Leitsatz (amtlich)
Die Aussicht, daß eine auf gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhende Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann, besteht nur dann, wenn die Behebung der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Rentenbewilligung wahrscheinlich ist.
Orientierungssatz
Begriff "Aussicht" in RVO § 1276 Abs 1:
Durch Verwendung des Begriffs "Aussicht" in § 1276 Abs 1 RVO wird zum Ausdruck gebracht, daß die Entscheidung über die Bewilligung einer Rente auf Zeit eine in die Zukunft gerichtete Prognose über die voraussichtliche Dauer der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit erfordert; vgl BSG 1981-02-18 1 RJ 24/80 = SozR 2200 § 1276 Nr 5 S 8. Diese Prognose ist im allgemeinen aus der Sicht des Versicherungsträgers im Zeitpunkt der Erteilung des Rentenbescheides zu stellen; vgl BSG 1981-02-12 4 RJ 3/80 = SozR 2200 § 1276 Nr 4.
Normenkette
RVO § 1276 Abs. 1 Fassung: 1977-06-27
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf zeitlich unbeschränkte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente).
Der am 27. Februar 1937 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Er war seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und zuletzt bis 1976 in einem Autohaus als Hilfsarbeiter (Wagenwäsche) tätig. 1974 erkrankte er an einem Magenleiden. Dieses führte im Sommer 1975 zu einer Teilresektion des Magens und in der Folgezeit zu weiteren stationären Behandlungen des Klägers.
Seinen Antrag vom 9. Dezember 1976 auf Bewilligung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 1977 ab. Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat unter Abänderung dieses Bescheides die Beklagte verurteilt, dem Kläger EU-Rente auf Zeit vom 10. Juni bis 31. Dezember 1977 zu gewähren (Urteil vom 7. September 1978). Mit seiner Berufung hat der Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, ab 1. Dezember 1976 zu gewähren. Im Zuge der von ihm durchgeführten Sachaufklärung hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg ua ein Gutachten des leitenden Arztes der Neurologischen Klinik des Kreiskrankenhauses L, Prof Dr K, vom 26. März 1980 nebst ergänzender Stellungnahme vom 19. Juni 1980 eingeholt.
Mit Urteil vom 3. Juli 1980 hat das LSG das Urteil des SG vom 7. September 1978 mit dem Bescheid vom 13. April 1977 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 10. Juni bis 31. Dezember 1977 EU-Rente auf Zeit und ab 1. Dezember 1979 EU-Rente zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung sei der Kläger wegen organischer Erkrankungen lediglich in der Zeit vom 9. Dezember 1976 bis 31. Dezember 1977 erwerbsunfähig gewesen. In der Zeit danach habe nach dem organischen Beschwerdebild noch nicht einmal BU vorgelegen. Allein danach könne der Kläger gemäß § 1276 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung (=aF) nur vom 10. Juni 1977 (Beginn der 27. Woche nach Eintritt der EU) bis zum 31. Dezember 1977 EU-Rente auf Zeit beanspruchen. Außerdem stehe ihm jedoch aufgrund einer nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils eingetretenen psychischen Erkrankung EU-Rente auf unbestimmte Zeit ab 1. Dezember 1979 zu. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof Dr K, denen trotz der dagegen erhobenen Einwände der Beklagten zu folgen sei, bestehe beim Kläger eine endogene Depression im Rückbildungsalter. Der Kläger könne diese Erkrankung nicht aus eigener Kraft überwinden. Sie könne allenfalls durch eine konsequente psychiatrische, wenn möglich stationäre Behandlung überwunden werden. Solange sie bestehe, sei der Kläger nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und deshalb erwerbsunfähig. Der Beginn der endogenen Depression lasse sich angesichts der Schwierigkeiten der Diagnosestellung nicht zuverlässig feststellen. Da sie jedoch bei der Untersuchung des Klägers vom 3. bis 6. Dezember 1979 bereits bestanden habe, habe sie spätestens seit November 1979 vorgelegen. Dem Kläger stehe damit EU-Rente ab 1. Dezember 1979 bis auf weiteres zu. Auf eine Zeitrente von zwei Jahren entsprechend dem Vorschlag des Sachverständigen Prof Dr K könne er nicht verwiesen werden. Durch die ab 1. Juli 1977 geltende Neufassung des § 1276 Abs 1 RVO durch das Zwanzigste Rentenanpassungsgesetz (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S 1040) (im folgenden: § 1276 Abs 1 RVO nF) seien allerdings die Anforderungen an die Prognose, daß begründete Aussicht auf Behebung der BU oder der EU in absehbarer Zeit bestehe, verringert worden. Zwar genüge auch nach neuem Recht nicht die abstrakte Möglichkeit, daß die EU oder BU behoben werden könne. Vielmehr sei nach wie vor von den individuellen Gegebenheiten und somit, wenn wie vorliegend die BU oder EU ausschließlich auf Gesundheitsstörungen beruhe, von der individuellen Leistungsfähigkeit auszugehen. Bei der Beurteilung des weiteren Verlaufes spielten jedoch nunmehr objektive Gesichtspunkte eine wesentliche Rolle. Die Beurteilung habe sich an den allgemeinen medizinischen Erfahrungssätzen auszurichten und weiter davon auszugehen, daß sich der Versicherte und die Stellen, die bei der Behebung der BU oder EU mitzuwirken hätten, vernunft- und pflichtgemäß verhielten. Daher könne dem Kläger die begehrte Rente nicht schon deshalb auf unbestimmte Zeit zugesprochen werden, weil bisher weder die Beklagte noch ein anderer Rehabilitationsträger Schritte zur Behandlung der psychischen Erkrankung unternommen habe. Der Kläger brauche sich aber deswegen nicht mit einer Zeitrente abzufinden, weil auch bei sachgerechtem und pflichtgemäßem Verhalten der in Betracht kommenden Personen und Stellen keine begründete Aussicht auf Heilung der endogenen Depression in absehbarer Zeit bestehe. Absehbar sei ein Zeitraum von längstens drei Jahren. Von einer begründeten Aussicht au Heilung innerhalb dieses Zeitraums könne nur dann die Rede sein, wenn die Heilung wahrscheinlicher sei als die Nichtheilung. Das sei hier nicht der Fall. Der Sachverständige Prof Dr K bemesse die Chance zur Heilung oder wesentlichen Besserung auf 50 %. Das reiche nicht aus, weil die Gefahr des Scheiterns der Behandlung gleich groß sei. Dem Anspruch des Klägers auf EU-Rente für unbestimmte Zeit stehe auch nicht entgegen, daß nach § 7 Abs 1 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (BGBl I S 1881; RehaAnlgG) Rehabilitationsmaßnahmen Vorrang vor der Bewilligung von Renten hätten. Solange Leistungen zur Rehabilitation nicht bewilligt oder gewährt worden seien, dürfe dem Versicherten die EU-Rente nicht verweigert werden. Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gewährung einer zeitlich unbegrenzten EU-Rente ab 1. Dezember 1979. Sie rügt eine Verletzung des § 1276 Abs 1 RVO nF. Infolge der Neufassung der Vorschrift durch das 20. RAG sei die Möglichkeit einer Bewilligung von Zeitrenten erweitert worden. Die begründete Aussicht, daß die BU oder EU in absehbarer Zeit "behoben sein kann", müsse sich nicht auf die tatsächliche Behebung, sondern nur noch auf die Möglichkeit der Behebung beziehen. Dies werde dadurch verständlich, daß der Gesetzgeber in die Neuregelung ausdrücklich die Fälle einbezogen habe, in denen die BU oder EU nicht nur auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruhe, sondern im Sinne der vom Großen Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten dritten Alternative des Erwerbsunfähigkeitsbegriffs auf dem Ausschluß vom Arbeitsmarkt. In diesen Fällen sei praktisch niemals eine begründete Aussicht auf Behebung der BU oder EU festzustellen, sondern allenfalls die Möglichkeit ihrer Behebung. Gleichwohl werde in diesen Fällen die Gewährung von Zeitrenten geradezu gefordert. Dann aber müsse auch in den Fällen gesundheitsbedingter BU oder EU die Möglichkeit ihrer Behebung für die Gewährung einer Zeitrente ausreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 3. Juli
1980 insoweit aufzuheben, als sie (Beklagte) verpflichtet worden ist,
dem Kläger ab 1. Dezember 1979 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu
gewähren, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des
Sozialgerichts Freiburg vom 7. September 1978 insoweit
zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, entgegen der Behauptung der Beklagten sei der Sachverständige Prof Dr K nicht davon ausgegangen, daß die Einschränkung seiner (Klägers) Erwerbsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren behoben werden könne. Er habe die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung lediglich auf 50 vH eingeschränkt. Bei dieser relativ geringen Heilungschance sei ihm (Kläger) angesichts seiner Sprachschwierigkeiten und der besonderen Belastung einer stationären Behandlung in einer Nervenklinik eine solche Belastung nicht zumutbar.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz ist allein der Anspruch des Klägers auf zeitlich unbefristete Gewährung der ihm vom LSG für due Zeit ab 1. Dezember 1979 zuerkannten EU-Rente. Nicht mehr im Streit ist hingegen der weitere Anspruch des Klägers auf Gewährung einer EU-Rente auf Zeit für den Zeitraum vom 10. Juni bis 31. Dezember 1977. Das LSG hat insofern die Verurteilung der Beklagten durch das SG bestätigt. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Die Beklagte begehrt nach ihrem Revisionsantrag eine Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich insoweit, als sie verpflichtet worden ist, dem Kläger ab 1. Dezember 1979 EU-Rente zu gewähren.
