Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstufige Juristenausbildung (Rheinland-Pfalz). öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Referendariat. beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Student. Erscheinungsbild als Student. Arbeitslosenhilfe
Orientierungssatz
1. Das Studium ist keine betriebliche Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB 4.
2. Eine berufspraktische Tätigkeit während eines durch Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praxissemesters ist versicherungsfrei nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO und damit beitragsfrei nach § 169 Nr 1 AFG (vgl BSG 17.12.1980 12 RK 10/79 = SozR 2200 § 172 Nr 15). Entscheidend ist, ob derjenige, dessen Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen ist, seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt oder ob er als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer angesehen werden muß (Festhaltung an BSG 22.2.1984 7 RAr 8/83).
3. Zwar sind die Praktika ihrem Inhalt nach mit einem Zeitabschnitt des Referendariats vergleichbar. Der entscheidende Unterschied zur herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung liegt aber in der andersartigen Zuordnung der praktischen Ausbildung zum Studium, was gerade der Sinn der einstufigen Ausbildung war. Der Referendar hat mit dem ersten Staatsexamen sein Studium und damit die erste Stufe seiner Ausbildung abgeschlossen. Er verläßt in aller Regel die Hochschule endgültig und beginnt mit dem Referendariat die zweite Stufe. Das Referendariat, das durch Unterweisung in der Praxis geprägt ist, ist zeitlich gesehen ein Block. Dagegen ist die einstufige Juristenausbildung eine Einheit, bei der die Ausbildung an der Hochschule und die Ausbildung in der Praxis häufiger wechseln. Da der Teilnehmer während der gesamten Zeit der Hochschule angehört und die Studienzeiten im Vergleich zur berufspraktischen Tätigkeit einen erheblich größeren Umfang haben, ist davon auszugehen, daß der Teilnehmer während der ganzen Ausbildung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt und damit nicht beitragspflichtig ist.
4. Das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis eigener Art (Praktikantenverhältnis), in das gemäß § 7 Abs 1 EJAG der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Lande Rheinland-Pfalz nach Zulassung zum Hauptpraktikum aufgenommen wird und bis zum Ende seiner Ausbildung verbleibt, erfüllt nicht den Ersatztatbestand des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG.
5. Der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung wird im Vergleich zum Rechts- bzw Gerichtsreferendar nicht willkürlich ungleich behandelt.
Normenkette
AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1981-12-22, § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1981-12-22, § 134 Abs 2 Nr 1 Fassung: 1981-12-22, §§ 168, 169 Nr 1; RVO § 172 Abs 1 Nr 5; SGB 4 § 7 Abs 2; GG Art 3 Abs 1; EJAG RP § 7 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 12.10.1984; Aktenzeichen L 6 Ar 119/83) |
SG Trier (Entscheidung vom 03.11.1983; Aktenzeichen S 2 Ar 140/83) |
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die Beklagte gewährte dem Kläger antragsgemäß ab 2. Mai 1983 Alhi (Bescheid vom 21. Juni 1983), nachdem dieser seine Ausbildung nach Maßgabe des Landesgesetzes über die einstufige Juristenausbildung im Lande Rheinland-Pfalz vom 14. Februar 1975 (GVBl 87), zuletzt geändert durch Landesgesetz vom 24. Juni 1981 (GVBl 121) - EJAG - abgeschlossen und sich arbeitslos gemeldet hatte. Während der Ausbildung war der Kläger von Oktober 1980 bis April 1983 Rechtspraktikant gewesen.
Durch den angefochtenen Bescheid nahm die Beklagte die Alhi-Bewilligung mit Wirkung vom 6. Juli 1983 zurück, da sie mangels einer Anwartschaft zu Unrecht erfolgt sei (Bescheid vom 1. Juli 1983, Widerspruchsbescheid vom 1. August 1983). Das Sozialgericht (SG) hat die genannten Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 6. Juli 1983 Alhi zu zahlen und ihm einen neuen Bescheid zu erteilen (Urteil vom 3. November 1983). Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung entfällt (Urteil vom 12. Oktober 1984).
Das LSG hat angenommen, daß entgegen der Auffassung der Beklagten die Anwartschaft für einen Anspruch auf Alhi schon deshalb gegeben sei, weil der Kläger im Jahre vor der Arbeitslosmeldung 150 Tage in einem eine Anwartschaft begründenden, einer Beschäftigung gleichstehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gestanden habe (§ 134 Abs 2 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-). Wann ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliege, richte sich nach dessen Prototyp, dem Beamtenverhältnis; die strittige Beschäftigung müsse dem Beamtenverhältnis in wesentlichen Punkten ähneln, wie dies für Referendare im Vorbereitungsdienst (Beamte auf Widerruf) anerkannt sei. Dem entspreche das hier gegebene Rechtspraktikantenverhältnis. Das EJAG, das aufgrund der Ermächtigung des § 5b des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) Studium und praktische Vorbereitung des Juristen in einem einstufigen Ausbildungsgang zu verknüpfen suche, lasse theoretische und praktische Intervalle in kürzerer oder längerer Folge miteinander wechseln (sog Intervallmodell). Es sehe nach dem Hauptstudium eine Zwischenprüfung vor (§ 5 EJAG), die etwa in der Mitte des gesamten Ausbildungsganges liege und, was besonders bedeutsam sei, eine Zulassung durch den Präsidenten des Landesprüfungsamtes für Juristen erfordere (§ 18 Abs 1 EJAG, § 6 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die einstufige Juristenausbildung vom 7. April 1976, GVBl 129, -EJAPO-). An die Zwischenprüfung schließe das Hauptpraktikum an, das mit der Abschlußprüfung ende. Zwar bleibe der Absolvent während der ganzen Zeit als ordentlicher Studierender eingeschrieben, jedoch bestimme das weder den Status des Rechtspraktikanten noch sei diese Handhabung gewählt worden, um den Studentenstatus auch während des Hauptpraktikums gelten zu lassen; vielmehr hätten lediglich wiederholte Ex- und Immatrikulationen vermieden werden sollen; stattdessen sei der Absolvent zwangsbeurlaubt worden. Nur aus formalen Gründen werde der Absolvent mit dem Beginn der praktischen Ausbildung nicht Beamter auf Widerruf, sondern durch die Zulassung zum Hauptpraktikum in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis eigener Art (Praktikantenverhältnis) aufgenommen, das wesentlich dem im Landesbeamtengesetz und der Laufbahnverordnung geregelten Dienstanfängerverhältnis entspreche. Dem Beamtenverhältnis habe das zwischen Haupt- und Wahlpraktikum liegende zweisemestrige Vertiefungs- und Wahlstudium entgegengestanden, das nicht als Vorbereitungsdienst angesehen werden könne. Es sei auch hier als wenig praktikabel erschienen, den Absolventen vor der erneuten Studienphase aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen und ihn danach wieder zu ernennen. Eine solche Regelung hätte zudem dem Sinn des Beamtenverhältnisses auf Widerruf widersprochen, das auf eine durchlaufende, in sich geschlossene Praxisausbildung ausgerichtet sei. Wirtschaftlich und - soweit möglich - rechtlich sei der Rechtspraktikant dem Rechtsreferendar gleichgestellt worden, um einen echten Wettbewerb beider Ausbildungssysteme zu ermöglichen. Der Rechtspraktikant erhalte Unterhaltsbeihilfe in Höhe des Unterhaltszuschusses des Rechtsreferendars, und zwar vom Beginn des 13. Monats des Hauptpraktikums an (§ 7 Abs 1 Satz 4 EJAG). Dieser Zeitpunkt gewährleiste unter Berücksichtigung des das Hauptpraktikum unterbrechenden Vertiefungs- und Wahlstudiums die wirtschaftliche Gleichstellung des Rechtspraktikanten mit dem Rechtsreferendar. Wie die Zwischenprüfung dem Referendarexamen entspreche, sei das Hauptpraktikum seinem äußeren Bilde nach ein um die Wahlstation gekürzter Vorbereitungsdienst und unterscheide sich nach Sinn und Zweck von diesem nicht wesentlich. Der Praktikant unterstehe der Dienstaufsicht des Oberlandesgerichtspräsidenten, es würden Personalakten geführt, Urlaubsregelungen und Ziele der Ausbildung an einzelnen Stagen entsprächen einander, die Noten seien sogar gleich (§§ 15f EJAPO). Tatsächlich erfolge die Ausbildung zeitweise in gleichen Arbeitsgemeinschaften und stets im gemeinsamen Abschlußlehrgang. Die Abschlußprüfung entspreche dem Assessorexamen; allerdings seien nicht acht, sondern elf Aufsichtsarbeiten zu schreiben (§ 27 EJAPO). Die Gleichbehandlung und Gleichstellung der Rechtspraktikanten ergebe sich neben dem gleichrangigen Charakter und der gleichwertigen Befähigung aus der Pflicht zur Nachversicherung der Absolventen. Wesentlich sei ferner, daß die neue Juristenausbildung die alte habe ablösen sollen. Das sei zwar an der praktischen Durchführbarkeit gescheitert; indessen seien einige zur einstufigen Juristenausbildung entwickelte Elemente in die reformierte Juristenausbildung nach dem Gesetz zur Änderung des DRiG vom 25. Juli 1984 (BGBl I 995) übernommen worden. Daher müsse das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis angesehen werden. Seinem Ausbildungscharakter nach bestehe im Hinblick auf die Dienstaufsicht des Oberlandesgerichtspräsidenten nicht nur ein Unterordnungsverhältnis, sondern auch die Pflicht des Praktikanten, Dienste zu erbringen, die den Kernbereich des Beamtenverhältnisses prägten. So seien dem Praktikanten, sobald dies der Stand seiner Ausbildung gestatte, die einem Rechtsreferendar übertragbaren Aufgaben eines Richters, Staatsanwaltes usw zur selbständigen Wahrnehmung zu übertragen und er zum Vertreter einer armen Partei oder zum Verteidiger zu bestellen (Richtlinien für das Hauptpraktikum und das Wahlpraktikum der Rechtspraktikanten vom 25. Juni 1979, Justizblatt Rheinland-Pfalz 1979, S 93 ff). Zu Recht werde deshalb auch in dem als Anlage zu den Richtlinien veröffentlichten Merkblatt für Rechtspraktikanten betont, daß deren Pflichten den Pflichten der Beamten entsprächen, soweit sich aus der Natur des Praktikantenverhältnisses nichts anderes ergebe. Wesentliche, den Rechtscharakter des Praktikantenverhältnisses berührende Unterschiede zum Rechtsreferendar bestünden nicht. Daß der Rechtspraktikant lediglich ein Gelöbnis und keinen Diensteid leiste, rechtfertige keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, daß das Gelöbnis dem Diensteid des Rechtsreferendars möglicherweise in Wirkung und Bedeutung gleichstehe, berühre dieser Unterschied nicht den Kernbereich der das Beamtenverhältnis prägenden Elemente. Für Rechtspraktikanten gälten die Vorschriften hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht, des Fernbleibens vom Dienst, der Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung, Nebentätigkeit, Unterhaltsbeihilfe, Beihilfe, Urlaub und Trennungsgeld sowie Dienstweg und Personalratsbestellung entsprechend. Im Gegensatz zu den Verhältnissen in Rheinland-Pfalz sei der Bremer Gesetzgeber bei der bremischen einstufigen Juristenausbildung bewußt vom öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des beamteten Referendars abgewichen. Abweichend gestaltet sei auch die niedersächsische einphasige Lehrerausbildung. Die Rechtsprechung des LSG Niedersachsen und des Bundessozialgerichts (BSG) zu diesen Ausbildungen führe daher nicht zu der von der Beklagten begehrten Entscheidung.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG und der §§ 103, 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie trägt vor, schon aus den Gründen, die den Landesgesetzgeber veranlaßt hätten, anstelle eines Beamtenverhältnisses ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis eigener Art (Praktikantenverhältnis) vorzusehen, ergebe sich, daß das Rechtspraktikantenverhältnis den Erfordernissen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nicht entspräche. Kurzzeitige, nacheinander geschaltete Beamtenverhältnisse widersprächen sowohl dem Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) als auch dem rheinland-pfälzischen Beamtengesetz. Es sei daher nicht nur aus formalen, sondern aufgrund rechtlicher Erwägungen für das Rechtspraktikantenverhältnis ein einheitlicher Status gewählt worden, der nicht nur dem Haupt- und Wahlpraktikum, sondern auch dem dazwischen geschalteten zweisemestrigen Studium entspreche, das nach der Begründung zum EJAG unzweifelhaft nicht als Vorbereitungsdienst angesehen werden könne. Schon deshalb stimme das Rechtspraktikantenverhältnis im ganzen, das die Studienzeit umfasse, in wesentlichen Punkten nicht mit dem Beamtenverhältnis überein. Im übrigen spreche auch der Umstand, daß der Absolvent während der Praktika als ordentlicher Studierender eingeschrieben bleibe, gegen ein Beamtenverhältnis. Aus weiteren Gründen lasse sich das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis mit dem Beamtenverhältnis nicht vergleichen. Der Rechtspraktikant werde in das Praktikantenverhältnis durch die Zulassung zum Hauptpraktikum aufgenommen. Die Aushändigung einer Ernennungsurkunde wie beim Beamten fehle. Ebenso fehlten die umfassende Weisungsgebundenheit und die Dienstleistungspflicht im erforderlichen Umfange. Diesen entscheidenden Fragen habe das LSG nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. Das LSG habe die Pflicht des Rechtspraktikanten, Dienste zu erbringen, aus der bestehenden Dienstaufsicht des Oberlandesgerichtspräsidenten abgeleitet. Dem könne schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die Pflicht, Dienste zu leisten, keine Besonderheit des Beamtenverhältnisses sei. Im übrigen habe das LSG völlig übersehen, daß während des zweisemestrigen Vertiefungs- und Wahlstudiums eine Dienstleistungspflicht nicht bestanden habe, was sich aus dem Umkehrschluß aus § 13 Abs 1 und 2 EJAPO ergebe. Da dieses Studium etwa 1/3 der Zeit des Rechtspraktikantenverhältnisses ausmache, könne insgesamt von einer Dienstleistungspflicht, wie sie dem klassischen Beamtenverhältnis eigen sei, nicht gesprochen werden. Soweit das LSG Richtlinien entnommen habe, daß dem Rechtspraktikanten Rechte eines Richters usw zu übertragen seien, habe das LSG übersehen, daß diese Rechte nur übertragen werden sollten, eine Ausbildung auch ordnungsgemäß sei, wenn es zur Übertragung nicht komme. Vorsorglich werde insoweit gerügt, daß sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her hätte gedrängt fühlen müssen, den genauen Wortlaut der Richtlinien zu erkunden. Zur Weisungsgebundenheit des Rechtspraktikanten habe das LSG zu Unrecht dem Merkblatt für Rechtspraktikanten entnommen, daß wesentliche, den Rechtscharakter des Praktikantenverhältnisses berührende Unterschiede zum Status des Rechtsreferendars nicht erkennbar seien. Der in dem Merkblatt enthaltene Vorbehalt ("soweit sich aus der Natur des Praktikantenverhältnisses nichts anderes ergibt"), habe das LSG zu Überlegungen veranlassen müssen, weil während des zweisemestrigen Studiums weder Dienstleistungspflichten noch Weisungsgebundenheit bestehe. Diese weisungsfreie Zeit gebe aber dem gesamten Praktikantenverhältnis ein Gepräge, daß von einer dem Beamtenverhältnis vergleichbaren Weisungsgebundenheit insgesamt nicht gesprochen werden könne.
Das LSG gehe von einem unrichtigen Sachverhalt aus, wenn es den Eindruck erwecke, das im Anschluß an die Zwischenprüfung beginnende Hauptpraktikum ende mit einer Abschlußprüfung, die dem Assessorexamen entspreche. Tatsächlich folge dem Hauptpraktikum ein Vertiefungs- und Wahlstudium, ein Wahlpraktikum und ein Abschlußlehrgang. Erst dann sei die Abschlußprüfung abzulegen. Da das Hauptpraktikum nicht in den Einjahreszeitraum vor der Arbeitslosmeldung gefallen sei, komme es entscheidend nicht auf den Status während des Hauptpraktikums an. Auch insoweit sei vorsorglich zu rügen, daß sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her hätte gedrängt sehen müssen, Kenntnis von allen Ausbildungstagen während des Praktikantenverhältnisses zu verschaffen, um letzteres mit dem Beamtenverhältnis zu vergleichen. Was die Ausführungen des LSG über die Qualifikation der einstufigen Ausbildung und ihre Vergleichbarkeit mit der Ausbildung eines Rechtsreferendars angehe, lägen diese neben der Sache; für die Natur des Rechtspraktikantenverhältnisses ergebe sich hieraus nichts. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Unterhaltsbeihilfe spreche sogar gegen einen beamtenähnlichen Status, weil sie in den ersten zwölf Monaten des Praktikantenverhältnisses, dh während der überwiegenden Zeit des Hauptpraktikums, nicht gewährt werde. Das dem Beamtenverhältnis eigene Alimentationsprinzip sei somit nicht gewahrt. Vorsorglich müsse insgesamt gerügt werden, daß das LSG unterlassen habe, anhand des BRRG, des rheinland-pfälzischen Beamtengesetzes und der Literatur Merkmale zum Wesen und Kern des Beamtenverhältnisses festzustellen. Das LSG wäre dann zu dem Ergebnis gekommen, daß es an den für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis wesentlichen Merkmalen (förmlicher Ernennungsakt, Weisungsgebundenheit, Dienstleistungspflichten) fehle.
Die vom LSG offen gelassene Frage, ob der Kläger als Rechtspraktikant in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden habe, sei zu verneinen. Der Kläger, der während der ganzen Zeit seiner Ausbildung als ordentlicher Studierender einer Hochschule eingeschrieben gewesen sei, sei auch während des Praktikantenverhältnisses nach § 169 Nr 1 AFG, § 172 Abs 1 Nr 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) beitragsfrei gewesen, da es sich unter Berücksichtigung des der Gesamtausbildung geringeren Praxisanteils nur um eine entgeltliche Beschäftigung während der wissenschaftlichen Ausbildung gehandelt habe. Entscheidend sei, daß der Absolvent seinem Erscheinungsbild nach Student bleibe.
Die Beklagte beantragt,
die ergangenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die ergangenen Urteile für zutreffend und macht sich die Gründe des LSG zu eigen. Ergänzend führt er aus: Während des Hauptpraktikums sei der Praktikant zwar eingeschriebener Student, er werde jedoch zwangsbeurlaubt. Die Zulassung zum Hauptpraktikum sei durch förmliche Zulassungsurkunde erfolgt. Auch während des Vertiefungs- und Wahlstudiums, das im Vergleich mit dem Referendarmodell einen Zusatz darstelle, unterstehe der Praktikant der Dienstaufsicht des Oberlandesgerichtspräsidenten.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1. Juli 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 1983, durch den die Beklagte die Bewilligung der Alhi zurückgenommen hat. Mit Recht hat das LSG nur eine reine Anfechtungsklage nach § 54 SGG für zulässig angesehen. Die begehrte Aufhebung der Rücknahme hat ohne weiteres zur Folge, daß der Bewilligungsbescheid vom 21. Juni 1983, der den Zeitraum bis zum 30. April 1984 betrifft, wiederhergestellt wird. Die Beklagte ist dann zur Zahlung der bewilligten Alhi verpflichtet. Für eine Leistungsklage bestand mithin hinsichtlich der Alhi ab 6. Juli 1983 kein Raum (BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19).
Ob die Revision begründet ist, läßt sich aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.
Grundlage für die Aufhebung der Alhi-Bewilligung ist § 45 SGB 10. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 aufgehoben werden. Der Bescheid vom 21. Juni 1983 ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Er gewährte dem Kläger für die Zeit vom 2. Mai 1983 bis 30. April 1984 Alhi. Diese Entscheidung war rechtswidrig. Der Kläger erfüllte nicht die Voraussetzungen für den bewilligten Anspruch. Das folgt aus § 134 AFG.
Nach § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497 - AFKG-) hat Anspruch auf Alhi, wer ua innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, Arbeitslosengeld (Alg) bezogen hat (Buchst a), worauf sich der Kläger nicht beruft und nicht berufen kann, oder mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können (Buchst b). Auch auf diese letztgenannte Anwartschaftsvoraussetzung kann sich der Kläger nicht berufen.
In einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können, hat nur, wer in einer Beschäftigung gestanden hat, die ihrer Art nach geeignet ist, die Anwartschaftszeit iS des § 104 AFG zu erfüllen. Die Beschäftigung muß demnach der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegen (§ 168 AFG). Sonst müssen Zeiten zurückgelegt sein, die der Erfüllung der Anwartschaftszeit gleichstehen (§ 107 AFG). Das hat der Senat in dem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 12. Dezember 1985 - 7 RAr 75/84 - des näheren begründet. Zwar genügte bis zum 31. Dezember 1981 zur Begründung der Anwartschaft auf Alhi schon eine 70-tägige entlohnte Beschäftigung, die nicht beitragspflichtig zu sein brauchte; das AFKG hat den Zugang zum Anspruch auf Alhi jedoch erschwert. Erforderlich ist jetzt nicht nur eine zeitlich längere, sondern auch eine der Beitragspflicht unterliegende Beschäftigung oder eine Zeit, die einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichsteht. Das folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes und seiner Entstehungsgeschichte. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem oa Urteil wird verwiesen.
Solche anwartschaftsbegründenden Zeiten hat der Kläger in dem Jahr vom 2. Mai 1982 bis 1. Mai 1983, das der Arbeitslosmeldung vorausgegangen ist, nicht aufzuweisen. In dieser Zeit hat der Kläger zuletzt die Abschlußprüfung durchlaufen, deren Dauer das LSG nicht festgestellt hat, davor am Abschlußlehrgang, der zwei Monate dauerte, teilgenommen und noch davor ein Wahlpraktikum von sechs Monaten abgeleistet. Ein Rest der einjährigen Frist könnte von einem Teil des vor dem Wahlpraktikum liegenden Vertiefungs- und Wahlstudiums ausgefüllt gewesen sein, das insgesamt zwölf Monate dauerte. Eine beitragspflichtige Beschäftigung lag aufgrund dieses Sachverhalts in der maßgeblichen Zeit nicht vor.
Beitragspflichtig sind nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer), soweit sie nicht nach § 169 AFG oder einer Rechtsverordnung nach § 173 Abs 1 AFG beitragsfrei sind. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB 4), der nach § 173a AFG auch für die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung gilt, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs 2 SGB 4 gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung. Danach fällt die Zeit, in der der Kläger den Rest des Wahlstudiums zurückgelegt haben könnte, von vornherein als Beschäftigungszeit aus; denn in diesen Zeiten hat der Kläger weder eine nichtselbständige Arbeit verrichtet noch ist er im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung von irgend jemandem beschäftigt worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG unterlag der Kläger in der Zeit, in der er studierte, den Pflichten eines ordentlichen eingeschriebenen Studenten. Er war weder von dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers abhängig noch konnte ihm gegenüber ein Direktionsrecht ausgeübt werden. Abgesehen davon, ist das Studium auch keine betriebliche Berufsausbildung.
Als Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AFG kommt somit allenfalls die in die einjährige Frist fallende Zeit des Wahlpraktikums, des Abschlußlehrganges und der Abschlußprüfung in Betracht. Ob es sich insoweit gemäß § 7 SGB 4 um Beschäftigungen handelte, kann indes dahingestellt bleiben; denn falls eine Beschäftigung vorgelegen haben sollte, war sie gemäß § 169 Nr 1 AFG iVm § 172 Abs 1 Nr 5 RVO beitragsfrei.
Nach § 169 Nr 1 AFG sind beitragsfrei Arbeitnehmer in einer Beschäftigung, in der sie bestimmte Voraussetzungen für die Krankenversicherungsfreiheit erfüllen. Dazu gehören Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer sonstigen der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 172 Abs 1 Nr 5 RVO). Nach der Rechtsprechung des BSG ist auch eine berufspraktische Tätigkeit während eines durch Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praxissemesters versicherungsfrei nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO und damit beitragsfrei nach § 169 Nr 1 AFG (SozR 2200 § 172 Nrn 12 und 15; USK 80283). Das BSG hat hierzu ausgeführt, entscheidend sei, ob derjenige, dessen Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen sei, seinem Erscheinungsbild nach Student bleibe oder ob er als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer angesehen werden müsse. Der erkennende Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 22. April 1984 - 7 RAr 8/83 - dieser Auffassung angeschlossen und hält daran fest. Sie beruht auf der zutreffenden Überlegung, daß der Gesetzgeber Studenten sozialrechtlich gesondert gesichert hat und der Student seinem Status nach grundsätzlich nicht zu dem von der Sozialversicherung erfaßten Personenkreis der Beschäftigten gehört und deshalb auch nicht aufgrund zumeist kurzfristiger Beschäftigung vorübergehend in die Sozialversicherung einbezogen werden soll.
Nach diesem Maßstab müssen auch die Absolventen der rheinlandpfälzischen einstufigen Juristenausbildung bis zur Ablegung der Abschlußprüfung als Studenten angesehen werden. Die Ansicht des LSG, das EJAG gehe hinsichtlich des Status des Teilnehmers an der einstufigen Juristenausbildung davon aus, daß dieser während der Praktikazeiten keinen Studentenstatus gehabt habe, steht einer Entscheidung des Senats über die Frage, ob der Kläger seinem Erscheinungsbild nach Student war, nicht entgegen. Das LSG hat zwar insoweit Landesrecht ausgelegt, das gemäß § 162 SGG nicht nachprüfbar ist. Hier geht es jedoch um die Auslegung des Begriffs des Erscheinungsbildes, der im Zusammenhang mit § 172 Abs 1 Nr 5 RVO zu prüfen ist. Es handelt sich hierbei um einen Begriff, der zur Auslegung von Bundesrecht entwickelt worden ist. Für die Frage des Erscheinungsbildes kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildung des Klägers sowie seine Rechte und Pflichten mit denen eines Referendars vergleichbar sind. Entscheidend ist vielmehr, ob trotz der Beschäftigung der Studentenstatus überwiegt (BSG SozR 2200 § 172 Nrn 12 und 14; SozR 2200 § 1267 Nr 22; Urteil des Senats vom 22. Februar 1984 - 7 RAr 8/83 -). Für den sozialrechtlichen Status des Studenten gilt der Gedanke der versicherungsrechtlichen Kontinuität. Ein Wechsel des Versicherungsgrundes soll während des Studiums möglichst vermieden werden (vgl BT-Drucks 7/3640, S 5 Begründung zu § 1 Nr 3). Daher darf bei der Frage, ob jemand seinem Erscheinungsbild nach Student oder abhängig Beschäftigter ist, nicht darauf abgestellt werden, ob die ausgeübte Tätigkeit an sich beitragspflichtig wäre. Entscheidend ist vielmehr, ob die berufspraktische Tätigkeit geeignet ist, den Status als Student, der bisher dem Erscheinungsbild des Teilnehmers das Gepräge gab, dahin zu ändern, daß er nunmehr zum Kreis der Beschäftigten gehört. Das ist hier nicht der Fall.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG bestand auch während der praktischen Tätigkeit weiterhin eine Bindung an die Hochschule. Der Kläger blieb während dieser Zeiten immatrikuliert. Seine zeitliche Inanspruchnahme durch die berufspraktische Tätigkeit hatte im Vergleich zu dem übrigen Teil seines Studiums nicht einen solchen Umfang, daß ihm damit ein anderer Status, nämlich der eines abhängig Beschäftigten zukam. Das ergibt sich schon daraus, daß nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG der Teil der Ausbildung, der auf die berufspraktische Tätigkeit entfällt, 26 Monate dauert, während die Studienzeiten 8 Semester = 4 Jahre umfassen. Zwar sind die Praktika ihrem Inhalt nach mit einem Zeitabschnitt des Referendariats vergleichbar. Der entscheidende Unterschied zur herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung liegt aber in der andersartigen Zuordnung der praktischen Ausbildung zum Studium, was gerade der Sinn der einstufigen Ausbildung war. Der Referendar hat mit dem ersten Staatsexamen sein Studium und damit die erste Stufe seiner Ausbildung abgeschlossen. Er verläßt in aller Regel die Hochschule endgültig und beginnt mit dem Referendariat die zweite Stufe. Das Referendariat, das durch Unterweisung in der Praxis geprägt ist, ist zeitlich gesehen ein Block. Dagegen ist die einstufige Juristenausbildung eine Einheit, bei der die Ausbildung an der Hochschule und die Ausbildung in der Praxis häufiger wechseln. Da der Teilnehmer während der gesamten Zeit der Hochschule angehört und die Studienzeiten im Vergleich zur berufspraktischen Tätigkeit einen erheblich größeren Umfang haben, ist davon auszugehen, daß der Teilnehmer während der ganzen Ausbildung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt und damit nicht beitragspflichtig ist.
Diese Auffassung des Senats wird durch die Begründung bestätigt, mit der die Bundesregierung die während des Revisionsverfahrens durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484 - 7. AFG-ÄndG -) erfolgte Einfügung des § 241a AFG gerechtfertigt hat. Die Bundesregierung hat dazu nämlich ausgeführt, daß Absolventen der einstufigen Juristenausbildung und der einphasigen Lehrerausbildung wie andere Studierende bei Arbeitslosigkeit nach Beendigung ihrer Ausbildung weder Anspruch auf Alg noch Anspruch auf Alhi haben, weil bei ihnen die berufspraktische Ausbildung in das Studium integriert sei (BT-Drucks 10/3923 S 29). Der neu geschaffene § 241a AFG beruht also darauf, daß die Teilnehmer an den einstufigen Juristenausbildungen trotz der Praktika während der gesamten Ausbildung sozialversicherungsrechtlich den Status eines Studenten nicht verlieren.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zwar entschieden, daß Anwärterbezüge, die ein Student der einstufigen Juristenausbildung während der Studienabschnitte erhält, steuerpflichtiger Arbeitslohn iS des § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) sind, weil es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt (Urteil vom 19. April 1985 - VI R 131/81 - BStBl 1985 Teil II S 465 = NJW 1986, 455). Der BFH weist indessen ausdrücklich darauf hin, daß es für die Beurteilung der Frage, ob der Student einkommensteuerrechtlich als Arbeitnehmer und als Empfänger von Arbeitslohn zu gelten hat, nicht auf die Rechtslage in anderen Rechtsgebieten, sondern allein auf die steuerrechtlichen Gesichtspunkte ankommt, wie sie in § 19 EStG und § 1 Abs 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung zum Ausdruck gelangt sind. Es bedarf daher keines Eingehens auf diese Entscheidung.
Der Kläger ist daher in dem Jahr vor der Arbeitslosmeldung nicht beitragspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit gewesen. Da er auch Zeiten, die einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen (§ 107 AFG), nicht zurückgelegt hat, hat der Kläger eine Anwartschaft nach § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AFG nicht erworben.
Der geltend gemachte Anspruch auf Alhi kann entgegen der Auffassung des LSG auch nicht darauf gestützt werden, daß nach § 134 Abs 2 Nr 1 AFG Zeiten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, insbesondere als Beamter, Richter, Berufssoldat und Soldat auf Zeit einer Beschäftigung gleichstehen.
Was als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis anzusehen ist, sagt das Gesetz nicht. Das war auch der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 1 Nr 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO), die vor dem Inkrafttreten der jetzigen Fassung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG galt, nicht zu entnehmen. Die im Gesetz beispielhaft aufgeführten Fälle lassen jedoch erkennen, daß die Frage, wann ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliegt, am Prototyp dieses Verhältnisses, nämlich dem Beamtenverhältnis, zu messen ist. Nur wenn es diesem in wesentlichen Punkten ähnelt, kann es sich, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. Februar 1984 - 7 RAr 8/83 - zu § 1 Nr 1 Alhi-VO ausgeführt hat, um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis handeln. Diese Voraussetzung erfüllt nach den Ausführungen des LSG das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis eigener Art (Praktikantenverhältnis), in das gemäß § 7 Abs 1 EJAG der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Lande Rheinland-Pfalz nach Zulassung zum Hauptpraktikum aufgenommen wird und bis zum Ende seiner Ausbildung verbleibt, nicht.
Der Grund dafür, daß der Gesetzgeber Zeiten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu Zwecken der Alhi-Gewährung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt hat, ist darin zu sehen, daß Beamte, Richter, Soldaten usw ihres Dienstverhältnisses wegen versicherungsfrei sind (§ 169 Nr 1 AFG, §§ 169, 172 Nrn 1 und 2 RVO). Sie unterliegen damit nicht der Beitragspflicht und sind infolgedessen bei Beendigung ihrer Dienstverhältnisse an sich gegen Arbeitslosigkeit nicht geschützt, obwohl sie wie Arbeitnehmer in einem grundsätzlich auf die Leistung von abhängigen Diensten ausgerichteten Rechtsverhältnis gestanden haben. Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG sind daher nur solche Rechtsverhältnisse, die wie die ausdrücklich genannten Rechtsverhältnisse des Beamten, des Richters, des Berufssoldaten und des Soldaten auf Zeit Versicherungsfreiheit zur Folge haben und ihrer Art nach grundsätzlich auf die Leistung von Diensten ausgerichtet sind. Das ist bei dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis eigener Art (Praktikantenverhältnis) der einstufigen Juristenausbildung in Rheinland-Pfalz gerade nicht der Fall. Dieses Rechtsverhältnis ist, wie das LSG festgestellt hat, ausschließlich auf den Ausbildungszweck zugeschnitten. Der Teilnehmer bleibt seinem Erscheinungsbild nach Student. Er ist deshalb versicherungsfrei und nicht etwa, weil er sich in dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindet und hierdurch sozial genügend abgesichert scheint. Daher ist das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis, in dem sich der Kläger befand, kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG.
Auch dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Änderung des § 134 AFG erreichen wollte, würde die Einordnung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses des Klägers als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis widersprechen. Diese Änderung führte dazu, daß ua die anspruchsbegründenden Tatsachen der entlohnten Beschäftigung und des Schul- und Hochschulbesuchs entfielen. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, daß Personen, die bisher ihren Lebensunterhalt ohne die Leistungen von Diensten bestritten, nicht mehr durch die Arbeitslosenhilfe geschützt wurden, da sie nicht zum Kreis der Arbeitnehmer gehören (vgl BT-Drucks 9/846 zu Art 1 § 1 Nr 46 - § 134 AFG -). Damit würde es nicht im Einklang stehen, wenn lediglich auf Ausbildungszwecke zugeschnittene öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse als öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse angesehen würden.
Dem steht nicht entgegen, daß der Rechts- bzw Gerichtsreferendar unter die Regelung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG fällt. Er wird zwar auch lediglich für seinen Beruf ausgebildet; indessen ist er Beamter und unterfällt daher bereits aufgrund dieses Status der Regelung. Aus welchen Gründen der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber abgesehen hat, dem Teilnehmer an der einstufigen Juristenausbildung den Beamtenstatus zu verleihen, kann dahingestellt bleiben, da keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, das geschaffene Ausbildungsverhältnis als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG zu behandeln. Das gilt im vorliegenden Falle um so mehr, als das Rechtspraktikantenverhältnis, wie das LSG festgestellt hat, im wesentlichen dem im rheinland-pfälzischen Beamtenrecht geregelten Dienstanfängerverhältnis entspricht. Dieses Dienstanfängerverhältnis ist indessen kein Beamtenverhältnis, sondern ein dem Vorbereitungsdienst, in den der Dienstanfänger später als Beamter auf Widerruf eingestellt werden kann, vorgeschaltetes öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis (§ 25a des Landesbeamtengesetzes Rheinland- Pfalz idF vom 14. Juli 1970, GVBl 241). Hiernach kommt es nicht darauf an, ob das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis, in dem der Kläger war, dem Referendarverhältnis entspricht. Deshalb bedarf es des vom LSG vorgenommenen Vergleichs der Regelungen dieses Verhältnisses mit denen des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses nicht mehr.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung, daß das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis des Rechtspraktikanten der einstufigen Juristenausbildung Rheinland-Pfalz kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG ist, auch durch den erwähnten, während des Revisionsverfahrens erlassenen § 241a AFG und dessen Regelungen bestätigt. Nach dieser Vorschrift stehen ua Zeiten einer einstufigen Juristenausbildung vom Beginn des vierten Jahres der Ausbildung einer Beschäftigung iS von § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gleich. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die von den Bundesländern für Absolventen dieser Ausbildungen geschaffenen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisse öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse im Sinne des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG wären, hätte es dieser Vorschrift, die für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31. Dezember 1985 gilt, die hier streitige Leistungszeit mithin nicht erfaßt, nicht bedurft. Es wäre dann angesichts der hierzu ergangenen Rechtsprechung der Sozialgerichte allenfalls eine Klarstellung erforderlich gewesen, die dann - anders als die getroffene Regelung - auch die vor dem 1. Januar 1986 liegenden Zeiten der Arbeitslosigkeit von Absolventen dieser Ausbildungen betroffen hätte.
Durch dieses Ergebnis wird der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Vergleich zum Rechts- bzw Gerichtsreferendar nicht willkürlich ungleich behandelt. Die unterschiedlichen Ergebnisse beruhen auf der Beurteilung unterschiedlicher Sachverhalte. Während der Kläger bis zur Beendigung seiner Ausbildung Student war, wird der Absolvent der normalen zweistufigen Juristenausbildung als Referendar in ein Beamtenverhältnis berufen. Entsprechend wird er hinsichtlich des Anspruchs auf Alhi nach seinem Status als Beamter behandelt. Der Kläger, der bis zum Abschluß der Ausbildung Student geblieben ist, steht dagegen nicht anders als andere Studierende da, die während eines Studiums ein Praktikum leisten.
War hiernach der Bewilligungsbescheid rechtswidrig, dann hängt die Rechtmäßigkeit der in den angefochtenen Bescheiden ausgesprochenen Rücknahme davon ab, daß die übrigen Voraussetzungen des § 45 SGB 10 vorliegen. Hierzu gehört zunächst, was hier der Fall ist, die Einhaltung der in Abs 3 Satz 1 dieser Vorschrift für die Rücknahme festgesetzten Frist von zwei Jahren seit Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides. Weiterhin ist Voraussetzung für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden und bestandskräftigen Verwaltungsakts für die Zukunft nach § 45 Abs 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB 10, daß ein Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsakts unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Für die Beurteilung dessen fehlen ausreichende Feststellungen des LSG. Sodann kommt es darauf an, ob die Beklagte fehlerfrei von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Die Beklagte ist der Pflicht zur Ausübung sachgerechten Ermessens nicht nachgekommen. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nach § 45 SGB 10 ist eine Ermessensentscheidung, was aus dem Wort "darf" in Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift folgt (BSGE 55, 250, 251 f = SozR 1300 § 50 Nr 3; SozR 1300 § 45 Nr 12; BSGE 57, 274, 278 = SozR 1300 § 48 Nr 11; Urteile vom 12. April 1984 - 7 RAr 34/83 - und vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 -, letzteres zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beklagte ist hiernach verpflichtet, bei der Rücknahme eines Bewilligungsbescheides ihr Ermessen im Rahmen der ihr eingeräumten Grenzen dahin auszuüben, ob sie von dem Recht zur Aufhebung des Bewilligungsbescheides Gebrauch macht. Will sie das, dann hat sie dies gemäß § 35 Abs 1 Satz 2 SGB 10 zu begründen. Das hat sie im vorliegenden Falle nicht getan. Weder dem Bescheid vom 1. Juli 1983 noch dem Widerspruchsbescheid vom 1. August 1983 ist zu entnehmen, daß sie eine Ermessensentscheidung treffen wollte. Beide Bescheide stellen insoweit lediglich auf die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides ab. Ein Nachschieben von Ermessensgründen ist nach Erlaß des Widerspruchsbescheides nicht mehr möglich (§§ 41 Abs 2, 35 Abs 1 SGB 10). Das Fehlen der Ermessensentscheidung führt zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rücknahmebescheides. Ohne die wirksame Ausübung des Ermessens durch die Beklagte läßt sich nicht feststellen, daß hier in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können (§ 42 SGB 10).
Dennoch hält es der Senat wegen der Rechtskraftwirkung für untunlich, in der Sache selbst zu entscheiden. Nach § 141 Abs 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Bei einer Anfechtungsklage, wie sie hier vorliegt, ist Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Hat die Klage Erfolg, werden die Bescheide aufgehoben, weil sie rechtswidrig sind. Da es jedoch keine abstrakte Rechtswidrigkeit gibt, da nur konkrete Rechtssätze verletzt werden können, müssen zur Abgrenzung des Streitgegenstandes die tragenden Urteilsgründe herangezogen werden. Diese bestimmen dann den Umfang einer Bindung der Beteiligten. Rechtskraft bei einer Anfechtungsklage bedeutet daher, daß die Verwaltung den aufgehobenen Verwaltungsakt bei gleicher Sachlage mit derselben Begründung nicht wiederholen darf (BSGE 8, 185, 189; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 121 Anm 3 b bb; Meyer-Ladewig SGG, 2. Aufl, § 141 Anm 10; Redeker/von Oertzen VwGO, 8. Aufl, § 121 Anm 10; Eyermann/Fröhler, VwGO, 8. Aufl, § 121 RdNr 20). Im vorliegenden Falle würde die Rechtskraft einer auf fehlende Ermessensausübung gestützten abschließenden Entscheidung des Senats daher lediglich zur Folge haben, daß die Beklagte, wenn sie eine Ermessensentscheidung trifft, erneut inhaltlich den gleichen Verwaltungsakt erlassen dürfte. Dies hätte zur Folge, daß bei einer Prüfung der Rechtmäßigkeit des neuen Verwaltungsakts vorab über die gesetzlichen Rechtsvoraussetzungen des Vertrauensschutzes zu befinden wäre. Um einen neuen Rechtsstreit hierüber zu vermeiden, erscheint es im Interesse der Prozeßökonomie und der schnellen Wiederherstellung des Rechtsfriedens geboten, diese Frage auch im anhängigen Rechtsstreit zu klären. Es muß daher, bevor eine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide getroffen wird, geprüft werden, ob neben der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 21. Juni 1983 auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Bestand dieses Verwaltungsakts vorlag. Da das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend hierzu keine Feststellungen getroffen hat, muß die Sache gemäß § 170 SGG an das LSG zurückverwiesen werden. Für die rechtliche Beurteilung der Frage, wie weit das Vertrauen des Leistungsempfängers in den Bestand des Bewilligungsbescheides unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, wird auf das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 - verwiesen.
Bei einer erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen