Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch. Zusammenarbeit der Leistungsträger. Eintritt des Versicherungsfalles. Wahlrecht des Versicherten. offenbare Fehlerhaftigkeit. Beratungspflicht. Herstellungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Die Festlegung eines früher eingetretenen Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung ist dann nicht offensichtlich fehlerhaft, wenn der Versicherten ein Wahlrecht zustand (§ 1247 Abs 3 S 2 RVO) und nichts dagegen spricht, daß sie bei Belehrung hiervon Gebrauch gemacht hätte.
Normenkette
SGB X §§ 86, 103; RVO §§ 1241d, 1247 Abs. 3
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.12.1989; Aktenzeichen L 4 J 213/88) |
SG Düsseldorf (Urteil vom 03.10.1988; Aktenzeichen S 10 J 69/85) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1989 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung des der Beigeladenen vom 1. Juni bis 14. August 1980 gezahlten Krankengeldes.
Die am 5. September 1926 geborene Beigeladene (Versicherte) war zuletzt im Jahre 1979 als Pelznäherin versicherungspflichtig beschäftigt. Am 26. April 1979 wurde sie arbeitsunfähig krank. Nach Ablauf der Lohnfortzahlung (6. Juni 1979) gewährte die Klägerin der Beigeladenen wegen Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit fortlaufend Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 26,42 DM zunächst bis 14. August 1980.
Auf den Antrag vom 2. Juni 1980 bewilligte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. August 1980 ein Heilverfahren, das in der Zeit vom 15. August bis 12. Dezember 1980 durchgeführt wurde. Während dieser Zeit erhielt die Beigeladene Übergangsgeld. Aus dem Heilverfahren wurde sie als weiterhin arbeitsunfähig mit der Empfehlung einer Invalidisierung entlassen. Anschließend erhielt sie offenbar weiterhin Krankengeld bis zur Höchstdauer. Nach dem von der Beklagten eingeholten vertrauensärztlichen Gutachten bestand Erwerbsunfähigkeit seit dem 26. April 1979, die Gewährung einer Zeitrente bis zum 31. Dezember 1982 wurde empfohlen. Hierauf bewilligte die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom 19. März 1981 aufgrund eines am 2. Juni 1980 eingetretenen Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit Rente auf Zeit vom 13. Dezember 1980 bis 31. Dezember 1982. Bei der Rentenberechnung wurde eine Ausfallzeit vom 7. Juni 1979 bis 30. Juni 1980 berücksichtigt. Einen später von der Beigeladenen gestellten Antrag auf Weitergewährung der Rente lehnte die Beklagte ab, die hiergegen erhobene Klage wurde zurückgenommen. Seit dem 1. Oktober 1986 bezieht die Beigeladene flexibles Altersruhegeld (§ 1248 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫).
Mit Schreiben vom 21. Januar 1982 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat um Überprüfung des Zeitpunktes des Eintritts des Versicherungsfalles. Dieser sei bereits früher eingetreten mit der Folge, daß nach § 1241d Abs 1 Satz 2 RVO für die Zeit vom 1. Juni bis 14. August 1980 vorgezogenes Übergangsgeld hätte gewährt werden müssen. Insoweit machte die Klägerin einen Erstattungsanspruch geltend, Die Beklagte lehnte eine Vorverlegung des Versicherungsfalles ab.
Die Klage auf Erstattung des in der streitigen Zeit gewährten Krankengeldes bis zur Höhe des der Beigeladenen zustehenden Übergangsgeldes hatte in den Vorinstanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3. Oktober 1988, Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ≪LSG≫ vom 18. Dezember 1989). Das LSG hielt die Voraussetzungen des § 103 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – ≪SGB X≫ für erfüllt. Es ging davon aus, daß der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit bereits im Jahre 1979 eingetreten sei und deswegen ein Anspruch der Beigeladenen auf vorgezogenes Übergangsgeld bestanden habe. Zwar hätten die Rentenversicherungsträger in alleiniger Zuständigkeit über die Gewährung von Versicherungsleistungen zu entscheiden, doch habe er dabei auch die Belange eines anderen Versicherungsträgers, hier der Klägerin, zu berücksichtigen. Werde von diesem eine Leistungsgewährung beanstandet, so brauche er keine neuen Ermittlungen anzustellen, es genüge vielmehr, wenn die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung aufgrund vorhandener Unterlagen überprüft werde, wobei ein weiter Beurteilungsspielraum zur Verfügung stehe. Der Versicherungsfall vom 2. Juni 1980 sei offensichtlich fehlerhaft zugrunde gelegt worden. Aus den Rentengutachten ergebe sich eindeutig, daß die Erwerbsunfähigkeit auf Zeit seit dem 26. April 1979 bestanden habe. Es sei deswegen sachgerecht, davon auszugehen, daß die Erwerbsunfähigkeit schon Ende April 1979 eingetreten sei (Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteil vom 13. September 1984 – 4 RJ 63/83). Die Beigeladene hätte deswegen während der streitigen Zeit vorgezogenes Übergangsgeld erhalten müssen.
Gegen diese Rechtsauffassung wendet sich die Beklagte mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 103 SGB X und trägt dazu vor, eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit bei der Festlegung des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit auf den 2. Juni 1980 habe nicht vorgelegen. Eine Unrichtigkeit sei nach § 38 SGB X nur dann rechtserheblich, wenn sie offenbar sei. Der Irrtum müsse klar erkennbar sein; es reiche nicht aus, wenn sich die Unrichtigkeit nur aus den Verwaltungsvorgängen ergebe, für einen Beteiligten also nicht jederzeit erkennbar sei. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Unrichtigkeit nicht aus dem der Beigeladenen erteilten Rentenbescheid. Sie ergebe sich ausschließlich aus den Verwaltungsvorgängen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, die nach § 86 SGB X im Rahmen der engen Zusammenarbeit erforderliche Berücksichtigung der Interessen anderer Versicherungsträger werde durch die Rechtsauffassung der Beklagten praktisch eliminiert.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an und trägt vor, nach § 1247 Abs 3 RVO trete der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit am Tage der Antragstellung ein, wenn davor insgesamt eine Versicherungszeit von 240 Kalendermonaten zurückgelegt sei. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, ein Antrag am 2. Juni 1980 gestellt. Demzufolge habe die Beklagte den Versicherungsfall nicht willkürlich festgelegt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Die Festlegung des Versicherungsfalles auf den Zeitpunkt der Antragstellung war von der Klägerin hinzunehmen, wenn dies nicht offensichtlich fehlerhaft war (BSG SozR 1300 § 103 Nrn 2 und 3). Bei der Prüfung, ob ein solcher Fall vorlag, waren nicht nur die aktenkundigen Feststellungen zum Beginn der Erwerbsunfähigkeit zugrunde zu legen, sondern es war auch zu berücksichtigen, daß der Beigeladenen nach § 1247 Abs 3 Satz 2 RVO ein Recht zustand, als Eintritt des Versicherungsfalls den Zeitpunkt der Antragstellung zu bestimmen (BSG SozR 2200 § 1247 Nr 29). Wenn die Beklagte – wie dies hier geschehen ist – ohne Mitwirkung der Versicherten eine solche Bestimmung von sich aus vornimmt, ist dies zwar an sich rechtswidrig, weil es an der erforderlichen Erklärung der Versicherten fehlt. Offensichtlich fehlerhaft ist diese Entscheidung jedoch erst dann, wenn diese “Verlegung des Versicherungsfalls” dem wohlverstandenen Interesse der Versicherten zuwiderlief und daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß diese bei entsprechender Beratung von ihrem Bestimmungsrecht in gleicher Weise Gebrauch gemacht hätte.
Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, läßt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Es bedarf noch weiterer Ermittlungen zu den Auswirkungen, die die Festlegung des Versicherungsfalls auf den Zeitpunkt der Antragstellung für die Rechtssituation der Beigeladenen – vornehmlich in der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung – hatte. In einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
Der Erstattungsanspruch der Klägerin richtet sich nach §§ 102 ff SGB X. Diese Vorschriften sind hier anzuwenden, weil das Verfahren bei ihrem Inkrafttreten am 1. Juli 1983 noch nicht abgeschlossen war (vgl Art II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982; BGBl I, 1450).
Einschlägig im vorliegenden Fall ist § 103 SGB X, auf den sich die Klägerin auch stützt. Dort ist vorgesehen, daß dann, wenn ein Leistungsträger Leistungen erbracht hat (hier das Krankengeld) und der Anspruch darauf nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist (hier möglicherweise gemäß § 183 Abs 6 RVO – damaliger Fassung – durch einen Anspruch der Beigeladenen auf vorgezogenes Übergangsgeld nach § 1241d RVO), der zuständige Leistungsträger zur Erstattung verpflichtet ist. Dagegen liegt kein Fall vorläufiger Leistungserbringung vor (§ 102 SGB X), denn die Klägerin hat aufgrund bestehender Rechtsansprüche endgültig geleistet; ebensowenig handelt es sich um einen Fall nachrangiger Leistungspflicht (§ 104 SGB X), weil die Verpflichtung zur Krankengeldzahlung nicht bereits dadurch entfällt, daß ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht (siehe dazu auch BSG SozR 1300 § 103 Nr 2 Seite 3 f). Vielmehr geht es hier um die Auswirkungen materiell-rechtlicher Regelungen über den Bestand des Anspruchs und seinen rückwirkenden Wegfall. Dazu bestimmte § 183 Abs 6 RVO, daß der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange der Versicherte Übergangsgeld bezieht.
Diese Voraussetzungen waren allerdings im streitigen Zeitraum (1. Juni bis 14. August 1980) nicht gegeben, da die Beklagte der Beigeladenen Übergangsgeld erst ab Beginn der Heilmaßnahme am 15. August 1980 gezahlt hatte. Insoweit war der Anspruch der Versicherten gegenüber der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld nicht durch die Zahlung von Übergangsgeld entfallen.
Dies allein steht jedoch einem Erstattungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden (SozR 1300 § 103 Nrn 2 und 3), daß zwischen dem Leistungsverhältnis der Träger gegenüber den Versicherten und dem Verhältnis der Leistungsträger untereinander zu differenzieren ist, wobei § 103 SGB X ausdehnend auch auf die Fälle zu erstrecken ist, in denen ein Leistungsträger offensichtlich zu Unrecht eine Leistung nicht erbracht hat, die zum (rückwirkenden) Wegfall der Leistung eines anderen Leistungsträgers geführt hätte. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Allerdings obliegt es jedem Leistungsträger, in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, ob ein Leistungsanspruch, für dessen Gewährung er zuständig ist, besteht oder nicht besteht. Deshalb sind die Entscheidungen des zuständigen Trägers grundsätzlich von anderen Trägern hinzunehmen. Hieran ändern auch die Erstattungsregelungen der §§ 102 ff SGB X nichts. Die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, ob ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht, bindet zwar den Krankenversicherungsträger nicht formell, weil er an dem Verfahren nicht beteiligt war, hat aber insoweit Tatbestandswirkung, als sich daraus ergibt, ob die Voraussetzungen für den Wegfall des Krankengeldanspruches gegeben sind oder nicht (sobald das Übergangsgeld auch tatsächlich gewährt wird).
Im Verhältnis der Versicherungsträger untereinander tritt aber hinzu, daß sie im Hinblick auf die vielfältige gegenseitige Abhängigkeit von Sozialleistungen zur engen Zusammenarbeit (§ 86 SGB X) und auch Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Leistungsträgers verpflichtet sind. Hieraus folgt eine allgemeine, der Kooperationsbeziehung immanente Verpflichtung, eine Entscheidung zu korrigieren, die offensichtlich fehlerhaft ist und einem anderen Leistungsträger zum Nachteil gereicht, oder zumindest ihn so zu stellen, als wenn von Anfang an richtig entschieden worden wäre (BSG aaO). Dabei ist nicht von § 38 SGB X auszugehen, sondern zu prüfen, ob die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht.
Der von der Klägerin unterstellte Anspruch der Beigeladenen auf Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Juni bis 14. August 1980 setzt gemäß § 1241d Abs 1 Satz 2 RVO voraus, daß der Beigeladenen bereits ab 1. Juni 1980 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre nicht der Fall, wenn man – wie die Beklagte – annimmt, daß der Versicherungsfall erst im Zeitpunkt der Antragstellung (2. Juni 1980) eingetreten ist, weil dann die von der Beklagten zugebilligte Zeitrente erst ab der 27. Woche (13. Dezember 1980) zu gewähren war (§ 1276 Abs 1 RVO). Geht man hingegen – wie die Klägerin – davon aus, daß der Versicherungsfall bereits mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 26. April 1979 vorlag, waren am 2. Juni 1980 die ersten 27 Wochen bereits abgelaufen und es war Rente ab Beginn des Antragsmonats zu zahlen (§ 1276 Abs 1 iVm § 1290 Abs 2 RVO).
Nach den Feststellungen des LSG ist die Erwerbsunfähigkeit bei der Beigeladenen bereits mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Hierauf kommt es allein aber nicht an, weil der Beigeladenen nach § 1247 Abs 3 Satz 2 RVO das Recht zustand zu bestimmen, daß der Versicherungsfall erst im Zeitpunkt der Antragstellung eingetreten ist (BSG SozR 2200 § 1247 Nr 29). Die Beigeladene haste – zwischen den Beteiligten unstreitig – eine Versicherungszeit von über 240 Kalendermonaten zurückgelegt. Sie war auch – wie die Beklagte selbst festgestellt hat – am 2. Juni 1980 erwerbsunfähig. Damit waren die Voraussetzungen dieses Bestimmungsrechts gegeben.
Die Beigeladene haste allerdings vor der Entscheidung der Beklagten von ihrem Bestimmungsrecht noch keinen Gebrauch gemacht. Das steht jedoch der Unangreifbarkeit der getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Die Möglichkeit eines solchen Bestimmungsrechts der Versicherten zwingt die Versicherungsträger, die Versicherten auf dieses hinzuweisen, wenn die Möglichkeit, den Versicherungsfall auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu legen, für die Berechtigten erkennbar günstiger ist. Für den Fall, daß eine Festlegung des Versicherungsfalls auf den 2. Juni 1980 für die Beigeladene vorteilhafter war, folgt daraus, daß die Beklagte der Beigeladenen möglicherweise die Rechte aus einem am 2. Juni 1980 eingetretenen Versicherungsfall nachträglich hätte einräumen müssen, wenn sie dies nicht schon im Vorgriff getan hätte.
Berücksichtigt man diese Gesichtspunkte, so liegt eine offenkundige Fehlerhaftigkeit der Entscheidung der Beklagten nicht bereits dann vor, wenn nach den getroffenen Feststellungen die Erwerbsunfähigkeit bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten war, sondern erst dann, wenn auch die unter “Vorwegnahme eines Herstellungsanspruchs” getroffene Festlegung auf den 2. Juni 1980 offensichtlich fehlerhaft war. Letzteres wäre der Fall, wenn die Entscheidung der Beklagten aufgrund der bekannten Tatsachen und Unterlagen auch bei Einräumung eines weiten Einschätzungsspielraums nicht den wohlverstandenen Interessen der Beigeladenen diente. Dann könnte nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß die Beigeladene bei genauer Kenntnis der Zusammenhänge von ihrem Bestimmungsrecht Gebrauch gemacht hätte.
Bei der Beurteilung der Interessengerechtigkeit einer Anwendung des § 1247 Abs 3 Satz 1 Buchst b RVO sind einerseits die Folgen für die Beigeladene im Bereich der Rentenversicherung zu berücksichtigen. Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß bei einem Versicherungsfall am 2. Juni 1980 zwar eine längere Ausfallzeit rentensteigernd anrechenbar war, wegen des Lebensalters der Beigeladenen aber ohnehin eine Zurechnungszeit (§ 1260 RVO) in Betracht kam. Bedeutsamer ist, daß bei einem früheren Versicherungsfall die Zeitrente (§ 1276 RVO) früher begonnen und damit auch früher geendet hätte, was sich für die Beigeladene dann ungünstiger ausgewirkt hätte, wenn eine Weiterbewilligung der Rente nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht in Betracht gekommen wäre. Zu berücksichtigen sind aber auch die voraussichtlichen rechtlichen Auswirkungen in der Krankenversicherung, wie sie sich aus der Sicht zur Zeit der Entscheidung der Beklagten (19. März 1981) darstellten (kürzerer Krankengeldbezug vor Beginn der Zeitrente; Ansprüche nach dem Ende der Zeitrente; Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in eine Dauerrente mit der Folge des Ausschlusses weiterer Ansprüche auf Krankengeld).
Schließlich kommt es auch dann, wenn der Versicherungsfall 2. Juni 1980 für die Beigeladene günstiger war, noch darauf an, ob sonstige Umstände deutlich dagegen sprechen, daß sie sich bei genauer Darstellung der Rechtslage zu einer entsprechenden Verlegung des Versicherungsfalls entschlossen hätte. Dabei ist der Umstand, daß sie die Entscheidung der Beklagten nicht angegriffen hat, ein Indiz dafür, daß sie dem Vorschlag der Beklagten gefolgt wäre.
Die dazu erforderlichen Feststellungen müssen vom LSG nachgeholt werden, da das BSG sie nicht selbst treffen kann (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Zu diesem Zweck war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 915568 |
Breith. 1994, 25 |