Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch. Nierentransplantation. Leistungen an Organspender. „Selbstbeschaffung” eines zu transplantierenden Organs. privater Organhandel. Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Versicherte hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen, die ihm durch die „Selbstbeschaffung” eines zu transplantierenden Organs entstehen. Das gilt selbst dann, wenn die Transplantation erst aufgrund der „Selbstbeschaffung” möglich wird.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, c; SGB V § 27 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 3, § 28 Abs. 1, § 33 Abs. 1; BGB § 812
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. April 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse den Klägern 55.000,00 DM zu erstatten hat.
Die Kläger sind die Erben des am 1. Januar 1939 geborenen und am 15. August 1995 verstorbenen I. … M. … (Urteil des Amtsgerichts Dereli ≪Republik Türkei≫ vom 4. September 1995). Der Verstorbene lebte in H. … und war bei der Beklagten krankenversichert. Seit 1982 war er Dialyse-Patient. Mit seinem Bruder Y. …, wohnhaft in der Türkei, vereinbarte er, sich von ihm in Hamburg eine Niere spenden zu lassen. Die Beklagte wandte für die Beförderung des Bruders von und nach der Türkei, für die im April 1987 durchgeführte Transplantation und für die Krankenhauspflege der beiden Brüder insgesamt 43.274,50 DM auf. Im Juni 1989 beantragte I. … M. … bei der Beklagten die Erstattung von 55.000,00 DM. Diesen Betrag hatte er nach seinen Angaben seinem Bruder Y. … für die durch die Nierenspende erlittenen Nachteile gezahlt. Gleichzeitig legte er eine schriftliche Vereinbarung vor, die auf den 27. Juli 1986 rückdatiert war und in der er sich gegenüber seinem Bruder ua zur Zahlung des genannten Betrages für die Nierenspende verpflichtet hatte. Die Beklagte lehnte die Leistung unter Hinweis auf die bisher schon übernommenen Kosten ab (Bescheid vom 27. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 1990).
Die von I. … M. erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Hamburg vom 12. März 1993 und Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Hamburg vom 6. April 1995). In den Entscheidungsgründen des LSG wird im wesentlichen ausgeführt: Weder aus Vertrag noch aus gesetzlichen Bestimmungen lasse sich der geltend gemachte Anspruch herleiten. Die Aufwendungen für die Behandlung des Organspenders seien zwar als Nebenleistung grundsätzlich von der Krankenkasse des Organempfängers zu tragen. Im vorliegenden Fall gehe es aber nicht um die Behandlungskosten des Bruders Y. …, sondern um den Aufwand, den I. … M. … für die „Selbstbeschaffung” eines Hilfsmittels iS der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 182 Abs 1 Satz 1 Nr 1b der Reichsversicherungsordnung (RVO) gehabt habe. Grundsätzlich gelte das Sachleistungsprinzip. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen der Versicherte ausnahmsweise für eine selbstbeschaffte Leistung von der Krankenkasse Erstattung verlangen könne, seien nicht erfüllt. Aber selbst wenn I. … M. … die Beklagte rechtzeitig vor der Transplantation wegen der zu erwartenden Aufwendungen für das zu transplantierende Organ eingeschaltet hätte, hätte die Krankenkasse nicht in die zwischen I. … und Y. … M. … geschlossene Vereinbarung einwilligen und sich zu einer entsprechenden Zahlung verpflichten dürfen. Denn den Krankenkassen sei es verwehrt, auf diese Weise gegen Bezahlung ein Organ zu „beschaffen”. Mit der Rechts- und Sittenordnung lasse es sich nicht vereinbaren, daß Menschen einerseits Leben, Körper und Gesundheit um finanzieller Vorteile Willen gefährdeten, andererseits die existentielle Not Erkrankter ausnutzten. Die Rechtslage könnte eventuell anders zu beurteilen sein, wenn der Organspender einen gewissen Ausgleich für seine verringerte Lebenserwartung oder eine angemessene Zukunftssicherung etwa in Form einer Lebensversicherung oder einer Rente für den Fall der Invalidität, erhalte. Eine solche bedarfsabhängige Verpflichtung habe I. … M. … aber gerade nicht übernommen.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 189 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) und des § 182 RVO und machen ua geltend: Die Feststellungen des LSG seien fehlerhaft. Sie beruhten auf der mündlichen Verhandlung vom 6. April 1995, zu der ein Dolmetscher für die türkische Sprache hinzugezogen worden sei. Dieser habe weder in der Berufungsverhandlung einen Eid geleistet, noch habe er sich auf einen generell geleisteten Eid bezogen. Da I. … M. … der deutschen Sprache nur völlig unzureichend kundig gewesen sei, hätten seine Erklärungen und die der Prozeßvertreter und Richter, übersetzt werden müssen. Der Sinn des Voreides iS von § 189 GVG liege darin, dem Dolmetscher vor Augen zu führen, daß er sehr sorgfältig und gewissenhaft übertragen müsse. Unterbleibe die Vereidigung, so könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Gerichtsentscheidung auf einer fehlerhaften Übertragung durch den Dolmetscher beruhe. Das LSG habe aber auch das materielle Recht verletzt. Die Transplantation einer Niere könne – entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung – nicht als Selbstbeschaffung eines Hilfsmittels iS von § 182 Abs 1 Satz 1 Nr 1b RVO und auch nicht als selbstbeschaffte Krankenbehandlung angesehen werden, sondern als eine notwendige Krankenhilfe besonderer Art, für die die Krankenkasse einzustehen habe. Die Vereinbarung von I. … und Y. … M. … verstoße weder gegen die Rechts- noch gegen die Sittenordnung. Von einer Kommerzialisierung der Nierenspende könne hier keine Rede sein. Die Nierenspende entspreche den guten Sitten, weil sie allein geeignet gewesen sei, das Leben des I. … M. … zu retten.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. April 1995 und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 1993 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 55.000,00 DM zu zahlen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ua geltend: Die formelle Rüge greife nicht durch. Ob der zur Berufungsverhandlung hinzugezogene Dolmetscher vereidigt oder nicht vereidigt gewesen sei, könne dahinstehen. Der inzwischen verstorbene Versicherte I. … M. … sei anwaltlich vertreten gewesen. Deshalb stehe aufgrund des anwaltlichen Vortrages der Sachverhalt unzweifelhaft fest.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision hat keinen Erfolg.
Zwar machen die Kläger eine Verletzung des § 189 GVG geltend und tragen dazu vor, daß in der Berufungsverhandlung ein Dolmetscher tätig geworden sei, der weder in der Verhandlung vereidigt worden sei, noch sich auf einen allgemein geleisteten Eid berufen habe. Dies trifft ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 6. April 1995 zu. Unabhängig davon, ob in der Revisionsbegründung darüber hinaus dargelegt werden muß, welche vom LSG zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen unrichtig sind und inwiefern die tatsächlichen Feststellungen darauf beruhen, daß der hinzugezogene Dolmetscher unrichtig übersetzt hat (vgl BSG SozR 3-1720 § 189 Nr 1; möglicherweise anders der BGH, vgl NStZ 1982, 517; Strafverteidiger 1987, 238; NStZ 1988, 20), steht der mögliche Verfahrensfehler einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen. Abgesehen davon, daß die Anhörung des ursprünglichen Klägers nach dessen Tod nicht mehr formrichtig nachgeholt werden kann, erweist sich die Entscheidung des LSG aus anderen Gründen als richtig (§ 170 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Aufgrund der – insoweit unangegriffenen – Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß die Kläger Ersatz der finanziellen Aufwendungen verlangen, die dem verstorbenen Versicherten I. … M. … durch Zahlung von 55.000,00 DM an seinen Bruder Y. … für dessen Nierenspende entstanden sind. Ein solcher Anspruch läßt sich weder aus den hier noch anwendbaren krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften der RVO noch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen herleiten. Eine Entschädigung des Organspenders in Geld ist nicht vorgesehen.
Nach § 182 Abs 1 RVO hatte der Versicherte Anspruch auf Krankenhilfe. Sie umfaßte insbesondere ärztliche und zahnärztliche Behandlung, die Versorgung mit Körperersatzstücken und anderen Hilfsmitteln (§ 182 Abs 1 Nr 1a und c RVO). Die Organtransplantation ist Teil der Krankenhilfe für den Organempfänger, und die Aufwendungen für die ambulante oder stationäre Behandlung des Organspenders stellen eine Nebenleistung zu der dem Empfänger zu gewährenden Krankenhilfe dar (BSGE 35, 102, 103 f; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V § 27 RdNr 276; Kummer in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1 Krankenversicherungsrecht, § 23 RdNr 24). Die Beklagte hat im April 1987 auf ihre Kosten bei I. … M. … die Organtransplantation durchführen lassen und die Kosten für die Fahrt seines Bruders Y. … von der Türkei nach Hamburg und zurück übernommen sowie diesem ärztliche Behandlung (einschließlich Krankenhausaufenthalt) gewährt. Der Versicherte hat damit die nach dem Gesetz vorgesehenen Sachleistungen erhalten. Weitere Ansprüche aus Anlaß der Transplantation bestehen nicht. Insbesondere können die Kläger nicht verlangen, daß die Beklagte dafür einen Geldbetrag zahlt, daß sich der Bruder des verstorbenen Versicherten bereiterklärt hatte, eine Niere zu spenden. Es mag sein, daß die von der Beklagten gewährte Transplantation nur dadurch – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt – möglich geworden ist. Dialyse-Patienten müssen erfahrungsgemäß oft Monate oder Jahre auf eine geeignete Organspende warten. Diese Wartezeit läßt sich abkürzen, wenn sich ein Verwandter zur Organspende für den Versicherten bereiterklärt. Wenn dies geschieht, so ergibt sich aber kein zusätzlicher Anspruch gegen die Krankenkasse, gleichgültig, ob der Versicherte mit dem Spender für die Organspende eine Geldleistung vereinbart oder nicht.
Zwar konnte der Versicherte auch unter der Geltung der RVO die Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Krankenkasse zuvor eine Leistung rechtswidrig abgelehnt hatte und der Versicherte dadurch gezwungen worden war, sich die Leistung selbst zu beschaffen (BSGE 34, 172, 174 = SozR Nr 6 zu § 368a RVO; BSG SozR 2200 § 194 Nr 4 und § 182 Nr 74; s zum Ganzen auch BSG SozR 2200 § 182 Nr 86). Im vorliegenden Falle hat die Beklagte jedoch die notwendigen Leistungen – insbesondere die Transplantation – gewährt, so daß die Grundvoraussetzung für den Erstattungsanspruch – die Verweigerung einer von den Krankenkassen geschuldeten Leistung – nicht gegeben ist.
Diese von der Rechtsprechung zum Erstattungsanspruch entwickelten Grundsätze lassen sich hier auch nicht entsprechend anwenden. Die Situation des Patienten, der auf die Spende eines geeigneten Organs wartet und die Lage des Versicherten, dem eine mögliche Leistung rechtswidrig verweigert wird, sind nicht vergleichbar. Die Krankenkassen haben im Rahmen der ihnen obliegenden Garantiehaftung für Systemmängel (vgl BSGE 73, 271, 274 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 13) nur dafür einzustehen, daß die zZ medizinisch möglichen, notwendigen und zweckmäßigen Leistungen erbracht werden. Für Transplantationen bedeutet dies: Der Versicherte hat nur dann einen entsprechenden Leistungsanspruch, wenn ein zur Transplantation geeignetes Organ zur Verfügung steht. Wird die Transplantation erst durch eine – vom Versicherten „veranlaßte” – Organspende möglich, dann darf die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Unmöglichkeit einer Organtransplantation nicht einer rechtswidrigen Leistungsverweigerung der Krankenkasse gleichgestellt werden.
Daß den Versicherten nicht finanzielle Aufwendungen durch die Krankenkassen erstattet werden dürfen, ergibt sich aber noch aus einem weiteren Gesichtspunkt: Finanzielle Leistungen an Organspender würden dem privaten Organhandel Vorschub leisten. Der Staat, die Versicherungsträger und andere öffentliche Institutionen sind aber bemüht, dies dadurch zu unterbinden, daß die Beschaffung von zu transplantierenden Organen öffentlich-rechtlich geregelt wird. Dafür sprechen neben ethischen Gründen medizinische Erwägungen. Nach allen internationalen Erfahrungen können Organtransplantationen nur dann erfolgreich ausgeführt werden, wenn die Empfänger das optimale und nicht nur das nächstbeste Transplantat erhalten. Deshalb wurden Vermittlungszentren, zB das seit den sechziger Jahren in der niederländischen Stadt Leiden bestehende Zentrum „Eurotransplant”, und Organbanken geschaffen, um optimale Bedingungen für Organtransplantationen zu erreichen (vgl dazu Carstens, Das Recht der Organtransplantation, Frankfurt am Main, Bern, Las Vegas 1978, S 178; zu Eurotransplant s insbesondere Elke Dietrich in Dietrich ≪Herausgeberin≫, Organspende, Organtransplantation – ein Report des Machbaren – Percha am Starnberger See 1985, S 75 ff).
Die Organtransplantationen werfen erhebliche Kostenprobleme auf. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung der Kosten des stationären Aufenthalts des zu transplantierenden Patienten einschließlich der Operationskosten, sondern auch um spezifische Finanzierungsprobleme, weil auf die erforderlichen organisatorischen Vorleistungen ein beträchtlicher Teil der Kosten entfällt. Dies gilt nicht nur für die Administration, also den Betrieb der Organisationszentrale des Transplantationszentrums, sondern für die gesamte Transplantationsorganisation, ua also für die Erfassung und Verarbeitung aller relevanten Daten, die Führung und Pflege der Warteliste, die Spender- und Empfängertypisierung, die Organgewinnung, den nationalen und internationalen Organaustausch und nicht zuletzt die Kooperation der Transplantationszentren untereinander und mit den auswärtigen Krankenhäusern sowie die gesamte Öffentlichkeitsarbeit (vgl Fuchs und Ketzler in Hiersche, Hirsch und Graf-Baumann ≪Hrsg≫, Rechtliche Fragen der Organtransplantation, 1990, S 73). Die insoweit anfallenden Kosten müssen – jedenfalls zum Teil – die Krankenversicherungsträger übernehmen. Dies geschieht aufgrund von Verträgen (vgl dazu Fuchs und Ketzler, aaO, S 75 f), zB durch den am 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Vertrag zwischen dem Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation eV, der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Eurotransplant Foundation (abgedruckt in BKK 1989, 431 f). Dieser Vertrag sieht zur Finanzierung von Eurotransplant – wie schon die frühere vertragliche Regelung (vgl dazu Schauenburg, BKK 1989, 429, 430) – eine Registerpauschale vor, die in ihrer Höhe Jahr für Jahr neu vereinbart werden muß (vgl § 3 des Vertrages).
Diese öffentlich-rechtlichen Verträge haben neben der Regelung der Beschaffung, Vorhaltung sowie Vermittlung von Organen und der Finanzierung der dafür geschaffenen Institutionen einen weiteren Zweck: Es soll verhindert werden, daß Privatleute mit der gesundheitlichen Notsituation anderer Menschen Geschäfte machen und sich nicht ein „grauer bis schwarzer Markt” (vgl Birgit Schauenburg, aaO, S 430; zur Gefahr eines entgeltlichen Organhandels s auch Schreiber in Festschrift für Erich Steffen, S 453) auftut.
Daß auch der Bundesgesetzgeber jeglichen Organhandel unterbinden will, wird aus der bisherigen Entwicklung deutlich:
In seiner 629. Sitzung am 26. April 1991 hat der Bundesrat (BR-Drucks 119/91) in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, umgehend den Entwurf eines Gesetzes einzubringen, das den kommerziellen Organhandel und die gewinnorientierte Vermittlung von Transplantationen verbietet und unter Strafe stellt. Schon aus ethischen Gründen sei kommerzieller Handel abzulehnen. Dieser Aufforderung folgend, haben die Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. im April 1996 den Entwurf eines Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz ≪TPG≫, BT-Drucks 13/4355 eingebracht, zu dem bereits eine erste Lesung im Bundestag stattgefunden hat (dazu DOK 1996, 356). Der Entwurf enthält in § 16 ein Verbot des Organhandels und in § 17 entsprechende Strafvorschriften. Zur Begründung wird in dem Gesetzentwurf ua ausgeführt (BT-Drucks 13/4355, S 29 zu § 16): „Im Hinblick auf den derzeitigen Mangel an geeigneten Spenderorganen wächst die Versuchung, aus eigensüchtigen wirtschaftlichen Motiven die gesundheitliche Notlage lebensgefährlich Erkrankter in besonders verwerflicher Weise auszunutzen. Satz 1 begegnet dieser Gefahr, indem er – als Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 17 – normiert, daß der gewinnorientierte Umgang mit menschlichen Organen verboten ist. Gleichzeitig sollen damit auch finanzielle Anreize an potentielle Lebendspender, ihre Gesundheit um wirtschaftlicher Vorteile willen zu beeinträchtigen, unterbunden werden. Schutzobjekt ist neben der körperlichen Integrität des Lebenden auch die durch Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde, die über den Tod hinaus Schutzwirkung entfaltet, und das Pietätsgefühl der Allgemeinheit. Die Garantie der Menschenwürde wird verletzt, wenn der Mensch bzw. seine sterblichen Reste zum Objekt finanzieller Interessen werden. Sowohl der Verkauf von Organen als auch Organspenden gegen Entgelt sind daher mit der Schutzgarantie des Artikels 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar.”
Alle diese Gesichtspunkte schließen es aber auch aus, aus anderen rechtlichen Gründen (zB ungerechtfertigte Bereicherung – § 812 BGB – wegen der bei der Beklagten „ersparten” Aufwendungen vgl dazu BSGE 45, 130, 132 = SozR 2200 § 185 Nr 2) einen Anspruch auf einen Geldbetrag zu bejahen, mit dem die den Versicherten entstandenen Aufwendungen für die „private Beschaffung” eines Organs ausgeglichen werden könnten.
Die Revision der Kläger konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 79, 53 |
BSGE, 53 |
NJW 1997, 823 |
MDR 1997, 176 |
SozR 3-2500 § 27, Nr.7 |
VersR 1998, 610 |
Breith. 1997, 195 |
SozSi 1997, 117 |