des HVM soll dem überbeschäftigten Kassenarzt, der infolge seiner übermäßigen Inanspruchnahme nicht mehr in der Lage ist, die Versicherten in einem dem Leitbild des Gesetzes entsprechenden Umfang ärztlich zu betreuen, eindringlich vor Augen gehalten werden, daß das Übermaß seiner kassenärztlichen Tätigkeit vom Gesetz mißbilligt wird.
§ 8 Abs. 1 des HVM der beklagten KÄV trifft jedoch auch den verhältnismäßig wenig in Anspruch genommenen Kassenarzt, der - wie der Kläger: 101 RVO-Patienten in IV/1964 - allenfalls in der Gefahr steht, den einzelnen Versicherten über das notwendige Maß hinaus, d. h. zu viel zu behandeln. Auch der wenig beschäftigte Kassenarzt wird nach § 8 Abs. 1 HVM in seinen Grundleistungen auf einen Begrenzungswert je Behandlungsfall beschränkt, der zwar höher als bei stärker beschäftigten Kassenärzten liegt, dessen ungeachtet aber zu erheblichen Honorarabstrichen führen kann. Beim Kläger hat die Abrechnungsstelle unter formal richtiger Anwendung des § 8 Abs. 1 HVM die Honorarforderung für Grundleistungen von rd. 5.006 DM um 2.706 DM auf rd. 2.300 DM herabgesetzt.
Ein solcher schematischer Honorarabstrich ist durch § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO nicht gedeckt. Das mit dieser gesetzlichen Ermächtigung erstrebte Ziel, der übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes entgegenzuwirken und damit auf eine gründliche und sorgfältige ärztliche Betreuung der Versicherten hinzuwirken, wird mit diesem HVM nicht erreicht insofern, als er auch den vom Gesetz nicht gemeinten Kassenarzt trifft.
Offensichtlich hat die beklagte KÄV mit dieser Gestaltung des HVM wenigstens bei den Grundleistungen erreichen wollen, daß die den Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen übertragene Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen zu überwachen (§ 368 n Abs. 4 RVO), im allgemeinen überflüssig wird. Sie hat dergestalt zwei Aufgaben miteinander verquickt, die durchaus verschieden sind und nach der Eigenart ihrer Zielsetzung auch unterschiedliche Methoden verlangen. Die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung "im einzelnen" läßt keine rechnerisch-schematische Honorarbegrenzung zu, sondern verlangt eine individuelle Prüfung der Kassenpraxis unter Berücksichtigung ihrer Besonderheiten daraufhin, ob das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet ist. Wegen dieser Aufgabenstellung, die zu ihrer Bewältigung umfassendes ärztliches Erfahrungswissen erfordert, hat das Gesetz die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen den in § 368 n Abs. 4 RVO genannten Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen vorbehalten. Mit der schematischen Honorarbegrenzung nach § 8 Abs. 1 HVM, die von der Abrechnungsstelle der beklagten KÄV ohne Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten der kassenärztlichen Praxis durchgeführt wird, also gerade kein Prüfverfahren ist, wird somit dem vom Gesetz allein für die Überwachung des Wirtschaftlichkeitsgebots vorgesehenen Prüfverfahren in unzulässiger Weise vorgegriffen.
§ 8 Abs. 1 HVM verstößt demnach sowohl gegen § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO als auch gegen § 368 n Abs. 4 RVO.
Mangels eines gültigen HVM durfte die beklagte KÄV aber nicht die Honorarforderung des Klägers für Grundleistungen einer Honorarbegrenzung unterziehen. Der angefochtene Bescheid ist aufzuheben, wie das SG im Ergebnis zutreffend entschieden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen