Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubemessung der Anschluß-Arbeitslosenhilfe. Übergangsregelung. Eigentumsgarantie
Leitsatz (amtlich)
Die Neubemessung der Anschluß-Arbeitslosenhilfe nach § 136 Abs 2 S 2, § 112 Abs 7 AFG setzt voraus, daß der erzielbare Arbeitslohn betragsmäßig das Arbeitsentgelt nicht erreicht, nach dem sich zuletzt das Arbeitslosengeld gerichtet hat oder ohne die Vorschrift des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte. Dynamisierungen sind daher zu berücksichtigen, sofern sie bis zum Ende des Arbeitslosengeldbezuges vorzunehmen waren, spätere Dynamisierungen dagegen nicht.
Orientierungssatz
1. Hinsichtlich der Anwendung der Neufassung des § 136 Abs 2 AFG durch das AFGÄndG 4 vom 12.12.1977 hat der Gesetzgeber Übergangsregelungen nicht getroffen. Ob das übergangslose Inkrafttreten des § 136 Abs 2 S 2 AFG zu beanstanden ist, bleibt offen.
2. Arbeitslosenhilfe wird grundsätzlich nicht aus Beitragsmitteln der Versicherten finanziert, sondern aus Steuermitteln. Sie unterliegt deshalb nicht dem Schutzbereich des Art 14 GG (vgl BVerfG 1977-06-08 2 BvR 499/77 = BVerfGE 45, 142, 170).
Normenkette
AFG § § 112a, 134 Abs 2 S 1 Fassung: 1969-06-25, § 136 Abs 2 S 1 Nr 1, § 136 Abs 2 S 2 Fassung: 1977-12-12; GG Art 14 Abs 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 09.12.1981; Aktenzeichen L 4 Ar 54/80) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 04.06.1980; Aktenzeichen S 6 Ar 79/79) |
Tatbestand
Der 1921 geborene Kläger war bis zum 31. Dezember 1975 als Werkstattschreiber beschäftigt. Ab 1. Januar 1976 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von (gerundet) 460,-- DM. Im Anschluß an den Alg-Bezug bewilligte die Beklagte ab 15. April 1977 Arbeitslosenhilfe (Alhi), die sie nach dem dem Alg zugrundeliegenden Arbeitsentgelt berechnete; dieses betrug nach Anwendung des § 112a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zum 1. Januar 1978 wöchentlich 560,-- DM.
Ab 1. Januar 1979 setzte die Beklagte die Alhi herab, indem sie sie nach einem Bemessungsentgelt von 465,-- DM (ab 1. Januar 1980 dynamisiert auf 485,-- DM) bemaß, weil der Kläger das der Alhi bisher zugrundeliegende Entgelt nicht mehr erzielen könne (Bescheide vom 23. und 24. Januar 1979, Widerspruchsbescheid vom 20. März 1979, Bescheid vom 28. Februar 1980).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung der ergangenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi ab 1. Januar 1979 nach einem Arbeitsentgelt von wöchentlich 560,-- DM zuzüglich Dynamisierung ab 1. Januar 1979 und 1. Januar 1980 zu gewähren (Urteil vom 4. Juni 1980). Die vom SG zugelassene Berufung, die die Beklagte auf die Leistung ab 1. Januar 1980 beschränkt hat, hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen und die Beklagte unter Änderung der während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide vom 5. März und 13. Mai 1981, durch die die Alhi ab 1. Januar 1980 nach einem Arbeitsentgelt von 530,-- DM und ab 4. Juni 1980 nach einem Entgelt von 505,-- DM bewilligt worden ist, verurteilt, dem Kläger einen Bescheid zu erteilen, durch den ab 1. Januar 1980 der Bemessung der Alhi ein gerundetes Arbeitsentgelt in Höhe von 645,-- DM wöchentlich zugrundegelegt wird (Urteil vom 9. Dezember 1981).
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, maßgebend sei das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet habe (§ 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG); dieses Arbeitsentgelt betrage dynamisiert gem § 112a AFG ab 1. Januar 1980 645,-- DM wöchentlich. Ein nach § 112 Abs 7 AFG berechnetes geringeres Arbeitsentgelt sei nur dann zugrundezulegen, wenn der Kläger das nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG maßgebliche Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen könne (§ 136 Abs 2 Satz 2 AFG). Dabei dürfe nicht von dem dynamisierten Arbeitsentgelt ausgegangen werden. Die Dynamisierung diene der Anpassung der Leistungen an die allgemeine Einkommensentwicklung. Ihr liege die Erwägung zugrunde, daß das Arbeitsentgelt des Arbeitslosen entsprechend gestiegen wäre, wenn er seine bisherige Tätigkeit fortgesetzt hätte. Von dieser Entwicklung habe der Leistungsbezieher nicht ausgeschlossen werden sollen. Der Gesetzgeber habe eine pauschalierende Regelung getroffen; eine von der allgemeinen Einkommensentwicklung abweichende Einkommensentwicklung in bestimmten Wirtschaftsbereichen sei ohne Bedeutung. Die Praxis der Beklagten laufe damit auf eine unzulässige Korrektur des § 112a AFG hinaus. Abzustellen sei daher auf das tarifliche oder ortsübliche Arbeitsentgelt. Daß der Kläger dieses Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen könne, lasse sich nicht feststellen. Er sei nach wie vor in der Lage, als Werkstattschreiber tätig zu sein. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß sich die Arbeitsmarktlage in der Berufsklasse, der der Kläger zuzuordnen sei, ungünstiger als in den anderen Berufsklassen entwickelt habe.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung der §§ 112a, 136 Abs 2 Satz 2 AFG und führt hierzu insbesondere aus: Mit der durch das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) - 4. AFG-ÄndG - erfolgten Änderung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG sei eine Neufestsetzung des Arbeitsentgelts immer erforderlich, wenn der Arbeitslose das der Bemessung zugrundeliegende Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen könne. Weshalb dies der Fall sei, sei nunmehr unerheblich. Die Neuregelung habe, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe (vgl BT-Drucks 8/1053 S 14), jede Festschreibung verhindern sollen, die der Realität nicht entspreche. Dürfe sich der Leistungsempfänger nicht auf sein ursprüngliches Bemessungsentgelt berufen, so dürfe erst recht nicht eine mittlerweile eingetretene Dynamisierung zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Eine Neufestsetzung werde daher auch dann erforderlich, wenn sich das Bemessungsentgelt aufgrund der Dynamisierung immer mehr vom erzielbaren Arbeitsentgelt entferne, weil der Tariflohn nicht entsprechend gestiegen sei oder weil das Bemessungsentgelt infolge der Berücksichtigung von Mehrarbeit oder Zuschlägen schon eine überhöhte Basis für die Dynamisierung geschaffen habe. Abzustellen sei nur auf das erzielbare Arbeitsentgelt, nicht auf die Ausübbarkeit der Tätigkeit; es sei daher unbeachtlich, daß der Kläger nach wie vor in der Lage sei, Werkstattschreiber zu sein. Die Notwendigkeit einer Korrektur des Bemessungsentgelts zeige der Fall des Klägers deutlich; denn nicht ein tarifliches Arbeitsentgelt, sondern ein durch Mehrarbeit und Zuschläge wesentlich höherer Betrag habe der Dynamisierung zugrundegelegen, so daß sich das Bemessungsentgelt (1. Januar 1980: 645,-- DM wöchentlich) immer mehr von dem Arbeitsentgelt eines Werkstattschreibers (1. Januar 1980: 1.958,-- DM monatlich = 451,84 DM wöchentlich) entfernt habe.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er führt aus, das LSG habe festgestellt, daß keine Umstände vorlägen, die die Feststellung zuließen, daß er das nach § 112a AFG dynamisierte Arbeitsentgelt von 645,-- DM wöchentlich nicht mehr erzielen könne. Diese Feststellung habe die Beklagte nicht angegriffen. Es komme somit auf die weiteren Erwägungen des LSG, die im übrigen zutreffend seien, nicht an. Es treffe schon nicht zu, daß der Arbeitslose - unabhängig von der Dynamisierung - sich nicht mehr auf sein früheres Bemessungsentgelt berufen könne. Es sei nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Beklagte das angebliche Mißverhältnis zwischen Bemessungsentgelt und erreichbarem Arbeitsentgelt feststellen wolle. Offenbar wolle die Beklagte nicht nur die Folgen des § 112a AFG, sondern auch die der §§ 111, 112 AFG nach ihrem Ermessen korrigieren, was ihr jedoch nicht zustehe. Weshalb für Bezieher von Alhi die Änderung der Lohn- und Preisverhältnisse in einem vom Beklagten zu bestimmenden Umfange berücksichtigt werden sollten, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, daß das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen wird.
Die Alhi beträgt nach § 136 Abs 1 AFG (idF des Art 27 Nr 16 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz vom 23. Dezember 1974, BGBl I 3656, -EG-EStRG-) 58 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts. Arbeitsentgelt ist bei der sog AnschlußAlhi , die aufgrund vorhergehenden Alg-Bezuges gewährt wird, wie das hier der Fall ist, nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG (in der durch Art 1 Nr 48 des Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979, BGBl I 1189, -5. AFG-ÄndG-, seit dem 1. August 1979 geltenden wiederhergestellten Fassung des Art 27 Nr 16 EG-EStRG) grundsätzlich das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat oder ohne die Vorschrift des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte.
Für dieses Arbeitsentgelt gilt, da Besonderheiten dem nicht entgegenstehen, gemäß § 134 Abs 2 Satz 1 AFG die Vorschrift des § 112a AFG entsprechend. Dies hat zur Folge, daß das für die Bemessung der Alhi maßgebende Arbeitsentgelt sich kraft Gesetzes wie das für die Bemessung des Alg maßgebende Arbeitsentgelt jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes um den Vomhundertsatz erhöht, um den die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zuletzt vor diesem Zeitpunkt nach dem jeweiligen Rentenanpassungsgesetz angepaßt worden sind. Das nach diesen Vorschrift ermittelte Bemessungsentgelt beträgt, wie das LSG festgestellt hat, im Falle des Klägers ab 1. Januar 1980 wöchentlich 645,-- DM; auf diesen Betrag ist das Bemessungsentgelt von ursprünglich 460,-- DM gemäß § 134 Abs 2 Satz 1 AFG, § 112a AFG seit 1976 erhöht worden.
Abweichend hiervon richtet sich die Alhi nach dem Arbeitsentgelt im Sinne des § 112 Abs 7 AFG, wenn die in § 136 Abs 2 Satz 2 AFG genannten Voraussetzungen vorliegen. Bis zum 4. AFG-ÄndG war das für die Zeit der Fall, während der der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person oder in seinen Verhältnissen liegen, nicht mehr das nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG maßgebliche Arbeitsentgelt erzielen konnte. Seit dem 4. AFG-ÄndG richtet sich die Alhi nach dem Arbeitsentgelt im Sinne des § 112 Abs 7 AFG, wenn der Arbeitslose nicht mehr das nach Nummer 1 maßgebliche Arbeitsentgelt erzielen kann (§ 136 Abs 2 Satz 2 AFG idF des Art 1 Nr 11 4. AFG-ÄndG). Die Möglichkeit der Herabsetzung des Bemessungsentgelts ist damit erweitert worden. Diese geänderte Fassung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG ist der Bemessung der Alhi ab 1. Januar 1980 zugrundezulegen, obwohl der Kläger schon vor Erlaß der Vorschrift den Anspruch auf Alhi erworben hat und Alhi-Empfänger war.
Gemäß seinem Art 8 ist das 4. AFG-ÄndG (abgesehen von der Neufassung des § 117 Abs 3 AFG) am 1. Januar 1978 in Kraft getreten. Übergangsregelungen hinsichtlich der Anwendung der Neufassung des § 136 Abs 2 AFG hat der Gesetzgeber nicht getroffen. In Art 6 des 4. AFG-ÄndG ist insoweit nichts bestimmt. Es ist auch nicht möglich, die für die Änderungen des § 112 Abs 5 AFG vorgesehene Übergangsregelung (Art 6 Nr 2 des 4. AFG-ÄndG), wonach es für Fälle, in denen der Anspruch auf Alg vor Inkrafttreten des ÄndG entstanden war, bei der bisherigen Fassung bleibt, auf die Neuregelung des § 136 Abs 2 AFG anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung gemäß § 134 Abs 2 Satz 1 AFG scheidet schon deshalb aus, weil sich die Bemessung der Alhi nicht nach den §§ 111, 112 AFG, sondern nach § 136 AFG richtet. Ebenso ist eine entsprechende Anwendung der für § 139a AFG vorgesehenen Übergangsregelung (Art 6 Nr 4 des 4. AFG-ÄndG), wonach § 139a AFG auf Fälle, in denen Alhi vor dem Inkrafttreten des ÄndG bewilligt worden ist, erst nach Ablauf von sechs Monaten anzuwenden ist, außerhalb des Anwendungsbereichs des § 139a AFG kein Raum; denn mit dieser Übergangsregelung wollte der Gesetzgeber lediglich verwaltungsmäßigen Erfordernissen entsprechen (vgl Begründung zu Art 2 Nr 4 des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 8/857 S 10). Wäre der neue § 139a AFG mit seinem Inkrafttreten auch für Altfälle anwendbar gewesen, hätte die Beklagte alle zeitlich unbegrenzt ausgesprochenen Bewilligungen auf Bewilligungen für längstens ein Jahr umstellen müssen. Mit der Übergangsregelung ist der Verwaltung die Umstellung erleichtert worden, indem im Ergebnis nur solche Bewilligungen umzustellen waren, die noch sechs Monate nach Inkrafttreten des ÄndG zu Leistungen geführt haben. Es ist auch nicht zu erkennen, daß es der Gesetzgeber übersehen hat, für die Neuregelung des § 136 Abs 2 AFG eine Übergangsbestimmung zu treffen. Vielmehr muß aus dem Umstand, daß er dies hinsichtlich anderer Vorschriften getan, es jedoch nicht für die Neuregelung des § 136 Abs 2 AFG vorgesehen hat, geschlossen werden, daß er hinsichtlich der letztgenannten Vorschrift keine Übergangsregelung treffen wollte. Andernfalls hätte es im Hinblick auf die erwähnten Übergangsregelungen, insbesondere der für § 112 Abs 5 AFG, nahegelegen, auch für die Änderung des § 136 Abs 2 AFG vorzusehen, daß die bisher geltende Fassung unbeschränkt oder zeitlich beschränkt anzuwenden bleibt, wenn der Anspruch auf Alhi vor Inkrafttreten des ÄndG entstanden oder die Alhi vor diesem Zeitpunkt bewilligt worden ist. Dafür, daß der Gesetzgeber den Anspruch auf Alg bei der Übergangsregelung anders behandelt als den Anspruch auf Alhi, gibt es einleuchtende Gründe. Ansprüche auf Alg beruhen auf Beitragsleistungen, während bei Ansprüchen auf Alhi durchweg auf die Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitnehmer abgestellt wird, wofür bestimmte Tatbestände Indizfunktion haben (Beschäftigung gegen Entgelt, Bezug von Alg). Alg wird außerdem höchstens für 312 Tage gezahlt, die Alhi hingegen ist nicht durch eine bestimmte Anspruchsdauer begrenzt. Die Änderung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG ist daher nach Maßgabe des Gesetzes grundsätzlich ab 1. Januar 1978 auch auf laufende Leistungsfälle anzuwenden (ebenso Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 136 RdNr 1, Stand: Juni 1978).
Aus verfassungsrechtlichen Gründen war der Gesetzgeber nicht gehindert, die bisherige Rechtsposition der Alhi-Empfänger zu ändern. Der Anspruch auf Alhi gründet sich nicht auf Beiträge des Arbeitslosen. Die Leistung wird grundsätzlich nicht aus Beitragsmitteln der Versicherten finanziert, sondern aus Steuermitteln. Sie unterliegt deshalb nicht dem Schutzbereich des Art 14 Grundgesetz -GG- (vgl BVerfGE 45, 142, 170). Die getroffene Regelung entwertet zwar die bisherige Rechtsposition jedes AlhiEmpfängers , der in erweitertem Umfange die Möglichkeit der Herabsetzung seines Bemessungsentgelts hinnehmen muß. Verfassungswidrig wäre diese Rechtsfolge nur, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingriffe und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht überstiege. Hier konnte ein entsprechendes Vertrauen des betroffenen Personenkreises dahin, daß die bisherige gesetzliche Regelung unverändert zugrundegelegt würde, noch nicht entstanden sein. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es sich um eine bereits seit langem bestehende und unverändert gebliebene Regelung handeln würde. Die Vorschriften über das Bemessungsentgelt, das bei längerer Arbeitslosigkeit der Alhi zugrundezulegen ist, sind jedoch wiederholt geändert worden. Der § 136 Abs 3 AFG (in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969, BGBl I 582) sah vor, daß die Alhi alle drei Jahre neu festgesetzt werden sollte. Maßstab für die Neufestsetzung war das Arbeitsentgelt im Sinne des § 112 Abs 7 AFG; dies schloß eine Herabsetzung des Bemessungsentgelts nicht aus, mag in der Mehrzahl der Fälle auch ein höheres Bemessungsentgelt das Ergebnis der Neufestsetzung gewesen sein. Daneben, dh außerhalb dieser regelmäßigen Neufestsetzung, richtete sich die Alhi ebenfalls nach dem nach § 112 Abs 7 AFG zu bestimmenden Arbeitsentgelt, wenn der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person oder in seinen Verhältnissen lagen, nicht mehr das der Bemessung zugrundeliegende Bemessungsentgelt erzielen konnte (§ 136 Abs 2 Satz 3 AFG in der ursprünglichen Fassung, seit dem EG-EStRG § 136 Abs 2 Satz 2 AFG). Blieb diese zur Herabsetzung des Bemessungsentgelts führende Vorschrift bis zum 4. AFG-ÄndG unverändert gültig, so wurde schon durch Art 1 Nr 7 des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972 (BGBl I 791) die Dreijahresfrist in § 136 Abs 3 AFG auf ein Jahr verkürzt. Die Neufestsetzung der Alhi gemäß § 136 Abs 3 AFG entfiel gänzlich mit der Einfügung des § 112a AFG durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (BGBl I 1881); denn durch § 36 Nr 16 dieses Gesetzes erhielt § 136 Abs 3 AFG die durch das EG-EStRG alsbald wesentlich geänderte Fassung "§ 112a gilt entsprechend". Die von der ab 1. Januar 1978 geltenden Regelung betroffenen Alhi-Empfänger konnten sich daher nicht darauf verlassen, daß es hinsichtlich der Bemessung ihrer Alhi bei der bisherigen Regelung verblieb. Es lag also insoweit keine Beeinträchtigung des Prinzips der Rechtssicherheit vor. Ob das übergangslose Inkrafttreten des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG zu beanstanden ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Aufhebung oder Modifizierung einmal geschaffener Rechtspositionen auch dann, wenn der Eingriff an sich zulässig ist, aufgrund des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine angemessene Übergangsregelung zu treffen. Für die Überleitung steht dem Gesetzgeber jedoch ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Dieser kann von der sofortigen übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts bis zum ungeschmälerten Fortbestand bisher begründeter, subjektiver Rechtspositionen reichen. Der Nachprüfung durch die Gerichte unterliegt insoweit nur, ob der Gesetzgeber bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze des Zumutbaren überschritten hat (BVerfGE 43, 242, 288). Das ist jedenfalls nicht der Fall, soweit es, wie hier, um die Anwendung des geänderten Rechts ab Januar 1980, also zwei Jahre nach Inkrafttreten des ÄndG geht. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß der Alhi-Empfänger kein Recht innehat, das dem Schutz des Art 14 GG unterliegt. Sodann ist der Eingriff nicht so gravierend, daß die Gründe, die für eine alsbaldige Inkraftsetzung der Neuregelung sprechen, hiergegen zurücktreten müßten. Durch die Anpassung des Bemessungsentgelts sollten Hemmnisse für die Vermittlung beseitigt werden. Es lag daher im Interesse der Beseitigung von Arbeitslosigkeit und der Einsparung von öffentlichen Mitteln, die Neuregelung alsbald wirksam werden zu lassen, und zwar gerade auch für die Betroffenen, die bereits im Leistungsbezug standen. Unter diesen Umständen dürfte es schon nicht unzumutbar sein, wenn der Gesetzgeber den Interessen der Allgemeinheit an einer sofortigen Geltung der neuen Vorschrift gegenüber den Interessen der Betroffenen an einer Übergangsregelung, die es ihnen ermöglicht, sich allmählich auf die Rechtslage einzustellen, den Vorrang eingeräumt hat, zumal da § 136 Abs 2 Satz 2 AFG in der Regel der Übergangsfälle nicht sofort, sondern sich erst auswirken konnte, wenn die Beklagte sie im Einzelfalle verwaltungsmäßig durchsetzte. Jedenfalls fehlt es nach zwei Jahren an dem Schutzbedürfnis, weil der betroffene Kreis sich nunmehr auf das neue Recht hat einstellen können.
Die Alhi des Klägers richtet sich somit gemäß § 136 Abs 2 Satz 2 AFG ab 1. Januar 1980 nach dem Arbeitsentgelt im Sinne des § 112 Abs 7 AFG, wenn der Kläger nicht mehr das nach Nr 1 maßgebliche Arbeitsentgelt erzielen kann. Vergleichsmaßstab ist mithin das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat oder, was hier nicht einschlägig ist, ohne die Vorschrift des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte (§ 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG in der seit dem 1. August 1979 geltenden Fassung), dh ein - früheres - Bemessungsentgelt, in den Fällen des § 112 Abs 8 AFG zudem ein fiktives Bemessungsentgelt, nach dem sich das Alg tatsächlich nicht gerichtet hat. Mit diesem Bemessungsentgelt ist der jetzt noch erzielbare Arbeitslohn betragsmäßig zu vergleichen. Die Revision macht daher zutreffend geltend, daß eine Herabsetzung der Alhi nicht schon dann entfällt, wenn der Arbeitslose seine letzte Tätigkeit noch ausüben kann, wie das beim Kläger nach den Feststellungen des LSG 1980 der Fall gewesen ist.
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten beträgt das mit dem erzielbaren Arbeitslohn zu vergleichende wöchentliche Bemessungsentgelt jedoch nicht 645,-- DM, dh nicht den Betrag, auf den die anfänglichen 460,-- DM gemäß § 134 Abs 2 Satz 1, § 112a AFG seit dem 1. Januar 1980 dynamisiert worden sind; denn das Alg des Klägers richtete sich zuletzt, dh am 14. April 1977, nach einem geringeren Bemessungsentgelt. Das LSG hat dieses Bemessungsentgelt in der Höhe zwar nicht festgestellt, doch handelt es sich um die anfänglichen 460,-- DM zuzüglich der Dynamisierung zum 1. Januar 1977. Um jegliche Diskrepanz zwischen dem erzielbaren Arbeitslohn und dem der Bemessung der Leistung zugrundeliegenden Entgelt zu verhindern, wäre es zwar folgerichtig, wenn nicht ein früheres, sondern das aktuelle Bemessungsentgelt für den Vergleich heranzuziehen wäre, wie dies die Revision will. Sie übersieht dabei jedoch, daß der Wortlaut des Gesetzes dies nicht zuläßt. Nicht die Erzielbarkeit des Entgelts, nach dem die Alhi ohne die Herabsetzung des Bemessungsentgelts zu zahlen ist, ist nach dem Wortlaut des § 136 Abs 2 AFG für die Herabsetzung maßgebend; vielmehr kommt es allein darauf an, ob der Arbeitslose das Arbeitsentgelt noch erzielen kann, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat. Aus diesem Wortlaut folgt auch abschließend, ob gegebenenfalls ein dynamisiertes Bemessungsentgelt mit dem erzielbaren Arbeitslohn zu vergleichen ist. Das ist entgegen der Ansicht des LSG der Fall, wenn sich das Alg zuletzt nach einem dynamisierten Bemessungsentgelt gerichtet hat; ist das Bemessungsentgelt bis zum Ende des Alg-Bezuges nicht gemäß § 112a AFG dynamisiert worden, kann dagegen nur das ursprüngliche Bemessungsentgelt mit dem erzielbaren Arbeitslohn verglichen werden. Der Wortlaut des Gesetzes berücksichtigt nicht, daß das nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG für die Alhi-Bemessung maßgebliche Arbeitsentgelt nach dem Ende des Alg-Bezuges gemäß § 134 Abs 2 Satz 1, § 112a AFG weiter erhöht sein kann. Dies hat zur Folge, daß Dynamisierungen, die nach dem Bezug des Alg eingetreten sind, außer Betracht bleiben müssen.
Zwar hat die Revision zutreffend darauf hingewiesen, daß mit der Änderung des § 136 Abs 2 Satz 2 AFG durch das 4. AFG-ÄndG nunmehr unabhängig von den bisher erforderlichen, in der Person des Arbeitslosen oder seinen Verhältnissen liegenden Anpassungsgründen eine Neubemessung immer dann rechtmäßig ist, wenn der Arbeitslose das maßgebliche Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen kann. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, worauf dies zurückzuführen ist. Der § 136 Abs 2 Satz 2 AFG gilt daher nunmehr für jede Diskrepanz zwischen dem tatsächlich zu erzielenden Arbeitsentgelt und dem Entgelt nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG. Jedoch vermag der Senat weder hieraus noch aus der erklärten Absicht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung, die Festschreibung eines Bemessungsentgelts zu verhindern, das der Arbeitslose nicht mehr erzielen kann (vgl BT-Drucks 8/1053 S 14), den Schluß zu ziehen, daß entgegen dem Wortlaut der Vorschrift der erzielbare Arbeitslohn nicht mit dem Bemessungsentgelt, nach dem sich das Alg zuletzt gerichtet hat oder ohne die Vorschrift des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte, sondern mit dem der Alhi tatsächlich zugrundeliegenden Bemessungsentgelt verglichen werden soll. Insbesondere enthalten die Gesetzesmaterialien keine Hinweise, daß die Vorschrift dazu dienen sollte, im Einzelfalle die Folgen der Dynamisierungen zu korrigieren, wenn diese für sich oder in Verbindung mit § 112 Abs 2 AFG zu einem Bemessungsentgelt geführt haben, das der Arbeitslose als Arbeitslohn nicht mehr erzielen kann. Träfe die Ansicht der Beklagten zu und führte jedes Mißverhältnis zwischen dem tatsächlich erzielbaren Arbeitsentgelt und dem höheren Entgelt, nach dem die Alhi ohne Herabsetzung zu zahlen ist, zu der Neubemessung nach § 112 Abs 7 AFG, so hätte dies zur Folge, daß die Alhi dem Grunde nach nicht nach dem Arbeitsentgelt nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 134 Abs 2 Satz 1, § 112a AFG, sondern praktisch immer nach dem erzielbaren Entgelt zu bemessen wäre; das dynamisierte Arbeitsentgelt nach § 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG gäbe nur die obere Grenze des Bemessungsentgelts ab. Eine derartige grundlegende Änderung der Alhi-Bemessung ist nicht beabsichtigt gewesen. Daß die sonach gebotene Prüfung, ob der Arbeitslose als Arbeitslohn den Betrag eines Bemessungsentgelts in einer früheren Höhe erzielen kann, gerade nach längerer Arbeitslosigkeit häufig eine Herabsetzung des Bemessungsentgelts nicht zulassen wird, weil der Arbeitslose trotz geminderter Leistungsfähigkeit infolge allgemeiner Lohnsteigerungen das Bemessungsentgelt in der früheren Höhe noch oder wieder erzielen kann, verkennt der Senat nicht.
Ist somit das Bemessungsentgelt maßgebend, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat, hat eine Neubemessung der Alhi des Klägers ab 1. Januar 1980 zu erfolgen, wenn er im Januar 1980 nicht mehr den Betrag erzielen konnte, nach dem sich zuletzt sein Alg richtete. Ob dies der Fall gewesen ist, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Nach welchem zwischen dem ursprünglichen Arbeitsentgelt von 460,-- DM und dem am 1. Januar 1978 geltenden Entgelt von 560,-- DM liegenden Betrag sich zuletzt das Alg gerichtet hat, hat das LSG ebensowenig festgestellt wie die Höhe des Arbeitslohnes, den der Kläger erzielen kann. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das LSG nicht festgestellt, daß er 1980 noch 645,-- DM wöchentlich erzielen konnte. Das LSG hat nicht auf die Erzielbarkeit des dynamisierten Bemessungsentgelts, sondern auf die Erzielbarkeit des tariflichen oder ortsüblichen Arbeitsentgelts abgestellt. Seine Ausführungen lassen sich lediglich dahin verstehen, daß der Kläger gesundheitlich in seinem Beruf arbeiten kann und das tarifliche oder ortsübliche Arbeitsentgelt eines Werkstattschreibers zu erzielen vermag. Was aber ein Werkstattschreiber im Januar 1980 zu verdienen pflegte, ist dem Urteil des LSG nicht zu entnehmen.
Lassen somit die Feststellungen des LSG eine abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht nicht zu, ob sich die Alhi des Klägers ab 1. Januar 1980 nach § 112 Abs 7 AFG zu richten hat, ist das angefochtene Urteil gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen