Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsgeld. Flächenstillegung. Kausalität. Wesentliche Bedingung. Beitrittsgebiet. Bestandskraft. Anpassung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Anspruch auf Ausgleichsgeld nach § 9 FELEG setzt u.a. voraus, dass die Stillegung oder die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens wesentliche Ursache für das Ende der Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers ist. Je größer der zeitliche Abstand zwischen der Stillegung oder der Abgabe einerseits und der Entlassung andererseits ist, desto höher sind die Anforderungen an die Begründung eines kausalen Zusammenhangs.
Normenkette
FELEG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 3, § 13 Abs. 1, § 18c Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 3
Beteiligte
Sächsische Landwirtschaftliche Alterskasse |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. August 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Rechtmäßigkeit der Aussparung von Erhöhungen des der Klägerin gezahlten Ausgleichsgeldes für landwirtschaftliche Arbeitnehmer.
Die am 13. Januar 1940 geborene Klägerin war seit 1983 als Raumpflegerin und Küchenhilfe zunächst bei der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft „T.” in F., seit dem 1. Oktober 1991 dann bei der C. A. GmbH & Co KG (im Folgenden: KG) beschäftigt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. August 1994 zum 28. Februar 1995.
Am 8. Februar 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Ausgleichsgeld. Im Kündigungsschreiben (und sinngemäß in einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 13. April 1995) gab die KG an, die Kündigung beruhe „auf den Ausführungen der Richtlinie EWG Nr 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992”. Die KG bewirtschaftete zum 1. Juli 1992 ca 1.300 ha. Durch Zupachtungen erhöhte sich die Nutzfläche auf über 2.000 ha seit 1993. Die KG nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) sowie der Rinderbestand (Angaben in Großvieheinheiten ≪GVE≫) entwickelten sich wie folgt:
Jahr |
Gesamtfläche |
Stilllegungsfläche |
GVE |
1992 |
|
|
1.253 |
1993 |
2.031,27 |
236,02 |
1.040 |
1994 |
2.141,18 |
338,68 |
899 |
1995 |
2.149,95 |
374,74 |
734 |
1996 |
2.140,61 |
276,20 |
753 |
1997 |
2.131,96 |
158,85 |
|
Ferner beteiligte sich die KG seit 1994 am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) in Form von 90,73 ha Grünlandnutzung mit reduziertem Mitteleinsatz, 148,25 ha extensiver Weidenutzung sowie 131,94 ha später Schnittnutzung. Nach ihren Angaben wirkte sich die KULAP-Teilnahme erstmalig 1996 auf den Arbeitskräftebedarf aus. Im Wirtschaftsjahr 1992/1993 beschäftigte sie 46 Mitarbeiter, zum 1. Juli 1994 37 Arbeitskräfte und zum 1. Juli 1995 noch 28 Arbeitskräfte. Im Wirtschaftsjahr 1994/1995 entließ die KG 11 Mitarbeiter, im Wirtschaftsjahr 1995/1996 3 Mitarbeiter und im Wirtschaftsjahr 1996/1997 1 Mitarbeiter jeweils unter Hinweis auf Flächenstilllegungsmaßnahmen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin Ausgleichsgeld mit Wirkung vom 1. März 1995. Auf Grund einer vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie durch Bescheid vom 24. März 1997 veranlassten Überprüfung der bereits bewilligten Ausgleichsgelder stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 1998 gegenüber der Klägerin fest, dass der Bescheid vom 2. Mai 1995 über die Bewilligung von Ausgleichsgeld rechtswidrig begünstigend ergangen sei und dahingehend abgeändert werde, dass neu nach § 10 Abs 3 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der Landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) festzustellende Leistungen nicht über den Betrag hinausgehen dürften, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergebe. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin könne nicht der Stilllegung von Flächen iS des FELEG zugerechnet werden. Der deshalb rechtswidrig ergangene Bescheid vom 2. Mai 1995 könne jedoch nicht gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) zurückgenommen werden, da seit seiner Bekanntgabe mehr als zwei Jahre vergangen seien (§ 45 Abs 3 SGB X). Gemäß § 48 Abs 3 SGB X sei das Ausgleichsgeld jedoch von künftigen Erhöhungen auszusparen. Über den Fall der Klägerin hinaus stellte die Beklagte auch in weiteren Fällen ehemaliger Mitarbeiter der früheren Arbeitgeberin der Klägerin ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Ausgleichsgeldbewilligung fest. Den von ihr errechneten Quotenplatz für das Stilllegungsjahr 1995 wies sie einem Arbeitnehmer zu, der von dem Betrieb zum 31. Dezember 1994 entlassen worden war.
Der gegen den Bescheid vom 10. Juni 1998 erhobene Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 30. Juni 1998 holte die Beklagte die bis dahin unterbliebene Anhörung der Klägerin (§ 24 SGB X) nach und wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30. Juli 1998 zurück. Auch Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. Januar 2001; Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 23. August 2001). Das LSG hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Teilnahme an den Erhöhungen des Ausgleichsgeldes. Ihr sei Ausgleichsgeld gemäß § 9 Abs 1 iVm § 13 Abs 1 Nr 6 FELEG zu Unrecht bewilligt worden. § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 FELEG setze mit den Worten „auf Grund” einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder Abgabe von Flächen andererseits voraus, der nach der im Recht der Sozialversicherung maßgeblichen Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung zu ermitteln sei. Dafür seien in wertender Gesamtschau regelmäßig mehrere Kriterien zu berücksichtigen, nämlich der innere Zusammenhang bzw das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, der zeitliche Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe, die Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer und das Verhältnis der in die Stilllegung einbezogenen Flächen zur Gesamtfläche des Unternehmens. Außerdem müsse der konkrete Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen sein und Art und Umfang der Beschäftigung des Arbeitnehmers vor der Stilllegung beachtet werden. Im vorliegenden Fall fehle es an allen diesen Voraussetzungen. Da die KG im Zeitpunkt der Flächenstilllegung die Gesamtfläche durch Zupachtungen vergrößert habe, sei nicht davon auszugehen, dass wegen der Flächenstilllegung Personal habe eingespart werden können. Der Zeitabstand zwischen dem Beginn der Stilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 28. Februar 1995 sei für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges zu lang. Eine pauschale Quotenübertragung sei nicht möglich. Auch im Jahre 1994 habe eine geringfügig größere Fläche bewirtschaftet werden müssen. Die Flächenverringerung im Jahr 1995 um 27,3 ha begründe rechnerisch einen Personalabbau allenfalls um eine Stelle, während aber im Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis zum 30. Juni 1995 insgesamt 11 Entlassungen mit Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen begründet worden seien. Die Tätigkeit der Klägerin als Küchenhilfe und Raumpflegerin begründe keinerlei Flächenbezug. Vorrangig sei der Personalbedarf im Bereich der Pflanzenproduktion betroffen worden, dort sei in den Jahren 1992/1993 bis 1995/1996 die Zahl der Mitarbeiter wegen der Zupachtungen jedoch annähernd gleich geblieben. Im Bereich der Tierproduktion hingegen sei der Personalabbau mit Reduzierung des Tierbestandes einhergegangen. Der Tierbestand sei jedoch nicht deshalb abgebaut worden, weil weniger Futter wegen der Flächenstilllegung zur Verfügung gestanden habe. Besondere, die Kausalität dennoch bejahende Gründe lägen nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie hält weiterhin an ihrer Rechtsauffassung fest, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Flächenstilllegungen bei der KG und ihrer Entlassung bestehe. Es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit. Der Kausalitätsnachweis sei erbracht, wenn der ehemalige Arbeitgeber bestätige, dass der Verlust des Arbeitsplatzes auf die Stilllegung zurückzuführen sei. Jedenfalls sei die Flächenstilllegung mitursächlich für die Entlassung gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. August 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Rentenanpassung zum Ausgleichsgeld nach dem FELEG entsprechend dem Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 1995 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
Die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit zutreffenden Gründen zurückgewiesen. Die Beklagte ist berechtigt, das der Klägerin rechtswidrig zuerkannte Ausgleichsgeld von jährlichen Anpassungen auszusparen.
