Entscheidungsstichwort (Thema)
Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Beweiswürdigung. Urteilsbegründung
Orientierungssatz
1. Die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme iS der §§ 103, 117 SGG kann schon dann keinen Erfolg haben, wenn die Beklagte alle Möglichkeiten hatte, die vom LSG angeordnete Beweisaufnahme durch Anhörung eines arbeitsmarkt- und berufskundigen Sachverständigen vor Urteilserlaß mit entsprechenden Anträgen anzugreifen. In der Unterlassung dieser Möglichkeiten ist ein gemäß § 202 SGG iVm § 295 ZPO zulässiger Verzicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu sehen.
2. Grundsätzlich sind die Tatsacheninstanzen in der Würdigung des Beweisergebnisses frei, wie sich aus § 128 Abs 1 S 1 SGG ergibt. Nur wenn sie die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschreiten und ihrer Überzeugungsbildung Feststellungen zugrunde legen, die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zu gewinnen waren, unterläuft ihnen eine Verletzung des Verfahrensrechts, die zur Aufhebung der darauf beruhenden Feststellungen führen muß.
3. Einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Angabe der wesentlichen Gründe im Urteil bedeutet es nicht, daß das LSG die gesetzlichen Regeln für Beginn und Ende des Übergangsgeldes sowie für das Verwaltungshandeln bei Änderung der Verhältnisse als der Beklagten bekannt vorausgesetzt hat. Ein Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 4 SGG kann nicht gesehen werden, weil das LSG am Ende der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, daß die Berufsunfähigkeit des Klägers zu bejahen sei.
4. Zum Anspruch auf vorgezogenes Übergangsgeld bei während Rentenstreitverfahren bewilligter medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht beendet ist.
Normenkette
SGG §§ 103, 117, 202; ZPO § 295; SGG § 128 Abs 1 S 1, § 136 Abs 1 Nr 4; RVO § 1241d Abs 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 11.12.1984; Aktenzeichen L 5 J 244/83) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 05.08.1983; Aktenzeichen S 4 J 212/81) |
Tatbestand
Der 1940 geborene Kläger war von 1956 bis 1974 als ungelernter Arbeiter, Schiffbauhelfer, Montagehelfer und Schlosserhelfer tätig. Seit 1975 war er als Zusammenbauer in einer Stahlbauwerkstatt beschäftigt, erhielt hier den Stundenlohn eines Facharbeiters und verrichtete alle anfallenden Arbeiten eines gelernten Stahlbauschlossers. Durch Bescheid des Versorgungsamts Lübeck vom 19. Februar 1980 ist bei ihm nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 % wegen Schwerhörigkeit, depressiven Versagenszustandes, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzen und Neigung zu Schwindelanfällen festgestellt. Als Schädigungsfolge nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) ist durch Bescheid des Versorgungsamts Lübeck vom 17. März 1982 ein knöchern verheilter Schlüsselbeinbruch rechts ohne MdE anerkannt, während eine Gehirnerschütterung und eine Knieprellung links als folgenlos abgeheilt bezeichnet worden sind.
Den am 28. November 1980 gestellten Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte nach nervenfachärztlicher, orthopädischer und innerfachärztlicher Begutachtung des Klägers durch Bescheid vom 3. Juni 1981 mit der Begründung ab, der auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbare Kläger könne noch leichte Arbeiten im Sitzen fortgesetzt, im Stehen mit Unterbrechung, vollschichtig verrichten.
Zur Klagebegründung hat der Kläger geltend gemacht, er genieße den Berufsschutz eines Facharbeiters, weil er zuletzt als Facharbeiter beschäftigt gewesen sei. Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat die Klage durch Urteil vom 5. August 1983 mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger sei zwar der Berufsschutz eines Facharbeiters zuzubilligen, er könne jedoch mit dem ihm noch verbliebenen Leistungsvermögen nach Einarbeitung in angemessener Frist noch leichte Arbeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen unter Schutz vor Kälte und Nässe, ohne Zeitdruck an nicht gefährlichen Arbeitsplätzen vollschichtig verrichten, wie etwa nach einer Anlernzeit von 14 Tagen Kontrollarbeiten zur Überprüfung fertiger Maschinen oder Kleinapparate. Dies habe der im Termin gehörte Nervenfacharzt bestätigt.
Zur Berufungsbegründung hat der Kläger geltend gemacht, die vom SG für zumutbar erklärten Kontrollarbeiten, würden regelmäßig eine längere Einarbeitungszeit als drei Monate erfordern, wenn sie höherwertig seien, während die geringerwertigen Kontrollarbeiten von ungelernten Arbeitskräften ausgeführt würden und ihm daher nicht zumutbar seien. Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Beiziehung den Kläger betreffender medizinischer Unterlagen seine Beurteilung durch Fachärzte für innere Medizin, Chirurgie und Neurologie veranlaßt, eine Firmenauskunft über Arbeitsplätze eingeholt und einen arbeitsmarkt- und berufskundlichen Sachverständigen vernommen. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger ab 22. November 1984 ein Heilverfahren gewährt, das bei Abschluß des Berufungsverfahrens noch nicht beendet war. Das LSG hat durch Urteil vom 11. Dezember 1984 den angefochtenen Bescheid und das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Dezember 1980 Übergangsgeld zu gewähren. Ausgehend vom Berufsschutz eines Facharbeiters ist es zu dem Ergebnis gelangt, daß auf der Anlernebene einschließlich einer entsprechend entlohnten ungelernten Tätigkeit, die sich durch besondere Qualitätsmerkmale aus den sonstigen ungelernten Tätigkeiten hervorhebe, keine Tätigkeit konkret zu bezeichnen sei, der der Kläger mit seinem Leistungsvermögen noch gewachsen wäre. Bei Ausschluß der gefährlichen Arbeitsplätze, zu denen auch die gefährdenden Arbeitsplätze zu rechnen seien, ließen sich in bezug auf das beim Kläger noch vorhandene Leistungsvermögen nur Arbeitsplätze feststellen, auf denen ungelernte Arbeit ohne besonders hervorhebende Merkmale zu verrichten sei. Soweit für solche Arbeiten anlernähnliche Löhne gezahlt würden, kämen sie als Verweisungstätigkeiten deshalb nicht in Betracht, weil das bloße Anlernentgelt ohne besondere Qualitätsmerkmale die dafür zu verrichtende Tätigkeit nicht zu einer dem Kläger zumutbaren Anlerntätigkeit mache.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte neben der Verletzung des § 1246 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) Verfahrensverstöße, nämlich eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, unzulängliche Beweiswürdigung, mangelnde Urteilsbegründung und mißverständliche Tenorierung.
Die Beklagte beantragt, Die Berufung des Klägers unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 1984 zurückzuweisen; hilfsweise beantragt sie sinngemäß, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Urteil des LSG ist weder verfahrensrechtlich noch materiell-rechtlich zu beanstanden.
Die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme iS der §§ 103, 117 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil die Beklagte alle Möglichkeiten hatte, die vom LSG angeordnete Beweisaufnahme durch Anhörung eines arbeitsmarkt- und berufskundigen Sachverständigen vor Urteilserlaß mit entsprechenden Anträgen anzugreifen. In der Unterlassung dieser Möglichkeiten, ist ein gemäß § 202 SGG iVm § 295 Zivilprozeßordnung (ZPO) zulässiger Verzicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu sehen (vgl Jens Meyer-Ladewig, SGG, 2. Auflage, Anm 7 zu § 117 mwN). Im übrigen bedeutet es keine Verletzung des genannten Grundsatzes, daß das LSG die Begründung des berufskundigen Sachverständigen übernommen hat, gleiche oder ähnliche Tätigkeiten würden in zahlreichen anderen Betrieben nur nach der Lohngruppe ungelernter Arbeiter bezahlt. Die Verpflichtung des Gerichts, sich selbst unmittelbar einen Eindruck von den zu beurteilenden Tatsachen zu verschaffen muß dort enden, wo es nicht mehr um die Tatsachen, sondern um deren sachkundige Bewertung geht. Nichts anderes hat aber das LSG, nachdem es von den Arbeitsplätzen bei der Firma W. und ihrer Beschaffenheit Kenntnis genommen hatte, mit Hilfe des berufskundigen Sachverständigen festgestellt.
Die Rüge, das LSG habe kritiklos und undifferenziert die Aussage des Sachverständigen Prof. Dr. B. übernommen, vorsichtshalber solle man beim Kläger Tätigkeiten an gefährlichen Arbeitsplätzen ausschließen, obwohl dieser Sachverständige beim Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine objektivierbaren Gesundheitsstörungen, sondern lediglich eine nicht krankheitswertige Versagenshaltung festgestellt und vollschichtige Tätigkeiten für zumutbar erachtet habe, richtet sich gegen die Beweiswürdigung des LSG. Sie kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Grundsätzlich sind die Tatsacheninstanzen in der Würdigung des Beweisergebnisses frei, wie sich aus § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ergibt. Nur wenn sie die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschreiten und ihrer Überzeugungsbildung Feststellungen zugrunde legen, die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zu gewinnen waren, unterläuft ihnen eine Verletzung des Verfahrensrechts, die zur Aufhebung der darauf beruhenden Feststellungen führen muß. Das traf hier jedoch nicht zu. Das LSG hat Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 28. August 1984 gehört. Dabei hat er in der Tat beim Kläger eine nicht krankheitswertige Versagenshaltung bestätigt und überzeugende Hinweise auf anfallsartige Störungen des Bewußtseins verneint, gleichwohl aber in seiner Beurteilung der dem Kläger medizinisch noch zumutbaren Tätigkeiten erklärt, vorsichtshalber sollte man Tätigkeiten an gefährlichen Arbeitsplätzen ausschließen. Er hat erläuternd dazu gesagt, er stimme völlig mit der Beurteilung des Vorgutachters Dr. W. überein. Diese Beurteilung hat das LSG bereits in seinen Beweisbeschluß vom 28. September 1984 übernommen, in dem es eine schriftliche Auskunft der Firma W. vorgesehen hat, "ob es für den Kläger entsprechend seinem körperlichen Leistungsvermögen (vollschichtig leichte Tätigkeiten im Sitzen fortgesetzt, im Stehen mit Unterbrechungen, keine gefährdenden Arbeitsplätze, kein Führen von Fahrzeugen, keine Schweißarbeiten) ...zumutbare Verweisungstätigkeiten auf der Ebene eines Facharbeiters ...gibt." Der in erster Instanz gehörte Neurologe Dr. W. hatte ausgeführt, die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten dürften nicht an gefährlichen Arbeitsplätzen wie an Maschinen mit bewegten Teilen, in der Nähe von Feuer oder Wasser oder in größerer Höhe ausgeführt werden. Dies hatte er wegen einer von ihm angenommenen ungleichmäßigen Hirndurchblutung für notwendig erachtet. Unter diesen Umständen hat sich das LSG innerhalb der Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung gehalten, wenn es dem Gutachten des Prof. Dr. B. die Erklärung entnommen hat, medizinisch sei dem Kläger die Tätigkeit an gefährlichen Arbeitsplätzen wegen der möglichen Auswirkungen des schwankenden Bluthochdruckes nicht zumutbar. Ob und ggfs mit welcher Begründung sich das LSG über diese medizinische Beurteilung hätte hinwegsetzen können, ist hier nicht zu entscheiden. Das LSG hat sich jedenfalls innerhalb der Grenzen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung bewegt, wenn es der medizinischen Beurteilung des Prof. Dr. B. gefolgt ist. Auch der Umstand, daß im gerichtlichen Beweisbeschluß vom 28. September 1984 nicht - wie in den Sachverständigengutachten - von gefährlichen Arbeitsplätzen, sondern von gefährdenden Arbeitsplätzen die Rede ist, mußte das LSG nicht zu weiterer Sachaufklärung veranlassen, weil der Ausschluß gefährlicher Arbeitsplätze begrifflich sowohl die dem Arbeitnehmer selbst gefährlichen als auch die andere Personen gefährdenden Arbeitsplätze einschließt.
Soweit die Beklagte beanstandet, das LSG habe es versäumt, nachvollziehbar festzustellen und zu begründen, wann der Versicherungsfall eingetreten sei, rügt sie vergeblich eine Verletzung der §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Wie dem Tatbestand des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, hatte der Kläger den Antrag auf Versichertenrente am 28. November 1980 gestellt. Er hatte damit geltend gemacht, daß bei ihm zumindest die Voraussetzungen für die Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit gegeben sei. Nach § 1290 Abs 1 Satz 1 ist die Rente vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Daraus ergab sich für das LSG als Beginn der begehrten Leistung der 1. Dezember 1980. Da die Beklagte dem Kläger während des Berufungsverfahrens als berufsfördernde Maßnahme ein Heilverfahren ab 22. November 1984 gewährt hatte, nach § 7 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I S 1881) Renten wegen MdE oder wegen Erwerbsunfähigkeit aber erst dann bewilligt werden sollen, wenn zuvor Maßnahmen zur Rehabilitation durchgeführt worden sind, hatte der Kläger Anlaß, seinen Antrag im Berufungsverfahren dahin zu ändern, anstelle der bislang begehrten Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nunmehr die ihm nach dem Gesetz zustehenden Leistungen zu begehren. Nach § 1241d Abs 1 RVO wird grundsätzlich das Übergangsgeld vom Beginn der Maßnahme zur Rehabilitation an gewährt. Ist aber bereits vor Beginn der Maßnahme Antrag auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt, so beginnt das Übergangsgeld mit dem Zeitpunkt, von dem an die Rente zu zahlen gewesen wäre. Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen konnte das LSG die Beklagte, nachdem es die Voraussetzungen für die Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente bejaht hatte, nur zur Gewährung des Übergangsgeldes verurteilen.
Schließlich geht auch die Rüge einer Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 4 SGG fehl. Da die Rehabilitationsmaßnahme im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch nicht beendet war, hatte das LSG keine Möglichkeit, die Verurteilung der Beklagten zeitlich zu begrenzen. Es mußte es vielmehr dem Verwaltungshandeln der Beklagten überlassen, am Ende der Heilbehandlung wegen Änderung der Verhältnisse das Übergangsgeld einzustellen und sodann entweder dem Kläger die begehrte Rente zu gewähren oder aber diese im Falle der durch die Rehabilitationsmaßnahme erreichten Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Klägers abzulehnen. Wie das Revisionsvorbringen der Beklagten zeigt, wäre es zwar zweckmäßig gewesen, hierüber einen Hinweis in die Urteilsgründe aufzunehmen. Einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Angabe der wesentlichen Gründe im Urteil bedeutet es aber nicht, wenn das LSG die gesetzlichen Regeln für Beginn und Ende des Übergangsgeldes sowie für das Verwaltungshandeln bei Änderung der Verhältnisse als der Beklagten bekannt vorausgesetzt hat. Ein Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 4 SGG kann darin auch deshalb nicht gesehen werden, weil das LSG am Ende der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, daß die Berufsunfähigkeit des Klägers zu bejahen sei. Daraus konnte die Beklagte entnehmen, daß sie für die Dauer der Rehabilitationsmaßnahme Übergangsgeld zu gewähren und nach dem Ende der Maßnahme im Falle der Erfolglosigkeit Rente wegen Berufsunfähigkeit anzuschließen hatte oder aber - bei Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme - die Rentengewährung wegen der nun weggefallenen Berufsunfähigkeit durch einen neuen - rechtsbehelfsfähigen - Bescheid ablehnen durfte. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß das LSG über diese bei Erlaß seines Urteils noch nicht vorliegende Sachverhaltsalternative nicht entscheiden konnte und auch nicht entschieden hat.
Auch materiell-rechtlich ist das Urteil des LSG nicht zu beanstanden. Daß der Kläger den Facharbeiterschutz eines Stahlbauers genießt, ist unter den Beteiligten nicht streitig und auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht in Zweifel zu ziehen. Streitig ist insoweit unter den Beteiligten nur, ob sich der Kläger auf die vom LSG bei der Firma W. festgestellten Tätigkeiten verweisen lassen muß, die nach den von der Revision nicht mit Erfolg beanstandeten und daher für den erkennenden Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG nicht als Anlerntätigkeiten anzusehen sind, obwohl sie als solche entlohnt werden. Hierzu hat das BSG entschieden, daß sich die Zumutbarkeit einer Tätigkeit nicht nach der Höhe der Entgeltdifferenz, sondern nur nach dem Qualitätsunterschied zwischen dem bisherigen Beruf und der Verweisungstätigkeit richtet (SozR 2200 § 1246 Nr 88, BSGE 54, 38 = SozR aa0 Nr 95 und SozR aa0 Nr 124 jeweils mwN). Dem steht die vom LSG mit der Revisionszulassung angesprochene Rechtsprechung des 4. Senats des BSG nicht entgegen. Sie befaßt sich nur mit der Frage, ob eine tarifliche Verdienstsicherung bei einem Facharbeiter der Annahme von Berufsunfähigkeit im Falle der innerbetrieblichen Umsetzung entgegensteht (BSGE 45, 267, 270 = SozR 2200 § 1246 Nr 26 und Nr 60). Diese vom erkennenden Senat nicht geteilte (vgl SozR aaO Nrn 88, 95 und 124) und vom 4. Senat in einem späteren Urteil (SozR aa0 Nr 93) eingeschränkte Auffassung besagt nichts zu der Frage, ob sich ein Facharbeiter auf eine Tätigkeit verweisen lassen muß, die zwar von ihren Anforderungen her zur Gruppe der ungelernten Tätigkeiten gehört, von der Bezahlung her aber einer angelernten Tätigkeit vergleichbar ist. Der 4. Senat des BSG hat, soweit erkennbar, nur das "soziale Betroffensein" als Voraussetzung des Anspruchs auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit verneinen wollen, wenn ein Facharbeiter aufgrund einer tariflichen Verdienstsicherung mit einer anderen, seinen Kräften, Kenntnissen und Fertigkeiten entsprechenden Tätigkeit den vollen, bisher mit der Haupttätigkeit erzielten Lohn weiter erhält. Das trifft jedoch auf den Kläger nicht zu. Es muß deshalb insoweit bei dem Grundsatz verbleiben, daß allein die Entlohnung einer als Verweisungstätigkeit in Betracht kommenden Beschäftigung nicht maßgeblich dafür ist, ob sie dem Versicherten zumutbar oder nicht zumutbar ist. Hierfür kommt es vielmehr - wie bereits dargelegt - allein auf die besonderen Qualitätsmerkmale der zu beurteilenden Tätigkeit an. Diese waren nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG jedoch bei der Firma W. Tätigkeiten ungelernter Art.
Die nach alledem unbegründete Revision war zurückzuweisen (§ 171 Abs 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen