Entscheidungsstichwort (Thema)
Parodontosebehandlung. Honorarkürzung. Wirtschaftlichkeit. Verstoß gegen Richtlinien. Beweis der Unwirtschaftlichkeit. Landesverbände der Krankenkassen. Rechtsmittelbefugnis. Beschwer. Beschwerdebefugnis. Vertrauensschutz. Änderung der Rechtsprechung
Leitsatz (amtlich)
- Zur Bedeutung eines Verstoßes des Zahnarztes gegen Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für den Nachweis der Unwirtschaftlichkeit von Parodontosebehandlungen.
- Zur Frage der Rechtsmittelbefugnis von Landesverbänden der Krankenkasse in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Normenkette
RVO § 368n Abs. 5, § 368p Abs. 1; SGB V § 106 Abs. 5, § 92 Abs. 1; SGG §§ 162, 193; Parodontose-Richtlinien Ziff. 21
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 1992 hinsichtlich der Behandlungsfälle C.… P.… und K.… R.… aufgehoben. Insoweit werden die Berufungen zurückgewiesen.
Im übrigen werden die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2. bis 5. tragen die Kosten der Klägerin zu 1/15.
Tatbestand
I
Streitig sind Honorarkürzungen wegen Nichtbeachtung der Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen über die systematische Behandlung von Parodontopathien (Pa-Richtlinien).
Mit Bescheid vom 3. Februar 1986 sprach der Prüfungsausschuß bei der beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung – KZÄV – (Beigeladene zu 1.) auf Antrag der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse – AOK – (Beigeladene zu 4.) gegenüber der klagenden Kassenzahnärztin Honorarkürzungen für den Abrechnungszeitraum 2/83 bis 4/84 aus; entsprechend verfuhr er mit Bescheid vom 7. Januar 1987 aufgrund des Prüfantrages der beigeladenen Innungskrankenkasse – IKK – (Beigeladene zu 5.) für den Abrechnungszeitraum 4/83 bis 2/85 und eines weiteren Prüfantrages der Beigeladenen zu 4. für den Abrechnungszeitraum 1/85 bis 4/85. Die klagende Kassenzahnärztin griff die Entscheidungen des Prüfungsausschusses mit der Beschwerde an. Der beklagte Beschwerdeausschuß hob die Kürzungen teilweise auf, bestätigte aber im wesentlichen einzelfallbezogen die Kürzungen des Honorars für die Parodontosebehandlungen sowie die damit verbundenen Anästhesie- und Röntgenleistungen (Beschlüsse vom 28. Januar und 8. Juli 1987). Zur Begründung führte er aus, die Klägerin habe Ziff 21 der Pa-Richtlinien nicht beachtet, weil sie entweder keine ordnungsgemäße Vorbehandlung nachgewiesen oder aber die vorgeschriebene Vorbehandlungszeit nicht eingehalten habe. Auf die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 8. November 1990 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, erneut über die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidungen des Prüfungsausschusses zu befinden. Auf die Berufungen der Beigeladenen zu 2. (AOK-Landesverband) und der Beigeladenen zu 3. (IKK-Landesverband) hat das Landessozialgericht (LSG) die Klagen abgewiesen (Urteil vom 6. April 1992). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, entgegen der Auffassung des SG müsse der Beschwerdeausschuß der Klägerin nicht die Unwirtschaftlichkeit ihrer Behandlungsweise in jedem Einzelfall nachweisen, weil sie in den streitig gebliebenen Fällen die Richtlinien über die Vorbehandlung und die Wartefrist nicht beachtet habe. Die Prüfungsbescheide seien selbst für die ältesten abgerechneten Quartale rechtzeitig ergangen; zur Einhaltung der Verjährungsfrist reiche aus, daß die Entscheidungen des Prüfungsausschusses verkündet worden und der Klägerin durch ihre persönliche Anwesenheit bzw durch die wenige Tage später erfolgte Übersendung des Sitzungsprotokolls bekanntgeworden seien.
Mit den Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufungen der Beigeladenen zu 2. und 3. gegen das Urteil des SG zurückzuweisen,
die Klägerin beantragt hilfsweise,
die Urteile des SG und des LSG abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, über die Beschwerden der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2. bis 5. beantragen,
die Revisionen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sind zulässig. Die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1. erforderliche Beschwer (vgl BSGE 69, 25, 29 f = SozR 3-4100 § 116 Nr 1; SozR 3-2500 § 106 Nr 12) folgt daraus, daß sie sich im Berufungsverfahren dem Antrag der Klägerin angeschlossen hat und durch das klageabweisende Urteil wegen der Rechtskraftwirkung in ihrem Anspruch auf die Gesamtvergütung betroffen ist (vgl BSGE 55, 110, 111 = SozR 2200 § 368n Nr 27 zur Beschwer der Kassen).
Die Revisionen sind aber nur hinsichtlich zweier Behandlungsfälle begründet, in denen das Berufungsgericht zu Unrecht von einem Verstoß der Klägerin gegen die Pa-Richtlinien ausgegangen ist. Insoweit war das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen mit der Folge, daß der beklagte Beschwerdeausschuß unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Beschwerden der Klägerin gegen die verhängten Kürzungsmaßnahmen zu entscheiden hat (vgl dazu Urteil des Senats vom 21. April 1993 – 14a RKa 11/92 – zur Veröffentlichung bestimmt). Im übrigen hat das Berufungsgericht zu Recht erkannt, daß die vom Beklagten ausgesprochenen Honorarkürzungen rechtmäßig sind.
Die von den beigeladenen Landesverbänden der Krankenkassen eingelegten Berufungen waren zulässig. Das Berufungsgericht hat dazu nichts ausgeführt, und auch im Revisionsverfahren sind diesbezügliche Rügen von den Beteiligten nicht erhoben worden. Die Zulässigkeit der Berufung ist aber ebenso wie die Zulässigkeit der Revision auch im Revisionsverfahren als unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl BSGE 2, 225, 226; 21, 292, 294 = SozR Nr 10 zu § 147 SGG; SozR 1500 § 150 Nr 18; vgl ferner auch BGHZ 6, 369, 370; BVerwGE 30, 111, 113).
Hinsichtlich des grundsätzlich für alle Rechtsschutzbegehren (vgl für die Klage ausdrücklich § 54 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltenden Erfordernisses einer materiellen Beschwer begegnet die von den Landesverbänden der Krankenkassen im eigenen Namen eingelegte Berufung allerdings Bedenken. Sie sind im Gegensatz zu den ihnen angehörigen Kassen selbst finanziell nicht betroffen. Ihnen werden durch das erstinstanzliche Urteil auch keine gesetzlichen Kompetenzen auferlegt oder abgesprochen. Zur Begründung ihrer dennoch bestehenden Rechtsmittelbefugnis können sie sich freilich auf die Regelung in § 368n Abs 5 Satz 5 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ aF stützen, die die Landesverbände ausdrücklich für beschwerdebefugt erklärt. § 106 Abs 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) hat dies lediglich insofern modifiziert, als nunmehr die “betroffenen” Landesverbände der Krankenkassen die Beschwerdeausschüsse anrufen können. Ob darin eine sachliche Änderung zu sehen ist (vgl dazu Hess in Kasseler Kommentar, § 106 SGB V RdNr 52), ist hier nicht zu entscheiden. Der Gesetzgeber hat jedenfalls an einem eigenständigen Beschwerderecht der Landesverbände festgehalten.
Für ihre Beschwerdebefugnis – und damit folgerichtig auch Rechtsmittelbefugnis – können sich die als Berufungskläger aufgetretenen Landesverbände auch auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stützen, jedenfalls bis zur Entscheidung des erkennenden Senats vom 8. August 1992 (SozR 3-2500 § 106 Nr 12), in der eingehend zur Notwendigkeit der Beiladung der Landesverbände Stellung genommen wird; die Frage der Rechtsmittelbefugnis hängt damit eng zusammen. In dem Urteil vom 15. April 1986 (BSGE 60, 69, 71 = SozR 2200 § 368n Nr 42) hat der 6. Senat des BSG die Klagebefugnis der Landesverbände damit begründet, daß die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung ein einheitlicher Vorgang ist und die Krankenkassen und ihre Verbände daran ein übergreifendes rechtlich geschütztes Interesse haben. Den Landesverbänden sei durch den Gesetzgeber ein Beschwerderecht eingeräumt worden, das nicht auf Fälle aus dem jeweils eigenen Bereich beschränkt sei. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise aufgrund eines statistischen Vergleichs sei eine Zuordnung zu einzelnen Kassen oder Kassenarten oft auch ausgeschlossen. Der 6. Senat hat offengelassen, ob dies bei der Prüfung der Verordnungsweise oder eines Schadensersatzanspruchs aufgrund des Antrags einer einzelnen Kasse anders zu beurteilen sei (BSGE 60, 69, 72), ohne den hier streitigen Verstoß gegen die PA-Richtlinien als weitere mögliche Ausnahme zu erwähnen.
Der erkennende Senat tritt diesen Ausführungen bei, soweit sie sich auf Wirtschaftlichkeitsprüfungen beziehen, die die gesamte Behandlungs- oder Verordnungsweise des Arztes in einem bestimmten Zeitraum betreffen und mit pauschalen Kürzungen bzw Regressen enden. Soweit sich jedoch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise auf konkrete Einzelfälle bezieht, bedürfen sie der Einschränkung, die der 6. Senat für den Bereich der Verordnungen und des Schadensersatzes bereits angedeutet hat: In diesen Fällen, denen regelmäßig Prüfanträge einzelner Krankenkassen zugrundeliegen werden, sind nur die betroffenen Krankenkassen und nicht an ihrer Stelle oder zusätzlich die entsprechenden Landesverbände rechtsmittelbefugt. Daß die einzelnen Kassen, obwohl sie in § 368n Abs 5 RVO aF nicht als beschwerdebefugt aufgeführt waren, gegen die Entscheidungen des Prüfungsbeschwerdeausschusses Klage erheben können, hat das BSG bereits unter Geltung des alten Rechts entschieden (BSGE 55, 110, 111). Für das neue Recht (§ 106 Abs 5 Satz 3 SGB V) ist diese Rechtsprechung durch die ausdrückliche Erwähnung der Kassen als beschwerdebefugte Beteiligte bestätigt worden. Soweit nur bestimmte Behandlungsfälle einer oder mehrerer Kassen betroffen sind, gibt es keinen überzeugenden Grund, an ihrer Stelle oder zusätzlich die jeweiligen Landesverbände mit eigenen Rechtsbehelfsbefugnissen auszustatten. In diesen Fällen steht der einzelne Behandlungsfall so sehr im Mittelpunkt der Prüfung, daß die Verantwortung der Landesverbände der Krankenkassen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung als solche eine von den betroffenen Kassen unabhängige Interessenwahrnehmung durch eigene Rechtsmittelbefugnisse nicht rechtfertigen kann. Durch die zusätzliche Beteiligung der Landesverbände wird das Verfahren vielmehr nur unübersichtlicher. Der Senat hat aus diesem Grunde auch ihre Beiladung nicht als notwendig angesehen (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12). Das Recht der Landesverbände, ihre Mitgliedskassen zu vertreten (vgl § 211 Abs 2 Nr 4 SGB V), bleibt davon unberührt.
Einer Anfrage an den 6. Senat, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, den Landesverbänden der Krankenkassen stehe bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise ein uneingeschränktes Beschwerderecht zu, bedarf es nicht, weil der erkennende Senat für das vorliegende Verfahren den rechtsmittelführenden Landesverbänden noch Vertrauensschutz zugesteht. Es besteht kein Zweifel daran, daß sie sonst die Rechtsmittel im Namen der betroffenen Kassen eingelegt hätten, was der Senat den hierzu in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen entnimmt. Ihre Rechtsmittelbefugnis ist auch von der Klägerin bislang nicht in Zweifel gezogen worden. Rechtsstaatliche Grundsätze gebieten es, dem Rechtsuchenden in klarer Abgrenzung den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen zu weisen (BVerfGE 49, 148, 164) und ihn nicht mit der Verwerfung von Rechtsmitteln zu überraschen, von deren Zulässigkeit er nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgehen durfte. Das BSG hat den gebotenen Vertrauensschutz in ähnlichen Fällen durch Wiedereinsetzung des Rechtsmittelführers in den vorigen Stand (BSGE 61, 213 = SozR 1500 § 67 Nr 18) oder – wenn dies wie hier ausscheidet – durch Einräumung einer Übergangszeit zur Anpassung an die geänderte Rechtsprechung gewährt (vgl BSGE 70, 240, 241 = SozR 5533 Allg Nr 1; Urteil vom 2. Dezember 1992 – 6 RKa 5/91 – zur Veröffentlichung bestimmt). Eine solche Zeit räumt der Senat den Krankenkassen und ihren Verbänden jedenfalls bis zur nach der Berufungseinlegung erfolgten Veröffentlichung seiner Entscheidung vom 5. August 1992 in SozR 3-2500 § 106 Nr 12 (Lieferung November 1992) ein.
In der Sache ist das Berufungsgericht im Anschluß an das Urteil des BSG vom 31. Juli 1991 (BSGE 69, 154 = SozR 3-2500 § 106 Nr 8) zutreffend davon ausgegangen, daß die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 368n Abs 5 RVO aF – der hier noch anzuwenden ist, weil es sich um vor Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 erlassene Bescheide handelt – zuständigen Gremien auch darüber zu entscheiden haben, ob eine Parodontosebehandlung den dazu ergangenen Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen entsprochen hat und zu vergüten ist. Die alleinige Zuständigkeit der paritätisch besetzten Prüfungsgremien für Honorarkürzungen bei Verstoß gegen die Pa-Richtlinien im Primärkassenbereich in der hier streitigen Zeit folgt daraus, daß die Bestimmungen der vom Bundesausschuß der Zahnärzte und Krankenkassen am 1. Juli 1976 beschlossenen Pa-Richtlinien (Bundesanzeiger Nr 188 vom 5. Oktober 1976) die Wirtschaftlichkeit der Behandlung sichern sollen. Die Pa-Richtlinien wurden später in die ebenfalls vom Bundesausschuß der Zahnärzte und Krankenkassen beschlossenen Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche kassenzahnärztliche Versorgung (abgedruckt – Stand Januar 1986 – bei Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Teil VII) als deren Teil B V mit der Überschrift “Systematische Behandlung von Parodontopathien (Pa-Behandlung)” übernommen. Die hier insbesondere streitige Ziff 21 der Pa-Richtlinien und der § 2 Abs 2 der Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei Behandlungen von Parodontopathien (Anl 9 zum BMV-Zahnärzte) stellen Konkretisierungen des Wirtschaftlichkeitsgebotes dar, was der neue Standort der Pa-Richtlinien besonders verdeutlicht. Die Richtlinien wurden aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassen, “die zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken” zu beschließen (§ 368o Abs 1 RVO aF, nunmehr § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V), worauf schon der 6. Senat (aaO) hingewiesen hat. Mit seinem Urteil vom 5. August 1992 (SozR 3-2500 § 106 Nr 12) hat sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 6. Senates zur Zuständigkeit der Prüfungsgremien angeschlossen.
Die Rüge der Beigeladenen zu 1., das LSG habe verkannt, daß nach der zwischen der KZÄV und den Landesverbänden der Krankenkassen vereinbarten Verfahrensordnung ein besonderer Schadensausschuß zuständig sei, der wie bei der Beigeladenen zu 1. auch anderswo “verschiedentlich” gebildet worden sei, ist unzulässig. Nach § 162 SGG ist das angefochtene Urteil nur bezüglich einer behaupteten Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts sowie einer sonstigen im Bereich des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, revisibel. Die nach Meinung der Beigeladenen zu 1. verletzten Vorschriften des nordrhein-westfälischen Landesrechts wären nur dann revisibel, wenn für andere Bundesländer inhaltlich übereinstimmende Vorschriften geschaffen worden sind und dies bewußt und gewollt um der Rechtseinheit willen geschehen ist (BSGE 53, 175, 176 f = SozR 3870 § 3 Nr 15 S 39 mwN). Letzteres hätte die Beigeladene zu 1. mit ihrer Revision dartun müssen. Wenn nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG die Revisionsbegründung die verletzte Rechtsnorm bezeichnen muß, bedeutet dies, daß der Revisionskläger mit der nach seiner Auffassung verletzten Norm des Landesrechts zugleich eine gleichlautende Norm im Bezirk eines anderen LSG zu benennen und weiter darzulegen hat, daß und aus welchem Grunde er sie als zum Zwecke der Vereinheitlichung erlassen qualifiziert (BSGE 56, 45, 50 f = SozR 2100 § 70 Nr 1). Für das Kassenarztrecht gilt insoweit keine Ausnahme, selbst wenn hier überregionale Übereinstimmungen besonders häufig zu verzeichnen sind (BSGE 68, 93, 95 = SozR 3-2500 § 106 Nr 3). Mit dem Hinweis auf “verschiedentlich” existierende ähnliche Vorschriften hat die Beigeladene zu 1. ihrer Revisionsbegründungspflicht nicht genügt.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Parodontosebehandlung nicht entfällt, wenn die jeweilige Krankenkasse die Behandlung genehmigt hat. Das hat der erkennende Senat in dem erwähnten Urteil vom 5. August 1992 bereits ausgeführt. Die der Genehmigung des Parodontalstatus (Pa-Status) durch die Krankenkasse vorausgehende Prüfung umfaßt nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht die Einhaltung der Wartefristen und die tatsächliche Durchführung der Vorbehandlung. Der Zahnarzt muß dazu nach dem Vordruck keine näheren Angaben machen; etwaige Angaben könnten auch nur auf ihre Schlüssigkeit überprüft werden. Da die Einhaltung der hier streitigen Regeln im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen war und nicht geprüft wurde, unterfällt sie nach zwingendem Recht der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das Gesetz schreibt eine umfassende Prüfung der Wirtschaftlichkeit vor (§ 368n Abs 5 RVO aF). Selbst wenn ein nachträglicher Ausschluß der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausdrücklich vereinbart wäre – was im Primärkassenbereich nicht wie im Ersatzkassenbereich (§ 9 Abs 9 EKV-Zahnärzte) der Fall ist –, wäre er in gesetzeskonformer Auslegung auf die Bereiche zu beschränken, die bei der vorangehenden Genehmigung zu überprüfen waren oder tatsächlich abschließend geprüft wurden, wie dies der Senat zum Schadensersatz wegen mangelhaftem Zahnersatz (vgl hierzu Urteile vom 30. Mai 1992 – 14a/6 RKa 6/90 DOK 1992, 472 und 14a/6 RKa 9/90 – SozR 3-5555 § 12 Nr 3) und im Falle mangelhafter kieferorthopädischer Behandlung (Urteil vom 5. August 1992 – 14a/6 RKa 61/91 –) entschieden hat.
Mit Ausnahme zweier Behandlungsfälle hat das LSG auch zu Recht angenommen, daß die Klägerin die Pa-Richtlinien nicht beachtet und die Wirtschaftlichkeit ihrer Behandlungsweise nicht nachgewiesen hat. Ziff 21 der Richtlinien lautet:
“Die Vorbehandlung geht der systematischen Behandlung voraus. Sie besteht in der Entfernung des Zahnsteins, der weichen Beläge und sonstiger Reizfaktoren sowie in der Anleitung des Patienten zu richtiger Mundhygiene. Zwei bis drei Wochen nach Abschluß der Vorbehandlung ist zu entscheiden, ob eine systematische Pa-Behandlung noch angezeigt ist. Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn
- die Mitarbeit des Patienten nicht ausreichend und deshalb ein Erfolg nicht zu erwarten ist,
- nach dem Rückgang der entzündlichen Schwellung des Zahnfleisches nur noch Zahnfleischtaschen bis 2 mm und keine funktionellen Störungen bestehen.”
Der beklagte Beschwerdeausschuß hat sich in den streitig gebliebenen Einzelfällen mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die von ihr geltend gemachten Gründe für das Absehen von einer Vorbehandlung oder von einer Einhaltung der Wartefrist nach Abschluß der Vorbehandlung nicht rechtfertigen und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise von ihr nicht nachgewiesen sei. Das LSG hat sich diesen Ausführungen, denen die Klägerin im gerichtlichen Verfahren nicht entgegengetreten ist, nach eigener Überprüfung angeschlossen und auf eine weitere Beweiserhebung verzichtet. Die dagegen in allgemeiner Form erhobene Revisionsrüge greift nicht durch. Die Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt als tatrichterliche Würdigung nur beschränkter Überprüfung darauf, ob der Tatrichter Rechtsbegriffe verkannt oder bei seiner Beurteilung wesentliche Umstände außer acht gelassen oder gegen Verfahrensvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze verstoßen hat (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl § 163 RdNr 3). Einen solchen Rechtsverstoß zeigt die Revision der Klägerin nur in den Behandlungsfällen C.… P.… und K.… R.… auf, in denen das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung wesentliche Umstände außer acht gelassen hat. Nach dem – durch Bezugnahme auf den Inhalt der Verwaltungsakten – vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt hatte die Klägerin in diesen Behandlungsfällen mit der systematischen Pa-Behandlung erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Wartefrist begonnen, den Antrag auf Genehmigung der Behandlung mit dem Pa-Status aber schon vor Ablauf der Frist bei der Kasse eingereicht. Der beklagte Beschwerdeausschuß hat in dem angefochtenen Beschluß die Pa-Richtlinien dahingehend ausgelegt, daß der Antrag auf Genehmigung der Behandlung mit dem Pa-Status erst nach Ablauf der Vorbehandlung gestellt werden dürfe, und den Verstoß gegen die Richtlinien in diesen Fällen in der verfrühten Antragstellung gesehen. Das LSG ist auf diese Besonderheiten nicht eingegangen, sondern hat durchgehend einen Verstoß gegen die Pa-Richtlinien entweder durch unzureichende Vorbehandlung oder durch Nichteinhaltung der Wartefrist angenommen. Der erkennende Senat hat aber in dem bereits erwähnten Urteil vom 5. August 1992 – 14a/6 RKa 17/90 – zum Ausdruck gebracht, nach Wortlaut und Zweck der Pa-Richtlinien und der Gestaltung der vom Zahnarzt zu verwendenden Formulare sei nicht klar ersichtlich, daß der Zahnarzt den Antrag erst nach Abschluß der Vorbehandlung stellen dürfe und es nicht ausreiche, wenn bei Beginn der systematischen Behandlung die Wartefrist abgelaufen sei. An einen objektiven Verstoß gegen Richtlinien dürfen aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann nachteilige Folgen für den Arzt geknüpft werden, wenn sie die Pflichten des Arztes eindeutig festlegen. Über den Zeitpunkt der Antragstellung für die Genehmigung besagen die Richtlinien ausdrücklich nichts. Wenn nach dem Wortlaut der Richtlinien “zwei bis drei Wochen” nach Abschluß der Vorbehandlung “zu entscheiden” ist, ob eine systematische Pa-Behandlung noch angezeigt ist, kann darunter ebensogut wie die Antragstellung auch der Beginn der Behandlung verstanden werden. Eine Klarstellung hätte außer durch einen anderen Wortlaut der Richtlinien auch dadurch erfolgen können, daß in den Antragsvordrucken nach dem Abschluß der Vorbehandlung gefragt wird. Weil das nicht geschehen ist, kann allein in einer vorzeitigen Antragstellung kein Verstoß gegen die Richtlinien gesehen werden, der mit nachteiligen Folgen für die Vergütung des Arztes verbunden ist.
Soweit das LSG zu Recht einen Verstoß der Klägerin gegen die Pa-Richtlinien angenommen hat, hat sich sowohl die Aufklärungs- und Beweispflicht des Beklagten als auch der Gerichte verkürzt. Es braucht dann auch unter Geltung des Amtsaufklärungsgrundsatzes (§ 20 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch ≪SGB X≫; § 103 SGG) nicht in jedem Einzelfall bewiesen zu werden, daß die Behandlungsweise der Klägerin unwirtschaftlich war. Die Prüfungsgremien sind bei dieser Sachlage insbesondere nicht verpflichtet gewesen, in jedem Einzelfall zahnärztliche Nachuntersuchungen durchzuführen. Gerade wegen der Schwierigkeit, im nachhinein die Wirtschaftlichkeit einer Parodontosebehandlung festzustellen, haben die Vertragspartner die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens mit einer Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse vereinbart. Die strikte Einhaltung dieses Verfahrens bietet die größte Sicherheit vor unwirtschaftlichen Behandlungen, die im Hinblick auf den hohen Kostenaufwand bei Parodontosebehandlungen in besonderem Maße vermieden werden müssen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gilt somit für die Pa-Richtlinien dasselbe, was das BSG bereits zu den Arzneimittelrichtlinien ausgeführt hat (BSGE 63, 163, 166 = SozR 2200 § 368p Nr 2; SozR 2200 § 368e Nr 13): Der Arzt ist grundsätzlich an die Richtlinien gebunden. Das hindert ihn nicht einzuwenden, daß die Richtlinien ganz oder teilweise dem Gesetz widersprechen, dem gegenwärtigen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr entsprechen oder ein Ausnahmefall vorgelegen hat, der ein Abweichen von den Richtlinien rechtfertigt. Soweit die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Richtlinien mit der Begründung in Zweifel zieht, die Parodontosebehandlung dürfe nicht von einer ausreichenden Mitarbeit des Patienten abhängig gemacht werden, weil im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung das Verschulden des Patienten grundsätzlich keine Rolle spiele, ist ihr nicht zu folgen. Zutreffend ist lediglich, daß der Behandlungsanspruch des Versicherten grundsätzlich nicht davon abhängt, ob und inwieweit er die Behandlungsbedürftigkeit verschuldet hat (vgl die Ausnahmevorschrift des § 52 SGB V). Der Versicherte hat aber Anspruch auf Behandlung nur, soweit diese notwendig und wirtschaftlich ist (§§ 12, 27 SGB V). Soweit eine erfolgreiche Behandlung nur bei einer ausreichenden Mitarbeit des Versicherten gewährleistet ist, besteht auch der Leistungsanspruch des Versicherten nur unter dieser Voraussetzung. Die Pa-Richtlinien halten sich in diesem Rahmen. In fachlich-zahnärztlicher Hinsicht hat die Klägerin gegen die Richtlinien keine Bedenken erhoben. Soweit sie ein Abweichen von den Richtlinien mit den Besonderheiten des einzelnen Behandlungsfalles begründet hat, ist ihr der fachkundig besetzte Beschwerdeausschuß nicht gefolgt. Das Berufungsgericht hat sich dem rechtsfehlerfrei angeschlossen.
Der Beklagte hat wegen der danach feststehenden Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise in den verbliebenen Einzelfällen die Rückforderung des zahnärztlichen Honorars zu Recht nicht nur auf die für die systematische Parodontosebehandlung bezahlten zahnärztlichen Gebühren beschränkt, sondern auch das Honorar für die Anästhesie- und Röntgenleistungen einbezogen. Denn wenn die eigentliche Parodontosebehandlung unwirtschaftlich war, gilt dies auch für die vorbereitenden und begleitenden, lediglich gesondert zu vergütenden Anästhesie- und Röntgenleistungen. Der Prüfantrag der Kassen umfaßte die Wirtschaftlichkeit der gesamten Parodontosebehandlung und war nicht nur auf die Abrechnung bestimmter Gebührenziffern beschränkt. Die Frage nach der rechtlichen Bedeutung einer solchen Beschränkung stellt sich hier nicht.
Soweit die Klägerin hinsichtlich der ausgesprochenen Honorarrückforderungen die Einrede der Verjährung erhoben hat, greift diese nicht durch. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 16. Juni 1993 – 14a/6 RKa 37/91 – (zur Veröffentlichung vorgesehen) entschieden, daß die Ausübung des Prüfungsrechts keiner Verjährungsfrist von zwei Jahren unterliegt, nachdem der 6. Senat auf Anfrage erklärt hat, er halte an seiner anders lautenden Entscheidung (BSGE 68, 97 = SozR 3-2500 § 106 Nr 7) nicht fest. Die statt dessen zu beachtende Ausschlußfrist von vier Jahren, innerhalb der der in dem Honorarbescheid enthaltene Vorbehalt einer nachträglichen Prüfung durch Erlaß eines Änderungsbescheides ausgeübt werden muß, ist selbst hinsichtlich der jeweils ältesten Abrechnungsquartale durch die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 3. Februar 1986 und 7. Januar 1987 gewahrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) geltenden Fassung. Eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten auf die im Rechtsstreit überwiegend unterlegene Klägerin kam nicht in Betracht. Der durch Art 15 Nr 2 GSG neu geschaffene § 193 Abs 4 Satz 2 SGG, der in Verfahren nach § 51 Abs 2 Satz 1 SGG Aufwendungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts als Kläger oder Beklagte für erstattungsfähig erklärt, ist für das vorliegende Verfahren noch nicht anzuwenden (vgl Urteile des 3. Senats vom 30. März 1993 – 3 RK 1/93 – und des erkennenden Senats vom 21. April 1993 – 14a RKa 6/92 – beide zur Veröffentlichung bestimmt).
Fundstellen