Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Kläger war in der Zeit von Oktober 1970 bis Juli 1973 Gerichtsreferendar im Dienste des beigeladenen Landes und daneben versicherungspflichtig bei der ebenfalls beigeladenen …Universität beschäftigt. Nach seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Beamtendienst wurde er durch das beigeladene Land nachversichert. Später stellte sich heraus, daß die Summe der in der Zeit vom 1. Januar 1971 bis zum 26. Juli 1973 entrichteten Pflicht- und Nachversicherungsbeiträge die damals geltende Beitragsbemessungsgrenze überstieg. Im Verwaltungsverfahren äußerte der Kläger, daß insoweit die von der beigeladenen Universität entrichteten Pflichtbeiträge zu Unrecht entrichtet und an ihn zurückzuzahlen seien. Die Beklagte entschied, daß nicht die Pflichtbeiträge, sondern die Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 1.383,15 DM zu Unrecht entrichtet seien und überwies diesen Betrag an das beigeladene Land zurück (Bescheid vom 19. Februar 1979). Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1979, Urteil des Sozialgerichts - SG - vom 29. September 1980 und Urteil des Landessozialgerichts - LSG - vom 4. Juni 1981). Das LSG meint, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beitragserstattung. Es seien keine Beiträge zu Unrecht entrichtet worden, die der Kläger zu tragen hatte. Die Pflichtbeiträge seien von der beigeladenen Universität zu Recht entrichtet worden. Mangels einer gleichzeitigen weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung sei damals eine anteilige Kürzung der Beiträge analog § 396 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht in Betracht gekommen. Die Beiträge seien auch nicht nachträglich dadurch unwirksam geworden, daß eine Nachversicherung durchgeführt werden mußte. Vielmehr seien bei der Nachversicherung die zuvor entrichteten Beiträge der Pflichtversicherung zu berücksichtigen (BSGE 11, 278, 285), Es sei nicht systemwidrig, wenn das Gesetz keine Regelung treffe, wonach nachträglich eine anteilige Kürzung vorher erbrachter Pflichtbeiträge erfolge.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger insbesondere Verletzung der §§ 9 und 124 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Das Verfahren zur Durchführung der Nachversicherung schaffe keine Möglichkeit, zu Gunsten des mit der Nachversicherungsbeitragspflicht belasteten Dienstherrn fremde Pflichtversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile die Bescheide der Beklagten vom 19. Februar 1979 und vom 26. Oktober 1979 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 665,82 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die beiden Beigeladenen haben von einer Stellungnahme abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht entschieden, daß die Nachversicherungsbeiträge, soweit sie zusammen mit den bereits entrichteten Pflichtbeiträgen die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, zu Unrecht entrichtet und dem beigeladenen Land zurückzuzahlen sind.
Die Beklagte war an dieser Entscheidung nicht schon dadurch gehindert, daß sie die Nachversicherungsbeiträge zunächst angenommen und dem Kläger hierüber eine Aufrechnungsbescheinigung erteilt hat. Die bei Durchführung der Nachversicherung gem. § 124 Abs. 6 AVG zu erteilende Aufrechnungsbescheinigung entspricht der im Falle einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei Umtausch der Versicherungskarte auszustellenden Aufrechnungsbescheinigung und ist wie diese in der Regel kein Verwaltungsakt, wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits in zwei Urteilen entschieden hat (BSGE 32, 71 und 76; a.A. Koch/Hartmann/v. Altrock/Fürst, Das Angestelltenversicherungsgesetz § 124 Anm. D).
Die Entscheidung der Beklagten erweist sich auch im übrigen als rechtmäßig. Die Beklagte hat die Beitragsbemessungsgrenze bei Durchführung der Nachversicherung gem. Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 4 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 zutreffend berücksichtigt. Der Kläger versteht diese Regelung zu Unrecht dahin, daß das nachzuversichernde Entgelt in jedem Falle bis zur Beitragsbemessungsgrenze versicherungspflichtig sei, so daß im vorliegenden Fall die Beitragsbemessungsgrenze nur hinsichtlich der in der Zweitbeschäftigung erzielten versicherungspflichtigen Entgelte Bedeutung erlangen könnte. Vielmehr ergeben Wortlaut, Sinnzusammenhang und Zweck der Vorschrift, daß die bei Durchführung der Nachversicherung für eine Zweitbeschäftigung bereits rechtmäßig entrichteten Pflichtbeiträge bei Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze einzubeziehen sind. Der Wortlaut, daß die Beiträge "bis zur Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nachzuentrichten" sind, enthält keine Einschränkung, daß bei Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze nur das nachzuversichernde Entgelt zu berücksichtigen sei.
Nur bei dieser Auslegung fügt sich die Regelung widerspruchsfrei in den Regelungszusammenhang ein. Insoweit verkennt die Revision nicht, daß die für die Zweitbeschäftigung entrichteten Pflichtbeiträge rechtmäßig entrichtet wurden, auch soweit der Nebenverdienst zusammen mit dem Unterhaltszuschuß die Beitragsbemessungsgrenze überstieg. Der die Beitragspflicht im Falle der Mehrfachbeschäftigung regelnde § 118 AVG stand dem nicht entgegen. Diese hier i.d.F. des 3. Rentenversicherungsänderungsgesetzes (RVÄndG) vom 28. Juli 1969 anzuwendende Vorschrift regelt nur das Zusammentreffen mehrerer konkret versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Das hat der 3. Senat des BSG bereits zu der zuvor geltenden Fassung durch das Gesetz vom 23. Februar 1957 entschieden (BSGE 31, 66). Der erkennende Senat tritt dieser Auslegung bei; sie entspricht sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Sie wird für die hier anzuwendende Fassung der Vorschrift durch das 3. RVÄndG überdies durch die Art der nunmehr getroffenen Regelung bestätigt, die jeden der Arbeitgeber zur Beitragsentrichtung im Lohnabzugsverfahren verpflichtet, was die jeweilige Versicherungspflicht voraussetzt, während nach der zuvor geltenden Regelung der Arbeitnehmer die Beiträge für eine Nebenbeschäftigung im Markenverfahren bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten hatte.
Die von der Revision befürwortete Auslegung, daß die zunächst rechtmäßig entrichteten Pflichtbeiträge nachträglich als zu Unrecht entrichtet gelten, soweit das versicherungspflichtige Entgelt der Zweitbeschäftigung zusammen mit dem nachzuversichernden Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, widerspricht dem Grundsatz, daß ein bereits abgewickeltes Versicherungsverhältnis nicht nachträglich geändert werden darf (BSGE 22, 162, 167; 26, 120, 123 und 49, 85, 89); überdies führt sie zu Schwierigkeiten, insbesondere wenn die für die Zweitbeschäftigung entrichteten Beiträge nicht mehr beanstandet werden können, oder wenn aus ihnen bereits eine Regelleistung bewilligt worden ist. Daß der Gesetzgeber eine solch ungewöhnliche Regelung trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten und ohne deren Regelung gewollt hat, hätte im Gesetz einen deutlichen Niederschlag finden müssen.
Insoweit beruft sich die Revision zu Unrecht auf die doppelte gesetzliche Fiktion, daß die nachzuentrichtenden Beiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge gelten (§ 124 Abs. 4 Satz 1 AVG) und daß eine Beschäftigung für die im Wege der Nachversicherung Beiträge nachentrichtet werden, einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung gleichsteht (§ 9 Abs. 5a AVG i.d.F. des RVÄndG vom 9. Juni 1965). Diese doppelte Fiktion besagt nichts zur Rechtmäßigkeit einer anderweitigen Beitragsentrichtung. Das hat der Senat zur Rechtmäßigkeit von für die Nachversicherungszeit entrichteten Höherversicherungsbeiträgen bereits entschieden (BSGE 27, 164, 165). Die doppelte Fiktion kann sich entsprechend auch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung für eine Zweitbeschäftigung auswirken. Im übrigen regeln beide Vorschriften nicht Voraussetzungen und Umfang, sondern die Rechtsfolgen einer Nachversicherung.
Auch die sich aus § 124 Abs. 1 Satz 3 AVG ergebende alleinige Beitragspflicht des Arbeitgebers im Falle der Nachversicherung und das in § 124 Abs. 6 AVG geregelte Verfahren, wonach der Arbeitgeber die Beiträge unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu entrichten hat, besagen nicht, daß der Arbeitgeber durch die Berücksichtigung der von einem anderen Arbeitgeber für eine Zweitbeschäftigung rechtmäßig entrichteten Pflichtbeiträge nicht entlastet werden dürfe. Beide Regelungen beziehen sich vielmehr ausschließlich auf diejenigen Nachversicherungsbeiträge, die unter Berücksichtigung früherer Beiträge und der Beitragsbemessungsgrenze entrichtet werden dürfen.
Soweit der Kläger einen inneren Grund dafür vermißt, daß der Gesetzgeber den Dienstherrn von seiner Beitragspflicht allein wegen der für die Zweitbeschäftigung von einem anderen Arbeitgeber entrichteten Beiträge freistellt, übersieht er zunächst, daß es für die von ihm vorgeschlagene nachträgliche Freistellung des Arbeitgebers der Zweitbeschäftigung ebenfalls an einem solchen Grunde mangeln würde. Überdies spricht für die vom Gesetzgeber angeordnete Entlastung des Dienstherrn der Gedanke der Priorität. Auch ist zu berücksichtigen, daß der Beamte ohne die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Beamten die auf den Unterhaltszuschuß entfallende Beitragslast zur Hälfte hätte tragen müssen. Die volle Belastung des Dienstherrn mit der Beitragslast erscheint als Rechtswohltat. Deren Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze ist nicht unbillig, auch wenn der Gesetzgeber die Höhe der Beamtenbezüge unter Berücksichtigung der Versicherungsfreiheit und der Versorgungsansprüche entsprechend der Alimentationspflicht festgelegt hat. Denn dem Gedanken der Alimentation entspricht es, daß der Dienstherr durch eine anderweitige Verwertung der Arbeitskraft des Beamten entlastet wird, zum Beispiel bei einer krankenversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung hinsichtlich des Beihilfeanspruchs.
Das LSG hat daher zu Recht die teilweise Rückzahlung der Nachversicherungsbeiträge und die Versagung der Beitragserstattung als rechtmäßig angesehen, ohne daß es darauf ankommt, ob sich der Beitragserstattungsanspruch des Klägers nach § 146 AVG a.F. oder nach § 26 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB 4) richtet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Den Beigeladenen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts, steht ein Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
Fundstellen