Leitsatz (amtlich)

Die Städtische Versicherungsanstalt für Arbeitsunfähigkeit und Alter in Reichenberg (Sudetenland) war in der Zeit vom 1938-10-01 bis zum April 1945 kein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (Vergleiche BSG 1958-01-15 1 RA 136/57 = BSGE 6, 263; Vergleiche BSG 1962-01-25 12/3 RJ 104/57 = SozR Nr 16 zu FremdRG 3 1).

 

Normenkette

SVFAG § 1 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. November 1962 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der frühere Ehemann der Klägerin war von Oktober 1915 bis zum März 1946 Heizer im Gaswerk der Stadtwerke R (Sudetenland) gewesen. Dort sind für ihn Beiträge zu der von der Stadt R gegründeten Städtischen Versicherungsanstalt für Arbeitsunfähigkeit und Alter ( StVAR ) geleistet worden. Nach seiner Vertreibung aus der Tschechoslowakei war er 1946/47 neun Monate lang als Hilfsarbeiter in Bayern beschäftigt und bei der Beklagten pflichtversichert. Am 14. Oktober 1953 ist er gestorben.

Durch Bescheid vom 19. Dezember 1960 hatte die Beklagte der Klägerin Hinterbliebenenrente auf Grund des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93) vom 1. Januar 1959 an bewilligt. In Ausführung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Januar 1962 (SozR FremdRG § 1 Bl. Aa 14) hat die Beklagte durch Bescheid vom 18. Juni 1962 der Klägerin Witwenrente auch für die Zeit vom 1. November 1953 bis zum 31. Dezember 1958 auf Grund des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (FAG) vom 7. August 1953 (BGBl I 848) gewährt, dabei jedoch von der früheren Beitragszeit bei der StVAR nur diejenige vom 1. Juli 1926 bis 30. September 1938 berücksichtigt. Die Anrechnung der in der Zeit vom 1. Oktober 1938 bis April 1945 zur StVAR entrichteten Beiträge hat sie mit der Begründung abgelehnt, mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 an sei im Sudetenland die Reichsversicherung eingeführt worden, weshalb von diesem Termin an Beiträge zur Reichsversicherung hätten abgeführt werden müssen; das sei aber unterblieben. Die Beiträge seien auch nicht nachentrichtet worden; schließlich könne die genannte Beitragszeit zur StVAR auch nicht ersatzweise herangezogen werden. Damit entfalle die Möglichkeit einer Anrechnung.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, ihr früherer Ehemann sei in der Zeit vom Oktober 1938 bis zum April 1945 ebenfalls wegen seiner Zugehörigkeit zur StVAR bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des FAG versichert gewesen. Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 18. Juni 1962 zu verurteilen, die vom Versicherten bei der StVAR vom 1. Oktober 1938 bis einschließlich April 1945 zurückgelegten Beitragszeiten rentensteigernd anzurechnen.

Das Sozialgericht (SG) Augsburg hat durch Urteil vom 27. November 1962 die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, streitig sei allein die Höhe der der Klägerin aus dem Versicherungsverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes für die Zeit vom 1. November 1953 bis zum 31. Dezember 1958 zustehenden Witwenrente. Hierbei handele es sich darum, ob bei der Berechnung der Rente die in der Zeit vom 1. Oktober 1938 bis April 1945 bei der StVAR zurückgelegten Beitragszeiten zu berücksichtigen seien. Das Klagebegehren könne nur auf die Bestimmungen des bis zum 31. Dezember 1958 geltenden FAG gestützt werden, da zusätzliche gemäß §§ 15 und 16 des Fremdrentengesetzes (FRG) i. d. F. des FANG anzurechnende Zeiten die Rentenhöhe erst für Bezugszeiten ab 1. Januar 1959 beeinflussen könnten (Art. 6 § 24 FANG).

Von vornherein habe auszuscheiden, daß es sich bei der StVAR vom 1. Oktober 1938 an um einen deutschen Versicherungsträger i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 FAG gehandelt habe. Die Legaldefinition des § 1 Abs. 7 FAG verbiete eine solche Annahme, weil die StVAR bis zum Kriegsende weiterhin auf Grund der am 27. Juni 1932 beschlossenen und vom zuständigen tschechoslowakischen Ministerium genehmigten Satzung der Stadt Reichenberg sowohl die Beiträge eingezogen als auch Leistungen bewirkt habe. Es handele sich damit bei der StVAR nicht um einen Versicherungsträger, der die Sozialversicherung nach reichsrechtlichen Vorschriften durchgeführt habe. Es sei aber auch nicht möglich, die ab 1. Oktober 1938 bei ihr zurückgelegten Zeiten aus sonstigen Gründen als bei einem deutschen Versicherungsträger zurückgelegt gelten zu lassen. Durch § 1 Abs. 1 der Verordnung über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 12. Oktober 1938 (RGBl I 1437) sei mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 dort die Reichsversicherungsordnung (RVO) eingeführt worden. Durch spätere Bestimmungen, so vor allem durch die sogenannte Sudetenverordnung (Sudeten-VO) vom 27. Juli 1940 (RGBl I 957), sei dieser Rechtszustand gefestigt und für endgültig erklärt worden. Damit sei die rechtliche Grundlage für die bisherige Versicherungsfreiheit der Bediensteten der Stadt Reichenberg im Rahmen des bis dahin geltenden tschechoslowakischen Gesetzes betreffend die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters (SVG) entfallen. Dieses Gesetz und die hierdurch eingeräumte Möglichkeit, wegen anderweitiger gleichwertiger Ansprüche Versicherungsfreiheit in Anspruch zu nehmen (vgl. § 6 SVG), hätten sonach mit der Eingliederung des Sudetenlandes in das Deutsche Reich keine Wirkungen mehr entfalten können. Die bisherige Versicherungsfreiheit habe insbesondere nicht im Rahmen des § 1234 RVO in der damals geltenden Fassung nach Reichsrecht weiterbestanden. Hinsichtlich des in Betracht kommenden Personenkreises sei eine Entscheidung nach § 1234 Abs. 2 RVO aF. weder beantragt worden noch ergangen. Der Ehemann der Klägerin hätte auch auf sonstige Art keine Befreiung von seiner Versicherungspflicht nach Reichsrecht herbeiführen können, er habe mithin ab 1. Oktober 1938 (ebenso wie die übrigen Bediensteten der Stadt R) uneingeschränkt der Versicherungspflicht nach Reichsrecht unterlegen. Eine Versicherung nach der RVO sei aber nicht durchgeführt worden. Trotz der eindeutigen Rechtslage seien ab Oktober 1938 für die damals vorhandenen und weiterbeschäftigten Bediensteten der Stadtwerke Reichenberg keine Beiträge nach den Vorschriften der RVO an die an und für sich zuständige Landesversicherungsanstalt (LVA) Sudetenland abgeführt worden. Die Rechtsverhältnisse der Angehörigen der StVAR seien auch nicht in irgend einer Form auf die "nach der neuen Rechtslage geltenden Verhältnisse" übergeleitet worden, obwohl dies notwendig gewesen sei. Insbesondere sei für die Angehörigen der StVAR weder eine Nachversicherung noch eine Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 33 Abs. 2 der Sudeten-VO in Verbindung mit § 1242 a RVO aF durchgeführt worden. Dem tatsächlichen Fortbestehen der Versicherungsanstalt sei auch sonst keine Rechtsgrundlage gegeben worden. Wohl habe die StVAR nach dem 30. September 1938 von ihren alten Mitgliedern noch satzungsgemäße Beiträge eingefordert und Leistungen auf Grund der Satzung gewährt. Deswegen könne die StVAR jedoch noch nicht als reichsgesetzliche Sonderanstalt der Invalidenversicherung anerkannt werden, weil insoweit eine Rechtsgrundlage gefehlt habe (§ 1360 RVO i. d. F. des Gesetzes über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937 - RGBl I 1393 -). Der insgesamt der Rechtslage nicht entsprechende, unbefriedigende und offensichtlich nur vorläufig und stillschweigend geduldete Zustand habe noch bei Kriegsende einer Regelung geharrt. Offen und regelungsbedürftig sei nicht nur gewesen, wie die bis zum 30. September 1938 bei der StVAR zurückgelegten Zeiten behandelt werden sollten, sondern weiter vor allem, wie die ab 1. Oktober 1938 tatsächlich weiter bestehenden Verhältnisse dem geltenden Rechtszustand anzupassen waren. Nach dem Ende des Krieges und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches sei diese Aufgabe auf den nunmehr zuständigen Gesetzgeber übergegangen. Der Bundesgesetzgeber habe eine solche Regelung indes weder im FAG noch im FANG getroffen und auch gar nicht treffen wollen, weil er der Auffassung gewesen sei, daß es sich bei den sogenannten Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte um ein besonderes Versorgungssystem gehandelt habe, das weder unter das FAG noch unter das FANG falle. Hiernach habe der Ehemann der Klägerin ab 1. Oktober 1938 Beiträge zu einem Institut geleistet, das weder nach Reichsrecht noch nach Bundesrecht als deutscher Versicherungsträger qualifiziert werden könne. Versicherungszeiten nach § 4 FAG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 FAG lägen mithin nicht vor.

Schließlich könnten die streitigen Beitragszeiten nicht als bei einem nicht deutschen Versicherungsträger im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 FAG zurückgelegt angesehen werden. Diese Möglichkeit ergebe sich insbesondere nicht etwa aus einem Umkehrschluß aus § 1 Abs. 7 FAG. Zwar habe die StVAR ihren Sitz außerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 gehabt, ferner habe sie die Sozialversicherung nicht nach reichsrechtlichen Vorschriften durchgeführt. Gleichwohl sei ihre Anerkennung als nicht deutscher Versicherungsträger ausgeschlossen. Ein solcher könne einmal nur dann bestanden haben, wenn der bei ihm versicherte Personenkreis nicht nach Reichsrecht versicherungspflichtig gewesen sei. Schon hieran fehle es. Außerdem hätte die StVAR die Sozialversicherung nicht mehr nach tschechischem Recht durchführen können, weil mit der Einführung der deutschen Sozialversicherung im Sudetenland die Möglichkeit entfallen sei, nach der RVO versicherungspflichtige Personen nach tschechischem Recht zu behandeln.

Nach alledem falle die StVAR während der Zeit der Eingliederung des Sudetenlandes in das Deutsche Reich unter keine der in § 1 Abs. 2 FAG genannten Alternativen. Eine Regelung, die es ermöglichen würde, die bei ihr zurückgelegten Versicherungszeiten während der genannten Zeit zu berücksichtigen, habe der Reichsgesetzgeber nicht mehr und der Bundesgesetzgeber mit Absicht nicht getroffen, soweit es sich um Rentenbezugszeiten vor Inkrafttreten der §§ 15 und 16 FRG (1. Januar 1959) handle. Nachdem der Gesetzgeber insoweit bewußt eine Lücke gelassen habe, finde die beanspruchte rentensteigernde Anrechnung jener Zeit im Gesetz keine Stütze, so daß der angefochtene Bescheid richtig sei und die gegen ihn erhobene Klage als unbegründet hätte abgewiesen werden müssen.

Das SG hat die Berufung nach § 150 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassen, weil lediglich über Rentenansprüche bis zum 31. Dezember 1958, also für bereits abgelaufene Zeiträume, zu entscheiden gewesen sei und deshalb an sich die Berufung kraft Gesetzes ausgeschlossen sei (§ 146 SGG); die zu entscheidenden Rechtsfragen hätten jedoch grundsätzliche Bedeutung.

Die Klägerin hat mit Einwilligung der Beklagten Sprungrevision eingelegt mit dem Antrag,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie des Bescheides der Beklagten vom 18. Juni 1962 diese zu verurteilen, die vom Versicherten bei der StVAR vom 1. Oktober 1938 bis einschließlich April 1945 zurückgelegten Beitragszeiten rentensteigernd zu berücksichtigen.

Sie ist der Ansicht, zweifellos habe der Gesetzgeber bei der Eingliederung der sudetendeutschen Gebiete in das Deutsche Reich (1938) die Absicht gehabt, in der Sozialversicherung die Grundsätze des reichsdeutschen Rechts möglichst sofort und vollkommen in diesen Gebieten einzuführen. Da dies aber wegen der besonderen damaligen Umstände bei den Angehörigen des Arbeiterpensionsfonds der sudetendeutschen Städte in der Tschechoslowakei nicht ohne weiteres möglich gewesen sei, habe er für sie eine Nachversicherung vorgesehen (§ 33 Abs. 2 Sudeten-VO). Das Reichsversicherungsamt (RVA) habe indes erst am 19. Mai 1944 (AN 1944, 138) die näheren Einzelheiten auf Grund der Ermächtigung des § 33 Abs. 2 der Sudeten-VO geregelt. Zur Durchführung der Nachversicherung sei es sodann wegen der Kriegsverhältnisse nicht mehr gekommen. Damit handle es sich um ein Problem der ergänzenden Rechtsfindung. Das habe das Vordergericht übersehen, indem es annehme, den Rechtsstreit nach der "reinen Gesetzeslage" entscheiden zu müssen. Der Gesetzgeber habe vom 1. Oktober 1938 an im Sudetenland sämtliche invalidenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse bei der LVA Sudetenland vereinigen wollen. Hätte diese Entwicklungstendenz des Gesetzes ihren ungestörten Fortgang genommen, dann wäre eines Tages das Vermögen der StVAR auf die LVA Sudetenland übertragen und die Mitglieder dort nachversichert worden. Bis dahin habe der Gesetzgeber es bewußt unterlassen, für die bei den Arbeiterpensionsfonds versicherten Arbeitnehmer eine Übergangsregelung zu schaffen. Er habe also absichtlich eine Gesetzeslücke eintreten lassen. In solchen Fällen sei eine Rechtsfindung im Wege der Analogie in der Form zulässig und geboten, daß die Arbeiterpensionsfonds der LVA Sudetenland gleichgestellt würden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

da das angefochtene Urteil richtig sei.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 161 SGG statthafte Revision ist nicht begründet. Das SG hat mit im wesentlichen zutreffender Begründung die Klage abgewiesen.

Das frühere FAG beruhte auf dem sogenannten Ersatzleistungs- bzw. Entschädigungsprinzip, d. h. es wollte dem Versicherten einen Ausgleich für den Verlust seiner bisherigen Ansprüche und Anwartschaften aus einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis seines Herkunftslandes gewähren. Der Versicherungsträger des Bundesgebiets trat nach diesem Gedanken vorlageweise für den ursprünglich verpflichteten Versicherungsträger ein. Nach § 4 Abs. 1 FAG waren deshalb vom westdeutschen Versicherungsträger diejenigen außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik und des Landes Berlin zurückgelegten Versicherungszeiten für Wartezeit, Anwartschaft und Rentenberechnung wie die in den Rentenversicherungen im Bundesgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen, die bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 FAG zurückgelegt oder von ihm zu berücksichtigen waren. Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne dieses Gesetzes waren für Vertriebene, wie es die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann sind, nicht mehr bestehende, stillgelegte oder außerhalb der Bundesrepublik und des Landes Berlin befindliche deutsche Versicherungsträger (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 FAG) sowie nicht deutsche Versicherungsträger, bei denen eine gesetzliche Rentenversicherung bestand (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 FAG), oder deren Verpflichtungen, die aus einem bei ihnen bestehenden Versicherungsverhältnis entstanden waren, nach Reichsrecht auf einen deutschen Versicherungsträger übergegangen waren (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 FAG). Das FAG unterschied damit zwischen deutschen und nicht deutschen Versicherungsverhältnissen, wobei ein deutsches Versicherungsverhältnis auch dann vorlag, wenn die beim Versicherungsträger des Herkunftslandes erworbenen Rentenansprüche bzw. Rentenanwartschaften auf einen Träger der Reichsversicherung übergegangen waren.

Was unter einer gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, hat das FAG nicht definiert. Nach seinem Sinn und Zweck, erworbene Anwartschaften auf Sozialleistungen zu schützen, soweit sie öffentlich-rechtlicher Art sind, ergibt sich jedoch, daß als "gesetzliche Rentenversicherung" bei einem nicht deutschen Versicherungsträger jedes soziale Sicherungssystem zu gelten hat, das im wesentlichen auf einer öffentlich-rechtlich geregelten Pflichtzugehörigkeit für einen bestimmten Personenkreis mit einem irgendwie gestalteten Beitragsaufkommen aufgebaut ist und das gesetzlich oder satzungsmäßig unter bestimmten Voraussetzungen wiederkehrende Leistungen (Renten) vorsieht (BSG 6, 263).

Bis zur Übernahme der Verwaltung der sudetendeutschen Gebiete durch das Deutsche Reich am 1. Oktober 1938 (vgl. Erl. vom 1. Oktober 1938, RGBl I 1331) war die StVAR jedoch nach Ansicht des Senats kein gesetzlicher Rentenversicherungsträger in diesem Sinne, und zwar weder nach tschechoslowakischem Recht noch nach den Bestimmungen des FAG.

Die gesetzliche Rentenversicherung für Arbeiter war in der Tschechoslowakei im Gegensatz zu der Angestelltenversicherung (Pensionsversicherung der Privatangestellten) erst verhältnismäßig spät eingeführt worden, und zwar nach § 148 Abs. 3 des Gesetzes vom 10. Juni 1925 betr. die Versicherung der selbständig wirtschaftenden Personen für den Fall der Invalidität und des Alters mit Wirkung vom 1. Juli 1926 an. Sie beruhte auf dem Gesetz vom 9. Oktober 1924 betr. die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters. Die Vorschriften dieses Gesetzes sind u. a. durch ein Gesetz vom 8. November 1928 teilweise abgeändert oder ersetzt worden und schließlich durch eine Kundmachung des Ministers für soziale Fürsorge vom 25. Juli 1934 neu formuliert und bekannt gemacht worden. Nach §§ 6 Buchst. a, 5 Buchst. a der alten bzw. §§ 6 Buchst. a, 5 Buchst. b SVG in der Fassung der Kundmachung des Ministers für soziale Fürsorge vom 25. Juli 1934 waren von der Invaliditäts- und Altersversicherungspflicht ausgeschlossen(ursprüngliche Fassung) bzw. ausgenommen (spätere Fassung) u. a. die Bediensteten der Bezirke und Gemeinden, die für den Fall der Invalidität und des Alters Ansprüche hatten, die den Leistungen mindestens gleichwertig waren, auf die sie nach dem SVG einen Anspruch hätten erwerben können. Nach den vom SG getroffenen Feststellungen hat der tschechoslowakische Minister für soziale Fürsorge die Ansprüche gegen die StVAR entsprechend dieser Vorschrift des SVG als gleichwertig anerkannt.

Damit waren die Mitglieder dieser Versicherungsanstalt von der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ausgenommen. Dabei zeigt eine nähere Betrachtung der in §§ 6 a), 5 a) SVG aF und §§ 6 a), 5 b) SVG nF aufgeführten Personenkreise eindeutig, daß der tschechoslowakische Gesetzgeber insoweit an eine echte Versicherungsfreiheit und nicht etwa an irgend eine Art von Ersatztatbeständen für an sich versicherungspflichtige Personen gedacht hat. Dies ergibt sich u. a. daraus, daß § 6 a) SVG nF auf § 5 b) SVG nF Bezug nimmt und hier (ebenso wie in den entsprechenden früheren Vorschriften) einerseits nur, andererseits aber auch alle Staats-, Landes- und Kommunalbediensteten sowie die Bediensteten der öffentlichen Korporationen und Anstalten einschließlich der Länder, Bezirke und Gemeinden erwähnt (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats vom 18. Oktober 1961, BSG 15, 142, 145), bei denen dem SVG gleichwertige Leistungen gewährleistet sind. Die Rechtslage war hier somit grundsätzlich anders als bei Privatangestellten in höheren Diensten, die in der tschechoslowakischen Republik ihrer Versicherungspflicht auch dadurch nachkommen konnten, daß sie statt der Allgemeinen Pensionsanstalt in Prag besonderen Ersatzinstituten angehörten, und die StVAR war damit im Gegensatz zu den Ersatzinstituten kein Träger der gesetzlichen tschechoslowakischen Rentenversicherung. Dementsprechend war beim Übertritt eines bisher nach §§ 6 a), 5 b) SVG versicherungsfreien Arbeitnehmers in eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht, wie sonst, der den bisher erworbenen Ansprüchen entsprechende Überweisungsbetrag an die Zentralsozialversicherungsanstalt in Prag auszufolgen, sondern ein besonderer Überweisungsbetrag, der so zu berechnen war, als ob der Arbeitnehmer bei der genannten Versicherungsanstalt versichert gewesen wäre (§ 240 Abs. 2 SVG). Hierzu bestimmte weiter die Satzung der StVAR (§ 36), daß dieser Überweisungsbetrag so zu berechnen war, als wenn der Bedienstete während der gesamten Dauer seiner Dienstleistung bei der Stadtgemeinde bei der Zentralsozialversicherungsanstalt in der Lohnklasse D versichert gewesen wäre, während ein etwaiger Mehrbetrag, d. h., falls die Summe der vom Versicherten an die StVAR gezahlten Beiträge diesen Überweisungsbetrag überstieg, an ihn auszuzahlen war. Schließlich kam die Sonderstellung der Bediensteten der Stadt Reichenberg auch darin zum Ausdruck, daß über etwaige Streitigkeiten aus dem Versicherungsverhältnis nicht, wie sonst, das Versicherungsgericht und, auf Berufungen und Beschwerden, das Versicherungsobergericht entschied, sondern der Stadtrat und im Falle einer Berufung die Stadtvertretung.

Der danach für die Versicherten der StVAR vorgesehene Ausschluß von der allgemeinen Rentenversicherungspflicht entsprach dem § 1234 RVO aF, der ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen für alle Staats- und Kommunalbediensteten eine kraft Gesetzes eintretende Versicherungsfreiheit vorsah, und zwar unabhängig davon, ob die Beschäftigung auf Grund eines öffentlich-rechtlichen oder eines privatrechtlichen Verhältnisses stattfand, sofern ihnen auf andere Weise eine Anwartschaft auf Leistungen gewährleistet war, die den entsprechenden Leistungen der allgemeinen Rentenversicherung mindestens gleichwertig waren. Außerdem hielten sich die genannten Bestimmungen des tschechoslowakischen Rechts im Rahmen international allgemein gültiger Regelungen. Danach hat es schon seit langem eine Versicherungsfreiheit für Personen gegeben, denen für den Fall der Invalidität, des Alters und des Todes auf Grund von Gesetz, Verordnung oder Sondersatzung Leistungen zustanden, die den sonstigen im ganzen mindestens gleichwertig sind, vgl. jeweils die Art. 2 Abs. 3 der Übereinkommen Nr. 35, 37 und 39 der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf vom Jahre 1933. Darin lag aber zugleich die Bestätigung, daß diese "versicherungsfreien" Personen nicht Mitglieder der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung waren, und die Einrichtungen, die statt dieser die Zukunftssicherung übernahmen, keine Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die sogenannten Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte können damit nicht den Ersatzinstituten der tschechoslowakischen Pensionsversicherung der Angestellten in höheren Diensten gleichgestellt werden. Alleiniger Träger der tschechischen Rentenversicherung der Arbeiter war ausschließlich die Zentralsozialversicherungsanstalt in Prag (§ 74 SVG). Die genannten Pensionsfonds stellten demgegenüber Systeme dar, die zur Sicherung der Beschäftigten im städtischen Dienst geschaffen waren, und zwar in der Form einer nichtstaatlichen Versicherungsanstalt, bei der die gewährten Leistungen ihre Grundlage vorwiegend in dem bestehenden Dienst- und Arbeitsverhältnis hatten (BSG 6, 263, 265; SozR G 131 § 72 Bl. Aa 3 Nr. 2). Da die Leistungen außerdem die in der allgemeinen Sozialversicherung gewährten bei weitem überstiegen, waren die davon Begünstigten von der allgemeinen Sozialversicherungspflicht befreit. Die StVAR war somit nach tschechischem Recht kein gesetzlicher Rentenversicherungsträger.

Dieser Rechtslage hat der deutsche Gesetzgeber in der Folgezeit stets Rechnung getragen. So war in § 7 des Erlasses vom 1. Oktober 1938 über die Verwaltung der sudetendeutschen Gebiete die Ermächtigung zur Einführung des Reichsrechts ausgesprochen worden. Für die Rentenversicherung der Arbeiter war von dieser Ermächtigung dahin Gebrauch gemacht worden, daß in jenen Gebieten vom 1. Oktober 1938 an die RVO nach § 1 der Verordnung über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 12. Oktober 1938 (RGBl I 1437) zunächst vorläufig, durch die Verordnung über die endgültige Regelung der Reichsversicherung in den ehemaligen tschechoslowakischen, dem Deutschen Reich eingegliederten Gebieten (Sudeten-VO) vom 27. Juni 1940 (RGBl I 957) endgültig eingeführt wurde. Die Sudeten-VO regelte für die sudetendeutschen Gebiete ferner zusammen mit dem Abkommen vom 14. März 1940 über die Auseinandersetzung auf dem Gebiete der Sozialversicherung aus Anlaß der Eingliederung von ehemaligen tschechoslowakischen Gebieten in das Deutsche Reich (RGBl II 107; AN 1940, 186) den Übergang der tschechoslowakischen Versicherung in die Reichsversicherung (vgl. hierzu im einzelnen Dobbernack, Die Regelung der Reichsversicherung in den ehemaligen tschechoslowakischen, dem Deutschen Reich eingegliederten Gebieten, AN 1940, 286; Hartrath, Das Sonderrecht der Rentenversicherungen in den sudetendeutschen Gebieten, AN 1943, 317; derselbe, Über die Sozialversicherung im Sudetenland und dem ehemaligen Protektorat Böhmen und Mähren, ZfS 1950, 117). Danach wurden grundsätzlich in den sudetendeutschen Gebieten die dortigen Sozialversicherungsverhältnisse insbesondere die bisher zurückgelegten Versicherungszeiten (Anwartschaften), von den Trägern der Reichsversicherung übernommen, wobei als Gegenleistung hierfür ein besonderer Finanzausgleich vorgesehen war. Hierzu wurden aber die Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte und damit die StVAR nicht gezählt, sie sind deshalb weder in dem Abkommen vom 14. März 1940 noch in den hierzu abgeschlossenen späteren Zusatzvereinbarungen (vgl. im einzelnen die erste Zusatzvereinbarung vom 5. November 1940, AN 1940, 394 sowie die zweite Zusatzvereinbarung vom 30. Juli 1943, AN 1943, 390) erwähnt. Statt dessen wurde durch § 33 Abs. 2 Sudeten-VO in Verbindung mit den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 19. Mai 1944 - AN II 138 - für Versicherte, die nach tschechoslowakischem Recht von der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ausgenommen waren, vorgeschrieben, daß sie für die nach deutschem Recht versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten vor dem 1. Oktober 1938 bei dem deutschen Rentenversicherungsträger nachzuversichern waren. Die Anordnung dieser, im übrigen nicht durchgeführten Nachversicherung wäre unverständlich gewesen, wenn die Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte als eine Art Ersatzinstitut der tschechoslowakischen Arbeiterrentenversicherung angesehen worden wären. Vielmehr galten sie als eine besondere nicht staatliche Versicherungsanstalt für öffentliche Bedienstete.

Derselben Auffassung war der Bundesgesetzgeber, der weitgehend den Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf gefolgt ist und insbesondere den in der internationalen Terminologie für Sozialversicherungsabkommen gebräuchlichen Begriff "System der sozialen Sicherung" übernommen hat. So heißt es z. B. in dem vorläufigen Europäischen Abkommen über die Systeme der sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen vom 11. Dezember 1953 (BGBl II 531), dieses Abkommen finde keine Anwendung auf "die Sondersysteme für öffentliche Bedienstete" (Art. 1 Abs. 2). Damit ist zunächst wiederum anerkannt, daß derartige Sondersysteme keine gesetzliche Rentenversicherung bedeuten, vielmehr dem u. a. in § 1234 RVO aF zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Grundsatz Rechnung tragen sollen, daß die Angehörigen des öffentlichen Dienstes eine Sonderstellung sollten genießen können und ohne Rücksicht darauf, ob sie in einem öffentlich-rechtlichen oder privat-rechtlichen Dienstverhältnis standen, von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Invalidenversicherung sollten ausgenommen sein können, weil man davon ausging, daß sie ihre Lebensaufgabe im öffentlichen Dienst sehen und dafür vom Staat, den Gemeinden und den übrigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften eine Sonderstellung mit bevorzugtem Schutz vor einer Entlassung und eine bevorzugte Alters- und Invalidensicherung erhielten.

In Übereinstimmung mit diesen Grundgedanken heißt es schließlich in § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG i. d. F. des FANG nunmehr zunächst, daß als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Fremdrentenrechts jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen ist, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Diese Formulierung stellte eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Recht dar, da nach der Rechtsprechung des BSG als eine Rentenversicherung bei einem nicht deutschen Versicherungsträger nur ein soziales Sicherungssystem gelten sollte, das gesetzlich oder satzungsmäßig öffentlich-rechtliche Ansprüche (Renten) für den Fall einer vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters "und" des Todes vorsah. Darüber hinaus heißt es in weiterer Verbesserung des früheren Rechtsstandes in § 15 Abs. 2 Satz 2 FRG noch, daß, sofern durch die Zugehörigkeit zu einer anderen Einrichtung dem Erfordernis, einem der in Satz 1 genannten Systeme anzugehören, Genüge geleistet wird, auch die betreffende Einrichtung als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen ist, und zwar sogar für Zeiten bis zum 31. Dezember 1890 zurück, in denen es ein System der in Satz 1 genannten Art noch nicht gegeben hat. Damit wären an sich sogar die Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte im FRG nunmehr als gesetzliche Rentenversicherungsträger anerkannt worden. Um nicht mit dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht zu kollidieren, nach welchem die Pensionssysteme für Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Gegensatz zu der gesetzlichen Rentenversicherung als System der sozialen Sicherheit für die übrigen Beschäftigten stehen, bestimmt jedoch § 15 Abs. 2 Satz 3 wiederum ausdrücklich, daß als gesetzliche Rentenversicherung nicht Systeme gelten, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind.

Um u. a. diesen Personen trotzdem zu helfen, ist § 16 FRG geschaffen worden, durch den für Vertriebene bisherige Beschäftigungszeiten, für die keine Beiträge zu einer gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden waren, Versicherungszeiten gleichgestellt werden. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung zum FANG (Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucks. Nr. 1109, Seite 40 zu § 16, Abs. 2), mit der Anrechnung von Beschäftigungszeiten werde zugleich das Problem der Abgrenzung des von den gesetzlichen Rentenversicherungen zu betreuenden Personenkreises zum Personenkreis des G 131 in einer befriedigenderen Weise als bisher gelöst. Nach der derzeitigen Rechtslage gebe es zahlreiche größere oder kleinere Gruppen von Vertriebenen und Flüchtlingen, die durch die Vertreibung oder Flucht ihre Versorgungsanwartschaften verloren haben, ohne daß es ihnen gelungen wäre, Ersatz dafür zu erhalten. Sie fielen weder unter das FAG noch unter das G 131, obwohl ihnen nach dem Recht ihres Herkunftslandes Anwartschaft auf eine der Sozialversicherung oder der Versorgung im öffentlichen Dienst entsprechende Leistung für den Fall der Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes gewährleistet war. Unter das G 131 fielen sie nicht, weil sich dieses Gesetz nur auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten im öffentlichen Dienst beschränkt. Als Beispiel seien die Mitglieder der Arbeiterpensionsfonds der sudetendeutschen Städte erwähnt. Diese Personen in die gesetzlichen Rentenversicherungen einzubeziehen, rechtfertige sich unter dem Gesichtspunkt, daß sie eine Beschäftigung verrichteten, die ihrer Natur nach Versicherungspflicht in den Rentenversicherungen begründete, von der Versicherungspflicht aber wegen der anderweitigen Gewährleistung von Versorgungsanwartschaften kraft Gesetzes frei oder befreit waren. Nachdem diese Versorgungsanwartschaften erloschen seien, eine Nachversicherung jedoch nicht mehr möglich sei, weil der Dienstherr weggefallen ist, erscheine es billig, diese Personen in die gesetzlichen Rentenversicherungen einzubeziehen. Wiederum ist der Gesetzgeber hier also davon ausgegangen, daß die Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte keine gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Fremdrentenrechts darstellten.

Der erkennende Senat ist somit im Gegensatz zu den Ausführungen des 12. Senats in dem eingangs erwähnten Urteil vom 25. Januar 1962 der Auffassung, daß die StVAR bis zum Anschluß des Sudetenlandes an das Großdeutsche Reich weder ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des tschechischen Rechts noch ein ausländischer Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des FAG war. Wegen dieser Abweichung brauchte jedoch der Große Senat nicht angerufen zu werden, da der 12. Senat es ausdrücklich offengelassen hat, wie über die Anrechnung der Zeit vom 1. Oktober 1938 an zu entscheiden ist, gerade und nur diese Zeit aber der Entscheidung des erkennenden Senats unterliegt und vom 1. Oktober 1938 an die Rechtslage grundlegend anders war, weil die sudetendeutschen Gebiete von jenem Tage an nicht mehr zur Tschechoslowakei gehörten und die deutsche Reichsversicherung eingeführt war. Die StVAR kann daher jedenfalls von Oktober 1938 an schon aus diesem Grunde kein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des tschechischen Rechts gewesen sein oder als ausländischer Versicherungsträger nach dem FAG angesehen werden.

Seitdem war die StVAR aber auch kein deutscher Versicherungsträger. Dies scheitert daran, daß sie, worauf das SG mit Recht hinweist, für ihre alten Mitglieder die Reichsversicherung nicht durchgeführt hat, sondern nach dem bisherigen Rechtszustand weiterverfahren ist. Dabei vermag der Klägerin nicht einmal § 1250 RVO i. d. F. des Art. 2 FANG zu helfen. Zwar sind danach anrechnungsfähige Versicherungszeiten u. a. alle Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragszeiten). Denn obwohl dem Versicherten Beiträge zur "Versicherung" einbehalten worden sind, kann gleichwohl die Fiktion des hier in Betracht kommenden § 11 Abs. 3 der Durchführungsverordnung vom 15. Juni 1942 zur 2. Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs vom 24. April 1942 (RGBl I 252 und 403) nicht eingreifen, wonach der Beitrag als entrichtet gilt, wenn glaubhaft gemacht ist, daß dem Versicherten auf Grund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sein Beitragsteil abgezogen worden ist. Denn hier steht fest, daß dem Versicherten der nach der RVO zu entrichtende und an die zuständige LVA abzuführende Beitragsanteil nicht abgezogen worden ist, sondern lediglich ein Beitrag zu einer Sonderanstalt, der auch der Höhe nach mit dem an sich zu entrichtenden Beitrag nicht übereinstimmte. Im übrigen ist weder die in § 33 Abs. 2 der Sudeten-VO vorgesehene Nachversicherung erfolgt noch sind später irgendwelche Beiträge entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen zu § 33 Abs. 2 vom 19. Mai 1944 (AN 1944, 138) für die Zeit seit dem 1. Oktober 1938 nachentrichtet worden noch sind die aus dem Versicherungsverhältnis bei der StVAR entstandenen Verpflichtungen nach Reichsrecht auf einen deutschen Versicherungsträger übergegangen, wie das SG im einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Damit hat dieses es zu Recht abgelehnt, die hier streitige Beitragszeit des früheren Ehemannes der Klägerin bei der StVAR rentensteigernd anzurechnen.

Die von der Revision befürwortete "Lückenausfüllung" scheitert daran, daß der Gesetzgeber bewußt davon abgesehen hat, die Pensionsfonds der sudetendeutschen Städte in die Regelung des früheren FAG einzubeziehen, da er sie nicht als Träger einer gesetzlichen Rentenversicherung angesehen hat. Eine dahingehende Regelung verbot sich für ihn schon deswegen, weil der deutsche Gesetzgeber, vom Boden des Entschädigungsprinzips ausgehend, keine Veranlassung sah, sämtliche bei ausländischen Privat- und Sonderversicherungsanstalten zurückgelegten Versicherungszeiten ebenso anzurechnen und zu berücksichtigen wie die bei den ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegten Versicherungszeiten. Daß das Entschädigungsprinzip, das stets auf die Verhältnisse des Herkunftslandes zurückführt, kein besonders geeigneter Ausgangspunkt für eine materielle Gleichstellung der Vertriebenen mit den einheimischen Versicherten ist, hat gerade dazu geführt, daß der Gesetzgeber des FANG sich stattdessen zum Gedanken der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge bekannt hat. Die Sozialgerichte würden aber die Grenze einer zulässigen Auslegung überschreiten, wenn sie diese neuen Gedankengänge bereits auf das alte Recht des FAG übertragen würden und dadurch zu einer erweiterten Auslegung kommen wollten.

Somit mußte die Revision als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380691

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