Bezüglich dieser Verpflichtung hat der Senat aufgrund der Revisionsrügen der Beklagten allein zu prüfen, ob dem Kläger entsprechend der Ansicht des LSG eine zeitlich unbefristete EU-Rente oder aber lediglich eine EU-Rente auf Zeit zusteht. Nicht Gegenstand der revisionsgerichtlichen Prüfung und Entscheidung ist hingegen die Frage, ob beim Kläger im November 1979 der Versicherungsfall der EU eingetreten ist. Hiervon ist vielmehr bei der Entscheidung über die Revision der Beklagten auszugehen. Wie der erkennende Senat im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 18. Februar 1981 (BSG SozR 2200 § 1276 Nr 5 S 7 mwN) ausgeführt hat, ist auch bei der Gewährung einer Rente wegen BU oder EU auf Zeit der Versicherungsfall allein der Eintritt von BU oder EU. Ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung der deswegen zu gewährenden Rente erfüllt sind, hat mit dem Versicherungsfall als solchem nichts zu tun. Vielmehr ist dieser Umstand von Bedeutung allein für die Dauer des sich aus dem Versicherungsfall ergebenden Anspruchs. Demgemäß enthält der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers über die Bewilligung einer Rente wegen BU oder EU auf Zeit mehrere der Bindung nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) fähige Verfügungssätze. Zunächst hat der Versicherungsträger die Rente wegen des Eintritts des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit bewilligt (Entscheidung über die Art der Rente). Zugleich hat er die Bezugsdauer der Rente begrenzt und damit die den Versicherten belastende Entscheidung getroffen, daß begründete Aussicht auf Behebung der BU oder EU bis zum Ende der Rentenbezugszeit bestehe (Entscheidung über die Dauer der Rente). Wendet sich der Versicherte in einem nachfolgenden Streitverfahren mit dem Antrag auf zeitlich unbefristete Gewährung der Rente lediglich gegen deren zeitliche Begrenzung, so ist die Rechtmäßigkeit des ersten Verfügungssatzes nicht im Streit und den Gerichten im Ergebnis eine Entscheidung darüber, ob der Versicherungsfall der BU oder der EU eingetreten ist, verwehrt.
Dasselbe gilt im vorliegenden Fall. Allerdings hat nicht die Beklagte einen Bescheid über die Bewilligung einer EU-Rente aus Anlaß eines im November 1979 eingetretenen Versicherungsfalles erlassen. Vielmehr ist sie vom LSG zur Gewährung einer solchen Rente verpflichtet worden. Auch wendet sich vorliegend nicht der Versichert gegen eine zeitliche Begrenzung der Rente. Vielmehr hat das LSG die Beklagte ohne eine solche Begrenzung zur Gewährung der Rente verurteilt und demgemäß allein die Beklagte Revision eingelegt. Indes kommt dem keine entscheidende Bedeutung zu. Maßgebend ist, daß die Beklagte mit ihrer Revision allein ihre Verurteilung zu einer zeitlich unbefristeten Gewährung der Rente beanstandet. Gegen die Auffassung des LSG hingegen, daß im November 1979 beim Kläger (erneut) der Versicherungsfall der EU eingetreten sei, richtet sich die Revision nicht. Das LSG (S 19 des Urteils) hat unter Zugrundelegung des Gutachtens des Sachverständigen Prof Dr K ausgeführt, der Kläger leide unter einer endogenen Depression. Er könne diese Erkrankung aus eigener Kraft nicht überwinden. Hierzu bedürfe es vielmehr einer konsequenten psychiatrischen, wenn möglich stationären Behandlung. Für die Dauer der Erkrankung sei der Kläger nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und deshalb erwerbsunfähig. Die Beklagte hat gegen diese tatsächlichen Feststellungen weder zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht (vgl § 163 SGG) noch gegen die aus ihnen gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen Einwendungen erhoben. Ihre Revisionsbegründung enthält Ausführungen lediglich zur Anwendung und Auslegung des § 1276 Abs 1 RVO. Der Senat hat demzufolge ohne eigene rechtliche Prüfung davon auszugehen, daß der Kläger wegen einer spätestens im November 1979 aufgetretenen psychischen Erkrankung abermals erwerbsunfähig geworden ist.
Aus Anlaß dieses Versicherungsfalles steht ihm eine EU-Rente auf unbestimmte Dauer zu. Das hat das LSG zutreffend entschieden. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer zeitlich befristeten Rente sind nicht erfüllt.
Nach § 1276 Abs 1 RVO nF ist, wenn begründete Aussicht besteht, daß die BU oder EU in absehbarer Zeit behoben sein kann, die Rente wegen BU oder EU vom Beginn der 27. Woche an, jedoch nur auf Zeit und längstens für drei Jahre von der Bewilligung an zu gewähren; dies gilt insbesondere, wenn die BU oder EU nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruht. Letzter Halbsatz ist mit Wirkung ab 1. Juli 1977 durch das 20. RAG eingefügt worden. Die vorher geltende Fassung des § 1276 Abs 1 RVO hat außerdem anstelle der Worte "behoben sein kann" die Worte "behoben sein wird" enthalten.
Durch Verwendung des Begriffs "Aussicht" in § 1276 Abs 1 RVO wird zum Ausdruck gebracht, daß die Entscheidung über die Bewilligung einer Rente auf Zeit eine in die Zukunft gerichtete Prognose über die voraussichtliche Dauer der BU oder der EU erfordert (BSGE 22, 278, 283 = SozR Nr 2 zu § 1276 RVO; BSGE 25, 29, 30 = SozR Nr 4 zu § 1276 RVO; BSG SozR 2200 § 1276 Nr 5 S 8). Diese Prognose ist im allgemeinen aus der Sicht des Versicherungsträgers im Zeitpunkt der Erteilung des Rentenbescheides zu stellen (BSGE 25, 29, 30 = SozR Nr 4 zu § 1276 RVO; BSG SozR Nr 7 zu § 1276 RVO S Aa 7; BSG SozR 2200 § 1247 Nr 16 S 27; BSG SozR 2200 § 1276 Nr 4 S 4). Dabei ist es dem Versicherungsträger nicht verwehrt, alle bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Rentenbescheides eingetretenen Umstände zu berücksichtigen. Das gilt auch für den Fall, daß bis zu diesem Zeitpunkt eine zunächst vorhandene BU oder EU des Versicherten wieder behoben ist. Auch diesen Umstand hat der Versicherungsträger zu beachten und gegebenenfalls Rente auf Zeit lediglich für einen bereits abgelaufenen Zeitraum zu bewilligen (vgl BSGE 27, 52 f = Sozr Nr 6 zu § 1276 RVO; BSG SozR Nr 7 zu § 1276 RVO; BSG SozR 2200 § 1276 Nr 5 S 8). Andererseits ist für die anzustellende Prognose der Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides auch bei dessen rechtlicher Überprüfung in einem nachfolgenden Streitverfahren maßgebend. Das Gericht hat die Vorausschau auf den Zeitpunkt der Bescheiderteilung zurückzuverlegen und darf nach diesem Zeitpunkt eingetretene Umstände wie insbesondere eine spätere Behebung der BU oder EU nicht berücksichtigen (vgl Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1276 Nr 5 S 8 mwN). Dies setzt allerdings voraus, daß der Versicherungsträger aus Anlaß des konkreten Versicherungsfalles überhaupt eine (positive oder negative) Entscheidung über einen sich daraus ergebenden Rentenanspruch getroffen hat. Das ist nicht der Fall, wenn erst im Verlaufe eines Rechtsstreits um die Gewährung von Leistungen anläßlich eines früheren Versicherungsfalles und somit nach dem Erlaß des hierüber befindenden Bescheides des Versicherungsträgers ein neuer Versicherungsfall eingetreten und nunmehr streitig ist, ob dem Versicherten aus Anlaß dieses neuen und selbständigen Versicherungsfalles eine Rente auf Dauer oder aber nur auf Zeit zu gewähren ist. Die hierfür nach § 1276 Abs 1 RVO erforderliche Prognose hat der Versicherungsträger weder angestellt noch anstellen können. Bei Erteilung seines Bescheides über Leistungen anläßlich des früheren Versicherungsfalles war der neue Versicherungsfall noch nicht eingetreten und sein Eintritt nicht vorhersehbar. Demzufolge kann auch die Prognose nicht aus der Sicht zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides angestellt werden. Vielmehr kommt es in diesen Fällen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor demjenigen Tatsachengericht an, welches erstmals über Rentenansprüche aufgrund des neuen Versicherungsfalles entschieden hat. Seine Entscheidung ist hinsichtlich des nach § 1276 Abs 1 RVO maßgebenden Prognosezeitpunktes der Erteilung des Bescheides durch den Versicherungsträger gleichzustellen (vgl auch die Urteile des 4. Senats in BSG SozR Nr 7 zu § 1276 S Aa 7 und SozR 2200 § 1276 Nr 4 S 4, in denen ebenfalls auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über die Rentengewährung abgestellt wird). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß aus der Sicht und nach de Verhältnissen zur Zeit der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 3. Juli 1980 zu beurteilen ist, ob begründete Aussicht auf Behebung der seit November 1979 beim Kläger vorliegenden EU besteht. Der Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides der Beklagten vom 13. April 1977 ist insoweit nicht maßgebend. Die Beklagte hat mit diesem Bescheid ausschließlich über den Antrag des Klägers vom 9. Dezember 1976 auf Gewährung einer Versichertenrente wegen der durch organische Erkrankungen bedingten Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit entschieden. Die psychische Erkrankung des Klägers besteht nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG erst seit November 1979 und hat somit bei Erteilung des angefochtenen Bescheides noch nicht vorgelegen. Demgemäß hat die Beklagte eine Prognose über die Dauer der hierdurch verursachten EU nicht gestellt und nicht stellen können. Auch während des erstinstanzlichen Verfahrens hat über Ansprüche des Klägers aus Anlaß des neuen Versicherungsfalles noch nicht entschieden werden können. Es ist durch das Urteil des SG vom 7. September 1978 und somit vor dem Auftreten der psychischen Erkrankung des Klägers im November 1979 abgeschlossen worden. Die Erkrankung ist erst während des Berufungsverfahrens manifest geworden und somit erstmals das LSG mit dem Anspruch auf Rente wegen der durch die psychische Erkrankung verursachten EU befaßt worden. Hiernach ist die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 3. Juli 1980 der maßgebende Zeitpunkt für die Prognose, ob Aussicht auf Behebung der EU besteht.
Nach § 1276 Abs 1 RVO muß es sich hierbei um eine "begründete" Aussicht handeln. In seinem Urteil vom 12. Februar 1981 (BSG SozR 2200 § 1276 Nr 4 S 5) hat der 4. Senat des BSG ausgesprochen, eine "begründete" Aussicht verlange, daß Gründe vorhanden seien. Diese müßten, um überprüfbar zu sein, dargelegt werden. Dem tritt der erkennende Senat bei. Bei der Zuerkennung einer Rente auf Zeit hat demnach der Versicherungsträger in seinem Bescheid bzw das Gericht im Urteil die Gründe für seine prognostische Erwägung anzugeben, daß die BU oder EU des Versicherten in absehbarer Zeit behoben sein könne. Allein durch die Erfüllung dieses mehr formelle Erfordernisses ist die Aussicht aber noch nicht "begründet" im Sinne des § 1276 Abs 1 RVO. Vielmehr müssen die vom Versicherungsträger bzw vom Gericht angegebenen Gründe auch zutreffen. Es reicht nicht aus, daß die angestellte Prognose begründet worden ist. Sie muß darüber hinaus auch begründet sein. Die angegebenen Gründe müssen also vorliegen und die Aussicht auf Behebung der BU oder EU stützen und rechtfertigen (vgl auch BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6 zum Begriff der "hinreichenden Begründung" im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). § 1276 Abs 1 RVO verlangt die begründete Aussicht, daß die BU oder EU in absehbarer Zeit behoben sein kann (bis 30. Juni 1977: behoben sein wird). Aus der Neufassung der Vorschrift ist geschlossen worden, als Voraussetzung für die Gewährung einer Zeitrente anstelle einer Dauerrente reiche nunmehr die Möglichkeit einer Behebung der BU oder EU aus (Verbandskommentar zur Reichsversicherungsordnung, Viertes und fünftes Buch, Stand: Januar 1981, § 1276, Anm 1a; Zweng-Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl, Stand: 1. August 1981, § 1276, Anm II 2A; Arbeitsanweisung in AmtlMitt der LVA Rheinprovinz 1977, S 585, Ziffer 2; differenzierter Ludwig-DRV 1977, 348, 351). Dem kann der Senat nicht beipflichten. Die Ansicht, nach § 1276 Abs 1 RVO nF reiche die Möglichkeit einer Behebung der BU oder EU aus, hebt zu einseitig auf den Begriff "kann" ab und läßt den Gesamtzusammenhang, in welchem dieser Begriff verwendet wird, außer Betracht. Bereits der 4. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 12. Februar 1981 (BSG SozR 2200 § 1276 Nr 4 S 5) darauf hingewiesen, daß trotz der Neufassung des § 1276 Abs 1 RVO das Erfordernis der "begründeten Aussicht" bestehen geblieben ist und hierfür ungeachtet der Bedeutung der Änderung des Wortes "wird" in "kann" im Rahmen des Halbsatzes 2 der Vorschrift die bloße Möglichkeit einer Änderung der Arbeitsmarktlage und/oder des Erhaltes eines entsprechenden Teilzeitarbeitsplatzes nicht ausreicht (zur Verbindung der beiden Begriffe "begründete Aussicht" und "kann" auch Ludwig, aaO). Dem schließt sich der erkennende Senat zumindest für den hier gegebenen Fall an, daß für die EU und damit auch für deren etwaige Behebung ausschließlich der Gesundheitszustand des Versicherten maßgebend ist. In diesem Falle kann zur Begründung der "Aussicht" auf Behebung der EU nicht jegliche Möglichkeit einer Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit durch Heilung oder Besserung des Gesundheitszustandes ohne Rücksicht darauf, ob die Erfolgschancen 100 % oder aber nur 1 % betragen, genügen. Dies würde zu dem Ergebnis führen, daß Versichertenrenten auf Dauer praktisch nur noch unheilbar Erkrankten gewährt werden dürften und in allen anderen Fällen der gesundheitsbedingten Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit selbst bei der geringsten und entferntesten Chance auf Heilung oder Besserung des Gesundheitszustandes lediglich die Gewährung einer Zeitrente mit der Konsequenz eines Leistungsbeginns erst ab der 27. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles in Betracht käme. Ein solches Ergebnis würde das elementare Prinzip des rentenversicherungsrechtlichen Leistungsrechts, daß die grundsätzlich vom Beginn des Monats nach Eintritt des Versicherungsfalls (vgl § 1290 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 RVO) zu gewährende Dauerrente die Regel und demgegenüber die erst mit der 27. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles beginnende Zeitrente die Ausnahme ist (vgl BSG SozR Nr 3 zu § 1276 RVO S Aa 4), in sein genaues Gegenteil verkehren. Daß der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1276 Abs 1 RVO eine so tiefgreifende Änderung des Leistungsrechts hat vornehmen wollen, kann nicht angenommen werden. Das muß um so mehr gelten, als den Motiven zum 20. RAG nicht zu entnehmen ist, welche Gründe für die Ersetzung des Wortes "wird" durch das Wort "kann" in § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO maßgebend gewesen sind. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist dem Berufungsgericht jedenfalls darin zuzustimmen, daß es die bloße Möglichkeit einer Behebung der BU oder EU als Voraussetzung der Bewilligung einer Rente auf Zeit nicht hat genügen lassen.
Damit allein ist allerdings noch nichts für die Frage gewonnen, Welchen Grad von Gewißheit eine künftige Behebung der BU oder EU haben muß. Indes läßt sich diese Frage aus einem anderen Zusammenhang lösen. Wie insbesondere im Urteil des 12. Senats vom 12. Dezember 1968 (BSG SozR Nr 13 zu § 1241 RVO) hervorgehoben worden ist, ist der Zweck der gesetzlichen Regelung über Zeitrenten derselbe wie bei Maßnahmen zur Rehabilitation. Mit der Zeitrente soll verhindert werden, daß sich der Berechtigte an ein "Rentendenken" gewöhnt, und deutlich gemacht werden, daß er noch nicht zum Kreis der eigentlichen Rentner gehört (vgl auch BSGE 25, 133, 135 = SozR Nr 10 zu § 1286 RVO). Sinn und Zweck der Zeitrente ist die baldige Wiedereingliederung des Versicherten in das Erwerbsleben (BSGE, 25, 29 30 = SozR Nr 4 zu § 1276 RVO). Demselben Ziel dienende Maßnahmen zur Rehabilitation. Demgemäß ist es gerechtfertigt, zur Auslegung der Begriffe "begründete Aussicht" und "kann" aus ähnlich lautende Vorschriften des Rehabilitationsrechts zurückzugreifen. Eine solche ähnlich lautende Vorschrift findet sich in § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO (hier maßgebend in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung; vgl nunmehr die Neufassung der Vorschrift durch Art 9 Nr 4 Buchst a des 2. Haushaltsstrukturgesetzes -2.HStruktG- vom 22. Dezember 1981; BGBl I S 1523). Hiernach gehört es zu den leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung zur Rehabilitation bzw - wie der erkennende Senat mehrfach verdeutlicht hat (vgl ua BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr 6 S 8; BSGE 50, 156, 158 = SozR 2200 § 1237 Nr 15 S 20) - genauer gesagt zu den Voraussetzungen, um eine Leistung überhaupt als eine solche zur Rehabilitation qualifizieren zu können, daß die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die Vorschrift erfordert damit ebenso wie § 1276 Abs 1 RVO die Prognose ("voraussichtlich"), daß ein bestimmter Zustand erreicht werden "kann". Daß zur Erfüllung dieser Voraussetzung die bloße und jede noch so entfernt liegende Möglichkeit einer Erhaltung, wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit genügt, wird von keiner Seite angenommen. Vielmehr müssen nach allgemeiner Ansicht die Maßnahmen erfolgsversprechend sein (Verbandskommentar, aaO, § 1236, Anm 7). Das sind sie dann, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung insbesondere des Leidens des Versicherten, seiner persönlichen Verhältnisse und seiner Bereitschaft zur Mitwirkung wahrscheinlich ist, daß die Maßnahme zur Erhaltung, wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit führen wird (Zweng-Scheerer, aaO, § 1236, Anm I B; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, Band III, 45. Nachtrag, S 664 u I). Demnach muß im Rahmen des § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO der Erfolg der Maßnahme wahrscheinlich sein. Für die Behebung der BU oder EU als Voraussetzung der Gewährung einer zeitlich begrenzten Rente gemäß § 1276 Abs 1 RVO kann nichts anderes gelten. Dafür, daß hinsichtlich dieser Voraussetzung ein geringerer Grad der Gewißheit erforderlich und ausreichend ist als im Rahmen des § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO, bestehen weder hinreichende Anhaltspunkte noch überzeugende Gründe. Im Gegenteil muß bereits der Umstand, daß § 1236 Abs 1 Satz 1 und § 1276 Abs 1 RVO gleichermaßen die Prognose erfordern, daß ein bestimmter Zustand erreicht werden "kann", dazu führen, daß auch der Grad der Gewißheit hinsichtlich dieser Prognose nach beiden Vorschriften derselbe ist. Das ist vom Ergebnis her ebenfalls gerechtfertigt. Innerhalb des § 1236 Abs 1 RVO reicht die bloße Möglichkeit einer Erhaltung, wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht aus, um eine vom Versicherten begehrte Maßnahme als solche zur Rehabilitation ansehen zu können. Vielmehr bedarf es dazu der Wahrscheinlichkeit. Das bedeutet gegenüber dem Fall, daß schon die Möglichkeit ausreichen würde, eine Erschwernis der leistungsrechtlichen Voraussetzungen zu Lasten des Versicherten. Dann aber ist es gerechtfertigt, diese Erschwernis - Wahrscheinlichkeit anstelle einer bloßen Möglichkeit - im Rahmen des § 1276 Abs 1 RVO auch zu seinen Gunsten gelten zu lassen. Es wäre eine sachlich nicht zu rechtfertigende Privilegierung des Versicherungsträgers, einerseits die leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation erst dann als erfüllt anzusehen, wenn der Erfolg der Maßnahme wahrscheinlich ist, andererseits ihn aber schon dann für berechtigt zur Gewährung lediglich einer zeitlich begrenzten Rente zu halten, wenn die Behebung der BU oder EU bloß möglich ist. Das würde der bereits erwähnten gemeinsamen Zwecksetzung der Zeitrenten und der Maßnahmen zur Rehabilitation widersprechen und überdies mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung schwerlich zu vereinbaren sein. Nach alledem besteht im Sinne des § 1276 Abs 1 RVO die Aussicht, daß die BU oder EU des Versicherten in absehbarer Zeit behoben sein kann, wenn innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Rentenbewilligung (Verbandskommentar, aaO, § 1276, Anm 7; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 6. Aufl 1978, § 1276, Anm 3) die Behebung der BU oder EU wahrscheinlich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter und vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Umständen gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt; es muß sich unter Würdigung des Ergebnisses der Sachaufklärung ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, daß ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden (vgl BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 RVO aF; BSG 45, 1, 9 f = SozR 3900 § 40 Nr 9 S 28; BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr 38 S 104).
Diesem Ergebnis der Auslegung des § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO läßt sich nicht entgegenhalten, daß die Neufassung der Vorschrift, wenn sie eine Änderung ihres Inhaltes und nicht nur ihrer Formulierung darstellen solle, allein die Bedeutung haben könne, daß seit Geltung der Neufassung eine Aussicht auf die Möglichkeit der Behebung der BU oder EU genüge (so Zweng-Scheerer, aaO, § 1276, Anm II 2 A; Verbandskommentar, aaO § 1276, Anm 1a). Dieser Schluß ist nicht zwingend. Den Motiven zum 20. RAG ist - wie erwähnt - nicht zu entnehmen, welche Gründe den Gesetzgeber zur Ersetzung des Wortes "wird" durch das Wort "kann" in § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO veranlaßt haben. Das läßt schon die Möglichkeit einer - eventuell sogar versehentlichen - Änderung allein der Formulierung ohne gleichzeitige Änderung des sachlichen Gehaltes der Norm nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen. Aber selbst unterstellt der Gesetzgeber habe eine sachliche Änderung der Vorschrift vornehmen wollen, so braucht diese nicht darauf gerichtet gewesen zu sein, daß nunmehr die Möglichkeit einer Behebung der BU oder EU ausreichen soll. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen des Senats zur Auslegung des § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO liegt es näher, daß der Gesetzgeber die Vorschrift durch ihre Neufassung dem Wortlaut des § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO hat angleichen und damit zum Ausdruck bringen wollen, daß die Behebung der BU oder EU als Voraussetzung für die Gewährung einer Zeitrente wahrscheinlich sein muß. überdies kann entsprechend der Ansicht des Berufungsgerichts (S 22 des angefochtenen Urteils) mit der Änderung des § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO in Fällen, in denen die BU oder EU ausschließlich auf Gesundheitsstörungen beruht, auch bezweckt worden sein, neben der individuellen Leistungsfähigkeit des Versicherten bei der Beurteilung des weiteren Verlaufes auch objektiven Gesichtspunkten wie allgemeinen medizinischen Erfahrungssätzen und vernunft- und pflichtgemäßem Verhalten des Versicherten und der Leistungsträger ein stärkeres Gewicht beizulegen. Das mag im einzelnen auf sich beruhen. Jedenfalls kann nicht allein aus der Tatsache der Änderung des § 1276 Abs 1 Halbsatz 1 RVO ohne Rücksicht auf Sinn und Zweck der Vorschrift und ihren systematischen Zusammenhang hergeleitet werden, daß nunmehr als Voraussetzung der Bewilligung einer Zeitrente die Möglichkeit einer Behebung der BU oder EU in absehbarer Zeit ausreicht.
Dies muß vielmehr wahrscheinlich sein. Diese Wahrscheinlichkeit ist auf der Grundlage der von der Beklagten nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG nicht gegeben. Danach beträgt die Chance, die psychische Erkrankung des Klägers zu heilen oder wesentlich zu bessern und damit seine Erwerbsunfähigkeit zu beheben, 50 %. Einer Heilungschance dieses Umfanges kommt gegenüber der Möglichkeit eines Fortbestandes der Erkrankung und damit der Erwerbsunfähigkeit des Klägers nicht ein deutliches Übergewicht zu.
Das Urteil des LSG trifft zu. Dies führt zur Zurückweisung der Revision der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 518317 |
BSGE, 100 |