Mit Recht hat das LSG § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X angewendet, wonach die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen darf, der sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt, wenn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und wenn eine Änderung – nach § 48 Abs 1 oder 2 SGB X – zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist. Begünstigende Änderungen im gesetzlichen Sinne treten alljährlich auf Grund der Anpassungen des Ausgleichsgeldes gemäß § 10 Abs 3 FELEG ein, wonach das Ausgleichsgeld sich jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Vomhundertsatz erhöht, um den die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu diesem Zeitpunkt angepasst werden. Nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen werden konnte der Bewilligungsbescheid vom 2. Mai 1995, nachdem bei Abschluss der Überprüfungen im Jahre 1998 die – hier mangels anderweitiger Anhaltspunkte maßgebliche – Zwei-Jahres-Frist des § 45 Abs 3 Satz 1 SGB X verstrichen war. Hinsichtlich der weiteren, in dem entsprechend geltenden § 48 Abs 4 SGB X genannten Voraussetzungen, wie insbesondere die in Bezug genommene Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X, sind die Feststellungen des LSG nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.
Rechtswidrig war die Bewilligung des Ausgleichsgeldes an die Klägerin, weil ihre Beschäftigung als landwirtschaftliche Arbeitnehmerin nicht auf Grund von Flächenstilllegungen geendet hat. Das LSG hat die Kausalitätserfordernisse des vor allem streitigen Begriffs „auf Grund” in § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und § 13 Abs 1 FELEG nicht verkannt.Gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 FELEG in der hier maßgebenden Fassung des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) erhalten ua Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn – neben weiteren, hier nicht zu erörternden Voraussetzungen nach §§ 9 Abs 1, 13 Abs 1 Nr 6, 18c Abs 1 FELEG –
- ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und
- sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind.
Die Leistungen werden nach § 9 Abs 1 Satz 2 FELEG frühestens ab Vollendung des 55. Lebensjahres, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit ab Vollendung des 53. Lebensjahres, gewährt; das maßgebende Lebensjahr muss vor dem 1. Januar 1997 vollendet sein. Diese Vorschrift gilt gemäß § 13 Abs 1 Nr 6 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe von sonstigen (nicht in den Nr 1-5 aaO genannten) EWG-rechtlichen Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung landwirtschaftlicher Nutzflächen endet. Gemäß § 18c Abs 1 FELEG gilt § 9 FELEG für am 1. Juli 1990 im Beitrittsgebiet ansässige und rentenversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer mit der Maßgabe, dass auf die nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 FELEG erforderlichen Zeiten der Tätigkeit auch Zeiten der hauptberuflichen Tätigkeit in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, einem volkseigenen Gut oder einer vergleichbaren Einrichtung angerechnet werden. Nach § 22 Abs 3 FELEG sind die durch das ASRG 1995 erweiterten Tatbestände des § 13 Abs 1 FELEG ab 1. Januar 1995 auch dann anzuwenden, wenn sie bereits vor jenem Zeitpunkt erfüllt sind.
Das LSG hat sich in seiner Beurteilung, dass diese Voraussetzungen bei der Klägerin nicht erfüllt seien, auf eingehende Ausführungen zu den Kausalitätserfordernissen in den §§ 9 und 13 FELEG sowie auf die im Einzelnen von ihm festgestellten tatsächlichen Umstände gestützt. Diese hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Sie sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG). Die Ausführungen des LSG lassen keine Rechtsfehler erkennen. Wie vom LSG richtig erkannt, gibt der Rechtsbegriff „auf Grund” in § 9 und § 13 FELEG einen kausalen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung wieder. Diese auf dem Gebiet der Sozialversicherung einheitlich angewandte Kausalitätslehre gilt auch im Regelungsbereich des FELEG (vgl dazu näher das Senatsurteil vom 9. August 2001 – B 10 LW 9/00 R – SozR 3-5864 § 9 Nr 2).
Danach dürfen als Ursachen für das Ende der Beschäftigung eines landwirtschaftlichen Arbeitnehmers – unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes – nur die (naturwissenschaftlich wirksam gewordenen) Bedingungen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zu dem Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl zB BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 – B 9 V 5/00 R – in BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 und BSGE 1, 72, 76). Die Beurteilung, ob eine Bedingung wesentlich und deshalb (auch) rechtlich Ursache oder Mitursache ist, stellt eine Wertentscheidung dar (vgl zB BSGE 69, 108, 113 = SozR 3-4100 § 119 Nr 6). Sie richtet sich nach der Qualität der Bedingung, die nicht davon abhängt, an welcher Stelle der Kausalkette sie steht. Insbesondere ist eine Bedingung nicht erst (oder schon) deshalb wesentlich, weil sie als Letzte eingetreten ist und den Erfolg sichtbar gemacht hat (vgl BSGE 13, 40, 42 = SozR Nr 9 zu § 35 Bundesversorgungsgesetz). Entscheidend kommt es stets auf die Umstände des einzelnen Falles an (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 81). Sind zwei oder mehr Ereignisse im gleichen Maße wesentlich für den Erfolg, dann sind sie sämtlich wesentliche Bedingungen und damit Ursachen im Rechtssinn (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫); ist eine der Bedingungen oder sind mehrere Bedingungen gemeinsam gegenüber anderen Bedingungen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur jene die wesentliche Bedingung und damit die Ursache im Rechtssinne der geltenden Kausalitätslehre (vgl BSGE 12, 242, 245 f = SozR Nr 27 zu § 542 RVO).
Auf dieser Grundlage hat das LSG zutreffend entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf Grund der in ihrem früheren Betrieb vorgenommenen Flächenstilllegungen geendet hat. Die zur Ausfüllung des Kausalitätsbegriffs vom LSG entwickelten Kriterien hat es sämtlich als nicht erfüllt angesehen und deshalb auch die Ursächlichkeit der Entlassung der Klägerin nicht in den Flächenstilllegungen bei der KG als ihrer früheren Arbeitgeberin gesehen. Dazu hat es im Einzelnen festgestellt, dass in ihrem Falle die KG – neben der Flächenstilllegung – die bewirtschaftete Fläche durch Zupachtungen vergrößert habe, mithin – wenn dann Personal habe eingespart werden können – dies nicht auf die Stilllegungen zurück gehe. Den Zeitabstand zwischen dem Beginn der Stilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 28. Februar 1995 hat es nachvollziehbar als zu lang für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges gewürdigt und eine pauschale Übertragung von Quoten mit eingehender Begründung verneint. Einen Flächenbezug der Tätigkeit der Klägerin als Küchenhilfe und Raumpflegerin durfte es ebenfalls schlüssig verneinen. Besonderes Gewicht kommt seiner unangegriffenen Feststellung zu, dass für den Personalbedarf im Bereich der Pflanzenproduktion, der von Stilllegungen besonders hätte betroffen sein müssen, dies gerade nicht gilt, sondern dort in den Jahren 1992/1993 bis 1995/1996 die Zahl der Mitarbeiter wegen der Zupachtungen annähernd gleich geblieben sei. Demgegenüber sei im Bereich der Tierproduktion der Personalabbau mit Reduzierung des Tierbestandes aus anderen als Stilllegungsgründen einhergegangen.
Eine für die Klägerin günstigere Entscheidung lässt sich schließlich entgegen ihrer Auffassung nicht daraus herleiten, dass ihre frühere Arbeitgeberin einen Zusammenhang zwischen den vorgenommenen Flächenstilllegungen und der Entlassung bescheinigt hat. Dies ist zwar in der Regel Anlass, die Behauptung im Verwaltungs- und ggf auch im Klageverfahren zu überprüfen, die Feststellung eines derartigen Ursachenzusammenhanges obliegt im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch allein den Gerichten. Bei seiner Beweiswürdigung war das LSG deshalb nicht an entsprechende Angaben der KG zur Kausalitätsfrage gebunden, sondern musste sich mit dem Inhalt der Bescheinigung – kritisch – auseinander setzen und konnte – wie hier geschehen – den Ursachenzusammenhang zwischen den erfolgten Flächenstilllegungen und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen