Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 1978 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) für einen Schadensersatzanspruch, der darauf gestützt wird, daß der Arbeitgeber es versäumt habe, für die Monate August und September 1975 Antrag auf Kurzarbeitergeld (KuG) zu stellen.
Der Kläger war bei der …-Maschinenfabrik GmbH in … als Fertigungskontrolleur beschäftigt. Zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung wurde am 7. Mai 1975 die Einführung von Kurzarbeit ab 20. Mai 1975 vereinbart. Auf die Anzeige der Firma über Arbeitsausfall infolge Kurzarbeit erkannte das Arbeitsamt Frankfurt am Main die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von KuG nach §§ 63, 64 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) an. Der Kläger erhielt bis 22. August 1975 KuG. Für die Zeit vom 25. August 1975 bis 3. September 1975 wurde nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) kein KuG ausgezahlt, weil der Arbeitgeber es versäumt hatte, die Abrechnungslisten für diesen Zeitraum einzureichen.
Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete am 4. Oktober 1975. Am 15. Dezember 1975 wurde ein am 2. September 1975 gestellter Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers mangels Masse abgelehnt.
Der Antrag des Klägers vom 6. September 1975, ihm Kaug zu gewähren, wurde abgelehnt, soweit der Kläger darin Kaug anstelle des KuG für die Zeit vom 25. August 1975 bis zum 3. September 1975 geltend gemacht hatte (Bescheid vom 1. April 1976). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 1976, Urteil des Sozialgerichts (SG) Frankfurt am Main vom 15. Februar 1978). Das Hessische LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Kaug in der begehrten Höhe zu zahlen (Urteil vom 14. Dezember 1978). Zur Begründung hat es ausgeführt. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt, für die nach § 141b AFG Kaug zu gewähren sei, gehöre auch der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen seinen früheren Arbeitgeber wegen des entgangenen KuG. Der Schadensersatzanspruch habe seine Rechtsgrundlage im Arbeitsverhältnis. Die Versäumung des Antrags auf KuG stelle eine Verletzung der Fürsorgepflicht dar. Der Kläger habe, da ihm kein Antragsrecht zustehe, insoweit nichts zur Schadensminderung beitragen können. Dieser arbeitsrechtliche Schadensersatzanspruch trete an die Stelle einer Leistung, die dem Kläger einen Ersatz für ausgefallenes Arbeitsentgelt gewähren sollte, und sei deshalb selbst einem Anspruch auf Arbeitsentgelt gleichzustellen. Entstanden sei dieser Schadensersatzanspruch in den letzten drei Monaten vor Konkurseröffnung, so daß auch insoweit die Voraussetzungen des § 141b AFG erfüllt seien.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, daß der Schadensersatzanspruch nicht den Lohnansprüchen gleichgesetzt werden könne, weil er keinen Ersatz für Lohnansprüche darstelle, die im Austauschverhältnis zu Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers ständen. Es bandele sich vielmehr um eine öffentlich-rechtliche Leistung für eine Zeit der „Teilarbeitslosigkeit” für die dem Kläger ein Lohnanspruch aufgrund der tariflichen Kurzarbeitsklausel nicht zugestanden habe. Darüber hinaus rügt die Beklagte, das LSG habe nicht festgestellt, ob der Kläger seine Fürsorgepflicht schuldhaft verletzt habe. Zweifel an der Berechtigung des Schadensersatzanspruchs ergäben sich auch daraus, daß der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben vom 2. September 1975 mitgeteilt habe, daß mit diesem Tage jegliche Geschäftstätigkeit eingestellt wurde. Gerade für diese Fälle sei von dem Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt worden, daß der Betriebsrat den Antrag stellt. Der Kläger habe es versäumt, auf die Nutzung dieser Möglichkeit hinzuwirken.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 1978 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 15. Februar 1978 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er macht geltend, die Beklagte selbst habe es versäumt, auf das Fehlen des Antrags rechtzeitig hinzuweisen. Hierzu sei sie verpflichtet gewesen, da ihr alle maßgeblichen Tatsachen bekannt gewesen seien. Im übrigen ist der Kläger der Auffassung, daß die Regelung des § 72 AFG, soweit sie den Berechtigten selbst von der Antragstellung ausschließe, verfassungswidrig sei, wenn es nicht im Wege der Auslegung gelinge, sicherzustellen, daß hieraus für den Berechtigten kein Sehaden entstehe.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, der Rechtsstreit ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Dem LSG ist im Grundsatz zuzustimmen, daß Kaug auch für einen Schadensersatzanspruch in Betracht kommt, der sich darauf stützt, daß der Arbeitgeber es schuldhaft unterlassen hat, rechtzeitig den Antrag für den Bezug von KuG beim Arbeitsamt einzureichen. Auch bei einem solchen Schadensersatzanspruch handelt es sich um einen Anspruch auf „Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis” iS von § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a der Konkurs Ordnung (KO), der gemäß § 141b Abs. 2 AFG seinem Rechtscharakter nach geeignet ist, Ansprüche auf Kaug auszulösen.
In Schrifttum und Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, daß zu den Bezügen aus einem Arbeitsverhältnis nicht nur Lohnforderungen im engeren Sinne gehören, sondern alle Ansprüche, die dem Arbeitnehmer aus seinem Arbeitsverhältnis als Gegenwert für die geleistete Arbeit oder das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft erwachsen (s. Böhle/Stamschräder KO 12. Aufl § 59 Anm. 5a; Mentzel/Kuhn KO 9. Aufl § 61 Anm. 33 ff; BSG SozR 4100 § 141b Nr. 5 S 15). Dabei ist keine strenge wechselseitige Beziehung derart zu fordern, daß sich Arbeitsleistung und Entgelt wirtschaftlich gesehen unmittelbar gegenüberstehen und entsprechen müssen.
Ebenso ist anerkannt, daß Schadensersatzansprüche, die an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts treten, zu den „Bezügen aus dem Arbeitsverhältnis” zu rechnen sind. So wird zB ein Schadensersatzanspruch, den ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber hat, weil dieser durch vertragswidriges Verhalten Anlaß für eine fristlose Kündigung (durch den Arbeitnehmer) gegeben hat (§ 628 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– und § 70 Abs. 2 Handelsgesetzbuch –HGB– aF) im Konkurs ebenso behandelt wie eine Lohnforderung (Soergel/Siebert/Wlotzke/Volze BGB 10. Aufl § 628 Anm. 10, Jaeger/Lent KO 8. Aufl. § 61 Anm. 16a; Mentzel/Kuhn KO 9. Aufl § 61 Anm. 41; Hornung, Der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB im Konkurs des Arbeitgebers, in: Der Deutsche Rechtspfleger 1976, 386, 387 f; LAG Berlin BB 1965, 245, LAG Hamm DB 1969, 842), Diese Einordnung der Schadensersatzansprüche trägt dem Umstand Rechnung, daß Leistungen, die unmittelbar die Funktion des Arbeitsentgelts übernehmen, genauso vom Zweck der Privilegierung des Arbeitsentgelts in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO erfaßt werden. Der Zweck des früheren § 61 Nr. 1 KO sowie der heutigen §§ 59 Abs. 1 Nr. 3 und 61 Abs. 1 Nr. 1 KO besteht vornehmlich im Schutz der in abhängiger und damit besonders schutzbedürftiger Stellung befindlichen Personen in bezug auf solche Ansprüche, die sie durch ihre Berufstätigkeit erdient haben, und auf die sie regelmäßig zu ihrem Lebensunterhalt angewiesen sind (s. dazu auch BAG AP Nr. 4 zu § 59 KO). Mit diesem Schutz wird auch dem Umstand Rechnung getragen, daß die Arbeitnehmer im Gegensatz zu den Konkursgläubigern, deren Ansprüche auf anderer Rechtsgrundlage beruhen, regelmäßig nicht in der Lage sind, ihre Ansprüche auf andere Weise zu sichern (vgl. RGZ 120, 300, 302, BGH LM Nr. 6 zu § 61 KO Bl 715 Rücks f).
Der Schadensersatzanspruch wegen entgangenem KuG unterscheidet sich allerdings von einem Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Arbeitsentgelts dadurch, daß er nicht unmittelbar an die Stelle von Arbeitsentgelt, sondern an die Stelle einer öffentlich-rechtlichen Leistung tritt. Gleichwohl ist im Gefüge der §§ 59/61 KO auch ein solcher Schadensersatzanspruch seiner Funktion nach den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt zuzurechnen. Die §§ 59 und 61 KO enthalten im Wortlaut keine erschöpfende Regelung, die alle Ansprüche im Zusammenhang mit der Leistung von Arbeit abschließend erfaßt. Ansprüche der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber sind deshalb darauf zu untersuchen, wo sie nach dem mit den Regelungen der KO verfolgten Zweck einzuordnen sind. Diese Notwendigkeit ist auch in der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. Dezember 1978 (GS 1/77 – AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972) zur Einordnung von Ansprüchen aus nachkonkurslichen Sozialplänen hervorgehoben worden. Dementsprechend ist auch für die Einordnung der streitigen Schadensersatz ansprüche zu untersuchen, in welche konkursrechtliche Kategorie sie einzuordnen sind. Bei der Suche nach dem sachgerechten Ort für Schadensersatzforderungen wegen entgangenem KuG ist entscheidend, daß das KuG Teil eines Systems der Unterhaltssicherung des Arbeitnehmers ist, eine enge Beziehung zum Lohn hat, weil es anstelle von ausfallendem Lohn gewährt wird, und schließlich die tariflichen Bestimmungen, die dem Lohnausfall zugrunde liegen, gerade auch wegen dieser öffentlich-rechtlichen Leistungen vereinbart werden. Letztlich wird durch das KuG das Ausharren der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber gefördert, der derzeit nicht in der Lage ist, die Arbeitnehmer voll zu beschäftigen. Insofern ersetzt das KuG in gewisser Weise Leistungen des Arbeitgebers. Die Unterhaltssicherung des Arbeitnehmers erfolgt also zum einen durch echtes Arbeitsentgelt, zum anderen auch durch KuG, das an die Stelle des Arbeitsentgelts tritt. Der Arbeitgeber ist in dieses Leistungssystem in der Weise eingeschaltet, daß er einerseits die echten Lohnansprüche schuldet, andererseits die ergänzenden öffentlichen Leistungen zu beschaffen hat, dh die verfahrensrechtlichen Anforderungen erfüllen muß, die erforderlich sind, damit der Arbeitnehmer diese Leistung erhält. Er hat sie auch auszuzahlen (§ 72 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz AFG), was in der Praxis zur Folge hat, daß er sie häufig sogar vorlegt. Aus eben dieser Einbindung erwachsen die streitigen Schadensersatzansprüche.
Dieses System der Sicherung des Lebensunterhalts auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses macht deutlich, daß Schadensersatzansprüche wegen des Ausfalls der ergänzenden öffentlichen Leistungen aufgrund eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers genauso der Absicherung durch Privilegierung im Konkurs bedürfen wie echtes Arbeitsentgelt oder Schadensersatzansprüche für entgangenes Arbeitsentgelt. Sie sind deshalb am sachgerechtesten in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a AFG einzuordnen. Das hat zur Folge, daß sie auch iS von § 141b Abs. 2 AFG wie Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis zu behandeln sind und einen Anspruch auf Kaug auszulösen vermögen. Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf entgangenes KuG für die Monate August und September 1975 ist auch ein Anspruch „für” die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Konkurseröffnung. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen hervorgehoben hat, ist die Zuordnung nicht für alle Ansprüche nach einheitlichen Grundsätzen möglich. Es kommt vielmehr auf die Besonderheiten des einzelnen Anspruchs an (BSG SozR 4100 § 141b Nr. 5 S 17 ff). Bei Leistungen, die nicht durch eine spezielle Gegenleistung erdient werden, bietet sich an, sie dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie zum Unterhalt bestimmt sind. Dies hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits für das Urlaubsentgelt entschieden (SozR 4100 § 141b Nr. 2). KuG ist ebenfalls eine solche Leistung, deren Zweck in der Sicherung des Lebensunterhalts für einen bestimmten Zeitraum liegt. Ein Schadensersatzanspruch, der an die Stelle von KuG tritt, hat dieselbe Funktion. Dementsprechend ist der Schadensersatzanspruch des Klägers den Monaten August und September 1975 zuzuordnen für die er zum Lebensunterhalt bestimmt war. Er fällt damit in den Zeitraum, für den Kaug in Betracht kommt. Maßgebliches Insolvenzereignis, nach dem der Zeitraum nach § 141b Abs. 1 AFG zu berechnen ist, ist hier die Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse am 15. Dezember 1975. Die Hinweise der Beklagten, daß bereits am 2. September 1975 die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt wurde, führen insoweit zu keiner anderen Beurteilung, weil nach den Feststellungen des LSG am selben Tage der Konkursantrag gestellt wurde. Der Zeitpunkt der Betriebseinstellung ist nach § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG nur dann maßgeblich, wenn zur Zeit der Betriebseinstellung ein Konkursantrag nicht gestellt worden ist. Das bedeutet, daß von diesem Ereignis nur ausgegangen werden kann, wenn eine Entscheidung des Konkursgerichts nicht zu erwarten ist. Hiermit wird ein Vorrang der Insolvenzfälle begründet, die durch Entscheidungen des Konkursgerichts bestimmt werden (s. Urteil des Senats vom 17. Juli 1979 – 12 RAr 15/78 –). Dieser Vorrang erfaßt auch Fälle 9 in denen am Tage der Betriebseinstellung ein Konkursantrag gestellt wird.
Ausgehend vom 15. Dezember 1975 liegen die Monate August und September in den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor Konkurseröffnung (Ende des Arbeitsverhältnisses: 4. Oktober 1975).
Dem Anspruch auf Kaug steht auch nicht entgegen, daß der Schadensersatzanspruch für entgangenes KuG erst mit Ablauf der dreimonatigen Antragsfrist (§ 72 Abs. 2 Satz 3 AFG) endgültig entsteht und damit für die hier geltend gemachten Ansprüche erst nach dem Insolvenzereignis endgültig entstanden ist (s. zur Bestimmung des Ablaufs der Frist BSG SozR 4100 § 72 Nr. 3). Prüft man die Einordnung dieses Schadensersatzanspruchs anhand der für den Konkursfall geltenden Regelungen, so spricht zunächst der Wortlaut des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO (Ansprüche, welche aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters entstehen) dafür, einen solchen erst nach Konkurseröffnung endgültig entstehenden Schadensersatzanspruch, für den dann auch ein Unterlassen des Konkursverwalters ursächlich wäre, den Masseschulden iS dieser Vorschrift zuzurechnen. Dies wäre jedoch, wie der Große Senat des BAG (AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972 Bl 401 ff) ausführlich dargelegt hat, mit dem Zweck der Vorschrift nicht vereinbar. Unter den Begriff „Geschäfte oder Handlungen” seien nur Handlungen zu rechnen, die im Rahmen der Aufgaben des Konkursverwalters anfallen, das Vermögen des Gemeinschuldners zu erfassen, zu verwalten und zu verwerten, nicht aber solche Handlungen, die sich nur als Ausübung von Rechten aus einem bereits bestehenden Dauerschuldverhältnis darstellen. Das BAG sieht diese Auffassung bestätigt durch § 26 Satz 2 KO, durch den sogar Schadensersatzansprüche, die erst durch eine Kündigung nach Konkurseröffnung entstehen und für Zeiten nach Konkurseröffnung zu entrichten wären, als Konkursforderungen den Forderungen aus der Zeit vor Konkurseröffnung gleichgestellt werden. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Sie ist für den vorliegenden Fall besonders auch dadurch gerechtfertigt, daß der Grundtatbestand des KuG-Anspruchs bereits in der Zeit vor Konkurseröffnung bestand, und auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, die verfahrensmäßigen Voraussetzungen herbeizuführen, ebenfalls schon zu diesem Zeitpunkt begründet war. Damit ist mehr noch als unter Umständen bei Ansprüchen aus nachkonkurslichen Sozialplänen, über die der Große Senat des BAG zu entscheiden hatte, der Anspruch in der Zeit vor Konkurseröffnung verwurzelt. Der Zeitraum des Arbeitsverhältnisses, auf den sich die Leistung bezieht, und die in diesem Zeitraum zu erbringenden Leistungen des Arbeitnehmers liegen ebenfalls vor Konkurseröffnung und sind nicht der Masse, sondern dem Gemeinschuldner zugute gekommen. Wenn es in den Motiven zur KO (Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen Bd. IV Konkurs Ordnung S 108) heißt: „Da aber auch … der Inhalt des obligatorischen Rechtsverhältnisses trotz des durch den Konkurs eintretenden Unterbleibens der weiteren Erfüllung bestehen bleibt und … sich in einen Entschädigungsanspruch auflöst, so bildet ohne Unterschied der Fälle dieser Anspruch das Surrogat der kontraktlichen Rechte, wie sie zur Zeit der Konkurseröffnung bestanden.”, so gilt dies auch für den Schadensersatzanspruch, der an die Stelle der Verpflichtung tritt, die Voraussetzungen für das KuG herzustellen. Auch insoweit handelt es sich um ein Surrogat für bereits bei Konkurseröffnung bestehende „kontraktliche Rechte”.
Diese für den Fall der Konkurseröffnung gefundenen Ergebnisse gelten entsprechend, wenn das Insolvenzereignis in der Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels Masse besteht.
Mit der Feststellung, daß die vom Kläger seinem Kaug-Anspruch zugrunde gelegte Schadensersatzforderung zu den „Bezügen aus dem Arbeitsverhältnis” iS des § 141b Abs. 2 AFG zu rechnen ist, ist allerdings noch nicht entschieden, daß dem Kläger der Kaug-Anspruch auch tatsächlich zusteht. Dazu ist Voraussetzung, daß eine solche Schadensersatzforderung überhaupt besteht. Bestehen kann eine Schadensersatzforderung nur dann, wenn die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf KuG in dem bezeichneten Zeitraum vorlagen und wenn ein Anspruch auf KuG tatsächlich nicht gegeben ist. Ein bindender Bescheid über das KuG ist bisher nicht ergangen. Hierzu muß deshalb das LSG noch Überlegungen anstellen und die erforderlichen Feststellungen treffen. Es ist durchaus möglich, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von KuG (§§ 63, 64 AFG) entfallen waren. Wenn sie aber bestanden, wäre weiterhin zu prüfen, ob nicht die Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Wege eines Herstellungsanspruchs verpflichtet wäre, das KuG zu gewähren, weil sie durch eigenes Verschulden zur Fristversäumnis beigetragen hat und es deshalb rechtsmißbräuchlich wäre, sich auf den Fristablauf zu berufen. Hierfür zeigt sich ein Anhalt darin, daß sie möglicherweise bereits Anfang September von einer vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit erfahren hat, dennoch aber keinen Anlaß gesehen hat, auf das Fehlen eines Antrags hinzuweisen. Den Feststellungen des LSG ist auch nicht sicher zu entnehmen, ob der Antrag überhaupt nicht gestellt wurde, oder ob lediglich die Abrechnungslisten fehlten.
Ein Schadensersatzanspruch kommt erst in Betracht, wenn keine dieser Möglichkeiten, KuG zu erhalten, zum Erfolg führen kann. Die erforderlichen Feststellungen muß das LSG noch nachholen.
Das LSG wird ferner Feststellungen zu treffen haben, ob der Arbeitgeber oder seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft die Stellung des Antrags versäumt haben. Allerdings geht die Auffassung der Beklagten fehl, dem Kläger könne hierbei ein Mitverschulden angelastet werden. Wenn den Betriebsrat, der nach § 72 Abs. 1 Satz 2 iVm Abs. 2 Satz 2 AFG ebenfalls den Antrag stellen konnte, ein Verschulden trifft, so ist dieses nicht dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Der Betriebsrat ist (entgegen Neumann-Duesberg, SGb 67, 527, 530 f) nicht Erfüllungsgehilfe des einzelnen Arbeitnehmers (BSG SozR 1500 § 75 Nr. 4).
Auch ein Mitverschulden des Klägers selbst kommt nicht in Betracht. Er selbst war weder verpflichtet noch in der Lage, den Antrag zu stellen (BSG SozR 1500 § 75 Nr. 4). Er hatte allenfalls dann eine Verpflichtung, tätig zu werden, wenn ihm bekannt war, daß die Anträge nicht oder nicht ordnungsgemäß gestellt worden sind und dieses dem Arbeitgeber und Betriebsrat nicht bekannt war. Hierfür besteht zwar bisher kein Anhalt. Das LSG wird aber auch dazu noch Feststellungen treffen müssen.
Wegen dieser verschiedenen noch zu treffenden Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht nachholen kann, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Die Sache war deshalb zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen
BSGE, 277 |
Breith. 1980, 319 |